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Nr. 2S9, S4. Jahrgang Sonaabend/SonnLag, Len 1O./1L. DezemL§r !S2L PulsmtzerFayeblatt vezirlsanzelger M R zuzügl. vrlngerlöhnl Wöchentlich nur 2m Fall« höhl Krieg, Streik c br«tt« Z-il« <M°si«» S«U,nm«N«r N> Berglttch»!»»« komm«» «Iwo gewShrt« ien Anspruch aus oder Rückzahlung. »»q. Fernsprecher: Amt Pulsnitz 1S. Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz. Postsch.-Konto: Dresden 11764. Rabatt« I» Wegfall. — VI, Zjlo Utzr oormttta», «Ingehend« ilnz«>g«a ft»- den noch am gleichen Tag« Ausnahme. lerer Gewalt, oder sonstiger I mm Höh« io Rpsg.; amtlich l mm 20 Rp!,.: R«klamel«ti I MW 20 Rpl, Tab«llar>Ich«r Sa» »hh «»«chlag , I Erscheint an jede« Werktag nachmittag» > Uhr Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft und des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt I» Derbindung mit der Nebenausgabe „Ohorner Tageblatt", Hauptblatt, älteste und meistgelesene Zeitung im Bezirk Pulsnitz, umfassend die Orte Pulsnitz, Pulsnitz M.S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hau» walde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober» und Niederlichtenau, Friedersdors, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundo f, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Tägliche schnellste Berichterstattung über da» Geschehen in der engeren Heimat, in Deutschland und im Ausland. Nachrichtendienst durch ganztägigen fast ununterbrochenen Funkdienst der lelegrapheu-Unlo« Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Verlag: Pulsnitzer Tageblatt, G. m. b. H., Pulsnitz - Druck: A. Pabst, Königsbrück. Schrislleiter: L W. Mohr in Pulsnitz _.... Illch«» selb» «roblladk- ,«it»agea »icht I a>oo>iögig«. I ... , „ I z»»m«°st dn I Bant-Konto: Commerz» und ' u»i»m I Privatbank, Zweigst. Pulsnitz. D wir bllt«» I »»>«» c«I«e, I dookrod lüberlegeneSchneMgkettunsererVerrchterskattung B«> Llnzl-Hung d«r ilnzeigengebühr«» «»,«>,«».«r»ndpr«>l«! DI« <1 mm I »'S«» durch Mag« od«« Im «onkuro- °d«r Ende des parlamentarischen Zwischenspiels Zweidrittelmehrheit für die versassungsündernden Beschlüsse erreicht — Der Reichstag aus unbestimmte Zeit vertagt Ruhland erstrebt Handelsvertragsverhandlungen mit England — Hitler selbst wird Organisationsleiter der NSDAP. Amtliche Bekanntmachungen im Anzeigenteil kurz das Neueste Der Vorsitzende des Reichswirtschaftsrates der NSDAP-, Gottfried Feder, hat um einen mehrwöchigen Urlaub gebeten. Die Gauleiter und Landesinspekteure der NSDAP, haben eine Erklärung veröffentlicht, in der sie einmütig für die Einheit der Par tei eintreten. Auch die nationalsozialistische Reichstagsfraktion erließ eine Treuekuno- gebung für Hitler. Der Reichsbankausweis zeigt eine verhält nismäßig starke Verringerung der Deckungs- bestände. Das Deckungsverhältnis beträgt 26,7 gegenüber 26,ö im Vormonat. ^.as Plenum des Preußischen Landtages ist für den 14. Dezember einberufen. Die Wahl des Ministerpräsidenten steht nicht auf der Tag.sordnung. Der badische Landtag nahm am Freitag in zu eiter Lesung die Kirchenoerträge mit 44 gegen 42 Stimmen an. Damit ist Las Kon kordat in Kraft getreten. Der Reichsaußenminister wird in der Fünf- Mächte-Besprechung den deutschen Standpunkt zur Gleichberechtigungfrage näher erläutern. Die weiteren Sitzungen sind vertraulich. Die fünf Großmächte hielten noch in der Nacht zum Sonnabend in Genf eine Be sprechung ab, die ausschließlich der deutschen Gleichberechtigungsfrage galt, die aber jeden falls eine Klärung der Lage noch nicht er brachte, da die französische Antwort auf die beiden deutschen Fragen noch nicht erfolgt ist