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Nr. 103. Pulsnitzer Tageblatt. — Dienstag, dm 5. Mai 1931. Sette 2. strich der Führer der nationalsozialistischen Bewegung Adolf Hitlerin einer Unterredung, die er einem englischen Presse vertreter gab. Diese Uebcrzeugung seht sich gottlob immer mehr durch und gewinnt auch in den Ländern mit jedem Tag mehr Boden, die einst glaubten, ewig von den deutschen Tributen ein Wohlleben führen zu können. Erst in diesen Tagen wieder setzte sich ein amerikanischer Professor von der Columbia-Universität für eine Abänderung der Reparations- abmachungen ein, wie ja überhaupt die wissenschaftliche Welt Amerikas uns ein Bundesgenosse in dem Kampf gegen die deutschen Tributleistungen geworden ist. Der Präsident der Vereinigten Staaten, Hoover, hat in seiner Eröffnungsansprache zu der Tagung der Inter nationalen Handelskammer noch rein Wort von den Repa rationen erwähnt. Aber wir dürfen hoffen, daß ihm sein Botschafter in Berlin, der ihm ja demnächst Vortrag halten soll über die Lage, die ihm der Reichskanzler vr. Brüning schilderte, Aufklärung über die zerrüttende Wirkung der Tributzahlungen geben wird. Dann soll sich Herr Hoover die Reden der deutschen Vertreter in Washington anhören, darunter auch das Referat des Führers der deutschen Dele gation, Froweim So wird er wohl langsam auch zu der Erkenntnis kommen, daß die Washingtoner Tagung so lange zwecklos ist, wie sie die Reparationsfrage umgeht. OertUches und Sächsisches (Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet.) Pulsnitz. Aufklärungs-Vortrag. Der große deut sche Siedlungsbund Heim-Land hält am Mittwoch im Gasthaus »Stadt Dresden" abends 8 Uhr einen Aufklärungsvortrag. Es wird gebeten, diesen zu besuchen. Eingeladen sind speziell die Mitglieder der Mietervereine, da der allgemein gut bekannte Dundesleiter des Heim-Landbundes zugleich auch im Vorstand verschiedener Mietervereine ist und auch beim Mieterbund Verlin-Steglitz Mitglied der Bau- und Vorbereitungskommis sion ist, — weiter die Mitglieder der Vegetariervereine und Lebensreformverbände, da diese durch den Präsidenten und Obmann Karl Gumbrecht im Aufsichtsrate des Heim-Land bundes vertreten sind, weiter die Mitglieder des Heimgärtner- und Siedlerbundes, die ebenfalls im Aufsichtsrat vertreten sind. Alle Baulustigen können durch diesen Bund ein Eigen heim und Land erhalten, denjenigen, die Sorgen wegen der Ablösung von Hypotheken durch zinsfreie Hypotheekn haben, kann geholfen werden. Es wird allen empfohlen, diesen ganz außergewöhnlich interessanten Vortrag zu besuchen. 2m übrigen siehe 2nserat in dieser Nummer. — Aus den sächsischen Gesetzblättern. Das Gemeinsame Ministerialblatt Nr. 6 vom 30. April d. 2. ent hält den Tarifvertrag für das angestelltenversicherungspflich tige Pflegepersonal im sächsischen Staatsdienste und die Aus führungsverordnung hierzu, ferner eine Verordnung betr. Versorgung der angestelltenversicherungspflichtigen Staatsbe diensteten. — Das Justizministerialblatt für den Freistaat Sachsen Nr. 4 vom 29. April d. 2. enthält eine Verordnung über die Vergütung der Hilfstransporteure, nach der mit Wirkung vom l. April d. 2. der Höchstsatz der Vergütung auf 0.73 NM. für die Stunde festgesetzt wird, ferner die Be kanntmachung, die Rückgabe von Orden betr., ferner die Ver ordnung Aederungen der Geschäftsordnung betr. und die 5. Aenderung der Strafvollstreckungsvorschrift. 