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Buchgewerbe Buchdruck *** Buchbinderei * * *** Steindruck * * * Buchhandel Eingesandte Werke finden Besprechung Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme Mitarbeiter und Berichterstattes erhalten angemessene Bezahlung 1 Berliner Typographische Gesellschaft Am Sonnabend, 28. Oktober, abends 1/29 Uhr, findet in den unteren Räumen des Architektenhauses, Wilhelmstrasse 92/93, ein Lese-Abend statt, zu welchem die geehrten Mitglieder mit der Bitte um recht zahlreiches Erscheinen ergebenst eingeladen werden. Die nächste Arbeits-Sitzung findet am Dienstag, 31. Oktober, abends 9 Uhr, ebendort statt. Der Vorstand Tages-Ordnung: 1. Geschäftliche Mittheilungen. Aufnahme neuer Mitglieder. 2. Besprechung grafischer Neuheiten: a) Erzeugnisse der Giessereien b) Praktische Geräthe für den Setzer- und den Maschinensaal. 3. Was die Fachpresse bringt. 4. Technische Fragen und Antworten. se Gäste willkommen! Oa Von 8 Uhr ab liegen die neuesten Fachschriften im Vereins-Lokale zur Benutzung aus. Arbeits-Organisation im Druckgewerbe Ein Wort der Abwehr Berlin, Oktober 1899 Herr Franz Fettback-Hannover hat sich die Mühe genommen, in einer Reihe von Artikeln, die er gleichzeitig in mehreren Fachorganen (s. Papier-Zeitung Nr. 83) veröffentlichte, den Steindruckereibesitzern mit einem grossen Aufwand von Pathos eine gründliche Strafpredigt zu halten. Tief beschämt müssen die Herren Kollegen des Ver fassers ihre Blicke zur Erde senken, die die nach Ansicht des Herrn Fettback »zeitgemässen und ganz berechtigten Forderungen auf eine 8 stündige Arbeitszeit für Lithografen und auf eine 9 stündige für Steindrucker, sowie Bezahlung der gesetzlichen Feiertage, dazu 25 pCt. Lohnaufschlag für Ueberarbeit und 50 pCt. Lohnaufschlag für Sonn tagsarbeit« nicht bewilligt haben. Zerknirscht müssen die »heuchle rischen Arbeitgeber einer jetzt in unsern Fachblättern oft genannten grossen Stadt« Busse thun, die da »der nunmehr endlich (!) mit ihnen Ernst machenden Arbeiter-Organisation« »die täppische (!) Antwort« ertheilten, dass sie die 9 stündige Arbeitszeit für Steindrucker ohne Schädigung ihrer Geschäfte nicht bewilligen könnten. Mit Staunen werden die »verblendeten« Herren Steindruckereibesitzer, die im Jahre 1896 im Lohnkampfe mit ihren Arbeitern gestanden haben, die Sachkenntniss des Herrn Fettback bewundern, der die »für die Arbeitgeber so überaus kläglichen Vorgänge vom Jahre 1896« schildert, bei denen »in den Hauptzentren für lithografische Anstalten die derzeit vor geschriebenen Bedingungen der Arbeiter-Organisation den Steindiuckereibesitzern abgerungen« worden sind. Herr Fettback mag es mir nicht übelnehmen, wenn ich mich der »Verblendung«, vielleicht auch der Verstocktheit schuldig bekenne, seine Ansichten über seine Kollegen, zu denen auch ich mich rechnen muss, nicht ganz zu theilen. Was zunächst das Historische in den Ausführungen des Herrn Fettback anlangt, so muss ich vollständige Unkenntniss der von ihm angeführten Thatsachen eingestehen. Mir ist von den »kläglichen« Vorgängen im Jahre 1896 Nichts bekannt. So viel ich weiss, hat der Angriff der Arbeiter in Berlin, einem der »Hauptzentren für litho grafische Anstalten«, nach einer mehrwöchigen Arbeitseinstellung allerdings in kläglicher Weise geendet, aber nicht für die Arbeit geber, sondern für die Arbeitnehmer. Die Bedingungen, unter denen den ausständigen Arbeitern die Wiederaufnahme der Arbeit gestattet wurde, und welche von den Ausständigen unterschrieben wurden, lauteten wörtlich: 1. Die Wiederaufnahme der Arbeit erfolgt unter den gleichen Bedingungen, unter denen sie niedergelegt wurde, soweit die selben nicht nachstehend oder durch ausdrückliche Vereinbarung abgeändert sind; 2. Eine Bezahlung der gesetzlichen Feiertage findet nicht statt; 8. Soweit bisher eine geringere Arbeitszeit bestand, wird dieselbe auf 9 Stunden erhöht. Höhere Arbeitszeit bleibt vorläufig bestehen; 4. Für Lithografen beträgt die Arbeitszeit in den Monaten Januar, Februar, November und Dezember 8 Stunden, in allen übrigen Monaten des Jahres 81/2 Stunden. Ich muss gestehen, dass ich trotz der Ausführungen des Herrn Fettback mir der Kläglichkeit der Rolle, welche die Berliner Arbeit geber, zu denen auch ich mich rechne, bei diesen »Vorgängen vom Jahre 1896« gespielt haben, nicht bewusst bin und auch nicht zu er gründen vermag, welche der »von der Arbeitgeb er-Organisation vor geschriebenen Bedingungen« den Arbeitgebern »abgerungen« und von den Arbeitern »schlank durchgesetzt« worden sind. Una ähnlich wie in Berlin ist meines Wissens die Bewegung der Steindrucker und Lithografen im Jahre 1896 auch in den anderen »Hauptzentren für lithografische