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sich durch seinen Gesundheitszustand gezwungen, Luszuscheiden. An seine Stelle wurde Herr Ge- heimer Rat Lotichiur gewählt. Durch den Tod wurden uns zwei Mitglieder entrissen. Am s6. Dezember verschied Se. Exzellenz Herr Konsi- storialpräsident v. von Zahn und am folgenden Tage Se. Exzellenz Herr Staatsminister a. D. v. vr. von Seydewitz. Am s8. April verschied Herr Gberst a. D. Schubert, der von s903 bis 1906 Präsident der Gesellschaft gewesen war. Das wurde in der üblichen Weise in Verbindung mit dem Missionsfest in der ersten vollen Septemberwoche abgehalten. Montag, 6. September, hielt Abends 8 Uhr im großen Saale des Vereinshauses vor einer er freulichen Zuhörerschaft nach Thoralgesang der Vizepräsident, Herr Gberkonsiftorialrat v. Kühn, die Begrüßungsansprache und erteilte dann Herrn Professor Vic. Wilke aus Wien das Wort zu seinem vortrage über dir kleidende Keke« t«»s de« Alle« Testament». Der Redner behandelte mit wissenschaftlicher Feindlichkeit die Krage ker Ausschaltung des Alten Testaments und sührle dabei in der Haupt sache aus: Diese Schrift sei als Geschichtsquelle, als Erbauungsbuch und als Urkunde der gött lichen Dssenbarung zu behandeln. Die alten Schriftsteller wollten wahrheitsgetreu und ohne jede Rücksicht die Geschichte Israels darstellen. Dadurch seien weltliche Sachen mit in das Alte Testament hineingrkommen. So viel man auch an Wissen der Entzifferung von alten Keilin- schristen und Papyros verdanke, so könne man sie doch nicht mit unserem prnnklosen Alten Testament vergleichen. Das Alte Testament sei ein Geschichtswerk und könne als solches kritisch betrachtet werden, werde aber bei einer solchen Kritik glänzend bestehen. Thristus' Weben und Leben trete im Alten Testament klar hervor. Kerner sei auch daran zu denken, in welcher starken Weise die kirchlichen Dichter und Künstler vom Alten Testament angeregt worden sind. Die Gesamtanschauung des Alten Testaments decke sich vollständig mit unsrer Auffassung Gottes und seiner Göttlichkeit. Kest stehe auch, daß das Alte Testament, wie kein anderes Erbauungs buch der Welt, das menschliche Innenleben för dert und mit Gott in Verbindung bringen kann. Vergängliches und Ewiges liege in dieser Schrift eng beieinander und ringe ost mit miteinander. Der recht- Maßstab zur Erkenntnis der Ewigen im Alten Testament sei das Neue Testament. Was rein jüdisch daran ist, habe für uns keinen religiösen Wert, desto wertvoller sei aber alles das, was uns innerlich festigen kann im christ lichen Gottesglauben und -vertrauen. Bei der Behandlung des Alten Testaments als Gffen- barungsschrift stellte der Redner gegenüber den erwähnten Angriffen die These auf, daß die Menschen Ideen nicht glauben, sondern Tatsachen sehen wollen. Tatsachen aber lägen im Alten Testament vor. Mit der Ausschaltung de» Ulten Testaments aus Kirche und Schule würden wir uns mutwillig eines großen Segens berauben. Im Kestgottesdienste am folgenden Tage nachmittag 4 Uhr predigte in der Krauenkirche Herr Superintendent Richter aus Borna über Joh. ss, 40, worauf der Sekretär s32 Kindern der Dresdner Bezirksschulen Bibeln übergab. Di- Festk«U-kte ergak 225 Mk. Im Lande wurden Kik-tf-st- in noch ge ringer Zahl gehalten. Zu unserer Kenntnis gelangten die Bibelfeste in Themnitz, Dahlen, Zreiberg, Glauchau, Hirschfelde, Meißen, Plauen, Süd-Lausitz. von unsern KchWestergefeUschafte« hatte die v. Lansteinsche Bibelanstalt ein beson ders wichtiges Jahr. Am 2s. Gktober feierte sie das 200jährige