2n der Aen- Lerung der Verordnung über Strafvollstreckung in Gerichts gefängnissen heißt es: 2n den örtlichen Gefängnissen der Amtsgerichte werden Freiheitsstrafen nur vollzogen, wenn die Zeit, die der Verurteilte in Strafhaft zu verbringen haben wird, nicht mehr als zwei Wochen beträgt. Die Ge richtsgefängnisse Eibenstock, Frauenstein, Johanngeorgenstadt, Klingenthal und Sayda sind über die bezeichnete Grenze hinaus zum Vollzüge solcher kürzerer Freiheitsstrafen zu ständig, die wegen Zuwiderhandlungen gegen die Pah-, Zoll-, Ein- und Ausfuhrvorschriften oder wegen Bettelns, Land streichens und unerlaubter Rückkehr erkannt worden sind. — Das Ministerialblatt für die Sächsische 2nnere Verwaltung Nr. 8 vom 2. Mai d. 2. enthält u. a. eine Mitteilung, nach der der Sächsische Gemeindetag ein Muster eines Haushalt planes aufgestellt hat. Das Ministerium des Innern empfiehlt die Benutzung dieses Musters auch für die kleineren Land gemeinden mit weniger als 2002 Einwohnern. Das Ministerial blatt enthält weiter Verordnungen, Hilfsbeamte der Staats anwaltschaft betr., die Notlage des Handwerks betr., die Grundsteuer 1931 für Siedlungshäuser und für sonstige Grund stücke, deren zweiter Einheitswert niedriger als der ersta Einheitstpert ist, betr. eine Verordnung über die Grundsteuer freiheit von Wohnungsbauten. Hiernach regelt sich für Woh nungsbauten, die nach dem 31. März 1931 bezugsfertig ge worden sind oder bezugsfertig werden, die Grundsteuerfreiheit nicht mehr nach dem Gesetz über die Steuer- und Gebühren- sreiheit von Wohnungsbauten in der Fassung der Bekannt machung vom 15. März 1929, sondern nach neuen Vorschriften der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930. — Der Hunoerljayrlge Kalender berichtet über das Wetter im Mai 1931: Am 1. heitert sich das Wetter auf, wird am 2. schön und das schöne warme Wetter hält bis zum 21. Mai an, doch gibt es Gewitter dazwischen. Der 22. Mai wird unfreundlich, der 23. trüb; vvm 24. bis 29. trüb und Rieseln, dann bis mm Ende des Monats kalt. Ohorn. Volksbücherei. Neu eingestellt sind folgende Bücher: 1. Schöngeistiges: Nr. 1238, Adolf Schmitthenner: Das deutsche Herz: Nr. 1239, 2onas Lie: Maisa Jons; Nr. 1240, Hans Leip: Der Nigger auf Scharhörn: Nr. 1241, M. von Ebner-Eschenbach: Das Gemeindelind,' Nr. 1242: Carl Haensel: Der Kampf ums Matterhorn: Nr. 1243 : 2örgen Falk-Rönne: Das Land des Glücks; Nr. 1244: Knut Hamsun: Segen der Erde; Nr. 1245, 2ohan Bojer: Der Lofotfischer; Nr. 1246, 2ack London: Wolfsblut; Nr. 1247, 2ack London: Der Sohn des Wolfs; Nr. 1248. Clara Viebig: Das tägliche Brot. — 3. Erdkunde: Nr. 376, Verschiedene Verfasser: Ober lausitzer Heimatzeitung. 1930; Nr. 377, R. E. Keilpflug: An den Rändern dreier Erdteile. — 4. Geschichte: Nr. 395, Arnold Höllriegel: Die Derwischtrommel. Großröhrsdorf. Der hiesige Kirchenchor feierte das Fest seines 250 jährigen Bestehens unter der Leitung von Kantor Kurt Bach. Nach einem Festgottesdienst, in dem Sup. Dr. Schröder-Kamenz die Glückwünsche der Kirchenbehörden überbrachte, fand am Abend in der vollbesetzten Stadtkirche die Aufführung des »Messias" von Händel statt. Die Auf führung war eine Weihestunde. Der verstärkte Kirchenchor sang unter sicherer Meisterung devSchwierigkeiten des Werkes mit innerer Anteilnahme, auch beim machtvollen Glanze stets edle Tongebung wahrend. Die Solisten Trude Schöne-Knüpfel (Sopran), Lisa Wechsler (Alt), Robert Brüll (Tenor), Otto- Karl Zinnert (Daß) wurden mit ihrem großen Können ebenso der wundervollen Lyrik wie der machtvollen Glaubenssreudig- keit des Werkes vollauf gerecht, so daß die Hörer nicht nur einen hohen Kunstgenuß, sondern einen ergreifenden Gottes dienst erlebten. So war die Aufführung ein Ruhmesblatt in der 252 jährigen Geschichte des hiesigen Kirchenchores. Stolpe«. Justizpersonalirn. Amtsgerichtsrat Lorenz-Stolpen wurde zum Landgerichtsrat in Bautzen er nannt. Amtsgerichtsrat Dr. Höhne in Leipzig wurde zum