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Ztr. 290, -4. Jahrgang Mautag, de» LL. Lezsmbsr 1S22 MlsmherFayeblatt Wochenblatt Lerlktsanzeigel überlegeneSchneMgkettunsererVerichterstattung Wöchentlich nur zuzügl. Vrlngerlohn Gewalt, Fernsprecher: Amt Pulsnitz 18. Tel.-Adr.: TaseblaU Pulsnitz. Postsch.-Konto: Dresden 11764. Bank-Konto: Commerz- und Privatbank, Zweigst. Pulsnitz. Bei Einziehung der ilnzeigengedühren durch Klug« oder im Konkurs- oder Dergleichoioll« komme» «Iw» gewöhn« Rabatt« in vegsoll. — Bi, ^,10 Uhr oormittog, eingehend« Anzeigen fin den noch am gleichen Tage Aufnahm«. scheint «, Werktag «achmlttag, > Uhr Anzeigen-Srundpreife: Vie 4t mm br«u, Je»« <M°N«» Setl-nm.ff.r 14> I mm höh« 10 Bpfg.i »mittch l mw S0 Rpfg.: R«klamei«ii I mm 20 Rpfg Tabellarifch«r Katz io Aufschlag sonstiger —-L der Le- Zieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Rückzahlung. 1» koalrolliere». wir siehe» Im v>efe»kliche» selbst Lrablladl- zettuage» »ichi »ach. 2m Fall» höherer Krieg, Streit oder Betriebsstörungen hat Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft und des Finanzamtes zu Kamenz, des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt In Lerbtndung mit der Nebenausgabe'„Ohorner Tageblatt", Hauptblatt, älteste und meistgelesene Zeitung Im Bezirk Pulsnitz, umfassend die Orte Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Haus walde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdors, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundo s, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Tlitzliche schnellste Berichterstattung über das Geschehen tn der engeren Heimat, in Deutschland und im Ausland. Nachrichtendienst durch ganztägigen fast ununterbrochenen Funkdienst der Telegraphen-Unlo» Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Verlag: Pulsnitzer Tageblatt, G. m. b. H., Pulsnitz — Druck: A. Pabst, Königsbrück. Schriftleiter: 2- W. Mohr in Pulsnitz Deutschlands Gleichberechtigung anerkannt Die Einigungsformel über Gleichberechtigung und Sicherheit gefunden — Deutschland kehrt zur Abrüstungskonferenz zurück - Amerika nimmt die englisch-französischen Schuldenzahlungen am IS. Dezember nur ohne Bedingungen an Amtliche Bekanntmachungen im Anzelgenkeit kurz bas Neueste Die französische Regierung hat einstimmig beschlossen, der Zahlungsverpflichtung am 15. Dezember nur unter bestimmten Bedin gungen nachzutommen. In einer neuen Note Englands an Amerika wird die Bereitwilligkeit Englands Zur Schuldenzahlung, jedoch nicht auf das Zinsenkonto, sondern auf Amortisationskonto zum Ausdruck gebracht. In der spanischen Universitätsstadt Sala manca ist es zu einem politischen Gene ralstreik gekommen, der sich auch auf die Provinz ausdehnte und der zu Plünderun gen und blutigen Zusammenstößen führte. Die Baseler Konferenz der Gouverneure der Notenbanken über die Frage der Ver längerung oder Erneuerung des Stillhalte abkommens ist beendet worden. Adolf Hitler sprach am Sonnabendabend im Breslauer Messehof, wobei er Las Recht der NSDAP auf die Macht im Staate unter strich. In einer Sitzung des Rechtsausschsses der Deutschen Volkspartei wurde Or. Hugo zum stellvertretenden Parteiführer bestimmt. Auf der Landstraße Wittenberg—Perleberg hat sich ein schweres Kraftwagenunglück er eignet, das drei Todesopfer forderte. Annahme der französischen Schulden zahlung nur ohne Bedingungen Washington, 12. Dez. (Funkmeldung) hohe Beamte des Staatsdepartements er klärten, daß die amerikanische Regierung die