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Montag, den 12. Dezember 1932 Pulsnitzer und Ohorner lageblatt 84. bzw. 2. Jahrgang, Nr. 290, Seite 2 Japan» Kampf um die Hoheit über die Gewässer Nordostasiens Tokio, 12. Dez. (Funkmeldung) In amtlichen Kreisen wird betont, daß die in den japanischen Pbrüstungsvorschlägen ent haltenen regionalen Abmachungen über den Stillen Ozean ein wichtiger Teil des Planes seien, ohne Len sich eine praktische Abrüstung nicht erreichen lasse. Wenn die Japaner im Gebiet des Stillen Ozeans die gleiche Tonnage für die kleineren Fahrzeuge forderten wie Amerika und England, so bedeute das nicht einen Anspruch auf Gleichheit, sondern nur die Festlegung einer Höchstgrenze, innerhalb der die regionalen Kontingente festzulegen seien. Der neue Plan beseitige die bisher stets zutage getretene Tendenz, bis zum zu lässigen Höchstmaß bauen zu wollen. Die ja panische Flottenpolitik sei durchaus auf die Verteidigungsbeüürfnisse eingestellt, die aber verlangten, daß Japans Unverletzlichkeit und die Hoheit über die Gewässer um Nordost asien herum gesichert werde. Bertram auf dem Fluge nach England Sidney, 12. Dez. (Funkmeldung) Der deutsche Flieger Hans Bertram ist mit seinem Begleiter Allen am Montag früh 5,45 Uhr örtlicher Zelt in Port Darwin zu seinem Fluge nach England aufgestiegen, den er in fünf Tagen zurücklegen will. Ber tram will täglich 18 Stunden in der Luft bleiben. Neue Bluttat litauischer Räuber im ostpreutzischen Grenzgebiet Stallupönen, 12. Dez. (Funkmeldung) Am Sonntagfrüh, wahrscheinlich in der Zeit zwischen 6 und 7 Uhr, wurde das allein stehende in der Nähe der litauischen Grenze liegende Gehöft des Landwirts Kith, Ab bau Romeyken, von Räubern überfallen. Die 50 Jahre alte Tochter des greisen Besitzerehe paares wurde im Stall dein Füttern über- rajcht und durch mehrere Schüsse getötet. Die Tater drangen dann in das Wohnhaus ein und töteten hier durch einen Kopfschuß den Landwirt Kith, der sich gerade ankleidete Frau Kith versuchte anscheinend noch in die Küche zu flüchten, wurde aber in unmittel barer Nähe der Tür ebenfalls niedergeschossen. Im Haus sind sämtliche Behälter durchwühlt worden. Was geraubt worden ist, steht noch nicht fest. Als einer der Täter kommt ein litauischer Arbeiter in Frage, der flüchtig ist. Ein Arbeiter Kummetax in Romeyken wurde festgenommen, da er im Verdacht steht, gemeinsame Sache mit dem Täter gemacht zu haben. Flugzeug im Schneesturm brennend abgestürzt Neuyork, 12. Dez. (Funkmeldung) Bei Bernhardsville (New Jersey) stürzte im Schneesturm ein Flugzeug brennend ab. Die beiden Insassen, zwei Offiziere der Nationalgarde, erlitten tödliche Brand wunden. Rekordernte in Argentinien Buenos Aires, 12. Dez. (Funkmeldung) Nach Ansicht des Landwirtschaftsministe riums hat Argentinien die größte Ernte an Hafer, Gerste und Roggen zu erwarten, die das Land je gehabt hat. Rach dem Genuß einer Schlangenspeise gestorben London. 12. Dez. (Funkmeldung) Der chinesische Diplomat Tschu-Tschaohsin, der früher Geschäftsträger in London war, ist nach einem Essen in Kanton, das zu Ehren des Befehlshabers des englischen China-Ge schwaders, Admiral Kelly, in der dortigen Marinestation gegeben wurde, plötzlich ge storben. Bei diesem Essen wurde eine Schlan- speise serviert (gewisse harmlose Schlangen arten gelten in Kanton als Leckerbissen). Hilfe im Gaskrieg Die Berliner Aerztekammer gegen Kriegsgreuel Dem Schutz der Zivilbevölkerung vor Gift gasen wird neuerdings in Deutschland große Aufmerksamkeit geschenkt. Ein