Anstalten«, worunter doch vermuthlich Leipzig, Dresden, Nürnberg-Fürth zu verstehen sind, verlaufen. Ich lasse mich gern eines Besseren belehren, aber die vorstehenden Thatsachen stehen doch mit den Behauptungen des Herrn Fettback nicht ganz im Einklänge. Nun wird mir Herr Fettback zugeben, dass es unter seinen und meinen Kollegen wohl auch eine Anzahl einsichtiger und human denkender Männer giebt. Wenn diese Männer der Ansicht sind, dass das Bündel »berechtigter Forderungen« der Arbeiter, welches Herr Fettback in seinem Artikel aufgerollt hat, nicht zu bewilligen ist, so sollte ihm doch ein kleiner Zweifel darüber aufstossen, ob diese Forderungen wirklich »zeitgemäss und ganz berechtigt« sind. In dem Blumenstrauss der angeblich »schlank durchgesetzten« Forderungen fehlt nur noch die eine Blüthe, die in dem Lohnkampfe von 1896 sich erschlossen hat, die Forderung der Abschaffung der Akkord-Arbeit und, soweit dieselbe nicht abgeschafft ist, die Entlohnung der Akkord arbeiter für an den gesetzlichen Feiertagen nicht geleistete Arbeit. Es würde hier zu weit führen, die von Herrn Fettback als »zeit gemäss und ganz berechtigt« bezeichneten Forderungen im Einzelnen zu erörtern. Nur einen Punkt möchte ich kurz berühren, die Bezah lung der gesetzlichen Feiertage. Soweit mir die Verhältnisse der Betriebe unseres Industriezweiges bekannt sind, wird der Lohn nach einer bestimmten Arbeitszeit bemessen. Für jede Ueberstunde wird dem Arbeiter besondere Bezahlung gewährt. Es wird also die Zeit bezahlt, welche thatsächlich gearbeitet worden ist. Es ist mir nicht ganz klar, mit welchem Rechte der Arbeiter Entlohnung für eine Arbeitszeit beansprucht, in der er ohne Verschulden des Arbeitgebers nicht gearbeitet hat. So ganz zweifellos dürfte die Berechtigung dieser Forderung doch wohl nicht sein, wie Herr Fettback behauptet! Des Ferneren möchte ich meine Kollegen in Leipzig gegen den Vorwurf der »puren Heuchelei« und einer den Arbeitern ertheilten »täppischen« Antwort in Schutz nehmen, als sie erklärten, dass sie die 9 stündige Arbeitszeit für Steindrucker ohne Schädigung ihrer Geschäfte nicht bewilligen könnten. Vielleicht ist es Herrn Fettback bekannt, dass die Steindruckereien und speziell die chromolithografischen Anstalten sich seit einigen Jahren in einem schweren Kampfe um ihre Existenz befinden. Der Wettbewerb von süddeutschen Anstalten, welche bei niedrigeren Löhnen, längerer Arbeitszeit und billigeren allgemeinen Unkosten einen bedeutenden Vorsprung vor den nord deutschen haben, zwingt die letzteren zu äusserster Kraftanstrengung, wenn sie im Weltmärkte nicht unterliegen wollen. Da im Inlande für die Steindruckereien kein genügender Absatz vorhanden ist, sind dieselben zum grossen Theile auf die Ausfuhr angewiesen. Und die bedeutendsten Ausfuhrländer, die Vereinigten Staaten von Nord- Amerika und England, sind in der Lage einen solchen Preisdruck auszuüben, dass eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu Gunsten der Arbeiter thatsächlich als eine schwere Schädigung der Arbeitgeber empfunden werden kann. Ist es doch offenes Geheimniss, dass die Mehrzahl der grösseren Firmen Norddeutschlands in den letzten Jahren mit kaum nennenswerthem Nutzen, vielfach auch mit Verlust gearbeitet haben. So ganz »täppisch« will mir hiernach die Antwort der Arbeit geber Leipzigs nicht erscheinen, und auch die »pure Heuchelei« ist nicht so ganz sonnenklar, wenn Herr Fettback dies auch behauptet. Nun fragt Herr Fettback, ob es sich die übrigen Steindruckerei besitzer, die seit Jahren ihren Arbeitern die höheren Löhne bei ab gekürzter Arbeitszeit zahlen, denn wirklich gefallen lassen sollen, durch die naturgemäss billiger zu stellenden Angebote solchen Wett bewerbs in so unerhörter Weise geschädigt zu werden. Darauf kann ich ihm nur erwidern, dass ich gewiss nicht zu Denjenigen gehöre, welche der Preisschleuderei und Preisdrückerei das Wort reden. Und, wenn er ein Mittel gefunden hat und anzugeben weiss, diesem Uebel stande zu begegnen, so mag er es sagen und, wenn es brauchbar ist, soll er hochgepriesen werden von seinen schwer bedrängten Kollegen. Die Mittel, die er bis jetzt angegeben hat, wollen mir aber als wirksam nicht erscheinen. Die »Peitsche der Arbeiter-Organisation, die da den Scheinheiligen ins Gesicht fährt«, wird er als ein solches wohl kaum bezeichnen wollen. Die Lohn- und ArbeitsVerhältnisse unseres Industriezweiges können meines Erachtens unmöglich einheitlich für das ganze Deutsche Reich geregelt werden. Steht doch, abgesehen von Anderem, der in einem Industriezweige gezahlte Lohn stets in einem gewissen organischen Zusammenhang mit den in anderen Industriezweigen desselben Ortes gezahlten Löhnen und in einer Ab-