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Frauen auf Vorposten weiblich« Heldentum iu der Südsee. Auf einer entlegenen Insel, wo Stiller und Indischer Ozean zusammenstoßen, lebt eme Frau, die monatelang keinen Weißen zu sehen bekommt. Sie ist Gouverneur und Schullehrer der Insel in einer Person. Ihre einzigen Ge fährten sind die vrtmitiven, dunkelhäutigen Inselbewohner, und einige von ihnen sind di« rauhesten und härtesten Ge sellen, die man — und das will etwas bedeuten! — in die sen Gegenden antreffen kann. E» ist irgend etwa» an dieser Frau, das den wilden Insulanern Respekt und Lieb« abzwlngt. Nur wenn selbst- gebrauter Schnaps die Gehirne der Eingeborenen verdun kelt, werden sie zu einer unberechenbaren, blutdürstigen Herde, und ostmal» befindet sich die tapfer« Frau dann in ernster Lebensgefahr. Ruhig und fest aber tritt sie den Wil den in solchen Augenblicken entgegen, bi» ihrer freundlichen Geduld der Steg zuteil wird. Ich glaube nicht, daß irgend ein Mann, allein und unbewaffnet, wie sie ist, das gleiche vollbringen könnt«. Ein ander Mal liegt sie Stunden um Stunden nacht» in ihrem kleinen Schlafzimmer t» dem strohgedeckten Haus« und lauscht in der Dunkelheit auf da. Kommen feindlicher Kriegskanu», die man in der Umgebung der Insel gesichtet hat. Doch niemals wagt sich di« Furcht an diese Frau heran Al» ich da» letzte Mal auf der Insel war, hatte st, über einen Monat lang nur von der kargen Kost der Eingebore nen gelebt. Da» Schiff, da» sie mit Nahrungsmitteln zu ver sorgen pflegt«, war ausgeblieben. Sie war so unterernährt und sah so zart und gebrechlich au», daß sie es meiner An sicht uach nicht mehr lange ausgehalten hätte. Ich freut« mich, ihr mit Lebensmitteln von meinem Schiff aushelfen zu kön nen und verbracht» den Nachmit tag al» ihr Gast; sie erzählte mir von ihren Hoffnungen und Ent täuschungen und von den Fort schritten, die die Eingeborenen unter ihrer Leitung machten Ueber 60 Jahr» ist sie alt und weilt seit 20 Jahren al, einzige Weiße auf der Insel! Ein« andere jener bswunde- rungswürd gen Frauen ist Frau M., die au St. Agnin, einer In einiger Entfernung vom südlichen Neu - Äu nea gelegenen Insel, lebt. Frau M. war Matrose, Perlenfischer, Mitarbeiter. Händler, Angestellte auf einer Farm und viele» andere; überall aber stand sie ihren .Mann". Ich sah sie bei schwe rem Wetter ein Schiff sicher durch die haushohen Wellen zum Ziele steuern gegen den Willen der eingeborenen Schiffsmannschaft, die es für unmöglich erklärte, weiterzu fahren, und ich sah sie sehr energisch und erfolgreich mit einer rohen, zum Aufruhr geneigten Rotte umgehen, die selbst einem erfahrenen Kapitän eme harte Nuß zu knacken gegeben hätte. Eine besonders glückliche Begabung besitzt sie für alles Geschäftliche. Wer sie in einem Handel um Perlen oder dergleichen übers Ohr zu hauen versucht, zieht sicherlich den kürzeren. Hätte das Schicksal sie in unsere Zivilisation versetzt, wäre sie bestimmt ein große» Tier in irgendeinem Aufsichtsrat geworden. Erstaunlich ist ihr Selbstvertrauen in Stunden der Ge fahr. Eines Nachts hörte sie unter ihrem Hause verdächtige» Geräusch. (Das Haus ist wie die meisten in den Tropen hoch über dem Erdboden erbaut.) Sie erhebt sich, geht hin unter und überrascht einen Eingeborenen, in dem sie einen berüchtigten Mörder erkennt, der aus dem Gefängnis einer benachbarten Siedlung entflohen war. Er versuchte, durch den Fußboden In den Raum Ihre» Hauses, in dem di« Waffen aufbewahrt sind, einzudringen. Obwohl die tapfere kleine Frau unbewaffnet