am 15. Dezember fällige Schuldenrate nicht annehmen werde, falls Frankreich bestimmte Bedingungen an die Zahlung knüpfe. Wenn die Schuldnerländer die Dezember- Zahlungen leisteten, so geschehe dies auf ihre eigene Verantwortung und mit dem aus drücklichen Hinweis, daß irgendwelche Bedin- gungen von der amerikanischen Regierung abgelehnt seien. Washingtons Antwort auf die letzte englische Schuldennote Washington, 12. Dez. (Funkmeldung) Rach einer Konferenz mit Hoover und Wills beantwortete Staatssekretär Stlm- son die letzte englische Schuldennote dahin gehend, daß die amerikanische Regierung die Entgegennahme der Dezemberzahluna von keinerlei Bedingungen abhängig machen könne. Der Präsident habe keine Wacht, Vertragsbedingungen ohne Einwilli gung des Kongresses zu ändern. Die ameri- komische Regierung nehme an, daß die eng lische Regierung die Dezemberzahlung in Kbereinstimmung mit den Bedingungen des Schuldenabkommens leisten werde. Sie be trachte die in der englischen Rote erwähnten »Bedingungen" lediglich als Darlegung der englischen Ansichten und der später von briti scher Seite beabsichtigten Schritte. * London, 12. Dez. (Funkmeldung) Die amerikanische Antwortnote ist am Montagfrüh in London eingetroffen. Stim- son weist darin auf die beiderseits zum Aus druck gebrachte Bereitwilligkeit zur Erörterung der Schuldenfrage hin. Gleichzeitig erklärt der amerikanische Staats sekretär jedoch, daß in der Zwischenzeit die Washingtoner Regierung und das amerika- Wieder ein Schritt vorwärts Genf, 12. Dez. (Funkmeldung) Die Fünf-Wächte-Konferenz in Genf hat die neue Formel über die deutsche Gleich berechtigung angenommen. Sie besteht aus vier Punkten und sieht die Gleich berechtigung Deutschlands und der anderen durch Vertrag abgerüsteken Staaten vor, so dann die Rückkehr Deutschlands zur Ab rüstungskonferenz, eine gemeinsame feierliche Erklärung, Streitigkeiten nicht mit Gewalt zu lösen und auf der Konferenz darauf hin zuwirken, daß unverzüglich ein Abkommen ausgearbeitet wird, das eine wesentliche Herabsetzung der Rüstungen herbeiführt. Während Deutschland damit die Anerkennung des Grundsatzes der Gleichberechti gung gelungen ist, hat Frankreich seine Ver koppelung mit der Sicherheit erzielt. Ls ist vereinbart worden, daß zwischen den fünf Großmächten über etwaige weitere Schwie rigkeiten fortlaufend verhandelt werden soll. Von deutscher Seite wird dazu erklärt, daß nach der rein grundsätzlich anerkannten Gleichberechtigung jetzt erst die Schwierig keiten um die praktische Anwendung und die Durchführung beginnen würden. Frei lich stehe es Deutschland jederzeit frei, darüber zu verhandeln, aber auch die Kon ferenz im Falle neuer Differenzen wieder zu verlassen. Staatssekretär von Rheinbaben be- zeichnete die Einigung in einer Rundfunk rede als einen beachtlichen Erfolg. Die Reichsregierung hatte in den frühen Morgenstunden des Sonntags dem in Genf weilenden Reichsauhenminiper von Neu rath mitgeteilt, daß das Kabinett die am Sonnabend in Ler Besprechung der fünf Großmächte ausgearbeitete neue Regelung für die Gleichberechtigunasfrage annimmt und damit ihre Rückkehr in Lie Ab rüstungskonferenz erklärt. Im Laufe der Nachtstunden ist auch aus Paris und Rom die Mitteilung eingetroffen, daß die französische und italienische Regierung die am Sonnabendabend ausgearbeitete Gleiche berechtigungsformel auch ihrerseits anneh men, womit sämtliche fünf Großmächte die Annahme der neuen Einigungsformel erklärt haben. Die fünf Großmächte traten am Sonntag