Außenminister Neurath kehrt am Sonntag nach Berlin zurück. Bei der Behandlung der deutschen Agrar beschwerde gegen Polen hat der Reichsauhen- minister Neurath den deutschen Standpunkt scharf hervorgehoben und strenge Kritik an der Haltung Polens sowie an den bisherigen Völkerbundsmethoden in der Minderheiten- fragr geübt. Man erblickt darin eine neue grundsätzliche Aufrollung des Minderheiten problems durch Deutschland. Während der Finanzausschuß der Kammer sich gegen die Schuldenzahlung an Amerika aussprach, hat der Auswärtige Ausschuß der französischen Kammer diese gutgeheißen. Her riot machte die Mitteilung, daß sich Frank reich und England unter gewissen Voraus setzungen zur Zahlung beretterklärt hätten. Der polnische Botschafter in Washington bat eine neue Note über den Zahlungsauf schub überreicht, in der im Falle der Ab lehnung der Schulden die Zahlungseinstellung auch für Privatanleihen aNgedroht wird. Im Klein-Partwitzer Giftmordprozeß wurde der Angeklagte Just wegen vierfachen Mordes viermal zum Tode verurteilt. Dor englisch-russischen Handelsvertrags verhandlungen London, 10. Dez. (Funkmeldung) In einer Note, die der russische Botschafter in London an das englische Außenministerium gerichtet hat, wird erklärt, daß die russische Regierung zur Aufnahme von Verhandlun gen über einen neuen Handelsvertrag bereit sei. Sie hat ihren Londoner Botschafter und den Außenhandelsvertreter mit der Füh rung der Verhandlungen betraut. Es wird erwartet, daß in diesen Tagen eine weitere Besprechung zwischen dem russischen Botschaf ter und dem Unterstaatssekretär Vansittart stattfinden wird. Das Amnesttegesetz verabschiedet Berlin, 10. Dez. (Funkmeldung) Der Reichstag verabschiedete am Freitag den nationalsozialistischen Gesetzentwurf über die Stellvertretung des Reichs präsidenten mit 404 gegen 127 Stim men. Desgleichen wurde der Zentrumsankrag auf Aufhebung des Teiles II der Notverord nung vom 4. September angenommen. So dann verabschiedete der Reichstag das Ain ne stiegeseh in der Ausschußfassung mit Zweidrittelmehrheit, nachdem noch ein Zen trumsantrag insoweit Zustimmung gefunden hatte, als er den sogenannten Zersetzungs- Hochverrat von der Amnestie ausschloß. Nach dem die Regierung noch hinsichtlich der Win terhilfe erklärte, daß sie entschlossen sei, die entsvrechenden Maßnahmen zu treffen, soweit es die finanzielle Lage zuläht, hat sich der Reichstag sodann auf unbestimmte Zeit ver tagt, d. h. vermutlich bis Mitte Januar. Nach, dem Reichstagsbeschluß in der Am nestiefrage werden solche Verbrechen nicht straffrei bleiben, die unmittelbar gegen die Sicherheit der Wehrmacht gerichtet waren. In die Amnestie sind die Fälle Potempa und Scheringer gleichfalls nicht einbezogen wor den, wohl aber der Fall Ossiezky und die Fälle des Berliner Verkehrsstreiks. Sollte der Reichsrat Einspruch erheben, so hätte der Reichstag die zustandegekommene Zweidrittel- nehrheit noch einmal zu bestätigen. Der Haushaltsausschuß des Reichstages wird sich am Montag mit den ihm vom Reichstag überwiesenen Anträgen über Ar beitsbeschaffung und Winterhilfe befassen. * Das Ansehen des Deutschen Reichstages ist in den vierzehn Jahren Ler deutschen Republik so tief gesunken, daß eine ordnungsgemäß durchgeführte Parlamentssession beinahe Ver wunderung hervorruft. Der Dezemberreichs tag bot in dieser Hinsicht den finsteren Pessi misten einige Überraschung. Zwischenfälle blieben zwar auch diesmal nicht aus. Ein Rückfall in die alten Gewohnheiten war gar zu verlockend. Trotzdem läßt es sich nicht be streiten: Der Reichstag hat in den wenigen Tagen ein tüchtiges Stück sachlicher Arbeit geleistet. Weder