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DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 43 Nr. 11 u. 12 Preise, welche die Mirabellen beim Verkauf erzielen, legen den Gedanken nahe, den Anbau wenigstens versuchsweise an geeigneten Oertlichkeiten aufzunehmen. Allerdings aber zunächst nur versuchsweise. Freilich nicht nur mit einem oder zwei Bäumen, sondern mit einem halben Dutzend Stück, denn ein einzelner oder zwei Bäume lassen natür lich keinen sicheren Schluß zu, ob die Mirabelle sich für die betreffende Gegend lohnt. Bei einem halben Dutzend ist ein solcher Schluß schon eher möglich. Am meisten gefällt den Mirabellen ein leichter, milder Lehm- oder Lößlehmboden; vorzüglich gedeihen sie auch in verwitterten Schieferböden. Für den Erwerbsobstbau [ ist die beste Sorte die Mirabelle von Nancy. Sie ist zwar nicht die allerfrüheste Sorte. Diese letztere Bezeichnung verdient die wenig verbreitete Mirabelle von Bergthold. Man kann der Mirabelle von Bergthold zwar das Lob nicht versagen, daß sie fruchtbar ist, aber da die Früchte kleiner sind als die der anderen Sorten, und der Baum nur schwachwüchsig ist, so ist sie dennoch keine Sorte, welche Massenerträge bringt und den Anbau für den Erwerb lohnt. Für diesen Zweck bleibt die Nancy die einzige, welche allgemein empfohlen zu werden verdient. Sie ist starkwüchsig, der Baum wird von allen Mirabellensorten ] der größte, die Früchte sind wesentlich größer als bei der Metzer Mirabelle und haben alle guten Eigenschaften, welche man von einer Mirabellensorte fordern kann; auch der Fruchtansatz läßt nichts zu wünschen übrig. Ich ziehe daher die Mirabelle von Nancy der Metzer Mirabelle unbedingt vor. Die Metzerin eignet sich nur für schweren kräftigen Lehmboden und warmes Klima. Ihre Erträge kommen trotz großer Fruchtbarkeit nicht an die der Mirabelle von Nancy heran, weil der Baum klein bleibt und die Früchte ebenfalls. Die Reifezeit der Mirabelle von Nancy ist Mitte August, also, gleichzeitig wie bei der Metzer Mirabelle. Schließlich möchte ich noch die Mirabelle von Flotow erwähnen. Der Baum ist sehr starkwüchsig. Man darf sie daher ja nicht zu eng pflanzen (mindestens 7 m weit). Obst züchtern, welche Gelegenheit haben, ihre Mirabellen direkt an Privatkundschaft an Ort und Stelle zu verkaufen, möchte ich immerhin raten, mit dieser Sorte einen Ver such zu machen. Für den Versand und Konservenfabriken eignet sie sich freilich nicht, weil ihr Fleisch viel zu weich ist. Auch löst es sich schlecht vom Stein. Im übrigen aber sind die mittelgroßen Früchte recht wohlschmeckend und ■ besonders für den direkten Verbrauch in der Küche durch aus nicht geringwertiger als die Mirabelle von Nancy. Die ■ Erträge des Baumes lassen nichts zu wünschen übrig. Die Reifezeit der Mirabelle von Flotow fällt anfangs August. Sie eröffnet also den Reigen. M. L. in W. Birnen-Spindel und Spindelpyramide, zwei der emp fehlenswertesten Baumformen für den Erwerbs- und Lieb haber-Obstbau. Ich lernte den Wert der Spindel und Spindelpyramide kennen und schätzen während meiner beruflichen Tätigkeit in der Schweiz. Für Birnen sind sie die allerbeste Erziehungsform, die ich kenne. Für den Apfelbaum sind sie freilich nicht geeignet, und noch viel weniger (selbstverständlich!) für irgendeine andere Obst gattung. Warum sieht man diese beiden Baumformen so : selten? Ihre Erziehung ist doch die denkbar einfachste, ihre Erträge sind außerordentlich hoch und die ausgiebige j Ausnutzung des Landes, welche sie infolge ihres geringen Raumbedürfnisses gestatten, ist ein weiterer Grund für ihre Empfehlung. Dazu kommt noch ihre straffe, geschlos sene äußere Erscheinung, welche ihnen zweifellos einen gewissen Zierwert für regelmäßig angelegte Hausgärten verleiht. Den Bedürfnissen des Obstliebhabers kommen beide Formen insofern vorzüglich entgegen, als sie es er möglichen, auf kleinem Raum eine größere Anzahl von Sorten unterzubringen. Schließlich kommen auch der Baum- ■ schulbesitzer und der