vormittag zu einer neuen abschließenden Be sprechung zusammen. Die große Schlußer klärung der fünf Mächte über die gleichzeitige Regelung der Gleichberechtigungs- und Sicherheitsfrage wurde mittags im Hotel Beau Rioage von den Vertretern der fünf Mächte unterzeichnet. Die englische, franzö sische und deutsche Abordnung veröffentlichten gleichzeitig den Wortlaut der nunmehr end gültig getroffenen Vereinbarungen in den drei Sprachen. * Die Londoner Presse bezeichnet die Genfer Lösung als einen Erfolg Macdonalds und sagt, die Rückkehr Deutschlands sei das schönste Weihnachtsgeschenk. In der Berliner Presse werden die Genfer Entscheidungen geteilt ausgenommen. Man erkennt den Anfangserfolg an, kritisiert aber einzelne Bestimmungen und fordert nunmehr deutsche Vorschläge zur praktischen Lösung der Wehrfrage. Befriedigung in Paris Paris, 12. Dez. (Funkmeldung) Die Genfer Einigung wird von den Pariser Morgenblättern fast einstimmig begrüßt und als ein Erfolg der Bemühungen Paul-Bon- cours und Macdonalds bezeichnet. Trotz der anscheinend nichtssagenden Fünfer-Erklärung, so wird betont, Habe sie den Wert,» daß Frankreich die Wiederbeteiligung Deutsch lands an den Abrüstunasbesprechungen er reicht habe, ohne auf irgendeinem Gebiet lebenswichtige Interessen aufgegeben zu haben. Wenn man sich die Schwierigkeiten vergegenwärtige, die heute einer Anwendung des Artikels 213 (Kontrolle) entgegenstän den, so werde man den ganzen Wert be messen, den die Schaffung eines internatio nalen Kontrollsystems habe, Lie nunmehr in greifbare Nähe gerückt sei. Artikel V des Versailler Vertrages werde zwar durch ein neues Abrüstungsabkommen ersetzt werden, aber dieses Abkommen werde durch eine Reihe von Sicherheitsbedingungen ausge glichen und stelle kein neues Zugeständnis dar. Das „Oeuvre" sieht in der Tatsache, daß nan sowohl deutscher- wie auch französischer- seits von einem Erfolg spreche, den besten Beweis dafür, daß Lie Verhandlungen einen für beide Teile günstigen Verlauf genommen hätten und zu allen Hoffnungen berechtigten. * Der »Völkische Beobachter" zum Genfer Ergebnis München, 12. Dez. (Funkmeldung) Zu der Genfer Einigung schreibt der „Völ kische Beobachter" unter der Überschrift „Jetzt beginnt erst der Kampf um die wirkliche Gleichberechtigung", bei einer flüchtigen Kritik müsse festgestellt werden, daß Baron von Neurath die unzweideutige Aner kennung der Gleichberechtigung nicht er reicht habe. Die verklausulierte Erklärung, die zwar die theoretische Anerkennung unserer Forderung enthalte, die aber noch von den übrigen Konferenzstaaten anerkannt wer den müsse, sei nicht Las, was man erwartet habe. Schon die nächsten Beratungen auf der Abrüstungskonferenz würden nun zeigen müssen, ob es Neurath gelinge, diese Aner kennung in den tatsächlichen Beratungsergeb nissen durchzusetzen und die zu erwartenden 'ranzösischen Ablenkungsmanöver zu durch kreuzen. Der zweideutige Wortlaut der Ent schließung gebe jedenfalls den französischen Auslegungskünsten volle Auswirkungsmög lichkeit und verpflichte den deutschen Vertre ter zu höchster Bereitschaft. Nur in einem wird dem Verhalten Neuraths zuaestimmt: daß er auch für das entwaffnete Österreich Angarn und Bulgarien gehandelt habe. nische Volk den größten Wert auf die Er haltung der Schuldenabkommen legten. Im Hinblick auf die englische Bemerkung, daß die Zahlung nicht die Wiederaufnahme der regelmäßigen Schuldenzahlungen bedeuten soll, wird festgelegt, daß die letzte Entschei dung über eine Abänderung