moderner Gaskrieg würde selbstverständlich auch an die Ärzte erhöhte Anforderungen stellen. Die Pathologie und Therapie der Gasvergiftun gen stellte neulich die Berliner Ärztekammer in den Mittelpunkt einiger interessanter Vor träge. Als Kampfgas kommt, wie der Berliner Prioatdozent Or. Gillert ausführt, zu nächst einmal das schon oft genannte Phosgen in Betracht. Er handelt sich da um ein Lungengas, das erst nach dem Zerfall in Salzsäure und Kohlensäure die Lungen bläschen zerstört und dann zur Erstickung führt. Bei der Behandlung eines Phosgen- vergifteten muß der Arzt vor allem die Hsrz- kraft zu erhalten suchen. Das Sauerstoff bedürfnis muß aufs äußerste herabgemildert werden. Das geschieht durch Aderlaß und absolute Ruhe des Kranken. Kleider, in denen sich Gase sestsetzen können, sollten so fort entfernt werden. Als Hautreizungsgas ist dann das Senf gas weiteren Kreisen bekannt. Das Senfgas verursacht auf der Haut eitrige Blasen, die mit Chlorkalk und Magnesium behandelt werden müssen. Gefährlich sind auch die Blaukreuzgase. Es handelt sich da um Arsenverbindungen, die einen Hustenreiz her beiführen und das Opfer dazu zwingen, die Gasmaske abzunehmen. Der Arzt, wenn er rechtzeitig herbeiqerufen wird, kann bei Gasvergiftungen möglicher weise rechtzeitig eine vernünftige Therapie einleiten. Aber die Berliner Ärzteschaft hielt es auch für ihre Pflicht, vor der gesamten Öffentlichkeit ihren Abscheu vor den grau samen Mitteln des modernen Gaskrieges zu erklären. Die Anwendung solcher Mitt-l läuft den „elementarsten Forderungen der Mensch lichkeit zuwider". Ein Frledrhof begrabener Hoffnungen 72 000 Patente werden jährlich registriert Uber die Arbeitsweise und die Aufgaben des Reichspatentamtes in Berlin bestehen in weiten Kreisen noch ziemliche Unklarheiten. Jetzt gab der Präsident des Reichspatent amtes Interessenten die Möglichkeit, den Be trieb des Patentamtes einmal zu überschauen. Von der Arbeitsausdehnung des Reichs patentamtes bekommt man einen guten Be griff, wenn man zunächst einige Zahlen hört: Rund 72 000 Patente und fast ebensoviel Gebrauchsmuster kamen allein im Jahre 1931 zur Anmeldung. Im Jahre 1932 dürfte die Zahl 70000 allerdings keineswegs er reicht werden. Im Reichspatentamt'gingen jährlich etwa 1 100 000 Briefe ein. Hoff nungsvolle Erfinder wollen über die Schöp fungen Bescheid erhalten. Man erkundigt sich über die Möglichkeiten der Patentanmeldung und des Gebrauchsmusterschutzes. Erfinder geraten bei ihren Nachforschun gen sehr oft in falsche Hände. Deshalb ist schon vor längerer Zeit vom Verband deut scher Patentanwälte eine Auskunftsstelle ein gerichtet worden, die den Erfindern bei der Beratung zur Seite steht. Es handelt sich h'er vor allem darum, die vielen Schwindel firmen zu bekämpfen, die sich an unerfahrene Erfinder heranmachen. Das Reichspatentamt ist ein Muster an Organisation. Es gibt da Anmeldeabteilun- wo man sich einen Überblick verschaffen kann über die Einteilung des ganzen Arbeitsge biets. In den Prüfungsstellen werden die eingereichten Erfindungen geprüft. Oftmals von Interessenten aufgesucht werden die rie sigen Zeitschriften- und Literatursammlungen des Patentwesens. In der Registratur der abgelegten Patentschriften kann man sich über das Schicksal der Erfinder unterrichten. Sehr interessant ist auch eine Befichigunq der Kam mer, in der die eingereichten Modelle auf bewahrt werden. In den Sammlungen be kommt der Besucher erst einen Eindruck da von. was der menschliche Geist alles zu er denken und erfinden vermag. Man