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Nr. 105 PAPIER-ZEITUNG 4147 Das Verfahren, vom Erfinder Wharf-Litho genannt, weil es die Lithografie ersetzen und auf Wharf’s amerikanischen 1 Buchdruckpressen ausgeübt werden soll, besteht haupt sächlich in der Anwendung einer Flüssigkeit, die Geheimniss des Erfinders bleibt, auf eine Zinkplatte, welch letztere dadurch die Buchdruckfarbe abstösst. Der Arbeitsgang ähnelt dem lithografischen Verfahren. Von einem in gewöhnlicher Weise hergestellten lithografischen Original werden die ein zelnen Farbenplatten durch Umdruck auf eine Zinkplatte über tragen. Dann wird letztere mit der schon erwähnten Flüssig keit behandelt, die die Oberfläche derart verändert, dass, obwohl sie stets von den Farbwalzen berührt wird, doch nur der mit der Zeichnung bedeckte Theil Farbe annimmt, während der Rest die Farbe abstösst, also auch bei dem darauffolgen den Druck keine Spuren auf dem Papier hinterlässt. Während demnach bei der lithografischen Presse bei jedesmaligem Druck die Vorbereitung des Steins durch Anfeuchten mit Wasser noth wendig ist, damit die Farbe von den nicht mit Zeichnung be deckten Flächen abgestossen wird, bedarf die Zinkplatte nur einer einmaligen Behandlung mit der erwähnten Flüssigkeit, um die selbe Eigenschaft durch eine ganze Auflage zu bewahren. Die Proben haben ganz das Aussehen bunter Steindrucke, sie sind sauber gedruckt und zeigen die zarten Uebergänge der ver schiedenen Farben, wie man sie an guten.Korn-Lithografien kennt. Besitzerin der Patentrechte ist die Wharf Litho-Gesellschaft in London. Sie übt das Verfahren bereits aus und erbietet sich, Lizenzen zu ertheilen. Anzeigen-Jagd Nachdruck verboten Das Landgericht Leipzig hat am 6. September den Buchhändler Richard Serbe in Leipzig wegen versuchter Nöthigung in zwei Fällen zu drei Monaten Gefängniss verurtheilt. Er ist mit seinem Bruder Richard Serbe Inhaber der Firmen C. Herm Serbe und K. Wörle & Sievers. Im Verlage der erstgenannten Firma erscheint das Mess- Adressbuch für Leipzig, ausserdem das Export-Handbuch. In einem Rundschreiben der Firma Serbe war die Angabe enthalten, dass für diejenigen Firmen, welche in dem Mess-Adressbuch anzeigen, in dem Export - Handbuch vollständig kostenlos Reklame gemacht werde, indem eine ganze Zeile umsonst abgedruckt werde. Eine Anzahl Firmen hatten diesen Zusatz, der durch den Druck in dem Rund schreiben nicht hervorgehoben sondern recht versteckt war, nicht beachtet und in der Annahme, dass ihre ganze Anzeige im Export- Handbuch gratis abgedruckt werde, sie auch für dieses aufgegeben. Sie waren später sehr erstaunt, als sie die Rechnung für die über schiessenden Zeilen erhielten, und weigerten sich die Rechnung zu bezahlen mit der Begründung, dass sie getäuscht seien. Es entstanden daraus eine Menge Zivilprozesse, die aber sämmtlich von der Firma Serbe gewonnen wurden. Sechzehn Firmen, die dem Vereine deutscher Spediteure angehören und ebenfalls zur Zahlung verurtheilt worden waren, hatten sich dabei nicht beruhigt und an den Redakteur der Spediteurs- und Schiffahrtszeitung, des Publikationsorgans jenes Vereins, gewendet, damit er die Berufsgenossen zur Vorsicht bei Ausfüllung der Formulare ermahne. Der Redakteur Hartmann brachte dann in seinem Blatte nacheinander fünf Artikel in dieser Richtung, ohne, wie das Urtheil hervorhebt, das Maass der berechtigten Kritik zu überschreiten. Der Angeklagte wollte ihn nun zur Einstellung seiner Angriffe veranlassen, hatte