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in der Amtsmiene eines Geistlichen zu erschei nen. Er tat es besonders gern, irgendwo als amtliche Persönlichkeit auszutreten und den Leu ten gegebenenfalls einen gelinden Schrecken ein zujagen. Nie aber tat er dies in gewinnan strebender Absicht, und seine Triebfeder zu der artigen launischen Einfällen war nichts weiter als die Befriedigung eines abenteuertiä)en Ge lüstes. Das war auch die Ursache, daß seine Streiche, wenn sie geahndet wurden, eine ge linde Beurteilung fanden; überdies waren sie durch des Brillenkarle logische Denkarbeit meist so geschmiedet, daß sie hart an der Türe des Staatsanwalts vorbeistreiften. Seinen besten Streich hat er vor kurzem dem Engelwirt von MooMachhausen gespielt. Der Bvillenkarle dokterte im Winter an der Säge des Hausermichels heyutn; die lag vier Stunden von seiner Heimat entfernt. Die Repa ratur dauerte vierzehn Tage, und der Brillen karle, der an den langen Abenden im Wirts- Hause hinter der Zeitung saft, hörte so man ches, was ihn interessierte. Einmal Sam einer, dem sah man den Jam mer schon eine Viertelstunde weit an. Und als er durch ein paar Glas Bier das leibliche Gleichgewicht gefunden hatte, sing er an gotts jämmerlich zu schimpfen über die miserablen Weine im allgemeinen, die mau jetzt zu trin ken bekomme, und über den Hochzeitswein des Engelwirtes von Moochachhausen im besonderen. Der. Brillenkarle, der den Schimpfer eine Zeitlang angehört hatte, sagte schließlich über die Spalten der Zeitung hinweg, dagegen könne inan sich doch schützen, man lasse einfach den Pantschern ihr Gesüff, und unsex Herrgott habe ja die Wirtschaften so dick an die Landstraße gesät, daß kein Dürftiger in Verlegenheit komme und leicht die Häuser merken könnte, wo einem noch ein ordentlicher Tropfen eingeschenkt würde. Der Katzenjämmerliche aber schlug auf den Tisch und rief: „Dunder! Des kann m'r halt nit! Wenn m'r zue n'r Hochzit g'lade isch uf Moorbachhuse, so mueß m'r halt in de „Engel" gu, wu d' Hochzit isch und nit in de „Adler". Und wenn me zue n'r Hochzit got, d'rno will m'r au kein Durscht liede, un m'r kann des au nit, wenn d'r Schunke e wegele versalze isch und d'r Rehbrote kaiwemäß'ig gepfeffert, daß m'r nit so gli merkt, wie's Zit isch, daß er, verschwindet vu d'r Bildfläch'. D'rno sufft m'r halt!" Dieser Herzenserguß einer geprellten Seele ging dem Brillenkarle wirklich nahe. Er dachte, der Engelwirt von Moorbachhausen drüben muß dock; ein abgefeimter Kerl sein, der in seiner Menschenfreundlichkeit den fidelen Ho hzeitsgästen versalzenen Schinken, gepfefferten Rehbraten und miserablen Wein vorzusetzen wagte, rind wäh rend seine Augen aus der Ueberschrift der Neuig keitsgruppe hafteten: „Lokales und Nachbar schaft", schoß ihm ein Gedanke durch den Kops, und eine Weils später zuckte es in den Mund winkeln des Bvillenkarle wie das Wetterleuchten eines ansteigenden Spottgewitters. Als er wieder heimkam nach Niederhos, lag keine Bestellung auf neue Arbeit vor, also konnte in den Tagen des Feierns das Vor haben ausgeführt werden. So ward eigenhän ¬ dig der Sonntagsanzug ausgebürstet und der Samtkragen am Ueberzieher etwas ausgefuischt. Eines Tages, es war trübes, fchneebrohen- des Wetter, stand der Engelwirt zu Moorbach hausen auf seiner Staffel. Die Kaviolpost kam das Lalsträßchen heraufgefahren, und neben dem Postschaffner saß ein Fremder. Das kam nicht alle Tage vor, und der Engelwivt hoffte, es werde ein Reisender sein, der den Krämer im Orte besuchen wolle und wohl nachher das Mittagessen einnehme. Es fragte sich nur, wo. Im „Engel" oder im „Adler". Selbstverständ lich war der „Engel" das erste Haus am Platze, war zum Uebernachten eingerichtet und hatte die geräumigsten Lokalitäten. Freilich, in der letzten Zeit war es öfters vorgekommen, daß Fremde im „Adler" Einkehr hielten, sogar solche, die früher regelmäßige Gäste des Engel