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Nr. 11 u. 12 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 45 den. Wie steht es in dieser nun mit dem Schutz der Gläu bigerrechte? Sind die gerügten Mängel beseitigt worden? Die Frage ist zu bejahen. Durch die Einführung eines Gläubiger b e i r a t e s , ähnlich dem Gläubigeraus schuß im Konkursverfahren, ist den Gläubigern die Mög lichkeit gegeben, am Verfahren selbst teilzunehmen. Nach § 30 der Verordnung kann das Gericht, wenn der Umfang der Geschäfte es erfordert, aus der Zahl der Gläubiger oder ihrer Vertreter einen Gläubigerbeirat bestellen. Die Mitglieder des Beirats sind, wie die Aufsichtspersonen selbst, für die Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten allen Personen verantwortlich, deren Interessen sie kraft ihres Amtes zu berücksichtigen haben. Welche Pflichten liegen ihnen ob? Sie haben die Auf sichtsperson in ihren Obliegenheiten zu unterstützen und zu beraten. Sie können sich von dem Gange der Ge schäfte unterrichten, die Bücher und Schriften der Auf sichtsperson und des Schuldners einsehen, und den Be stand der Kasse untersuchen. Sie können auch jederzeit von der Aufsichtsperson Auskunft über die Lage der Sache und die Geschäftsfüh rung verlangen. Der Beirat kann Versammlungen abhal ten und Beschlüsse fassen, die gültig sind, wenn die Mehr heit der abgegebenen Stimmen vorhanden ist. Auch muß die Mehrheit der Mitglieder bei der Beratung anwesend sein. Damit ist den Gläubigern in weitgehenderer Weise als bisher Gelegenheit gegeben, ihre Rechte wahrzunehmen, wenn der Beirat auch nicht befugt ist, der Aufsichtsperson bindende Anweisungen zu erteilen. Man sucht vielleicht vergeblich eine Bestimmung, welche das Verhältnis des Beirates zur Ge samtgläubigerschaft berührte. Sie fehlt. Wenn aber der Beirat eine nachdrücklichere Wahrung der In teressen der Gläubiger erzielen soll, wie es die Begrün dung zu § 30 bis 32 hervorhebt, so versteht sich von selbst, daß er auch mit den Gläubigern in Fühlung bleiben, ihre Wünsche hören und ihnen Auskunft erteilen muß. Die ersten drei Mängel wären also behoben. An den Vorschriften über die Verwendung der Mittel ist dagegen nichts geändert worden, obwohl der Begriff der „b escheidenen Lebensführung“ ein sehr dehnbarer ist und deshalb gewünscht wunde, nur von der notdürftigsten Lebensführung zu sprechen. Ueber die Reihenfolge der Befriedigung der Gläubiger entschied bis her das billige Ermessen der Aufsichtsperson. Jetzt ist derselben zur Vorschrift gemacht, sich dabei an die Grund sätze der Konkursordnung zu halten, von denen sie nur ab weichen darf, wenn das Gericht zustimmt. Neu ist auch die Vorschrift, daß das Gericht auf An trag der Aufsichtsperson dem Schuldner besondere Verpflichtungen zur Sicherung der Gläu biger auferlegen kann. Es kann z. B. angeordnet wer den, daß der Schuldner auch solche Verbindlichkeiten, die zur Fortführung des Geschäfts erforderlich sind, nur mit Zustimmung der Aufsichtsperson eingehen soll. Wesentlich ist die neu eingeführte Gläubige r- versammlung, welche das Gericht erforderlichen Falles einberufen kann. In ihr soll mit der gesamten Gläu bigerschaft über den Stand der Sache beraten werden. (§ 16.) Auch soll das Gericht, das über den Antrag des Schuldners, ihn unter Geschäftsaufsicht zu stellen, nach seinem Ermessen entscheidet, die zuständige amtliche Vertretung des Handels, Handwerks (Gewerbes) oder der Landwirtschaft (Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern bzw. Landeskulturräte usw.) von dieser Anordnung benachrichtigen und die bestellte Aufsichtsperson mitteilen. Die Aufsichtsperson kann vom Gericht in Ord nungsstrafe bis 200 Mk. genommen und aus wichtigen Gründen entlassen werden. Schuldner und auch die Gläu biger können innerhalb 3 Wochen nach Bestellung der Auf sichtsperson die Bestellung anderer oder weiterer Aufsichts personen beantragen. Schließlich ist die Verjährung der Gläubigeransprüche gehemmt, um unnötige Klage erhebungen zu vermeiden. So ist das ganze Verfahren straffer und dem Konkurs verfahren ähnlicher geworden. Dadurch aber haben die Gläubiger mehr Rechte und größeren Rechtsschutz er halten. ===== i Htandelsnachrichten j Errichtung eines Landeskartoifelamts für Preußen. Eine Be kanntmachung der Königl. Preußischen Minister für Handel und Ge werbe, für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, des Finanzministers und des Ministers des Innern vom 21. Februar 1917 lautet: 1. Es wird ein Landeskartoffelamt errichtet. Das Landeskar toffelamt ist Vermittlungsstelle im Sinne des § 7 der Bekanntmachung über die Kartoffelversorgung vom 26. Juni 1916; es hat seinen Sitz in Berlin. Der Vorsitzende, die stellvertretenden Vorsitzenden, die ständigen und nichtständigen Mitglieder des Landeskartoffelamts werden vom Minister des Innern im Benehmen mit den Ministern für Handel und Gewerbe, für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und dem Finanzminister ernannt. Die amtlichen Bekanntmachungen des Landeskartoffelamts erfolgen im „Reichs- und Staatsanzeiger". 