ist, rennt sie schnurstracks auf den Sträfling zu und versucht, ihn festzuhalten. Aber der Kör per de» Mannes »st, wie bei den Eingeborenen üblich, über und über mit Kokosöl etngelchmiert, und er entschlüpft Ihrem Griff. Geistesgegenwärtig reibt diese Vertreterin de» schwa chen Geschlechtes ihre Hände im Sand des Erdboden», packt den Mann abermals, diesmal mit mehr Glück und hält ihn fest, bi» die Bedienten herbeieilen. Unter deren Beistand wird der Verbrecher mit einer eisernen Kette gefesselt. Dann läßt sie den Fußboden durchbohren, zieht da» ander« Ende der Kette durch da» so entstandene Loch, befestigt e» an ihrem Bettpfosten, legt sich nieder und schläft einen ruhigen, traum losen Schlaf. Am nächsten Tage erschien ein Regierungsschiff, und der Gefangene wurde ausgeliefert. Das merkwürdigste aber ist, daß im Wesen dieser Frau nicht» Männliches oder Amazonenhafte» liegt. Trotz aller Rauhheit Ihre» Leben» Ist sie di« Weiblichkeit m Person und «in«» der entzückendsten Wesen, di, Ich kennengelernt hab«. Eine der im südlichen Pacific am meisten verehrten Frauen ist eine kleine, zarte Krankenschwester. Al» sie hört, daß auf einem Goldfeld in dem geb'rgi- gen Innern von Papua da« Fieber au-gebrochen Ist, macht sie ohne lange» Ueberlegen die ungewöhnlich schwierig« und gefährliche Reise dorthin. Gebirge von über LöOO Metern Höhe sind zu übersteigen. Di« ganze Reis» muh zu Fuß aus geführt werden und dauert etwa 10 Tag« und Nächte. Der einzige Weg ist ein gewundener, sehr unzulänglicher Ein- geborenenpfad und die steinigen, balbtrockenen Ränder Der Marschall Tschanatsolin stand tm Solde der Ja paner; daß sein Sohn Tschanghsueliang die Mandschurei ohne Widerstand räumte, läßt vermuten, daß er von den Javanern mit etwas Besserem als nur mit Gewehrkugeln und Granaten bezahlt worden ist; Fengyuhsiang, der .christ liche" General Feng, hat den Kaiserpalast in Peiving (Pe king) und den letzten Kaiser von China aus die schamloseste Weise ausgeräubert, er kämpfte einmal für diese, einmal für jene Partei, und er ist von jedermann um den Preis von einer Million mexikanischer Dollar (etwa zwei Millionen Mart, für den Fall, daß Sie Interesse haben!) zu kaufen. Daß es aber auch Ausnahmen gibt, weiße Raben unter den Tutschuns, den „Kriegsherren", die das Land auspres sen, brandschatzen, versklaven, es an den Rand — und über den Rand — des Zer alls gebracht haben, das beweist der Fall de» Admirals Linkuoken, des Oberhaupt« der Ver waltung von Amoy. Amoy ist eine Hafenstadt tu der Straße von Formosa, dieser Insel gerade gegenüber. Es zählte 1S11 ,also vor reichlich 20 Jahren, 114 000 Einwohner; heute zählt es eine halbe Million, was als Ausweis für die Prosperität und die Gesundheit der Stadt gelten mag. — Vor 20 Jahren galt Amoy als eine der schmutzigsten Städte Chinas, also der Welt. „Die Straßen waren riesenhafte Latrinen," schreibt ein Reisender aus jener Zeit, „die Stadt hatte ihre eigenen vier avokalyptischen Reiter: Bubonenpest, Pocken, Typhus und asiatische Cholera." Die Europäer und Amerikaner wohnten und wohnen auf der Insel Kulangsu; ein riesiger Fremdenfriedhof ist dort; hier liegen Handelsleute und Schtffskapitän« au» den Ssgelschifsstagen. und auf zwei Grabsteinen von dreien stehen die Worte: „Gestorben an der Cholera." So sah Amoy bis vor wenigen Iah- aus. — Da» Trinkwasser kam au» Teichen und seichten Brunnen. Es war I vl VIt. ein stehender Witz, daß, wenn man einen , Amoyer Fremden fragte, woher das / Trinkwasser käme, er antwortete: ,E» kommt au» einem Teich und wird