beginnt m zweifeln, ob überhaupt noch irgendetwas Neues erfunden werden könnte. Trotzdem wird natürlich auch in der Zukunft das Reichspatentamt weiter von hoffnungsvollen Erfindern beansprucht werden. Austritt der Warenhäuser aus der Einzelhandels-Spihenorganisalion Nachdem bereits seit längerer Zeit Be strebungen im Gange waren, die Waren häuser aus der Hauptgemeinschaft des Deut schen Einzelhandels auszuschließen, ist jetzt in der Mitgliederversammlung der Hauptgemein schaft der Ausschlußantrag, zwar nicht zur Annahme gelangt, obwohl sich immerhin schon 85 Stimmen für den Ausschluß aussprachen, jedoch haben die Warenhäuser bzw. ihr Ver band den Austritt deshalb erklärt, weil ein Antrag angenommen wurde, der sich auf steuerlichem Gebiet in einer besseren Heran ziehung der Warenhäuser auszuwirken be rufen war. Die Spitzenorganisation des deut schen Einzelhandels hat jetzt die Freiheit ihrer Entschließung nach dem Ausscheiden der Warenhäuser erst bekommen. Es können Rück sichten fallen, die bisher immer wieder ge nommen werden mußten, und selbstverständ- üch ist auch der Warenhausverband in seinen Entschließungen freier geworden. Wie sich diese so neuqeschaffene Situation auswirken wird, das kann man vorläufig der Zukunft überlassen. Organisatorisch ist die Lage ge klärt und die Fronten sind klar abgesteckt. Adler auf dem Brüsseler Automobll-Salon Die Reihe der diesjährigen Automobil-Aus stellungen findet mit dem Brüsseler Auto mobil-Salon ihr Ende. Auch hier haben sich wiederum die bedeutendsten europäischen und amerikanischen Automobil-Fabriken ein Stell dichein gegeben. Von den Ständen der dort vertretenen deutschen Firmen findet der Adler- Stand ein ganz besonderes Interesse bei Publikum und Fachleuten. Die Adler-Werke Frankfurt a. M. zeigen ihren 1,5-Liter - „Trumpf" als Limusine und als Cabriolet, sowie den „Primus" als viertürige Limusine. Das Hauptinteresse wendet sich natürlich dem Schwing-Achs- und Vorderradantriebwagen „Trumpf" zu, der von der belgischen Presse als einer der konstruktiv fortschrittlichsten und wohlgelungensten Wagen der Neuzeit bezeich net wird. Auch die elegante rassige Form und Linienführung der Adler-Wagen findet in den Berichten immer wieder Anerkennung. Adler-„Primus" und -„Trumpf" haben in kurzer Zeit den deutschen Markt erobert (nach den letzten amtlichen Zulassungslisten sind etwa 35 Prozent Ler neu zugelassenen Wagen der Klasse über 5 bis 8 Prozent Adler-„Pri- mus" und -„Trumpf"). Sie sind dabei, mit gleichem Elan ihren Weg ins Ausland zu nehmen, wozu die Brüsseler Auto-Ausstellung eine weitere Etappe darstellt. Schwerer Lastkraftwagenunfall von N SDAP.-Angehörigen Lochem (Mosel). In der Nacht zum Sonn tag kehrten auf einem Lastkraftwagen meh rere Angehörige der NSDAP, von einem Treffen in Koblenz an die Obermosel zurück. In der Nähe von Könnern geriet der Wagen auf der vereisten Landstraße ins Schleudern und fuhr in voller Fahrt gegen einen Tele graphenmast. Hierbei wurden mehrere In sassen herausgeschleudert, wobei ein Vater von elf Kindern tödlich verletzt wurde, wäh rend zwei andere schwere Verletzungen da vontrugen. SlrMWer Der seltene Fall, daß ein Meteor unmittel bar auf menschliche Siedlungen niedergeht, hat sich in Ler argentinischen Provinz Entre Rios bei der Stadt Gualeguay ereignet; der Meteor ging auf ein nahe der Stadt gelege nes Fabrikgebäude nieder, zerstörte es nahe zu und schuf einen riesigen Einschlagtrichter. * Erst jetzt konnte die schon von längerer erfolgte Geburt der zweiten Tochter des Her zogs