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8^ MZ o io di . v o tl ^.cr ko ir o >v i. Brockmayer L Sohn MMMU Urheber-Rechtsschuh: Rllkteldeutsche Roman-Sorrespondeuz Leipzig L1 Sie kletterten wieder heraus. Der Wachtmeister rief an. Man wollte es ihm nicht recht glauben. „Aba, Herr Inspektor, ick bin der Polizeiwachtmeister Karl Schubert, seboren am 18. September 18S5 in Neukölln! Meine Dienstmarke hat die Nummer 6754. Also jut... fünf Mann und een jeschlossenes Polizeitransportauto." Er hängte wieder an. „Die wollten et mir nich jlooben, Herr Puppke!" lachte er und blinzelte ihn wie einen guten Freund an. Ehe das Polizeiauto kam, erschien Karl Schuberts Kamerad wieder. „Sollst mal uffs Revier kommen, Kaarll Der Ober w«h mit die beeden Kerle nischt anzufangenl" „Ick kann jetzt nicht Wichtige Sache hier! Ick muß een Schatz hüten! Sage dem Chef, det der die Kerle ja nicht loofen läßt, denn es könnte sin, det sie die beeden Brand stifter sind!" „Wat? Mensch, det is was anderes! Da lasten wir sie tnjespunntl Is jut, ick werd' dem Ober Bescheid sagen!" Damit entfernte er sich wieder. Brandstifter ... 2000 Mark! Ein Autohupen klang in der Nähe. Ah ... da kam das Polizeiauto schon heran. Hielt und di» Polizisten kletterten heraus. Tin Polizeihauptmann führte sie. „Was gibt's denn, Wachtmeister?" Wachtmeister Schubert nahm stramme Haltung an und meldet« alle«, was geschehen war, und dann stiegen sie in den Keller hinab und sahen die Schatzkammer. Der Polizeihauptmann schüttelt« den Kopf. „Donnerwetter ... ein vergrabener Schatz! So wat gibt's noch in Berlin! Kaum zu glauben. Also rasch ... fix fertig werden bet der Hundekälte... Kette bilden! Sie. Herr Puppk«, als der Entdecker, werden alles im Wagen ver stauen." „Jawoll, Herr Hauptmann! Wird prompt jemacht!" Ein Stück nach dem andern wanderte in den Wagen. Lie kostbaren Geräte eines vernarrten Sammlers, den schon fünfzig Jahr« der Rasen deckte, wurden fein säuberlich auf- gestapelt. Es war eine stattliche Goldlast. Zum Schluß kamen die beiden Kasteiten. Sie waren so schwer, daß vier Mann zupacken mußten, um sie in den Wagen zu transportieren. Ihr Umfang war schon ein ge waltiger. Endlich wyr auch die« Wert vollendet^ und dann wurde noch einmal das kleine Gewölbe abgeleuchtet und als restlos le«r befunden. Dann ging es nach der Nachtbant — Max« fuhx natür lich mit —, wo es eine Sensation ohnegleichen gab. Jedes einzelne Stück wurde gleich numeriert, abgewogen und alles fein säuberlich aufgesetzt. Dann kam es in den eisernen Tresor. Die Kasteiten öffnete man einstweilen nicht. - Es war früh um ^4 Uhr, da war man endlich fertig. Max« und der Wachtmeister Schubert, der ganz selig war, nahmen sich ein Auto und fuhren nach der Revier- wache, wo man sie schon mit Spannung erwartete. „Na endlich kommen Sie, Wachtmeister Schubert! In Dreideibelsnamen, was ist denn eigentlich los?" „Irohe Sache, Herr Oberinspektor ... froße Sache! Lasten Sie die Spitzbuben vorführen, Herr Oberinspektor! Denn könn wir gleich feststellen." Das geschah auch sofort. Zulz und Kötting machten ganz harmlose Gesichter. Der Oberinspektor sah Schubert an. „Dann reden Sie mal mit die Kerls, Wachtmeister!" Schubert nahm sie sich vor. „Warum seid ihr nochmals in den Baugrund gekrochen?" „Ick hatte mein Portemonnaie verloren!" sagte Zulz. „War noch eene Mark drinne, und ick wollte mit Paule noch eene Molle trinken!" „Det ick nich lache! Ihr habt jewußt, det een Ioldschatz dort liegt, habt ihn rausjebuddelt