in einer Filtrteranlage gereinigt; dann kommt es zu UN» in» Hau» und wird dort noch einmal filtriert. Dann gießen wir es weg und trinken Dier." irnd ar- ren, mit Armeen verwendet, der mit den St, Aldern ßen liegen, sind tm Werte gestiegen und entschädigen so di« einst widerwilligen Steuerzahler mit einem Vielfachen der gezahlten Steuern. Autostraßen entstehen in der umgea« von Amoy; und wo einst die Rikscha, der zweirädrige Kl ren, mit Mühe durchfand, fährt heute der Ford. „Ich bin froh, daß ich Amon tm letzten Jahr habe be suchen dürfen/ schreibt ein amerikanischer Autor in der Zett schrift „Asia", „ich freue mich .daß ich das Glück batte, Müll abfuhrauto» ausweichen zu müssen. Ein Müllabfuhrwagen sollte al» Wappenzeichen des fortschrittlichen China ange nommen werden!" Ein chinesischer Tutschun, der die Millionen, die er dem Volk „abgepreßt" hat, nicht für den persönlichen Luxus, nicht sür die Ausrüstung und Besoldung seiner räuberischen nicht nach einem eleganten japanischen Badeort verschwindet, um sie dort mit einem ebenso räu berischen Heer von Geishas auszugeben — auch das gibt es. Man muß sich den Namen dieses weißen Raben merken; er kommt seltener in die Zeitungen als diejenigen der Räuber tm militärischen Gold- und Eilberstaat, weil es ein besserer und anständigerer Name ist. Ich wiederhole: Admiral Linkuoken! * Mehr solcher Männer in China, ein solcher Mann in der Mandschurei — und die Japaner hätten es ntcht nötig gehabt, mit Feuer und Schwert für Ruhe und Ord nung zu sorgen. Zehntau sende, die jetzt in mandschu rischer und Schanghaier Erde ruhen, Chinesen und Japaner, lobten noch. Das war so, bi» im Jahre 1S27 ein junger Chinese, der in den Vereinigten Staaten studiert hatte, in seine Vater stadt Amoy zurückkehrt« und di« Zustände furchtbar fand. Er überredete einen steinreichen Chinesen, der sein Glück mit javanischem Zucker gemacht hatte, eine Million Dollar frei zu machen für die Errichtung eine» Wasserwerk» nach modernem Plan. Acht Kilometer von Amoy entfernt wur den unterirdische Quellen entdeckt, ein 25 Meter hohe Aequa- dukt wurde erbaut, der die Quellen mit der Stadt verband, eine Sterilisier-, eine Filtrieranlage entstanden — und Amoy erhielt Trinkwasser von einer solchen Reinheit, daß die Fremden auf Kulangsu sich da» Wasser zu Trinkzweckeu heranschaffen lassen. Der chinesische Millionär, der die Million Dollar ber gab, hat nichts dabei verloren, denn die Amoyer Waster» werke werfen heute 8H Prozent Dividende ab! Admiral Linkuoken, Oberhaupt der Stadt, lieh dem Wasserwerkbau seine ganze Unterstützung. In der Folge entstanden ein elektrisches Lichtnetz und eine die ganze Stadt umfassende Telephonanlage; beide Betriebe sind ausschließlich von Chi nesen finanziert und geleitet — ein für China seltener Fall. Admiral Linkuoken berief einen jungen chine sischen Ingenieur und beauftragte ihn, den größten Teil der Stadt niederzureißen und neu aufzubauen — das gigantischste Städtebauprojekt unserer Tage. Die alten, konservati ven Elemente Amoys rebel lierten; uralte Friedhöfe sollten aufgehoben werden, um Baugrund für große, moderne Bauten abzugeben. Der junge Ingenieur, der die Arbeiten leitete, konnte sich nur unter militärischem Schutz in der Stadt bewegen. Der Hauptfriedhof mit über einer Biertel million Grabern, mitten in der Stadt gelegen, mußte aufgelöst werden. Um die Gefühle der Bevölkerung nicht zu verletzen, mußten die Ge beine vor die Stadt transportiert und in einem neuen Friedhof be stattet werden — eine Arbeit von unvorstellbarer