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Nr. 15 u. 16 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 59 Praxis und Wissenschaft | ^i 1 —--== — Wie läßt sich das Angebot von deutschem Kranzwerkstoff vergrößern? Von dem Verleger und Herausgeber der „Bindekunst“, | Herrn J. Olbertz in Erfurt, erhalten wir den nachstehenden Aufsatz mit der Anheimgabe, ihn im „Handelsgärtner“ ab zudrucken. Der Inhalt des Aufsatzes wird zweifellos das Interesse unserer Leser finden. Denn die Versorgung der Blumenbinder mit billigem deutschen Kranzwerkstoff ist in der Tat eine Angelegenheit von großer Wichtigkeit, nicht nur jetzt, sondern auch nach dem Kriege. Es liegt jedenfalls durchaus im Bereiche der Möglichkeit, daß auch dann noch vielleicht auf Jahre hinaus die Einfuhr des aus ländischen Kranzwerkstoffes der Währungsverhältnisse halber verboten bleibt. Für diesen Fall ist die Versorgung des deutschen Marktes mit geeigneten, nicht zu teuren Er satzstoffen unbestreitbar eine Lebensfrage für das Bin dereigewerbe. In dem von Herrn Olbertz gesandten Aufsatz wird nun der Vorschlag gemacht, zu diesem Zweck geeignete Ge hölze auf Moorflächen Nordwestdeutschlands in großem Maßstab forstmäßig aufzupflanzen. Der Vorschlag ver dient ganz bestimmt die Beachtung der in Betracht kom menden Persönlichkeiten und behördlichen Stellen. Freilich dürften sich die aufzuwendenden Anlagekosten nur dann genügend verzinsen, wenn durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge getragen wird, daß die ausländische Konkur renz nicht eine Rentabilität der heimischen Erzeugung un möglich macht. Dabei kommt als sehr wichtiger Umstand in Betracht, daß die vorgeschlagenen forstmäßigen Anpflanzungen von Nadelhölzern und immergrünen Sträu chern wenigstens 8 bis 10 Jahre, wenn nicht noch mehr Zeit brauchen, bis sie so weit erstarkt sind, um die Schwächung durch den Schnitt auszuhalten und einen einigermaßen lohnenden Ertrag abzuwerfen. Etwaige Schutzzölle oder Einfuhrerschwernisse für ausländischen Kranzwerkstoff müßten also doch wohl schon sofort nach Friedensschluß in Wirkung treten, oder wenigstens von dem Zeitpunkt an, zu welchem die Einfuhr dieser Stoffe in das Reichsgebiet wieder gestattet wird, Denn es ist doch wohl nicht gut angängig, die Ware erst ohne jede Be lastung jahrelang hereinzulassen und dann plötzlich mit Schutzzöllen usw. zu kommen. Doch mag nunmehr Herr Olbertz selbst zu Worte kommen: „Oft genug ist von mir betont worden, daß mit einem Ersatz des ausländischen Bindewerkstoffes durch deutsche Ware dem Blumenbinder nur dann gedient sein kann, wenn die deutsche Ware zu gleich billigen oder wenigstens annähernd gleich billigen Preisen zu haben ist als die Aus landsware. Die Frage nach der Ersatzstoffbeschaffung läßt sich also nicht loslösen von der Preisfrage. Gilt dies vom Bindereiwerkstoff im allgemeinen, so hat es ganz beson dere Geltung für den Kranzwerkstoff. An Werkstoff an und für sich brauchte in Deutschland kein Mangel zu herrschen; was die Menge anbetrifft, so könnten wir uns wohl leicht vom Ausland unabhängig machen. Ja, wir könnten schließlich selbst auf den Bezug aus dem verbün deten Oesterreich-Ungarn Verzicht leisten. Allein dies bleibt einstweilen ein frommer Wunsch, der scheitern muß an der Preisstellung. Was nützt uns all der schöne Kranz werkstoff, den wir in Baumschulen, im Garten und auch noch in Gewächshäusern heranziehen können, der aber in der Erzeugung so teuer wird, daß sich der Rohstoff für einen schlichten grünen Kranz im Einkauf auf eine Mark und höher stellt? Gewiß, wir brauchen auch dergleichen bessere Ware. Allein in der Allgemeinheit ist uns damit nicht gedient. Die deutschen Erzeuger müssen also danach trach ten, die Gewinnung des