und wolltet nu mit dem Iolde abziehen, wat?" Da verfärbten sich beide. „Damit ihr's gleich wißt, der Schatz, der ist in Sicher- heit, der Kramersche Schatz, der ruht im Tresor der Bank und det janze Gewölbe is leer!" Unverhüllte Wut war in den Gesichtern. „Na ... wie steht s? Ihr habt den Schatz suchen wollen? Hat ja keen Zweck, zu leugnen!" Da gestanden sie es ein. „So, un' nu will ick euch noch was sagen ... erst habt ihr een Feuerchen anjemacht, damit der ganze Zimt vabrennt und ihr es leichter habt, danach zu suchen!" Doch da lachten beide. »Nee," sagte Zulz, „soweit schreibt die Kreide nich! Jawoll, ick und mein Kamerad waren uff den Schatz scharf, aba nich mal für uns . wir hatten eenen Auftrag. Jawoll! Und jetzt sage ick ooch, 'von wem... von Herrn Messerschmidt, dem das Haus früher gehört hat!" Die Polizisten sahen sich an. „Jawoll! Der hat uns angestiftet! Der alte Herr sagte, daß ihm doch eigentlich der Schatz gehöre und nicht dem Herrn Brockmayer, und det man ihn jetzt vielleicht ooch finden könne, und denn sollten wir anständig bezahlt werden. So, det is die volle Wahrheit. Mit die Brandstifterei haben wir jar nicht» zu tun. Wir haben zwar beede schon Knast geschoben, aber det waren nur Kleentgkeiten, und Dabrecher sind wa nicht" „So! Nu, ihr müßt ja een Alibi beibringen I" „Könn' wa, so ville wir müssen, anständiges Alibi von anständigen Leuten. Nee, mit die Sache Ham wir nischt zu tun! Det is janz jewiß." . „Möglich!" wandte der Oberinspektor ein. „Das muh nun die Untersuchung ergeben. Möglich, daß ihr damit nichts zu tun habt. Aber vorläufig müßt ihr schon mal nach dem Alex, das geht nicht anders, und strafbar habt ihr euch ja auch gemacht. Das Haus mit dem Grund ist der alleinige Besitz des Herrn Brockmayer, und dem gehört, was auf seinem Grundstück ist!" „Und Herr Messerschmidt, der uns so alles darjestellt hat, det wir beinahe dachten, an dem alten Mann een jutes Werk zu tun?" „Herr Messerschmidt wird genau so seine Bestrafung zu erwarten haben!" Zulz warf seinem Kameraden einen Blick zu. „Paule ... weeßte ... jetzt ha'ck mal den Zimt satt, jetzt vasuch' ick's mal mit hundertprozentiger Ehrlichkeet!" „Das ist der vernünftigste Gedanke, den du je jehabt hast." Zulz grinste. „Det sagen Sie, Herr Ober ... denn werden Sie doch arbeetslos, wenn det alle täten!" Das kam so drollig heraus, daß alle lachen mußten. Wenige Minuten später trug sie die „grüne Minna" nach dem „Alex". * Wachtmeister Schuberts Dienst war um S Uhr zu Ende, und er begleitete feinen neuen Freund Maxe nach Zehlendorf zu Herrn Brockmayer. Sie nahmen sich großartig ein Auto. Willi war gerade aufgestanden und empfing den frühen Besuch mit Staunen. „Herr Puppke, was gibt's so früh?" „Janz dolle Ieschichte, Herr Brockmayer, Sle werden sich freuen. Jestatten, det is Herr Wachtmeister Schubert." „Ist mir sehr angenehm!" „Also, jetzt setzen Sie sich man, Herr Brockmayer! Wir haben uff Ihrem Grundstück bei den Ausschachtungsarbetten ... einen Schatz gefunden ... einen Goldschatz!" „Sie machen Witze, Herr Puppkel Was sucht ein Schatz bei uns in Berlin?" Der Wachtmeister griff ein. „Der Herr Puppke hat janz recht, Herr Brockmayer! Erlauben Sie mir man, daß ick Ihnen det erzähle. Det Messerschmidtsche Haus ist doch sehr alt. Das hat mal einem i gewissen O,. Luigi Kramer gehört. Das war een berühmter Arzt, een großer Sammler, Weiberfeind und een Geizhals. Kinder und Kindeskinder hatte er nicht. Als er nun jestorben war. halb verhungert