Landschaftsgärtner nicht zu kurz, | weil der verhältnismäßig geringe Verdienst, welchen sie | an den einzelnen Spindelbäumchen beim Verkaufe haben, (im Vergleich mit dem Verkaufspreise komplizierter Kunstformbäume) wieder ausgeglichen wird durch die größere Anzahl der zur Bepflanzung eines Gartens erfor derlichen Bäume. Der Unterschied zwischen Spindel und Spindelpyra mide ist nicht groß. Bei der eigentlichen Spindel ist der Stamm mit ganz kurzen, gleichlangen, dicht stehenden Leitästen besetzt, bei der Spindelpyramide sind diese Leitäste etwas länger; genauer ausgedrückt, sie werden vom unteren Stammende nach der Spitze zu allmählich etwas kürzer. Die zutreffendste Bezeichnung für die Spin del wäre wohl „Schmale Spindel“, für die Spindelpyramide „Breite Spindel“. Die Pflanzweite der Spindelbäume beträgt je nach dem Boden 1,50 bis 1,80 m allseitig. Auf Rabatten genügen für eine Spindelreihe 1% m. Will man Spindeln in ge schlossenen Quartieren anpflanzen, so sind in trockenen, warmen, nicht zum Holztrieb neigenden Böden 1,60 m aus reichend; wo diese Bodeneigenschaften fehlen, also in kräf tigen, stickstoffreichen, feuchten, triebigen Böden, kann man bis zu 2,0 m gehen. Zur Erziehung jedes Bäumchens ist je eine kräftige Bohnenstange notwendig. Ueber die Er ziehung der Spindelbäume ist nicht viel zu sagen. Ein paar Worte mögen gestattet sein: Die einjährige Vered lung wird auf etwa 45 cm Länge geschnitten. Fünf Augen sollen die ersten seitlichen Leitästchen bringen, das oberste die Stammverlängerung. In jedem Jahre wird der Stamm um etwa 35 cm verlängert. Alle seitlichen Aestchen der Spindel müssen Ende Mai auf 6—8 Augen entspitzt wer den; im Winter werden sie unterhalb der Pinzierstelle ge schnitten. Im zweiten Sommer und in den folgenden Jahren ist auf regelmäßiges Entspitzen aller aus den seitlichen Leitästchen sich entwickelnden stärkeren Austriebe von fruchtrutenartigem Charakter der größte Wert zu legen. Solche Seitenzweige, die bei ihrer Entstehung aus der Stammverlängerung sehr steil gestellt erscheinen, werden am besten im Winter auf Astring zurückgeschnitten. Die seitlichen Leitästchen werden bis auf 50, höchstens 75 bis 80 cm Länge erzogen. Vergabelungen der Aestchen sind in den ersten 3 Jahren zu vermeiden, dann aber zulässig. Ihr alljährlicher Längenzuwachs soll 5 Augen betragen. Am besten eignen sich zur Erziehung als Spindelpyramide solche Sorten, welche an kurzem Fruchtholze tragen, so z. B. Gute Luise von Avranches, Williams Christbirne, Blumenbachs Butterbirne, Esperens Bergamotte, Triumph von Vienne, Clairgeaus Butterbirne, Diels Butterbirne. Erwiderung auf „Noch ein letztes Wort zur Kartoffel- Vermehrung durch Stecklinge“. In Nr. 10 des „Handels gärtners" findet sich ein Artikel, in welchem gegen die Ver mehrung und Streckung der Saatkartoffeln durch Steck linge, Kopfabschnitte und Teilstücke Stellung genommen und die Verwendung von hühnereigroßen Saatkartof feln dringend empfohlen wird. Niemand wird einem Land- vzirt, welcher den Großanbau von Kartoffeln betreibt, ernsthaft zumuten, die Streckung des Saatgutes durch Ver wendung von Stecklingen, Kopfabschnitten oder Teil stücken vorzunehmen, da diese Maßnahme sich ja durch den viel zu großen Zeitaufwand von selbst verbietet. Daß aber auch gesunde kleinere als hühnereigroße Kartoffeln zur Aussaat mit Erfolg verwendet werden können, ist längst erwiesene Tatsache. Die angeführten Verfahren zur Ver mehrung und Streckung der Saatkartoffeln sind bei der herrschenden großen Knappheit der zur Volksernährung so unbedingt nötigen Kartoffelvorräte dringend zu empfehlen und in weitgehendstem Maße zur Anwendung zu bringen. Wenn die Vermehrung durch Stecklinge auch nur in be schränkter Weise von Bedeutung ist, so ist doch die Ver wendung kleineren Saatgutes und die Benutzung von Kopf abschnitten und Teilstücken, ja sogar von Keimaugen von gesunden Kartoffeln dringend zu empfehlen und wird nie mand dadurch ein Nachteil im Ertrag entstehen, wohl aber