damit aber keinen Erfolg. Nun entschloss er sich einen anderen Weg einzuschlagen. Einen Anhalt dazu gab ihm ein Vermerk, der auf dem Titelkopfe des Hartmann’schen Blattes stand und dahin lautete, dass diejenigen Abonnenten, die das Blatt nicht abbestellen, auch ferner für die gleiche Bezugszeit als Abonnenten angesehen würden. Serbe versandte nun ein Rundschreiben, in welchem er Hartmann dies vorwarf und ihm Täuschung seiner Abonnenten unterstellte. An jene sechzehn Firmen, die s. Z. sich über ihn bei Hartmann beklagt hatten, schrieb nun Serbe am 17. März 1899 unter der Firma K. Wörle & Sievers Briefe, in denen er sie um eine gut achtliche Aeusserung darüber ersuchte, ob es anständig sei, die Abonnenten durch versteckte Notizen am Kopfe eines Blattes zum Weiterbeziehen zu zwingen. Vier von jenen Firmen gaben, ohne zu wissen, dass sie es mit Serbe zu thun hatten, ihrer Ansicht dahin Ausdruck, dass sie dieses Verfahren nicht für anständig hielten. Obwohl nun inzwischen Hartmann, um allen Weiterungan aus dem Wege zu gehen, jenen Satz auf seinem Blatte gestrichen hatte, ver fasste Serbe ein Rundschreiben, in welchem er die Antworten der vier Firmen mittheilte, und charakterisirte dann das (bisherige) Ver fahren Hartmanns in einer für diesen beleidigenden Weise. Am 27. März sandte er dann einen Korrekturabzug dieses Rundschreibens an Hartmann und verlangte von ihm abermals, er solle weitere Veröffentlichungen gegen ihn einstellen; wenn er nicht verspreche dies zu thun, so werde das beifolgende Rundschreiben gedruckt und versandt werden. Nunmehr übergab Hartmann beide Schriftstücke der Staatsanwaltschaft. Das Landgericht hat in dieser Handlung des Angeklagten den ersten Nöthigungsversuch erblickt. Zu den vier Firmen, welche wie oben angegeben, dem Angeklagten ihr Gutachten abgegeben hatte, gehörte auch die Firma Franz Denicke. Der Inhaber derselben, Goldstein, hatte jedenfalls keine Ahnung davon, dass der- Inhaber der Firma K Wörle & Sievers Serbe heisst und schrieb deshalb in dem Briefe, in einer ganz ähnlichen Lage habe er selbst sich befunden, als er für das Serbesche Export-Handbuch eine Anzeige aufgegeben habe. Diesen Satz setzte Serbe auch mit auf das bereits oben erwähnte Rundschreiben, machte dazu aber die Bemerkung, das sei eine »freche Lüge«. Einen Korrekturabzug dieses Rundschreibens sandte er nun auch an Herrn Goldstein und kündigte ihm zugleich an, dass es versandt werden werde, wenn er, der Adressat, nicht verhindere, dass Hartmann seine Angriffe gegen ihn, Serbe, einstelle. Der Erfolg war auch hier derselbe wie bei dem Schreiben an Hartmann. Auch in diesem Falle hat das Landgericht angenommen, dass der Angeklagte den Adressaten widerrechtlich zu einer Handlung nöthigen wollte, indem er ihn mit einem Uebel, nämlich dem Vergehen der Be leidigung, bedrohte. Im Urtheile wird die Wahl der Gefängnissstrafe damit begründet, dass das Verfahren des Angeklagten einer ungemein niedrigen Gesinnung entsprungen sei. — Die Revision des Angeklagten kam heute vor dem Reichsgericht zur Verhandlung. Serbe berief sich auf Nothwehr und behauptete, es sei nicht festgestellt, dass die Angriffe Hartmanns gegen ihn keine rechtswidrigen gewesen seien. Mindestens habe er, der Angeklagte, diese Angriffe Hartmanns für rechtswidrig gehalten. Nur durch Rechtsirrthum könne ferner das Gericht zu der Ansicht gekommen sein, dass er eine ungemein niedrige Gesinnung geoffenbart habe. Die Drohung, welche er gebraucht habe, sei nicht