Volltext Seite (XML)
Nr. 15 u. 16 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 61 und Gartenbau des Landesobstbauvereins für das König reich Sachsen fand. Im Anfänge des 19. Jahrhunderts wurden in der Gegend von Hanau einige Tausend alte Eichen geschla gen, von denen viele hohl waren. Die in diesen hohlen Bäume einquartierten Tausende von Fledermäusen wur den bei dieser Gelegenheit sämtlich getötet. Die Folge war Kahlfraß der gesamten umliegenden Eichenbestände durch die massenhaft auftretenden Raupen des Eichen prozessionsspinners, die auch auf die benachbarten Obst gärten übergingen und diese zugrunde richteten. Solange | die hohlen Eichen gestanden hatten, war der nächtliche | Forstschutz gegen die Schädlinge getreulich von den Fle- | dermäusen ausgeführt worden. Als sie gefallen und mit ihnen die Fledermäuse verschwunden waren, bewährte sich wieder einmal das alte Sprichwort: „Ist die Katz' aus dem Haus, dann tanzt die Maus!“ Allerdings spielt die Fledermaus in diesem Falle die Rolle der Katze. — Ein solches Beispiel gibt zu denken. Wir hatten in den beiden letzten Sommern in vielen Gegenden eine große Eulenraupenplage. Die im Erdboden versteckt lebenden Raupen haben in Gemüsekulturen, aber auch in Topfpflanzengärtnereien bei gewissen kraut artigen Sachen, z. B. Cinerarien, Kalzeolarien, Primeln, ge waltigen Schaden angerichtet. Die Bekämpfung diesei sogenannten Erdraupen ist wegen ihrer versteckten Le bensweise außerordentlich schwer und besteht bekannt lich darin, daß man um jede Pflanze, welche Fraßspuren erkennen läßt, nachbuddelt und auf diese Weise versucht, der Raupen habhaft zu werden. Mit Spritz- und Gift mitteln ist gegen die Erdraupen nichts anzufangen. Allen falls kommen die Kröten als unsere Helferinnen bei der Bekämpfung in Betracht. Wir sind im großen und ganzen also ziemlich machtlos gegen diese bösartigen Schädlinge. Als einzige ernsthafte Feinde der nachts fliegenden Falter, der verschiedenen schädlichen Eulenschmetterlinge kämen die Fledermäuse in Betracht, wenn es noch so viele gäbe wie früher. Und wie es mit den Eulenfaltern geht, so verhält sich’s ähnlich auch mit allen Spanner- und Spinner arten, so geht es auch mit den Maikäfern und mit noch manchen anderen Schädlingen, die unseren gärtnerischen Kulturpflanzen Schaden zufügen. Darum sollte eigentlich jedes Gärtnerhaus einer Fle- dermauskolonie Unterschlupf bieten, und wo die nächt lichen Flatterer nicht siedeln, da sollte man den Versuch machen, sie einzubürgern. Es ist nämlich erwiesen, daß die Fledermäuse infolge des bestehenden Mangels an natürlichen Quartieren die für die höhlenbrütenden Vögel aufgehangenen Nistkästen in Besitz nehmen. Deshalb sollte man diese Tatsache sich zu Nutze machen und den Tieren eigens für sie bestimmte Wohn kästen an geeigneten Oertlichkeiten aufhängen. Die Kästen sollen ohne Boden sein und etwa im Lichten 30 bis 35 cm Höhe und 30 bis 40 cm Länge bei 20 cm Breite messen. In die Vorderwand werden einige Löcher ge schnitten, die zum Einschlüpfen dienen, und an die Innen wände und oben querüber einige dünne Leisten oder Stäbe genagelt, an denen sich die eingeschlüpften Fledermäuse aufhängen. Die Kästen werden auf dem Dachboden am Schornstein oder in dessen Nähe oder sonst an geschützter Stelle im Bodenraum oder auch außen unter dem Dachsims befestigt. Da sie keinen Boden haben, können die Spatzen nicht Besitz von ihnen ergreifen. Die Hauptsache ist nun aber, daß die Fledermäuse auch Gelegenheit haben, in das Innere des Bodenraumes zu gelangen. In dieser Hinsicht muß man ihnen durch Offenlassen eines Flugloches zu Hilfe kommen, welches natürlich so angebracht sein muß, daß es durch dasselbe möglichst nicht in den Boden regnen kann. Da zu diesen Fledermauskästen jede Kiste