Gerichtsvorstand in Stolpen ernannt. Bautzen. Stadtmuseum. Zur inneren Ausge staltung des Erweiterungsbaues ihres Stadtmuseums bat die Stadt noch 15 000 Mark aus Reichsmitteln durch Fürsprache der Kreishauvtmannschaft erhalten. Zilian. Mordversuch. Ein Markthelfer war mit seiner Braut, die vou ihm ein Kind erwartet, in Streit geraten. Dabei zog er plötzlich einen Revolver und ver letzte das Mädchen durch einen Schuß in die Schläfe schwer. Der Täler stellte sich der'Polizei. Dresden. Schwerer Verkehrs Unfall. An der Kreuzung der Königsbrücker Straße und Heeresstratze fuhr ein junges Mädchen, das durch mehrere von verschie denen Seiten herannahende Lastkraftzüge unsicher gewor den war, mit ihrem Rade gegen einen derselben. Sie schlug mit dem Kopse gegen den Kühler und stürzte zu Boden, wobei ein Vorderrad über sie hinwegging. Mit einem schweren Schädelbruch und anderen Verletzungen mußte sie dem Diakonissenhaus zugeführt werden. Leipzig. Aus dem Zug gestürzt. Aus dem Eisenbahnzuge Corbetha—Leipzig stürzte gegen Mitter nacht zwischen Leutzsch und Wilder Mann der hier wohn hafte Bäcker Reichenbach. Ihm wurde der linke Fuß abge fahren, auch erlitt er noch innere Verletzungen. Penig. Raubüberfall. Die aus Schleisdorf stammende Butterhändlerin A. Winkler wurde auf dem Heimweg von Lunzenau von einem etwa 30 Jahre alten Mann überfallen und ihrer Barschaft beraubt. Der Täter schlug die Winkler anscheinend mit einem Hammer auf den Kopf und forderte Geld. Die Winkler gab ihm ihre Tageseinnahme und der Täter entfernte sich unerkannt, während die schwerverletzte Frau sich nach ihrer Wohnung schleppen konnte. Tödliche Verkehrsunfälle. Steinigtwolmsdorf. Ein Personenkraftwagen aus Leutersdorf stieß mit einem Motorrad aus Bautzen zu sammen. Dabei stürzte ein junges Mädchen aus Bautzen so unglücklich auf die Straße, daß infolge eines Schädel bruchs der Tod sofort eintrat. Der Kraftfahrer und ein Insasse des Autos wurden leichter verletzt. Waschlcithe (Erzgebirge). Der 35 Jahre alte Radio händler Bersch aus Beierfeld fuhr mit seinem Motorrad in voller Fahrt gegen einen Postomnibus. Er kam zum Sturz und war auf der Stelle tot. Der Soziusfahrer, ein Schlosser Kießling aus Beierfeld, kam mit einer leichten Gehirnerschütterung davon. Wilsdruff. Tödlich verunglückt ist am hiesigen Bahn Hofsberge der Dachdeckermeister Schmidt aus Dittmauns- vorf. Er wollte auf dem Motorrad einen Lastkraftwagen überholen, der im gleichen Moment links einbog, stieß an denselben und wurde auf den Fußsteig geschleudert. Spätes Mor-gestän-nis. Unschuldige in schwerem Verdacht. In Jahre 1926 wurde in Proßnitz i. B. die Frau Silny mit einem Bügeleisen ermordet. Acht Monate hin durch wurde der Gattte der Ermordeten mi: seiner Schwester und einem Arbeiter wegen Mordverdachtes in Haft gehalten und mußten dann aus Mangel an Schuld beweisen sreigelassen werden. Dieser Tage hat der zu zwölf Jahren Kerker verurteilte Räuber und Eiubrecher Dolcjs aus Proßnitz in der Strafanstalt Mürau ein Ge ständnis abgelegt, wonach er sich des Mordes schuldig be kennt. Die Gendarmerie zweifelte an der Richtigkeit dieses Mordgestündnisses nach fünf Jahren. Die Untersuchung ergab aber seine Richtigkeit. Tagungen in Sachsen Sächsischer Kleinyandelstag. InWaldheim fand der 16. sächsische Kleinhandels- tag statt. Landtagsabgcordneter Schmidt begrüßte die Ver treter der Staatsregierung und Staatsbehörden, der Fi nanzämter, der Handelskammern, der Gcwcrbekammeru, der Stadt Waldheim, mehrere Reichstags- und Landtags- abgeordnete usw. Im Hauptvortrag sprach Reichsragsabge- ordneter Mollath (Berlin) über „Der Weg aus dem Chaos durch wirtschaftliche Freiheit". Auch in Deutschland sei