hat's geheißen, da hat man umsonst nach seinem Vermögen gesucht, hat aber weder von seiner kostbaren Sammlung noch sonst etwas gefunden. Keine Bank hatte ein Depot von ihm. Er hatte vielmehr als ein ziger Sohn seines Vaters dessen ganzes Riesenvermögen, das damals schon eine Million Taler betragen haben soll, nach und nach von der Preußischen Staatsbank abgehoben, und keiner wußte, wo es hingekommen war. Als er starb, hat man Nachforschungen angestellt, erstens nach dem Geld, und zweitens nach den Erben. Man fand weder Geld noch Erben. Einwandfrei wurde festgestellt, daß die Familie mit dem erwähnten Kramer ausgestorben war. Die Familie Kramer stammt aus Holland. Die Nachforschungen haben sich bis dahin erstreckt, aber es ist kein Erbe gefunden worden, und das Haus fiel dann an die Stadt Berlin, die es an einen gewissen Klopfer verkaufte. Von dem ging es an einen Herrn Irland über, der es dann an Herrn Messerschmidt verkaufte. Immer hat es geheißen, daß Kramer den Schatz verscharrt habe, man hat wohl auch danach gesucht, aber immer ergebnislos. Ich glaube, Herr Brockmayer, Sie werden keine Schwierigkeiten haben, das Erbe des alten Sonderlings anzutreten." Brockmayer schüttelte ein ums andere Mal den Kopf. „Man sollte es nicht für möglich halten! Nun, ich würde es in meiner gegenwärtigen Lage nicht übelnehmen, aber vor läufig zweifle ich noch daran, daß er in meine Hände kommen wird. Wer aber war der glückliche Entdecker des Schatzes?" „Herr Max Puppke!" sagte der Wachtmeister stolz und klopfte Maxe auf die Schulter. „Uff den könn'n Sie stolz sin, eine ehrliche Haut, die für Sie durchs Feuer geht! Jetzt werden wir Ihnen erst noch erzählen, wie abenteuerlich die ganze Geschichte ist." Jetzt kam Mi dazu und hörte, was geschehen war. Sie wollte es auch kaum glauben. Als dann der Wacht meister noch von Maxes Umsicht erzählte, da nahm sie seine Hand: „Herr Puppke... was sind Sie für ein lieber Mensch." , „Iott. Sie waren immer alle beede so jut zu Maxen, det is mich nich oft im Leben passiert, ick bin schwer hin- und herjeschuppt worden und Ihre Jüte un Menschlichkeet vagißt Maxe nich! Da kann sich eener uff mir verlassen wie uff den Herrgott." Willi sah ihn lange an „Ach sa, so ein bißchen Treue i^ unsere? schlechten Zeit, das ist etwas Wohltuendes und Seltenes. Wir schaffen weiter zusammen, und das andere soll sich finden! Einst weilen herzlichen Dank und .. einen kleinen Fünfziger, für einen gemütlichen Abend für Sie beide. Sie werden es gewiß Maxe nicht abschlagen, wenn er Sie einladet!" „Nee! Det valetzt meine Dienstvorschrift nich, Herr Brockmayer!'Also schönen Dank!" „Wird mir das Gold zugesprochen — was ich ja noch bezweifle — dann reden wir noch einmal darüber." Die beiden Männer verabschiedeten sich. Sie gingen in die nächste Gastwirtschaft und Maxe bestellte zwei Fleischbrühen. Dann ließ er das Geld wechseln und machte vier Häuf chen zu je 12,50 Mark. Erstaunt sah ihn der Wachtmeister an. „Also," sagte Maxe bedächtig, „ein Häufchen ... det bringen wir zusammen durch ... tnvastanden?" „Jawoll!" „Denn kriegt jeder von uns eins davon! Nehm'n Sie man eins weg, Wachtmeestal" Es blieb noch ein Häufchen übrig. „Und det vierte ... det is für Ihre FamiNe, Herr Wachtmeister!" „N8, nö ... det kann ick jar nicht annehmen, Herr Puppkel" „Aber Karl ... wat, ick saje Karl zu dich ... und du sagst Maxe zu mich!" „Jemacht, aba det Jeld >.U" > „Det nimmstel" „Nee ...l" „Denn sagste wieda Sie zu mich!" Da seufzte der brave Grüne