Mühseligkeit. Tau- -z, sende von modernen dreistöckigen . Häusern aus armiertem Beton beben sich nun, breite, schöne Stra ßen in einer Gesamtlänge von über 25 Kilometern durch ziehen die Stadt; ein Stadtpark von 33 Hektar Fläche mit Spielplätzen und Dersammlungshallen wurde geschaffen; der Schutt von den eingerissenen Stadtteilen wurde an die Meeresküste getragen und in» Meer versenkt, wo auf diese Weise 1100 Hektar neuer Boden entstanden. Drei Jahre dauerten diese Rekonstruktionsarbeiten, und heute ist Amoy eine moderne, schöne, saubere und gesunde Stadt. Der Bau der Häuser verschlang 40 Millionen Dol lar, der Stadtpark allein kostete eine halbe Million; alles wurde aus Steueraeldern bezahlt, die zum Teil unter An wendung von Waffengewalt eingetrieben werden mußten. Aber heute hat der Boden des Hauptfriedhofs allein, der bisher so gut wie völlig wertlos war, einen Wert von rund einer Million Dollar; und alle Grundstücke und Häuser, die in den neuen Vierteln und an den neuen Stra- ichnellfliehender Flüsse. Schon vor dem Ende des zweiten Tages sind die Füße der kleinen Krankenschwester schrecklich geschwollen und ihr Körper über und über von den Dornen der Dschungel verwundet. Die Nächte verbringt sie in einem der Eingeborenendörfer, deren Bewohner nicht immer son derlich freundlich gesinnt sind und schläft auf den roh getä felten Fußböden der von üblen Gerüchen geschwängerten Strohhütten. Am vierten Tage erklären plötzlich die Eingeborenen, die sie sich zum Tragen der Medizinen und ihrer Sachen von der Küste mitgenommen hat, daß sie sich vor den kriege rischen Gebirgsvölkern fürchten und weigern sich, «men Schritt weiterzugehen. Sie droben der kleinen Kranken schwester, sie ihrem Schicksal zu Überlassen, wenn sie ntcht kehrtmache. Hätten die eingeborenen Träger es mit einem Mann zu tun gehabt, so hätten sie ihre Drohung sicherlich ausgeführt. Die kleine Schwester erklärt ihnen jedoch mit unerschütterlicher Bestimmtheit trotz aller Vorhaltungen, daß sie nötigenfalls ihren Weg ohne Begleitung sortsetzen wurde. Ihre mutige Entschlossenheit bleibt Sieger. Später sagte mir einer der Träger wörtlich: „Wir schämten un», daß wir Männer Angst hatten, wo eine Frau keinerlei Furcht zeigte". Sie erreicht da» Goldlager und, obwohl schwach und von der Reise entkräftet, macht sie sich sofort an die Arbeit. Und wa» für eine Arbeit! Von einer Bevölkerung von 100 Mann stirbt hier durchschnittlich jeden Tag einer! Ein Hospital ober irgend etwa» Aeynlicheo gibt es nicht, niemand, der ihr in der Pflege und Behandlung der Kranken irgendwie behtlf. ltch sein kann. An Arzneien steht ihr nur der beschränkt« Borat, den sie mttgebracht hat, zur Verfügung. Aber sie tut ihr Beste» und dieses Beste ist eine an» Wunderbar« gren zende Leistung. Wochenlang bleibt sie dort, und wahrend der ganzen Zeit scheint sie niemals auszuruben, ja nicht einmal zu schlafen. Sie ist beseelt von einer großen Idee: der Men schenliebe: ihr« Kräfte sind verzehnfacht. Ihr Gesicht wird von Tag zu Tag schmaler. Aber bi« Augen leuchten hell und und die Stimme scheint von freundlicher Heiterkeit getragen. Sie rettet einen nach dem andern; sie, und sie allein, reitst da» Lager. Als ärztliche Hilfstruppm eintreffen, bricht st« zusammen. Man schafft sl« zur Küste zurück, wo sie sich glücklicherweise wieder erholt. Ihr Name? Es tut nichts zur Sache, denn st, wünscht nicht, in der Oeffentlichkeit genannt zu werden. Di« Minenarbet- ter, die in ihr ihren guten Engel sehen, haben Ihr den Namen „Florence" gegeben. Jack M. C. Laren.