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196 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 49 u. 50 suchen über die Bekämpfung von Schädlingen und Krank heiten der Pflanzen. Man bedenke, welche ungeheuere Be deutung gerade diese Angelegenheit besitzt, und zwar nicht nur für die Berufsangehörigen, sondern auch für die All gemeinheit, und man wird dann ermessen können, wie großer Segen aus einer besseren Organisation der Schäd lingsbekämpfung erwachsen kann, die durch ein System von zweckmäßig angestellten Versuchen den Berufsgenos sen nahegelegt wird. Es liegt dem Verfasser also fern, hier irgendwelche Zwangsmaßnahmen zu empfehlen, vielmehr soll nur durch das Beispiel eingewirkt werden. Gleichzeitig wäre es natürlich der Zweck solcher Versuche, weiten Be rufskreisen die Kenntnis neuer Bekämpfungsweisen und Mittel zu vermittteln, und diese gleichzeitig auf ihren Wert zu prüfen. > Es entsteht die Frage, von welcher Stelle aus die an geregte Organisation und Popularisierung des gärtnerischen Versuchs wesens in die Wege zu leiten wäre. Da scheint es mir, daß dieses_eine dankbare Aufgabe des Reichsverbandes für den deutschen Gartenbau sein würde. Er müßte es über nehmen, einerseits an die fachlichen Unterrichtsanstalten. Landwirtschaftskammern usw. heranzutreten, und anderseits auch die Wege zur Aufbringung der erforderlichen Mittel zu bahnen. Da er ein Verband ist, der sich über das ganze Reichsgebiet erstreckt, so hat er auch das Recht, bei den maßgeblichen Behörden aller Bundesstaaten gehört zu wer den. Allzubedeutend dürften die erforderlichen Mittel übrigens wohl nicht sein. Hauptsächlich würde es sich darum handeln, den Bureaubetrieb zu schaffen, welchem die Werbung der Versuchsansteller und die Einleitung der Versuche sowie die Bearbeitung der Versuchsergebnisse als Aufgabe zufallen würde. An den großen Gärtnerlehran- stalten dürfte die Anstellung je eines fachwissenschaftlich geschulten Gärtners und der erforderlichen Schreibhilfe für diesen Zweck zunächst genügen. An den kleineren Fach schulen könnte wohl die Arbeit von einer der vorhandenen Lehrkräfte im Nebenamt bewältigt werden. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß die Landwirtschaftskammern mit ihren großen Mitteln, ihrem wohleingerichteten Bureau apparat und geschulten Fachbeamtenstab bereit sein wür den, ihre Unterstützung zu gewähren. Aber auch die Bun desstaaten haben die Verpflichtung, zu helfen. Denn man dürfte an den maßgeblichen Stellen doch wohl erkannt haben, welche große Bedeutung der Gartenbau für das Staatsganze besitzt. Die Lehren dieses Krieges sind so ein dringlich, daß diese Erwartung nicht unberechtigt ist. Dann aber haben auch die Praktiker selber, und nicht minder ihre Organisationen, das heißt die großen Berufsverbände und Fachvereine, ein Interesse daran, etwas für die Sache zu tun und sich an der Aufbringung der erforderlichen Mittel zu beteiligen. Denn die zu leistende Arbeit kommt ihnen ja mit Zins und Zinseszins wieder zugute. Die deutsche Landwirtschaft hat im Laufe des neun zehnten Jahrhunderts ihre Erzeugung verdreifacht. Sie dankt das in der Hauptsache ihrer wissenschaftlichen Durchdringung. Eines der wichtigsten Hilfsmittel, die Er gebnisse dieser Gemeinschaftsarbeit von Praxis und Wissen schaft zum nutzbaren Gemeingut des ganzen Berufes zu machen, ist aber zweifellos die Demonstration dieser Ergeb nisse durch den vom Praktiker mit Hilfe des Wissenschaft lers durchgeführten Versuch gewesen, und wird es auch in Zukunft sein. Wir Gärtner nehmen also kein Wagnis auf uns, wenn wir dieselben Pfade wandeln. Montanus. Der Anbau der Anispflanze. Einheimische Gewürze sind gegenwärtig sehr gesucht. Zur Geschmacksverbesse rung der fleischarmen und reizlosen Kriegskost sind die uns jetzt noch viel unentbehrlicher als früher. Nicht min der sind manche Gewürze auch als Zusatz zu Ersatzmi schungen für den knapp gewordenen chinesischen Tee sehr begehrt. Deshalb hat vielleicht mancher Leser des „Han- delgärtners" auch