2. Dem Landeskartoffelamte wird die Aufsicht über die Durch führung der reichsrechtlichen Verordnungen über die Versorgung der Bevölkerung mit Kartoffeln und Kohlrüben und der zu dieser Aus führung ergehenden Vorschriften innerhalb des preußischen Staats gebiets übertragen. Es hat diese Aufsicht nach Anweisung des Staatskommissars für Volksernährung auszuüben. 3. Das Landeskartoffelamt tritt mit den staatlichen und kom munalen Behörden in unmittelbaren Verkehr. Die staatlichen und kommunalen Behörden haben den innerhalb seiner Zuständigkeit an sie gerichteten Ersuchen des Landeskartoffelamts zu entsprechen. Die Kommunalaufsichtsbehörden haben die grundsätzlichen Anord nungen des Landeskartcffelamts bei der Aufsicht über die Durch führung der Kartoffelversorgung zu beachten. 4. Das Landeskartoffelamt kann die Durchführung der von den Kommunalaufsichtsbehörden und den Kommunalverbänden erlassenen Anordnungen über die Versorgung mit Kartoffeln und Kohlrüben, die Lagerung, Ueberwachung und Verwendung der Vorräte innerhalb der Kommunalverbände und Gemeinden und die Geschäftsführung der Kommunalverbände und Gemeinden hinsichtlich der Versorgung mit Kartoffeln und Kohlrüben auch örtlich prüfen. 5. Die gesetzlichen Befugnisse der Reichskartoffel,stelle gegen über den Provinzialkartoffelstellen und den Kommunalverbänden (§§ 4 und 8 der Bekanntmachung über die Kartoffelversorgung vom 26. Juni 1916, RGBl. S. 590) bleiben unberührt. Der gesamte Geschäftsverkehr der Provinzialkartoffelstellen, Kommunalaufsichtsbehörden und Kommunalverbände mit der Reichs- kartoffelstelle geht an das Landeskartoffelamt. Ausgenommen bleibt der rein geschäftliche Verkehr mit den für diesen errichteten Abteilungen der Reichskartoffelstelle, z. B. mit der Abrechnungsabteilung und mit den Abteilungen für Rübentrock nung und für Körbe und Kisten. 6. Diese Ausführungsanweisung tritt mit dem 1. März 1917 in Kraft. Das Landeskartoffelamt wird die ihm übertragenen Geschäfte im engsten Zusammenwirken mit der Reichskartoffelstelle führen. Es hat seinen Sitz in Berlin W 9. Bellevuestraße 6 a, Fernsprechanschluß Lützow 4240—42. Zum Vorsitzenden des Landeskartoffelamts ist der Landrat Dr. Peters. Vorsitzender der Reichskartoffelstelle, von uns ernannt worden. Für die Dauer seiner Beurlaubung wird er durch den Geheimen Regierungsrat Dr. Kutscher vertreten. Zum stellver tretenden Vorsitzenden ist der Regierungsrat Dr. Arnoldi, Kaiser licher Direktor in der Reichskartoffelstelle, ernannt worden. Verhandlungen über Gemüselieferungsverträge zwischen den Gärtnern und der Stadt in Wolfenbüttel und Mainz. Eine Gärtner- Versammlung, die kürzlich in Wolfenbütt el stattfand und der Herr Stadtdirektor Floto beiwohnte, seilte den Zweck haben, die hiesien Gärtner zu veranlassen, Verträge auf Lieferung von Gemüse an die Stadt abzuschließen. Dazu war aber bei den Gärtnern wenig Neigung vorhanden und sie benutzten die Anwesenheit des Herrn Stadtdirektors Floto dazu, mancherlei Beschwerden vorzutragen, u. a. die, daß man sie bei der Versorgung mit Lebensmitteln nicht zu den Schwerarbeitern zähle, trotzdem sie vom Frühjahr bis zum Herbst 17 bis 18 Stunden schwer arbeiten müssen. Anderseits wurde darauf hingewiesen, daß nur ein sehr kleiner Teil der gärtnerischen Erzeug nisse in Wolfenbüttel bleibe und die Konservenfabriken, namentlich für aus Holland bezogene Bohnen, welche sich bezüglich der Güte nicht mit den hier gezogenen vergleichen lassen, sehr hohe Preise zahlen, aber den hiesigen Gärtnern annehmbare Preise verweigern. Diese seien deshalb gezwungen gewesen, anderweitig Absatz für ihre Erzeugnisse zu suchen und daher nicht allzu sehr geneigt, sich diese Kundschaft dadurch zu verscherzen, daß sie ihr jetzt kein Gemüse lie fern. Die Preise dafür müßten höhere sein als sonst infolge des Man gels und der Teuerung des Saatgutes, des Düngers und der Arbeits kräfte. Für die Versorgung Wolfenbüttels mit Gemüse bestehe keine Gefahr, auch wenn Lieferungsverträge nicht abgeschlossen würden,