die Einleitungsrede des Alterspräsi denten General Litzmann noch die Konstituie rung des Reichstagsbüros führte zu dem Knalleffekt, den manche fürchteten. Es stellte sich sogar sehr bald heraus, daß eine starke Arbeitsmehrheit für die auf der Tagesordnung stehenden Vorlagen vorhanden war. Diese Arbeitsmehrheit dehnte sich auf fast dreiviertel aller Reichstagsabgeordneten aus, als das „Stellvertretungsgesetz" zur Be ratung stand. Die für eine Verfassungsände rung notwendige Zweidrittelmehrheit konnte bei weitem überschritten werden. Der Vorstoß sämtlicher regierungsoppositto- nellen Parteien richtete sich gegen die be rühmte Verordnung zur Belebung der Wirtschaft vom 4. September 1932. Die sozialpolitischen Maßnahmen dieser Ver ordnung standen von Anfang an im politi schen Meinungsstreit. Zu diesem Thema waren noch von allen Seiten zahlreiche An träge gestellt worden. Die sozialpolitischen Anträge — auch solche, die sich mit den Win terhilfsmaßnahmen beschäftigen — sind fast durchweg den zuständigen Ausschüssen über wiesen worden. Schwierigkeiten machten von vornherein die vorliegenden Gesetzentwürfe der National sozialisten, Komunisten und Sozialdemokraten über „Gewährung von Straffrei- b e i t". Einer Amnestie in gewissen Grenzen setzte keine einzige Partei grundsätzlichen Widerstand entgegen. Nur über die Grenzen dieser Amnestie herrschte eine tiefgehende Meinungsverschiedenheit, die das ganze Werk zn erschüttern drohte. Um die Amnestie nicht schließlich doch noch zum Scheitern zu bringen, bequemten sich die drei größten Parteien des Hauses zu einem Kompromiß. Ein Kompro miß kann nie irgendwelche Genugtuung Her vorrufen. Man kann es dem Reichskanzler von Schleicher nicht übelnehmen, wenn er seine Bedenken gegen eine Amnestie in der von den Parteien befürworteten Form nicht verbergen konnte. Reichsregierung und Volksvertretung! Man war gespannt darauf, welche Stellung diese beiden schärfsten Gegner von gestern zuein ander nehmen würden. Nun, Ler Reichstag gab der Regierung Schleicher eine Chance. Man hütet sich, den Konflikt mit der Präsi dialgewalt auf die Spitze zu treiben. Die Mehrheitsparteien wußten ja auch, daß in diesem Falle Ler Reichskanzler unverzüglich zur Auflösung des Parlaments schreiten würde. Man versuchte es zunächst einmal mit friedlichem Entgegenkommen. Und siehe da: beide Partner vergaben sich dabei nicht das geringste. Zeitweise drängten die Ereignisse im natio nalsozialistischen Lager das Interesse an den parlamentarischen Vorgängen zurück. Am letz ten Verhandlungstag blieben die Plätze der nationalsozialistischen Führer Gregor Stra ßer und Gottfried Feder leer. Jeder wußte um den Grund dieser Abwesenheit. Seit etwa drei Jahren sieht sich der Deutsche Reichstag zu einem Schattendasein verurteilt. Die wirklichen politischen Entschei dungen fallen nicht mehr im Parlament, son dern im Reichskanzlerpalais. Solange der Reichstag sich gegen dieses Schicksal webrte, war immer die Gefahr plötzlicher Konflikte gegeben. Nun, da sich der Reichstag zur Selbstbescheidung bequemt, besteht begründete Aussicht, daß die parlamentarische Kontroll instanz nicht aus dem Staate verschwindet. Eisenbahnunglück bei Grenoble Paris, 10. Dez. (Funkmeldung) Unweit von Grenoble entgleiste ein Güter zug, wobei mehrere Bahnbeamte verletzt wur den. Der Unfall ereignete sich an derselben Stelle, an der im Jahre 1917 ein Urlauberzug umstürzte, wobei mehrere hundert Soldaten getötet wurden. Im brennenden Flugzeug abgestürzt Paris, 10. Dez. (Funkmeldung) Bei einem Übungsslug eines französischen Fliegerleutnants faßte sein Flugzeug Feuer und stürzte unweit von