des Abkommens beim amerikanischen Senat liege. Fuhballlribüne eingestürzt Buenos Aires. Beim Einsturz eines Teiles der Zuschauertribüne wurden bei einem Fuß ballspiel in Santiago de Chile 114 Menschen mehr oder weniger schwer verletzt und ein Kind getötet. Die Menge geriet daraufhin in eine solche Wut, daß sie Lie Tribüne in Brand stecken wollte. Gezahlt wird Millich Endergebnis eines unerquicklichen Noten wechsels zwischen Gläubiger und Schuldner: Europa bleibt mit den Schuldenzahlungen an Amerika am 15. Dezember nicht im Rück stand. Die für Herriot traurige Bilanz der ver trauensvollen Besprechungen mit Macdonald und Neville Chamberlain: Frankreich muß nachgeben! Die Erkenntnis, daß England nötigenfalls auch ohne Frankreich Lie Schuldenzahlungen durchführen würde, trieb Herriot zur größten Vorsicht. Mit seinem Prestige wäre es ein für allemal aus gewesen, wenn Frankreich am 15. Dezember isoliert gestanden hätte. In so kritischen Augenblicken gibt Ler Verständige nach. Zu mal die Aussicht besteht, daß mit der Schul denrate des 15. Dezember die letzten Ver pflichtungen an den Weltgläubiger Amerika abgegolten werden. Ver ¬ ben. vom Sturz Ler Re es ist, daß Herriot die Vertrauensfrage stellt, so unklar bleibt bis zuletzt Lie Haltung der Parteien. nunft die Oberhand gewinnen? Die gefähr lichste Klippe hat Herriot noch zu umschiffen. Am Anfang der Woche muß er der Kammer Rede und Antwort stehen. Einmal gelang es Lem schlauen Taktiker Herriot schon, die Erregung Ler Parlamentarier zu besänftigen. Alle Welt sprach in der letzten Woche chon In England, das gewichtige Gründe gegen die Wiederaufnahme derSchuldenzahlung ms Feld zu führen hatte, siegte im entscheidenden Augenblick Lie Bernunft. Das britische Volk sah ein, Laß Zahlungsverpflichtungen nicht einfach einseitig aufgehoben werden können. Wird auch in Frankl Die Stimmung der Kammermehrheit geht unzweifelhaft dahin, die Schuldenzahlungen am 15. Dezember zu unterlassen. Der ab weisende Ton in Len amerikanischen Ant- wortnoten hat in Frankreich stark verstimmt. Es ist bezeichnend, daß in den amerikanischen Noten jene Worte immer wiederkehrten, Lie ! uns Deutschen in ähnlicher Lage von den Franzosen vorgehalten worden sind. Den j Unsinn von der „Heiligkeit der Verträge" bekommen jetzt die Franzosen am eigenen Leibe zu spüren. Man könnte versuchen, darin Las Walten einer höheren Gerechtigkeit zu erkennen. Das halbe Jahr, das zwischen dem 15. Dezember und dem nächsten Zahltag liegt, kann zu gründlichen Verhandlungen über das Schuldenproblem ausgenutzt werden. Vor läufig bedrücken uns aber noch nähere Sor gen. Was geschieht wirklich, wenn die fran zösische Kammer jedes Schuldenkompromih ablehnt? Die erste Folge solcher Starrsinnig keit wäre selbstverständlich der Sturz Ler Regierung Herriot. Der jetzigen Regierung Herriot — muß man hinzufügen. Denn es gibt darüber keine Meinungsverschiedenheit, daß Herriot wiederkehrt. Die Rückendeckung der Kammer würde ihm sogar Verhandlun gen mit Amerika über die Schuldenfrage er leichtern. Sein politisches Ansehen würde wahrscheinlich bei einem Sturz durch die Kammer nicht beeinträchtigt werden. Die Gefahr der Isolierung Frankreichs bleibt aber in dielem Fall bestehen. Springt der französische Schuldner aus der Reihe, dann muß selbstverständlich die Erregung des amerikanischen Gläubigers über den „faulen Kunden" ins Ungemessene wachsen. Wirt schaftliche Gegenmaßnahmen der Amerikaner wären Lie notwendige Folge. Dieser Gefahi wünscht Herriot anszuwelcyen.