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150 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 37 u. 38 eingekauft habe und mithin mit Verlust hätte arbeiten müssen, wenn sie die Pflanzen mit 60 Pf. weiter verkauft hätte. Nach Abzug ihrer Unkosten hätte sie nur 10 Pf. an einem Schock Pflanzen verdient. Die Landwirtschaftskammer, die um gutachtliche Aeußerung ersucht worden war, hat sich dahin ausge sprochen, daß sie im Frühjahr im Einvernehmen mit den brandenburgischen Obst- und Gartenbauvereinen Richt preise für Gemüsepflanzen festgesetzt und allen Garten bautreibenden empfohlen habe, sich nach diesen Preisen zu richten. Für Frühkohlrabipflanzen sei ein Preis von 1 M. für 100 Stück festgesetzt worden. Bei Festsetzung dieser Preise wurde angenommen, daß es sich um den Ver kauf von Gemüsepflanzen in größeren Mengen am Orte des Erzeugers handle. Die Abgabe kleinerer Mengen auf dem Wochenmarkte bedinge eine erhebliche Mehr arbeit. In solchen Fällen werde daher ein Preisaufschlag für statthaft und! der von der Angeklagten, geforderte Auf schlag von 15 Pf. für 60 Pflanzen für nicht übermäßig hoch gehalten. Uebermäßige Preissteigerung liege demnach nach Ansicht der Kammer nicht vor. Nachsatz der Schriftleitung: Wir sind der Meinung, daß die Erwägungen, welche bei der Abgabe dieses Gutachtens durch die Kammer maßgeblich waren, auch für den Kleinverkauf der Pflanzen direkt vom Er zeuger, an die Verbraucher, also in den Gärtnereien Gül tigkeit haben sollten. Es wird beim mandel- oder halb schockweisen Verkauf der Gemüsepflanzen unendlich viel Zeit zugesetzt, die in der drängendsten Arbeit dem Be triebe verloren geht. Gutachten der Landwirtschaftskammer der Provinz Brandenburg über ungenügende Keimfähigkeit von Lu- pinensamen. Die Inhaber von Samenhandlungen dürften für das nachstehend wiedergegebene Gutachten der Land wirtschaftskammer Interesse haben. In einem Rechts streit zwischen einer Handelsfirma und einem Landwirt, der von ersterer Lupinen mit, wie angegeben wird, unge nügender Keimfähigkeit gekauft hatte, ist die Beweisfrage gestellt worden, ob eine Keimkraft von 70 bis 80 Prozent als befriedigend, und eine gute nur bei einem weit höheren Prozentsatz gegeben ist, oder ob bei Lupinen, die im Juni verkauft werden, eine Keimkraft von 60 bis 70 Prozent als gut, eine solche von 50 Prozent als befriedigend anzu sehen ist; ferner, ob die Keimfähigkeit der Lupinen aus 1915 herabgesetzt war, so daß 50 bis 60 Prozent als gut und 40 bis 50 Prozent als befriedigend anzusehen sind, endlich ob die Witterung 1916 für das Wachstum der Lu pinen günstig war oder nicht. Bei Beantwortung der Beweisfrage hat der Vorstand der Landwirtschaftskammer für die Provinz Brandenburg sich dahin ausgesprochen, daß eine Keimfähigkeit von 70 bis 80 Prozent als gut, von 60 bis 70 Prozent als befrie digend und darunter als unbefriedigend anzusehen ist. Die Keimfähigkeit von Lupinen aus 1915 war geringer als in normalen Jahren. Bei dem im vorliegenden Falle verein barten Preise von 60 M. für den Zentner jedoch konnte der Beklagte annehmen, daß es sich um Lupinen mit guter Keimkraft handelt, so daß bei diesem Preise eine Keim kraft von 50 bis 60 Prozent nicht als gut und von 40 bis 50 Prozent nicht als befriedigend angesehen werden kann. Die Witterung war im Jahre 1916 für das Wachstum der Lupinen günstig. Die Einziehung der Krankenkassenanteile durch Ge halts- und Lohnabzug. Die Krankenversicherungsbeiträge sind von dem Arbeitgeber an die Krankenkasse abzufüli- ren, jedoch