wirtes gewesen waren. Dieser bekam darob auf seinen Konkurrenten eine greuliche Wut und schimpfte bei jeder Gelegenheit. Diesmal aber war die Konkurrenzangst des Engehuirts unbegründet. Der Fremde st eg ab und kehrte im „Engel" ein. Daß es kein Rei sender war, konnte der Hausherr gleich sehen. Denn er trug keinen Musterkoster bei sich, son dern hatte eine Mappe unterm Arjm. Wer mochte das sein? Der Notar? Nein, den kannte der Engelwirt wohl, wenn er auch an den Amtstagen im „Adler" aß. Ein Anwalt gar? Das eher, obwohl der Fremde keine städtischen Stiefel ttug, wie der Wirt beobachtet hatte. Als der Fremde in der Herrgots:cke Platz genommen hatte, bestellte er ein Viertel Wein. Der Engelwirt fragte: „Wünscht der Herr zu vierzig, zu fünfunddreißig? Oder einen Roten?" „Einen weißen zu dreißig!" Donner! Da habe ich schon bessere Gäste gehabt als den! Soll ich jetzt sagen, ich hätt' keinen Wein zu dreißig, so geht er am Ende fort in den „Adler", wenn es ein Pfennigfuch ser ist, wie es den Anschein hat. Da geb' ich ihm halt von dem Wein, den ich auf die Hoch zeit voni Baschnagelsfriedli herg'richtet hab', dachte der Engelwirt und stieg in den Keller hinab. Als er mit Wein und Glas wiederkehrte, hatte der Fremde aus seiner. Mappe einen Akten- bündel geholt und vor sich auf den Tisch ge legt. Der Gast schenkte ein, hob das Glas gegen das Fenster und trank dann einen kurzen Schluck. „Habt Ihr mir Dreißiger gebracht, Herr Jndlekofer?" „Freilich! Warum, schmeckt er Euch nicht? Mein Fünfunddreißiger hat etwas mehr Bukett!" „Schon gut!" Damit nahm der Gast ein Futteral aus Tuch aus der Tasche, auf das säuberlich Täschchen aufgenäht waren. Darin staken kleine Fläschchen, wie Medizingläser, und sie waren alle mit weißen Etiketten beklebt. In eines dieser Fläschchen goß der Fremde von dem erhaltenen Weine. Der Wirt stutzte und warf einen schnellen Blick auf das Aktenpapier. Obwohl die Schrift für seinen Platz auf dem Kopfe- stand, j rgle ihm das schnelle Entziffern der als Vordruck die ¬ nenden Rundschrift doch keinen geringen Schrek- ken ein. Dort stand nämlich: Weinkontrollbezirk 3. Kontrolleur: Mayer. Revisionsbefund der Weinbestände des Gastwirts Jndlekofer in Moorbachhausen. Dann folgte eine stattliche Reihe Kolonnen. Als der Fremde sein gefülltes Fläschchen verkorkt und mit einer Aufschrift versehen hatte, erhob er sich, schaute durch seine Brille den Engelwivt durchdringend an und sagte: „Ich bin der Weinkontrolleur Mayer. Die Zenital- stelle für Handhabung des Weingesetzes hat mich beauftragt, Euren Weinvorvat zu revidieren. Holt Euer Weinlagerbuch, nehmt etwas Brot und ein Messer mit, und dann führt mich in den Keller!" Der Engelwirt stand kreidebleich da. In seiner Angst dachte er nicht daran, den Herrn Weinkontrolleur um seine Legitimation oder wenigstens um Vorlage des amtlichen Auftrags zu bitten. Erst als der Herr Mayer etwas barsch sagte: „Nun, beeilt Euch, Herr Jndlekofer, ich muß heute in noch mehr Keller als den Euri gen," da rührte jener sich vom Platze und suchte in der Einschänke lange nach dem Weinbuche. Es half aber nichts, er mußte es finden und schließlich führte er mit gemischten Gefüh len den Herrn Kontrolleur in den Keller hin unter. Da lag zwischen kleineren Fässern ein größeres. Darauf stand mit Kreide geschrieben: „Hochzeitswein". Auf dieses Faß steuerte der Kontrolleur zuerst los. Und nachdem er versucht: „Ah, das ist Euer Dreißiger. Den hab' ich ja schon!" Der Engelwirt sagte: „Eigentlich ist das ein Haujstvunk!" „Was? Und Ihr setzt einen „Haustrnnk" den Gästen vor? Ihr wißt wohl, daß es nach dem Weingesetz verboten ist, Haustrunk im Wirtskeller zu lagern? Uebrigens steht hier ganz deutlich: „Hochzeitswein." Wann soll die Hochzeit ftattfinden, wo Ihr diesen Wein ver zapfen wollt?" „In acht Tagen!" gab Jndlekofer gedrückt zu. „Sagt die Hochzeit ab, Herr Jndlekoker, wenn Ihr den Teilnehmern keinen andern