von un gefähr passenden Maßverhältnissen Verwendung finden kann, so sind damit keine nennenswerten Ausgaben ver knüpft. Die Fledermäuse aber werden ihren Hegern für ihre Hilfswilligkeit durch eifrigen Insektenfang danken. Das Uraniagrün ein Mittel gegen alle fressenden Pflanzenschädlinge. Das Uraniagrün ist ein dem bekannten sog. Schwein furtergrün ähnlicher arsenikhaltiger Farbstoff, der sich durch sein wesentlich geringeres spezifisches Gewicht von jenem unterscheidet. Eine beiden Stoffen gemeinsame Eigen schaft ist ihre Unlöslichkeit im Wasser. Da nun aber das Uraniagrün, wie schon angeführt, spezifisch leichter als das Schweinfurtergrün ist, so setzt es sich, mit Wasser verrührt, nicht so schnell zu Boden, sondern bleibt in ihm länger schwebend. Indem man nun den giftigen Farb stoff anstatt in reinem Wasser in schwacher Kalkmilch auflöst, wird er einmal besser als in reinem Wasser schwe bend gehalten, und dann wird vor allem durch den Kalk bewirkt, daß der in ihm fein verteilte Giftstoff viel länger, fester und besser auf den mit der Flüssigkeit bespritzten Blättern haftet, als wenn man ihn in Wasser ohne Kalk zusatz anwenden würde. Die Herstellung der Spritzflüssigkeit geschieht, indem man in einem Eimer oder ähnlichen Gefäß 500 gr gelösch ten Kalk, den man wohl auch als Fettkalk bezeichnet, mit so viel Wasser anrührt, daß eine Kalkbrühe von Kuh milchdicke entsteht. In diese Kalkmilch gibt man allmäh lich 65 gr des Uraniagrüns und rührt es gut darunter. Die fertig angerührte Kalkmilch wird dann durch ein fein maschiges Sieb in einen Bottich mit 100 1 Wasser gegos sen. Das Durchsieben bezweckt die Ausscheidung etwa in dem Kalk enthalten gewesener Sandkörnchen. Arsenik und alle arsenikhaltigen Stoffe, also auch das Uraniagrün, sind Magengifte. Deshalb wirken sie nur, wenn sie in den Magen der zu bekämpfenden Schädlinge gelangen. Gegen Blattläuse und Blutläuse, überhaupt ge gen alle Schädlinge, welche sich durch Aussaugen von Pflanzensäften ernähren, sind sie natürlich wirkungslos. Denn da diese ihre Säugrüssel in das Innere der befallenen Pflanzenteile versenken, so gelangt das auf die Blattober flächen usw. verspritzte Gift nicht in ihren Magen und kann daher seine Giftwirkung nicht ausüben. Eine erfolgreiche Anwendung ist daher nur gegen solche Schädlinge möglich, welche die mit dem Gift be spritzten Pflanzenteile fressen und sich auf diese Weise vergiften. Deshab gelten für die Anwendung der Spritzbrühe fol gende Regeln: Es ist unbedingt notwendig, daß möglichst jedes Teilchen der Oberfläche der zu schützenden Pflan zen mit der Spritzflüssigkeit benetzt wird. Wo auch im mer eine Raupe oder ein Käfer anbeißt, muß er sich den Magen gründlich verderben. Deshalb muß die Brühe so fein als möglich verstäubt werden, wozu natürlich eine fein verteilende gute Spritze notwendig ist. Diese Spritze soll möglichst mit einer Rührvorrichtung versehen sein, welche es verhindert, daß sich in der Flüssigkeit Bodensatz bildet, und sie auf diese Weise vom Anfang des Spritzens bis zum letzten Rest in ganz gleichmäßiger Beschaffenheit erhält. Das ist sehr wichtig, weil sonst einesteils die Wirk samkeit der durch das Zubodensetzen des Uraniagrüns an Arsenik ärmer gewordenen oberen Schicht der Flüssigkeit zu gering ist, andernteils aber die zu dick gewordenen un teren Schichten der Spritzflüssigkeit infolge des zu hohen Gehaltes an Uraniagrün leicht eine ätzende Wirkung haben könnten. Bei Sonnenschein, starkem Wind, Frost und drohen dem Regen soll nicht gespritzt werden. Jede Ueberschrei- tung der angegebenen Menge von Uraniagrün auf den Hektoliter Spritzbrühe ist zu vermeiden. Will man die Brühe bei Pflanzen anwenden, von denen man noch nicht weiß, ob sie etwa sehr empfindliche Blätter haben, dann