Jubiläum ihres Bestehens, wozu der Direktor der Kranckeschen Stiftungen in Halle, Geheimrat V. Kries, eine Zeitschrift verfaßt hatte: Die Tansteinsche Bibelanstalt sLsO bis sOsO. In den 200 Zähren hat die Anstalt 7" 500 000 Bibeln und Neue Testamente verbreitet. Bei dieser Gelegenheit sei jetzt schon erwähnt, daß unsre Sächsische Hauptbibelgesell- schast im Jahre s914 ihr lOOjähriges Jubiläum begehen wird, zu dem eine künstlerisch reich aus geschmückte Ausgabe des Neuen Testamentes bereits jetzt in Vorbereitung begriffen ist. Die Begründung eines Jubiläumsfonds wird in Aus sicht genommen. Der Verein zur Privatpflege sür bildungs fähige Krüppel versendet seinen 7. Jahresbericht für sMO, dem wir folgendes entnehmen: Auch im Jahre sdsO hat der Betrieb un serer Anstalt wieder eine bedeutende Erweiterung erfahren. Im April konnte die orthopädische Klinik in Benutzung genommen werden. Damit stieg die Zahl der Plätze in der Anstalt auf s25. Lie waren auch stets sämtlich besetzt, und immer warteten noch Kinder auf die schon beschlossene Ausnahme. Das Krüppelheim ist eben in erster Linie orthopädische Heilanstalt, und es gibt leider recht viele arme Kinder, die einer orthopädischen Be handlung bedürfen. Gewiß gehört es in erster Linie zu den Aufgaben der Krüppelfürsorge, Verkrüppelungen zu verhüten, und es ist dies glücklicherweise sicher in den meisten Källen, die recht zeitig in die richtige ärztliche Behandlung ge bracht werden, sehr wohl möglich. Demgemäß pflegen wir jedes zu uns gebrachte Kind, das zunächst noch nicht als Krüppel betrachtet wer den kann, aber ein solcher zu werden droht, un bedenklich in unsere Anstalt aufzunehmen, so die zahlreichen Kinder mit beginnender Knochen- und Gelenk-Tuberkulose z. B. Hüftgelenkentzündung, Rückenwirbelentzündung usw. Weist wird bei diesen Kindern auch, wenn sie rechtzeitig in die Anstalt kommen, der Eintritt wirklicher Ver krüppelung verhütet. Was mit der richtig an gewendeten orthopädischen Heilweise erreicht werden kann, beweist der Umstand, daß das Krüppelheim in den wenigen Jahren seines Be stehens und bei der geringen Größe, die es zu nächst hatte, bis jetzt schon 93 Pfleglinge ge heilt, oder so weit in ihrem Befinden gebessert, daß sie keiner weiteren Kürsorge mehr bedürfen, entlassen hat. Die ärztliche Leitung der Anstalt hat nach wie vor Herr vr. Gaugele, Spezialarzt sür Vrthopädie in Zwickau, in der Hand. Er be sucht das Krüppelheim so oft, als erforderlich, bis zu sechsmal in der Woche. Daneben ist aber auch der in dem Heime wohnende Assistenz arzt dort voll beschäftigt. Bei inneren Krankheiten ist vom leitenden Arzte Herr vr. Ullrich in Zwickau als Kinder Das Arüppelhenn m Zwickau. arzt zugezogen worden. Wie schon früher, hat auch im Jahre 1M0 Herr vr. Schönfelder in Zwickau als Zahnarzt unsere Pfleglinge kosten los behandelt. Soweit die Hilfe eines Augen arztes nötig geworden, ist sie von Herrn vr. List in Zwickau gewährt worden. Als Seel sorger ist Herr Pfarrer Walther in Zwickau- Marienthal in der Anstalt tätig. Er hält hier jeden 4- Sonntag Gottesdienst ab, erteilt auch den Konfirmandcnunterricht. Schulunterricht er halten unsere Pfleglinge von drei Lehrern. Zwei von diesen, Herr Becher und Herr Schlichter, gehören einem städtischen Lehrerkollegium au und sind vom Stadtrat in die Anstalt abgeordnet, der dritte, Herr Scheibe, ist vom Verein ange- stellt. Die Schüler bilden drei Klassen, denen eine Vorstuse vorangeht, und die konfirmierten Knaben werden noch drei Jahre lang wie in der öffentlichen