dem Bolschewismus der Boden geebnet, wenn das Ideal der Aufstiegsmöglichkeit dem Volke genommen ist. Um eine Wiedergenesung zu erreichen, sei die Mithilfe des Staates für die Selbsihilfeorgauisationen des mittelständischen Kleinhandels erforderlich Verbaudsdircktor Beythien (Berlin), M.d.R., sprach über „Die Arbeit für unseren Berufsstand, für Volk und Vaterland". — Hiernach wurde eine Entschließung angenommen, in der Protest erhoben wird gegen die in den letzten Jahren immer fühlbarer gewordene steuerliche Überlastung des gewerblichen Mittel standes, die zu dessen Vernichtung führte. Gefordert wer den Senkung aller öffentlichen Lasten und deren gerechte Verteilung, Änderung der Reichsgewerbeoronuug zur Be seitigung jeder Bevorzugung; Verbot des Handels mit un verpackten Lebensmitteln aus Straßeu uud Märkten: Än derung des Unlauteren-Wettbewerbsgcseyes unter Berück sichtigung der neuzeitlichen Wettbewerbssormen. Gewerbliche Gcnosscnschaftstagung. In Mittweida fand der diesjährige sächsische ge werbliche Genossenschaftstag statt. Unter den zahlreichen Ehrengästen befanden sich Staatsminister a. D. Dr. Weber (Dresden), Oberfinanzrat Prof. Dr. Hillringhaus (Berlin) sowie Vertreter der sächsischen Gewerbekammern. Die Ta- gungsordnung brachte zunächst einen Voltrag von Dr. Lang (Berlin) über Rechtsfragen im Geschäftsverkehr der Genossenschaftsbanken. Im Anschluß hieran hielt Dr. Con radt (Berlin) einen Vortrag über Stcuerfragen des Ge nossenschaftswesens, in dem die neueste Steuerrecht sprechung eingehende Berücksichtigung fand. Auf der Sonderkonferenz der Warengenosienschaften sprach Staats minister a. D. Dr. Weber über „Warum genossenschaftlicher Zusammenschluß im gewerblichen Mittelstand?" Der Red ner wies nachdrücklichst auf die Zusammeuschlußbewegung auf anderen Wirtschaftsgebieten bin. so vor allem auf die Organisation des Großkapitals sowie auf die Konsumver- einesbewegung als die Organisation des Verbrauchs. Der genossenschaftliche Zusammenschluß bedeute keineswegs Preisgabe der Selbständigkeit des einzelnen, sondern setzt persönliche Selbstverantwortung im hohen Maße voraus. Im weiteren Verlaufe der Konferenz sprach Dr. Lang über „Rechtsfragen im Geschäftsverkehr der Warengenosien schaften". Tagung der sächsischen Historiker. Der Verband der sächsischen Gcschichts- lind Alter tumsvereine unter der Leitung von Hauptstaatsarchiv- dircktor i. R. Dr. Lipperi hält feine diesjährige Tagung am 10. und 11. Oktober in Plauen ab. Polizeitagung. Der Verband der Sächsischen Schutzpolizei veranstaltet am 9. Mai d. I. in Dresden seinen ersten außer ordentlichen Verbandslag. 125 Jahre reitende Artillerie. Aus Anlaß des 125jährigen Bestehens der Sächsischen reitenden Artillerie trafen sich die ehem. Kameraden zu einer Wiedersehensfeier in der alten Garnisonstadt Königsbrück. Generalmajor Wagner hielt die Fest rede. Oie Wirtschaftskrise im Spiegel -er Parteien An der Wochenwende sind auch diesmal wieder von führenden Politikern Deutschlands oder von Ministern Reden zur Lage gehalten worden, in denen vor allem die ernste finanzielle und wirtschaftliche Lage Deutschlands betont wurde. Ebenfalls ist zu der politischen Entwicklung Deutschlands Stellung genommen worden, auf die die, wenn auch in dem kleinen Schaumburg- Lippe stattgefundenen Wahlen ein besonderes Schlaglicht geworfen haben. Etatsstreichungen angekündigt. In Dresden sprach z. B. Reichsfinanzministcr Dietrich in einer Kundgebung der Staatspartei. Er beschäftigte sich mit dem Ausgang der letzten Reichstagswahlen und meinte, diese hätten einen Ansturm des In- und Auslandes auf die Kassen der Banken verursacht, -die wiederum im riesigen Umfang die Reichsbank in