Interesse für die Anispflanze und ihren Anbau. Sie gehört zu den Doldengewächsen, also zu der Pflanzenfamilie, der als nützliche Glieder Mohrrübe, Sel lerie, Pastinak, Dill, Petersilie usw. zugezählt werden. Linne gab der Pflanze die lateinische Bezeichnung Pimpinella Anisum. Ihre Heimat sind die östlichen Mit telmeerländer. Ihre Lebensdauer ist einjährig. Zum An bau ist wie bei der Mohrrübe ein möglichst unkrautsamen freier Boden notwendig. Man baut sie daher bei feld mäßiger Kultur nach Hackfrüchten, Kartoffeln oder Rüben an, im Garten noch jedem beliebigen stark gedüngten, den Unkrautwuchs unterdrückenden Gemüse. Die Aussaat er folgt Ende März bis Mitte April bei Kleinkultur in Rei hen von 25 cm Abstand. Auf 1 Quadratmeter rechnet man etwa 3 g Samen. Beim Anbau größerer Flächen drillt man die Reihen 35 cm weit und rechnet auf % ha 5 kg Saatgut. Der Same liegt bis zum Aufgehen drei bis vier Wochen. Die Anbauflächen müssen möglichst bald be hackt werden, um das aufkeimende Unkraut zu unter drücken. Zehn Wochen nach der Aussaat steht der Anis in Blüte. Die Blütezeit erstreckt sich auf drei Wochen. Wie bei vielen Doldengewächsen, so reift auch bei der Anispflanze der Samen ziemlich ungleich. Daher emp fiehlt es sich, die zuerst reifgewordenen Mitteldolden abzu schneiden, um dann die Pflanzen zu raufen oder zu schnei den. Je nach dem Zeitpunkte der Aussaat und nach dem Wetter ist die Ernte Ende Juli bis Mitte August zu Ende/ so daß das Land hinterher noch mit Braunkohl, Kohlrabi oder wenigstens mit Spinat als Nachfrucht bestellt wer den kann. Der Same wird durch Ausklopfen gewonnen. Man erntet von 1 Quadratmeter durchschnittlich 100g. K.N. Eine Hauptursache der Gemüsesamenknappheit im Frühjahr 1917. Daß der Gemüsesamen im Frühjahr 1917 in zahlreichen Sorten recht knapp war, das haben wir ver brauchenden Gemüsegärtner allerorten am Geldbeutel recht deutlich wahrgenommen. Seitens der Samenhand lungen hat man hierfür in der Hauptsache das Aufhören der Einfuhr zahlreicher Artikel aus dem Auslande, das schlechte Wetter des Sommers 1916 und schließlich den gesteigerten Bedarf der Gemüsegärtner angegeben. Di» Hauptursache der Knappheit liegt aber meines Erachtens daran, daß vor allem die Landwirtschaft als Massenkäufe rin auftrat. Ungeheuer große Flächen, welche sonst dem Kartoffelbau dienten, sind jetzt in den Dienst des Gemüse baues gestellt. Im Königreich Sachsen allein ist die Kar toffelanbaufläche von 125 000 ha im Jahre 1915 auf 92 000 ha im Jahre 1917 zurückgegangen. Ganz sicher ist ein sehr bedeutender Teil dieser 33 000 ha mit Gemüse bestellt worden, und man geht wohl nicht fehl, anzu nehmen, daß darin einer der hauptsächlichsten Gründe der großen Knappheit an Gemüsesamen liegt. Voraus sichtlich wird der Samenmangel im Frühjahr 1918 noch viel fühlbarer sein. Denn die Bemühungen zahlreicher Landwirtschaftskammern, die Landwirte zum Gemüsebau zu veranlassen, sind in diesem Jahre sehr kräftig fortge setzt worden. Noch nie waren in den führenden landwirt schaftlichen Fachzeitschriften so zahlreiche Aufsätze über Gemüsebau enthalten, wie etwa im vergangenen Frühjahr und Sommer. Auch in den Landwirtschaftsschulen aller Art ist auf Weisung der Behörden eine lebhafte Werbe tätigkeit für den Gemüsebaubetrieb durch die Landwirte entfaltet worden. Die Früchte dieser Bemühungen wer den sicher in Gestalt einer weiteren Vergrößerung der Gemüseanbaufläche in vielen bisher rein landwirtschaft lich bebauten Gütern zur Reife kommen. Angesichts die ser Sachlage wäre es sehr erwünscht, wenn die Samen handlungen darauf bedacht sein würden, ihrer alten gärt nerischen Kundschaft in erster Linie die Eindeckung ihres Bedarfes zu ermöglichen. Allerdings ist es zu verstehen, daß der Samenhandel seine Ware lieber in größeren Posten absetzt, als in vielen kleinen, zumal er ebenso unter dem Mangel an geschulten Arbeitskräften leidet, wie der Gartenbau. Aber immerhin sollte er bedenken, daß seine langjährigen Geschäftsbeziehungen zu der Gärtner-