Versailles ab. Der Leutnant fand den Tod in den Flammen. Bei Saumur muhte ein Militärflugzeug infolge Motorschadens notlanden, wobei drei Mann der Besatzung verletzt wurden. Banditen überfallen einen Elsenbehnzug Buenos Aire», 10. Dez. (Funkmeldung) Vier Automobilbanditen hielten in der Nähe von Bahia einen Eisenbahnzug an. Sie er schossen einen Fahrgast, verwundeten einen zweiten und entkamen mit einer Beute von 70 000 Mark. Vorarbeit siir die Wellwirtschastslonserenz Wird die Januar-Vorkonferenz verschoben? Eine Rede, die Ministerialdirektor Or. Posse vomReichswirtschaftsministerium vor der Hauptversammlung des Bayrischen Indu- striellen-Verbandes über die Weltwirtschafts- konferem hielt, wird in Berliner politischen Kreisen begrüßt, als Ausdruck einer aktiveren Haltung des deutschen Sachreferenten für Lie Weltwirtschaftskonferenz, zugleich als einen Beweis dafür, daß man allem internationa len Pessimismus zum Trotz in Deutschland an einem erfolgreichen Ausgang der Welt wirtschaftskonferenz noch nicht völlig ver zweifelt. Daß die Lage für Deutschland sehr günstig steht, wird allerdings kaum jemand behaup ten können. Die einzelnen Fakten der bis herigen Konferenzvorbereitungen widerspre chen jeglichem Optimismus. Die ungemein ernste Rede des Holländers Coljin auf der Genfer Tagung des vorbereitenden Aus schusses deckt sich in vielem mit dem deutschen Standpunkt. Die damaligen Besorgnisse pnd durch das Absinken des Pfundkurses und die Zuspitzung des Problems der internationalen Schulden noch verstärkt worden. Auf Seiten der deutschen Sachbearbeiter hat man daraus den Schluß gezogen, daß eine allzufrühe Ein berufung der Weltwirtschaftskonferenz aus dieser kritischen Lage nicht herauszuführen vermag. Man steht auch im Reichswirtschafts ministerium auf dem Standpunkt, daß eine Verschiebung der Konferenz bis Mai oder Juni besser ist, als das zwecklose Herumreiten auf den alten Problemen ohne Aussicht auf Verständigung. Es ist deshalb sogar möglich, daß die zweite Konferenz des vorbereitenden Ausschusses, Lie im Januar zusammentreten sollte, noch eine kleine Verzögerung erleidet, ebenso wie es wahrscheinlick ist, daß sich an diese zweite „Vorkonferenz^ noch eine dritte im März oder April anschließt. Das Anschwellen der Diskussion über die internationalen Schulden und das Bestehen Amerikas auf Zahlung der Dezemberrate wird in Berliner politischen Kreisen nicht un bedingt als eine Gefährdung der Wirtschafts- konferenz betrachtet. Man sieht vielmehr in den Vorgängen der letzten Tage eine not wendige Entwicklung, die überstanden wer den muß, wenn man überhaupt weiterkom men will. Die Zwangslage, in der sich der neugewählte Präsident Roosevelt befindet, wird dabei auch von den Skeptikern aner kannt. Roosevelt kann erst ernsthaft auf die europäischen Wünsche etngehen, wenn er seinem Lande das Vorhandensein europäischer Opfer bewiesen hat. Ohne eine Versteifung in der Schuldenfrage ist bei der Einstellung des Amerikaners nicht weiterzukommen. In wirtschaftspolitischen Kreisen Berlins hofft man jedoch, daß durch die jetzige Schulden aussprache sich bereits um die Jahreswende ein klareres Bild über die vorhandenen Möglichkeiten ergeben wird. Die eigentliche Gefahr für Deutschland liegt nur darin, daß es bei der Verteilung der internationalen wirt schaftlichen Erleichterungen zugunsten Frank reichs und Englands beseitegedrückt wird. Hiergegen hilft nur vermehrte Aufklärungs tätigkeit. Der Welt muß beigebracht werden, daß ohne eine völlig gleichberechtigte Ein schaltung Deutschlands auch in den wirtschaft lichen Vereinbarungen die Weltkrise nicht beseitigt werden kann.