Wein vorzusetzen habt. Die Untersuchung des Weins wird ergeben, das kann ich Euch jetzt schon sagen," und der Herr Kontrolleur erhob seine Stimme, „daß dies kein Wein, sondern ein äm- merliches, gesundheitsgefährliches Zeug ist!" Der Engelwirt wagte nicht mehr zu wider sprechen, sondern reichte dem Kontrolleur auf Geheiß Proben von den andern Weinen. Dieser versucht alle leicht, spuckte ihn jeweils wieder aus und nahm zwischen jedem Schluck einen Bissen Brot. Von jeder Weinsorte füllte er eines der Fläschchen und machte seine Bemer kungen dazu. „Euer Rotwein ist die einzige Sorte, die wirklich Wein ist." Als beide Männer dann wieder in der Wirts stube waren, sagte der Kontrolleur: „Ich habe nun noch im „Adler" zu tun. Kann ich nach einer Stunde bei Euch ein Mittagessen haben?" „Aber natürlich, Herr Kontrolleur!" Und der Engelwirt atmete nach dem Weggange des Herrn. Mayer etwas auf, hatte hernach eine eingehende Besprechung mit seiner Frau bezüglich des Menus und ging dabei von dem Grundsätze aus, daß alle Liebe durch den Magen geht, also auch die eines Weinkontrolleuvs. Und das mußte dieser Herr innerlich ge stehen, so sein und gut hatte er schon lange nicht mehr gegessen, sintemalen er in seinem Privatleben nur ein gewöhnlicher Sägewerk flicker war. Dann nach dem Essen brachte der Engel- wirit den Kaffee und bot dem Herrn Mayer eine Zigarre an. „Herr Kontrolleur," sagte er nach ein paar Zügenk „Ich hätt' eine Bitt! Seid doch so gur und laßt mir die Probe von dem Dreißiger da. Ich geb' zu, daß mich der Weinreisende an- g'schmiert hat " „Es stimmt nicht, was Ihr sagt. Den Wein hat Euch so kein Händler geliefert, das ist sicher. Es steht ja auch nicht so in Eurem Weinbuche. Und die Probe kann ich Euch nicht hierlassen. Es ist meine verdammte Schuldigkeit und Amts pflicht, Proben von allen Weinen mitZMehmen, die Ihr zum Ausschank bringt!" „Wenn ich ihn aber nicht zuM Ausschank bring', sondern in meinen Privatkeller lege?" „Das geht nicht. Was gäbe mir die Ge wißheit, daß Ihr das böse G'süsf nicht doch den Hochzeitsgästen vorsetzt? Unter einer Be dingung jedoch wollte ich ein Nachsehen üben. Das könnte ich verantworten." „Und die Bedingung wäre?" „Ihr müßt das Faß sofort leerlaufen las sen!" Da machte der Engelwirt ein bitteres Ge sicht. Aber es half alles nichts, in Gegenwart des Kontrolleurs mußte er die Mischung in das Kellersenkloch laufen lassen, und als der letzte Tropfen aus dem Hahne war, schüttelte der Herr Mayer auch die Probe fort. „Eure anderen Weine gehen ja noch!" sagte er. Der Engelwirt atmete hoch auf, und holte aus der Kiste eine Flasche Niersteiner, die er mit dem Herrn Mayer trank, bis sich dieser auf den Weg machte zur Bahnstatton. Als der Herr Kontrolleur Halbwegs war, begegneten ihm zwei Gendarmen, die auf einem Kontrollgange nach Moorbachhausen begriffen waren. Dem einen davon war der Fremde etwas bekannt, daß es aber der Herr Wein kontrolleur Mayer sei, wäre ihm nicht in den Sinn gekommen, vielmehr dachte er eher, es wäre der Brillenkarle von Niederhof. Dieser selbst war froh, daß er bei Ankunft der Gen darmen nickst mehr im „Engel" zu Movrbach- hausen saß als Herr Weinkontrolleur Mayey. Die Hochzeitsgäste des Baschnagelsfriedli wunderten sich sehr, daß sie einen ganz ordent lichen Wein zu trinken bekamen, und der Engel wirt machte kein so übles Geschäft dabei; denn es ward das ganze Fatz leer getrunken, obwohl der Schinken diesmal weniger scharf und der Rehbraten nickst gepfeffert war. Auf den amtlichen Bescheid der Wernkon- trolle hat er zwar lange vergebens gewartet. Und als er schließlich ahnte, hereingefallen zu sein, schämte er sich und schwieg zsu allem. Der Brillenkarle aber hat sein Stücklein nach Jahr und Tag ein paar Bekannten er zählt, als er schon wieder andere Streiche hin ter sich hatte. ^18 P»88G»ÄG VeilmMz-LiWelieiiks Eisenbahnen v. 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