Kranzwerkstoffes zu verbilligen. Ein hierzu führender Weg bringt uns hinaus in die deut schen Moore, die heute noch als Oedländereien große Strecken Deutschlands bedecken. Die Statistik spricht von über 2 Millionen Hektar Moorfläche in Deutschland, wovon bis jetzt nur ein sehr kleiner Bruchteil als Ver suchsgebiet für die Landwirtschaft und Forstwirtschaft oder technisch zur Verwertung der Moorsubstanz heran gezogen worden ist. Der Gartenbau ist an diesem Bruch teil nur mit einem winzig kleinen Teil beteiligt. Von den Niederlanden her wissen wir aber, was für gute Er folge auch der Gartenbau dem Moorboden abringen kann. Warum sollte das in Deutschland unmöglich sein. Es ist möglich. Man wende nicht ein, daß außer der Bodenfrage auch die sonstigen klimatischen Verhältnisse für das Ge deihen der Pflanzen in Betracht kommen. Wenn auch nicht in allen, so aber doch in vielen deutschen Moor- gebieten, namentlich in jenen von Ostfriesland, haben wir ähnliche Witterungsverhältnisse wie in Holland. Es darf weiter nicht übersehen werden, daß auch Holland späte Frühjahrsfröste und zeitige Herbstfröste kennt. So ist ohne alle Frage, daß sich deutsche Moorgebiete mit natur gemäßer Wandlung ebenso vorteilhaft ausnutzen lassen, wie die holländischen. Dieser Umstand müßte der Erzeugung eines wohl feilen Kranzwerkstoffes dienstbar gemacht werden. Die Hauptbedingung, ein den Kulturen zusagender billiger Grund und Boden, ist vorhanden. Es kommt nur darauf an, die eigentliche Erzeugung derart zu gestalten, daß der Vorteil des billigen Bodens nicht wieder auf gehoben wird. Die gartenbaumäßige Bewirtschaftung würde zu kostspie lig werden, man muß zur forstmäßigen greifen? Da entsteht nun die wichtige Frage, haben wir unter den Pflanzen, die im Moorboden bei forstmäßiger Bewirt schaftung gedeihen, solche, die für die Gewinnung von Kranzwerkstoff in Betracht kommen? Diese Frage ist ohne weiteres zu bejahen. Schon unter unseren im Moore heimischen Sträuchern haben wir allerlei, das sich in der Kranzbinderei gut verwenden ließe, zum Teil heute auch bereits gesammelt wird. Wir denken hier in erster Linie an den Ilex, dann an den Gagelstrauch und an den wilden Rosmarin (Ledum palustre), auch Sumpfporst genannt. Dergleichen Pflanzen lassen sich unstreitig noch mehr finden; sie sind im Moorgebiet leicht aufzuschulen. Ab gesehen vom Ilex geben aber unsere heimischen Moor pflanzen nur in einem Teil des Jahres Werkstoff her. Wir brauchen hingegen Pflanzen, von denen man, wenn auch nicht gerade das ganze Jahr, so doch aber den größ ten Teil desselben, Werkstoff schneiden kann. Auch solche sind vorhanden. Von Nadelhölzern sei hier an Abies pec- tinata und Abies grandis, an Tsuga canadensis und Pseu dotsuga Douglasi erinnert, die alle Bedingungen erfüllen dürften, die wir für den gedachten Zweck stellen müssen. Sie liefern, abgesehen von der kurzen Triebzeit, das ganze Jahr über brauchbaren Werkstoff, gedeihen gut im Klima der Moorgebiete und lassen sich forstmäßig auf schulen. Aber wir brauchen auch Laubhölzer. Auch da für können wir mit geeigneten Vorschlägen aufwarten. Es kommen in Betracht Mahonien, Aucuben in verschie denen Formen, Kirschlorbeer, davon ganz besonders die Formen Prunus Laurocerasus Schipkaensis, Andromeda Catesbaei. Mit anderen Pflanzen käme es auf einen Versuch an. Wir möchten hier die Aufmerksamkeit auf folgende Pflan zen lenken: Allerlei Rhododendron, darunter vielleicht selbst unsre rostbraunen Alpenrosen, Rhododendron fer- rugineum, Cotoneaster horizontalis, Andromeda flori- bunda, Skimmia japonica, Kalmia latifolia und andere Moorbeetpflanzen, dänn so allerlei Arten von Abies, Picea, Pinus, Thuja, Chamaecyparis, Taxus und anderen Nadelhölzern. Wenn der Buchsbaum nicht so langsam