geeignet gewesen, den Willen der beiden Personen zu beeinflussen. Nicht die in dem Rundschreiben enthaltenen Be leidigungen, sondern der übrige Inhalt hätte sie zu der von ihm gewollten Handlung veranlassen können. Wenn er sich strafbar gemacht habe, so sei es nicht durch Bedrohung mit einer Beleidigung, sondern durch Beleidigung, gelegentlich einer erlaubten Nöthigung. Schliesslich bemängelte er noch die Höhe der Strafe, die von einer ganz aussergewöhnlichen Härte sei. — Der Reichsanwalt beantragte die Verwerfung der Revision, da sie sich nur gegen die thatsächlichen Feststellungen richte. Die Widerrechtlichkeit der Handlungsweise des Angeklagten sei ausreichend festgestellt. Nothwehr sei ja zwar auch bei Beleidigungen zulässig, aber es sei festgestellt, dass ein rechtswidriger Angriff auf den Angeklagten nicht stattgefunden habe. Nothwehr bei Beleidigungen sei auch immer nur dann zulässig, wenn der Angegriffene weitere Angriffe zu fürchten habe. Hier sei aber ausdrücklich festgestellt, dass der Angeklagte keinerlei Angriffe mehr zu fürchten hatte. Dass durch Drohungen mit Beleidigungen eine versuchte Nöthigung begangen werden könne, sei von der Recht sprechung anerkannt. Der subjektive Thatbestand endlich sei auch ausreichend festgestellt. — Das Reichsgericht erkannte sodann auf Verwerfung der Revision, da das Urtheil einen Rechtsirrthum nicht enthalte. Festgestellt sei, dass der Angeklagte, wenn er seine Drohung ausgeführt hätte, eine strafbare Beleidigung begangen haben würde. Der Einwand, er würde dann in Nothwehr gehandelt haben, sei völlig zutreffend widerlegt. Dass der Angeklagte, wenn er die Drohung ausgeführt hätte, sich deswegen keiner strafbaren Beleidigung schuldig gemacht haben würde, weil ihm der Schutz des § 193 zur Seite gestanden haben würde, sei vom Angeklagten in der ersten Instanz garnicht behauptet worden, diese habe deshalb eine negative Fest stellung nach dieser Richtung nicht zu treffen brauchen. Lohnbewegung der Buchdrucker in Elberfeld - Barmen. Die Buchdruckereibesitzer des Wupperthales beschlossen in einer am 20. d. M. abgehaltenen allgemeinen Versammlung, vom 1. Januar 1900 ab eine Maximai-Arbeitszeit von 9*/» Stunden einzuführen. Alle Geschäfte, welche schon jetzt kürzere Arbeitszeit haben, behalten dieselbe auch ferner bei. Den Geschäften, wo 101/ und 10’/, Stunden gearbeitet wird, soll durch die Festsetzung von 9'7 Stunden die Möglichkeit ge geben werden, sich nach und nach einer Verkürzung der Arbeitszeit anzupassen. Ferner wurde eine Kommission er nannt, welche bestrebt sein soll, die in einigen Geschäften überhand nehmende Lehrlingszüchterei möglichsteinzuschränken. Wie sich die Gehilfenschaft, welche die Einführung des Neunstundentags gefordert hat, zu den Beschlüssen der Druckerei besitzer verhalten wird, bleibt abzuwarten. — . t. Berufs-Jubiläum. Der Senior der Danziger Buchdrucker, Herr R. Pulter, begeht am 1. Januar 1900 sein 50 jähriges Berufs-Jubelfest. Derselbe ist seit 1857 in der Edwin Groening'- sehen Buchdruckerei (jetziger Inhaber Herr J. H. Jacobsohn) thätig und erfreut sich trotz seiner 65 Jahre einer guten Ge sundheit. Zeitungs-Jubelfest. Am 3. Januar 1900 feiern die »Zittauer Nachrichten« ihr 100 jähriges Bestehen. Genannte Zeitung ist das drittälteste Organ der sächsischen Oberlausitz. Der Löbauer »Sächs. Postillon« erscheint zur Zeit im 115. Jahrgange, während die »Bautzener Nachrichten« am kommenden 1. Januar bereits in ihren 118. Jahrgang eintreten, g.