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52 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 13 u. 14 dem Stande, den wir in Deutschland gewohnheitsmäßig kennen. Sonst, bei allen großen Formen, fand ich Wild ling, und diese Bäume in trefflichster Beschaffenheit. Um Mißverständnissen vorzubeugen, bemerke ich, daß ich keineswegs der Quittenunterlage die Schuld gebe, obwohl ich von jeher der Meinung gewesen bin, daß wir in Deutschland unzählig viele Bäume in Sorten haben, die, wenn auch nicht offenkundig auf Quitte nicht gedeihend, für diese Unterlage sich doch nicht eignen. Wohl aber hat sich bei mir die feste Ueberzeugung herausgebildet, daß wir unseren Spalierbäumen den Platz zu sehr be schränken und ihnen durch den Schnitt, durch die Ver kürzung ihres Wipfeltriebes einen Schnürleib anlegen, welcher der Gesundheit und Fruchtbarkeit zuwider ist. Ich habe meine längst gewonnene Ansicht und Erfah rung an tausenden von Bäumen hier unwiderlegbar be stätigt gefunden, daß das Zwängen in eine zu kleine Form unvereinbar ist mit der Erzielung regelmäßiger Ernten und reicher Tragbarkeit. Die schönsten Wandbäume von Aepfeln und vornehmlich Birnen läßt man hier überhaupt erst in Hochstammhöhe beginnen und gibt ihnen dann nach unseren Begriffen gewaltige Flächen. Bäume mit 150, 180, 200 Quadratmeter Fläche und mehr sind durchaus keine Seltenheit, und gerade sie sind die dankbarsten und ge sündesten. Das sollte uns, die wir einen gesunden, tragbaren Baum oft auf 4 Quadratmeter erziehen möchten, meine ich, ein Fingerzeig sein. Denn wo hier der Franzose versucht hat, kleine Flächen zu nutzen, hat er ebenfalls nur Mißerfolge. Zur Lehrlingsprüfung. Mit der Anstrebung von Lehrlingsprüfungen geben wir unbewußt zu, daß wir mit der radikalen Abschaffung des Zunftwesens nicht auf dem rechten Wege waren, daß un sere Väter damit gleichsam das Kind mit dem Bade aus schütteten und uferlose Zustände schufen, die jetzt wieder eingedämmt werden sollen. Die Lehrlingsprüfung hat das eine Gute, daß der Lehr herr sich mehr Mühe gibt beim Anlernen, denn es ist auch für ihn nicht angenehm, wenn der Junge durch die Prüfung fällt. Im übrigen wird der Geprüfte auch nur dann ein tüch tiger Gärtner werden, wenn er strebsam ist und dauernd Lust und Liebe zur Sache hat, anstatt sich auf Grund der bestandenen Prüfung für fertig zu halten, was ja auch man cher sich ' einbildet, der ein feines Lehrzeugnis erhielt. Hoffen wir nicht alles von der Prüfung. Ganz ohne das „freie Spiel der Kräfte“ werden wir doch nicht auskom men. Jahrzehnte hindurch ist auf die Zünftelei geschimpft worden, handelte es sich nun um richtige Gelehrte oder um „Anstalter“ in der Gärtnerei, welche eben als ausschlag gebende Fachleute abgestempelt waren; nun gibt man zu, daß die Prüfung doch den Gärtner erst macht. Man be denke, daß in der prüfungsfreien Zeit die Gärtnerei einen tüchtigen Aufschwung nahm, was nicht allein das Verdienst der Anstalter war. Man verstehe mich nicht falsch. Ich bin gewiß für Hebung des Standesbewußtseins; ich möchte nur nicht, daß dasselbe in unfruchtbaren Standesdünkel ausartet. Die Theorie ist dringend notwendig, aber unser Beruf wird durch vorurteilsfreie Praktiker immer wieder gesunden müssen. Es ist mir wohl bewußt, daß die Lehrlingsprüfung keine Theoretiker in die Welt setzen will, aber es könnten damit doch manche Geister gerufen werden, die wir schwer wie der los werden. Darum muß die Prüfung schon allgemein I obligatorisch sein, damit sich keiner für besser hält. Was i wird nun aber mit denen, die die Prüfung durchaus nicht i bestehen? Sollten dies nicht oft junge Leute sein, mit denen der