von Pork ins Standesamtsregister ein getragen werden. In dem Register des kleinen Ortes, zu dem das Schloß gehört, wo die Herzogin ihre Niederkunft abgewartet hatte, war nämlich gerade die Nummer 13 an der Reihe — und so mußte man warten, bis ein anderes, später geborenes Kind unter dieser verhängnisvollen Nummer eingetragen wer den konnte. * Vorbeispekuliert hat ein Landstreicher, der sich kürzlich der Polizeibehörde eines kleinen märkischen Ortes mit der Selbstbezichtigung stellte, zwei Morde begangen zu haben; die Nachforschungen ergaben, daß die Männer, die er ermordet haben wollte, gar nicht existierten; der Landstreicher hatte sich ledig lich ein unentgeltliches Winterquartier ver schaffen wollen. Hofnachricht aus Sofia Schade — wir haben keine Gelegenheit mehr, salbungsvolle Hofnachrichten auf uns wirken zu lassen. Nicht alle Hofnachrichten flossen übrigens aus so zuverlässiger Quelle, wie das jetzt im Königreich Bulgarien der Fall zu sein scheint. Dort muß man sich über die Intimitäten in der königlichen Familie sehr offen unter halten haben. Der Ministerpräsident Musch a- now fühlte sich jedenfalls vor einigen Tagen bemüßigt, die Pres evertreter zusammenzu rufen und ihnen offiziell zu erklären, „daß die königliche Fmailie in nächster Zeit einem freudigen Ereignis entgegensehe". Die Journalisten behielten ihre Weisheit selbstverständlich nicht in dem verschwiegenen Kämmerlein ihres Herzens. Das bulgarische Volk muß gebührend darauf vorbereitet werden, daß die königliche Familie sichtbar- lich gesegnet sei. Früher begnügte man sich, irgendwelche Geschehnisse als Hofnachrichten zu verbreiten. Heute werden sogar in der Zukunft liegende Geschehnisse ganz offiziell angekündigt. Ein feiner Unterschied! Auch die Hofnachrichtenübermittelung unterliegt also dem Tempo der Zett. Mißglückter Bombenanschlag Kairo. In Lem Amtsgebäude des englischen Oberkommissars in Ägypten explodierte am Sonnabendabend eine Bombe. Durch die Explosion wurde nur eine Fensterscheibe zer brochen. Die Polizei hat einen Juden, der angeblich englischer Untertan ist und zur Zeit der Explosion in der Nähe des Amtsgebäudes war, verhaftet. Es handelt sich offenbar um einen politischen Anschlag, der politische Un ruhen heraufbeschwören sollte. Riesensacharinschmuggel aufgedeckl kattowih. Die polnischen Grenzbehörden sind einem im großen Stile betriebenen Sacharinschmuggol auf Lie Spur gekommen. Ein gewisser Wolf Lazar aus Bendzin, der in Beuthen ein Büro unterhielt, hatte mit Unterstützung zweier Geschäftsfreunde mit dem internationalen Süßstoffsyndikat das Ab kommen getroffen, vierteljährlich 10 000 Kilo Sacharin nach Polen zu schmuggeln, andern falls eine Konventionalstrafe gezahlt werden sollte. Dafür wurde Lazar Las Monopol für die Süßstoffindustrie zugesagt. Die geschmug gelte Ware ging hauptsächlich über Beuthen und Hindenburg nach Polen. Insgesamt sol len in Len letzten 2 Jahren 87 000 Kilo s Sacharin geschmuggelt worden sein. Die pol- ! nischen Blätter schätzen den dem polnischen i Staat zugefügten Schaden auf 8 Millionen ' Zloty. Lin historisches Schloß eingeäscherl Das Schloß Marloffstein bei Erlangen wurde durch ein nächtliches Großfeuer bis auf die Umfassungsmauern «ingeäschert. Das Schloß war früher von Len Bischöfen von Bamberg als Jagdschloß benutzt worden. Norwegen feiert Björnson Unser Bild berichtet von der offiziellen Gedenkfeier am Grabe des großen norwegischen Lichter, und Politiker, Björnstjerne -Björnson in Oslo, der vor hundert Jahren da» Licht der Welt erblickte.