Kortbildungsschule unterrichtet. Der ganze Lehrplan ist der der einfachen Volks schule. Die gesetzliche Lchulaussicht wird von dem Königlichen Bezirksschulinspektor, Herrn Schulrat Hörig, und Herrn Schuldirektor Hirsch in Zwickau geführt. Der Unterricht gebrechlicher Kinder ist selbstverständlich mühsamer als der gesunder. Umso erfreulicher sind die schönen Erfolge, die damit in unserer Anstalt erzielt werden. Kür die Ausbildung der größeren Knaben zu einer Berufstätigkeit sind im Krüppelheime selbst vier Werkstätten vorhanden: eine Korb macherei, eine Bandagenwerkstelle, eine Schuh macherei und eine Schneiderei. Die Mädchen lernen Weißnähen, Schneidern, Sticken, Stricken, dies letztere auch an der Strickmaschine. In d--r Korbmacherei sind zurzeit fünf, in der Schnei derei drei Lehrlinge beschäftigt, in jeder der beiden anderen Werkstätten arbeitet je ein Lehr ling. Ueberdies werden in der Anstalt noch das Einziehen von Bürsten und das Beziehen von Stühlen, das Kerbschnitzen, die Brandmalerei und sonstige Handfertigkeiten gelehrt. Auch in der auf dem Grundstücke betriebenen Gärtnerei können Pfleglinge angelernt werden. Zwei bei uns ausgebildete junge Leute, von denen der eine seinerzeit als sogenannter Handläuser zu uns kam, d. h. sich nur kriechend fortbewegen konnte, sind im Berichtsjahr als vollbezahlte Handwerksgesellen bei zwei Meistern in der Stadt in Arbeit getreten. Die mühsame und ausreibende Pflege der Kinder und die Leitung des ganzen Hauswesens liegen nach wie vor in der bewährten Hand un serer Krau Gberin, Schwester Henriette Bochow, der sechs Schwestern, darunter zwei chirurgisch ausgebildete, für die Pflege und eine Schwester sür das umfangreiche Küchenwesen, in treuer, hingebender Mitarbeit zur Seite stehen. Sämt liche Schwestern gehören der Dresdner Diako nissenanstalt an. Ueberdies sind noch sechs wei tere Pflegerinnen vorhanden. Kür die größeren Knaben wird der Leiter der Korbmacherei als Pfleger mit tätig und bewährt sich auf beiden Gebieten sehr gut. Die Vermögenslage des Vereins ist recht wenig erfreulich. Die Gewinn- und Verlust- ttebersicht ("4633,78 Ulk.) weist einen Kehl- belrag von rund 9000 Ulk. auf. Dabei hat die Verwaltung unzweifelhaft sehr sparsam gewirt schaftet. Der Aufwand, den ein Pflegling des Krüppelyeims dem Vereine jährlich im Durch schnitte verursacht, stellt sich aus rund 600 Nk. Es sind dabei auch allgemeine Unkosten, wie die Unterhaltung der Gebäude, die Zinsen sür die aus dem Grundstücke haftende Hypothek usw. inbegriffen. Der Aufwand ist höher als der, den eine Erziehungsanstalt für gesunde Kinder zu machen hat. Es wird dies aber angesichts der Kostspieligkeit der orthopädischen Behandlung, die unsere Anstalt gewährt, nicht wundernehmen. Das Verpfleggeld sür ein Kind beträgt zurzeit 500 Mark im Jahre. Daneben ist weder sür ärztliche Behandlung, noch sür orthopädische Hilfsmittel oder sür Bekleidung oder sür sonst eine Leistung etwas zu entrichten. Der Vorstand muß aber in den allermeisten Källen von seiner Besugnis, das Verpfleggeld teilweise, ja ganz zu erlassen, Gebrauch machen, wenn anders nicht die Ausnahme vieler Krüppelkinder in das Heim unmöglich gemacht werden soll. Zum ersten Male ist uns im Berichtsjahr eine Staatsunterstützung zugeflossen, von den 25 000 Mark, die Regierung und Stände auf das Jahr sMO für Krüppelfürsorge ausgeworfen haben, hat uns der zur Wahrnehmung dieser Kürsorge eingesetzle Landesausschuß 7000 Mk. überwiesen. Druck und Verlag von I Ruhr Aachfolger, v-, Alban Arisch, Hohenstein-Lrnstthal