Anspruch hätten nehmen muffen. Dadurch sei der Gesamtwirtschaft ein großer Schaden ent standen. Er sei der Ansicht, daß die Nationalsozialisten den Staat nicht mit Gewalt umwerfen könnten. Der Reichs- haushalt werde noch einmal bereinigt werden, und das werde sich auch bei den Ländern und Gemeinden auswirken. Dabei gehe es natürlich nicht ohne Härten ab. Ohne den Gehalts- und Lohnabbau hätten wir unsere Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt nicht bei behalten können, vr. Dietrich erklärte, in Genf werde die Regierung an der Zollunion festhalten, und beschäftigte sich dann noch mit der Revisions- und Reparationsfrage. Der Regierung seien die ungeheuren Schwierigkeiten bekannt, sie prüfe ohne Unterlaß und beobachte die Entwicklung der Verhältnisse ganz genau. Wirtschaftskrise von Genf aus unlösbar. Mit der Wirtschaftskrise setzte sich auf einer Wirtschafts tagung in Bad Pyrmont ferner Staatssekretär vr. Tren delenburg auseinander. Er stellte fest, daß die Re - parationslasten die wesentliche Ursache für die Verschärfung der Krise seien. Zwischen den wirtschaftlichen Darlegungen des Poung-Gutachtens und dem praktischen Verhalten der Gläubigerländer bestehe ein unüberbrückbarer Gegensatz. Nach den bisherigen Miß erfolgen der Genfer Bemühungen könnten die wirtschaft lichen Schwierigkeiten nicht von Genf aus behoben werden. Freie Hand im Osten! Im Gegensatz zu der Meinung des Neichsfinanz- ministers vertritt Adolf Hitler, der Führer dm: Nationalsozialisten, in einer Unterredung mit einem eng lischen Pressevertreter die Ansicht, das rapide Anwachsen der Partei weise darauf hin, daß Deutschland mit Riesenschritten einem faschistischen Staat entgegeneile. Er glaube, daß Deutschlands Interessen vielfach mit denen Englands übereinstimmten und daß Deutschland deshalb mit England und Italien zusammen arbeiten könne. Er erwarte von England hauptsächlich Streichung der Tribute und freie Hand im Osten. Deutschland dürfe nicht mehr weiter als ein Paria unter den Nationen behandelt werden, sondern müsse wieder gleich berechtigte Nation werden. Die überschüssigen Millionen Deutschlands müßten die Möglichkeit erhalten, sich in den weiten Räumen an den östlichen Grenzen auszudehnen. Dies sei die einzige Möglichkeit, Deutschland und Europa oom Untergang zu retten. Einstellung der Poung-Zahlungen? Es ist beachtenswert, daß zu gleicher Zeit ein hervor ragender Engländer, Lord Castlerose, sich in einer englischen Zeitung für die Notwendigkeit der Einstel lung der deutschen Tributzahlungen aus spricht. Er habe auf einer Reise durch Deutschland den Eindruck gewonnen, daß das Deutsche Reich in naher Zu kunft die Einstellung der Reparationszahlungen ankündiaen müsse. Industrie und Finanz litten zu sehr unter den Tributleistungen. Die Zukunft Deutschlands liege offenbar jenseits seiner östlichen Grenzen. 1. Mai: Fehlbetrag 7OO Millionen. Mehr mit politischen Fragen beschäftigte sich in Olden burg Reichsminister Treviranus in einer Versammlung geladener Gäste. Das Kabinett Brüning habe versucht, das wahr zu machen, was es versprochen habe, nämlich die Aus gaben den Einnahmen anzupassen und neue Schulden zu vermeiden. Dadurch werde die Voraussetzung für den Be freiungskampf geschaffen. Es sei ein Verdienst der National sozialisten, das Wollen im Volke geweckt zu haben. Treoi- ranus sagte dann zum deutsch-österreichischen Iolloertvag, nach der ersten Freude hätten sich sofort Schwierigkeiten gezeigt. Wir müßten den Mut zum Durchhalten haben. Am 1. Mai sei im Reich ein Fehlbetrag von 440 Mil lionen, bei den Ländern von 260 Millionen Mark vorhanden gewesen. Die Regierung werde jedoch nicht mehr ausgeben, als sie einnehme.