auf. „Na, denn ... will ick'» schon nehm, denn Sie mag ich zu dich nich sajen, det klingt jetzt nich mehr!" Also war alles einträchtig geschlichtet. * „Wenn nun wirklich un» das viele Geld gehören würde", sagte Mi zum Bruder. WM wehrte ab. „Daran wollen wir nicht denken. Kommt es so, ist es gut, dann kann ich meine Schulden voll bezahlen, sonst ist es auch nicht schlimm. Ich will den Glücksfall in meine Kalkulation noch nicht mit einbeziehen!" „Wie sich Edith freuen wird!" „Sicher, Schwesterchen! Komm, laß uns frühstücken, und dann fahren wir schleunigst ins Geschäft und wollen ihr alles erzählen." „Aber schleunigst, WM. Ich brenne darauf. Aber was saosi du zu ... Messerschmidt! Ich hätte ihm das eigentlich nicht zugetraut." „Kind, das Gold lockte — und Gold tst Macht." „Ich befürchte, daß er sehr viel Unannehmlichkeiten damit haben wird." Willi nickte ernst. „Sehr, vielleicht wird man sogar versuchen, ihn der Brandstiftung zu bezichtigen, wenn ich auch, ehrlich gesagt, nicht glaube, daß er es getan haben könnte." „Nein!" sagte Mi fest. „Das glaube ich auch nicht! Komm jetzt, Willi! Der Kaffee wird sonst kalt." Gemeinsam nahmen sie ihr Frühstück ein. * Die Morgenpresse brachte in einem Teil der Auflagen noch kurze Nachrichten über den gefundenen Kramerschen Schatz. Alles spannte auf die Mittagszeitungen und diese brach- ter die Sache groß aufgezogen: Millionenschatz Kramers! Energisches Zupacken eines Angestellten verhindert Diebstahl des Schatzes. Diebe vom Vorbesitzer Messerschmidt angestiftet. Messerschmidt verhaftet, der Brandstiftung verdächtig. Ausführlich wurde alles geschildert. Auch Im Warenhaus Brockmayer, wo die Handwerker emsig an der Arbeit waren, las man die Zeitungen mit dem denkbar größten Interesse. Der Personalchef war ganz außer dem Häuschen. „Drei Millionen in gemünztem Golde, und der Schmuck wird von Sachverständigen auch auf eins Million Mark geschätzt, es besteht aber die Möglichkeit, daß Liebhaber noch andere Summen für die einzelnen erlesenen Stücke anlegen werden!" las er seiner Stenotypistin vor. Man soll es nicht für möglich halten. Da ist es ja geradezu ein Glück für den Junior, daß der Brand kam. Pfui Spinne, wird der Alte heute eine Laune haben!" Und das war wirklich so. Der Kommerzienrat las es, und ihm quollen bald die Augen aus dem Kopfe, so wütend war er. Der Brand ... hatte dem Sohn das große Glück in die Hand gegeben! Er starrte vor sich hin und preßte die Hände an die Stirn. Wandte sich denn alles gegen ihn, unterstützt das Schicksal den Jungen? Sollte er, der sich den Erfolg so sicher erkämpft hatte, doch einmal zum Nachgeben gezwungen werden? Nein, nein und abermals nein! Nicht nachgebenl Nie und nimmer im Leben! Aber in dieser Stunde spürte er boch, daß er alt wurde, er sah im Spiegel, wie das graue Haar begann, sich weiß, schlohweiß zu färben, daß sich die Krähenfüße unter den Augen vertieften zu Runen des Lebens. Und in ihm fragte eine Stimme: „Was hast du denn gehabt vom Leben, du, mit den klaren Augen, dem kühlen Kopf und dem sicheren Blick, du mit dem Machtwillen, der alles andere zertrat ... was hast du denn gehabt? Nichts als den ewig unbe friedigten Drang nach mehr ... nie hattest du Frieden ... nie fandest du Liebe ... denn du hast sie nicht gesät!" * Die Angelegenheit beschäftigte die Öffentlichkeit und bedeutete außerdem eine gute Reklame für die Firma Willi Brockmayer. Man wartete förmlich auf die angekündigte Eröffnung des neuen Geschäftes. (Fortsetzung folgt.)