Lehrherr ganz zufrieden war? Bleiben diesel ben bei der Gärtnerei, so werden sie nicht für voll an gesehen, und hierfür hat mancher Schwache ein starkes Empfinden, er wird unglücklich. Für einen anderen Be ruf ist er teils zu alt, teils auch nicht tauglich, er bleibt also wenn er arm ist, Gelegenheitsarbeiter. Früher fanden solche jungen Leute, mit dem Lehrzeugnis ausgerüstet, den noch Stellen, wo sie, ihren Leistungen gemäß beschäftigt, ganz nützliche Glieder des Betriebes waren und manches besser machten, wie die „Klügeren“. Sie waren eben nach ihrer Art auch Gärtner, deren sich die Berufsgenossen nicht zu schämen brauchten. In allen Berufen gibt es Leute wie diese, die sich später ihren Berufspflichten ge nau anpassen und als „kleine Geister“ doch pflichtgetreue Menschen sind. Nicht ohne Nachteil ist es vielleicht schon jetzt für viele junge Gärtner, daß einzelne Gegenden die Prüfung eingeführt haben, während man sich anderswo ab wartend verhält. Es gibt also schon Geprüfte und Unge prüfte, und wer das schmückende Beiwort anwenden kann, wird sich für bevorzugt halten, was man ihm kaum ver denken kann. Wir haben eine Stufe mehr, von der ein fachen Lehre bis zur Vornehmsten Gärtnerlehranstalt, da wird der Kampf um die besten Stellen noch heftiger ent brennen. Es liegt nahe, bei dieser Gelegenheit die augenblick liche Lehrlingsknappheit zu streifen. Ich meine, dieser Zu stand kann gerade zur Standeshebung beitragen; denn wenn reiche Auswahl an Lehrstellen ist, so sucht man sich die tüchtigsten und besten Lehrherren aus, wodurch die Ausbildung gefördert und die Behandlung gut beeinflußt wird, was am besten dazu beiträgt, daß der Lehrling den ergriffenen Beruf höher einschätzt. Vielfach wird man zu Arbeitsburschen und Mädchen greifen müssen, und wenn sich unter diesen ab und zu einer und eine findet, die Lust und Liebe zur Sache haben und bei der Gärtnerei bleiben möchten, so findet sich gewiß Gelegenheit dazu, und das wäre für die Gesamtgärtnerei kein Fehler. Wir können und dürfen niemand zurückstoßen, der von Natur zu uns gehört. Die Lehrlingsknappheit macht auch, daß später die Gärtner knapper werden, und führt zur Aufsaugung zu kleiner Betriebe. Ob das erwünscht ist, darüber läßt sich streiten, aber dem Ansehen des Standes tut es sicher keinen Abbruch. Durch das Heimstättengesetz werden uns sicher viele „Außenseiter“ erwachsen, doch dürften diese dem Han delsgärtnerstand mehr Nutzen bringen als ihn schädigen. Einen Zaun zur Abgrenzung wollen wir um unseren Beruf bauen, aber keine chinesische Mauer. F. Steinemann. m Kleinere Mitteilungen Zwischenkulturen von Gemüse. Mehr als je zuvor sind wir in diesem Jahre gezwun gen, aus dem Boden herauszuwirtschaften, was nur irgend möglich ist. Ein Mittel, welches diesen Zweck mit errei chen hilft, sind die Zwischenkulturen. Da wohnt in meinem Orte ein Kollege, der den klas sischen und seltenen Namen Schulze trägt. Man verwechselt ihn aber trotzdem nicht leicht mit den anderen Schulzen, weil er von diesen sich durch den Spitz namen „Radieschenschulze" unterscheidet. Er hat nämlich die Gewohnheit, überall, wo es angängig ist, Radieschen als Zwischenkultur zu säen. Er ist der Meinung, daß auf diese Weise mindestens der Arbeitslohn für die Boden bearbeitung herausspringe. Um so viel also würden die Erzeugungskosten herabgesetzt. Das ist zweifellos ein sehr richtiger Standpunkt. In diesem Jahre aber, wo es mehr als je „um die Wurst“ geht, wenn angesichts des Ernstes der Lage dieser scherzhafte Ausdruck erlaubt ist, hat die möglichste Ausnutzung des Landes durch Zwischenkulturen auch eine nicht zu unter schätzende allgemeine Bedeutung.