in Höhe von zwei Drittel vom Arbeitnehmer zu tragen. Die Art, wie die Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und -nehmer zu erfolgen hat, ist im Gesetz ausdrücklich geregelt. Die Versicherungspflichtigen müs sen sich bei der Lohn- oder Gehaltszahlung ihre Beitrags teile vom baren Lohn oder Gehalt abziehen lassen; die Arbeitgeber dürfen die Beitragsteile nur auf diesem Wege wieder einziehen. (§ 394 R.V.O.) Das Schwergewicht dieser Bestimmung liegt in dem Satz: Die Arbeitgeber dürfen die Beitragsteile nur auf die sem Wege wieder einziehen. Diese Vorschrift enthält sog. zwingendes Recht, das heißt, es sind keine vertraglichen Vereinbarungen zulässig, die diese Bestimmung außer Kraft setzen. Es dürfen daher keine Arbeitsverträge ge schlossen werden, in welchen der Arbeitgeber sich das Recht vorbehält, in anderer Weise die Beitragsteile von dem Arbeitnehmer einzuziehen, womit selbstverständlich nicht gesagt sein soll, daß die tatsächliche anderweitige Beitragszahlung des Arbeitnehmers gesetzwidrig wäre. Nur eine Verpflichtung dazu darf nicht ausbedungen wer- den. Eine solche Vereinbarung wäre nichtig, braucht da her vom Arbeitnehmer nicht erfüllt zu werden. Sind Abzüge für eine Lohnzeit unterblieben, so dür fen sie nur bei der Lohn- oder Gehaltszahlung für die nächste Lohn- oder Gehaltszeit nachgeholt werden, wenn nicht die Beiträge ohne Verschulden des Arbeitgebers verspätet entrichtet worden sind. (§ 395, Abs. 2, R.V.O] Hat der Arbeitgeber daher die rechtzeitige Einzie hung der Krankenkassenanteile durch Abziehen vom nächsten oder übernächsten Lohn oder Gehalt unterlas sen, so gibt es für ihn keinen Weg, die Erstattung- dieser Anteile zu erzwingen. Der Arbeitnehmer hat vielmehr den Vorteil davon, indem der Arbeitgeber, der der Kran kenkasse gegenüber ja vorleistungspflichtig ist, die ganzen Beiträge aus eigener Tasche zu zahlen hat. Dasselbe gilt, wenn ein Arbeitgeber die Anmeldung eines Krankenkassenpflichtigen überhaupt unterlassen hat. Von ihm werden die Beiträge nachträglich von der Kran kenkasse eingezogen und er kann sich nun nicht mehr an den Arbeitnehmer halten, da diejenigen Lohn- oder Ge haltszahlungen, bei denen er Abzüge machen durfte, be reits zurückliegen. Nur eine Ausnahme sieht das Gesetz vor, nämlich für den Fall, daß die Beiträge ohne Verschulden des Ar beitgebers verspätet entrichtet worden sind. In diesem Fall kann der Arbeitgeber die ganzen nachträglich gezahl ten Krankenkassenanteile bei der nächstfälligen Lohn oder Gehaltszahlung abziehen. Die Abzüge für die Beitragsteile sind gleichmäßig auf die Lohn- oder Gehaltszeiten zu verteilen, auf die sie fal len. (§ 395 Abs. 1, R.V.O.) Werden z. B. die Kassenbei träge nur vierteljährlich erhoben, der Lohn oder das Gehalt wöchentlich oder monatlich ausgezahlt, so darf bei jeder Lohn- oder Gehaltszahlung nur ein Drittel oder ein Zwölf tel der Kassenbeiträge in Abzug gebracht werden. (Vgl. Stier-Somlo, Reichsversicherungsordnung, § 395 Anni. 2.) Die Teilbeträge dürfen auf volle 10 Pfennig abgerun det werden, es darf aber der Versicherte dadurch nicht mehr belastet werden, d, h., es muß ein Ausgleich bei den einzelnen Abzügen stattfinden. (§ 395 Abs. 2 R.V.O.) Arbeitgeber, die vorsätzlich höhere Beitragsteile dem Beschäftigten vom Entgelt abziehen, sind nach § 532 R.V.O. strafbar. Macht der Arbeitgeber unrechtmäßige Abzüge, so hat selbstverständlich der Arbeitnehmer den Anspruch auf Rükerstattung. Er kann diesen Anspruch sowohl im Wege der ordentlichen Klage verfolgen, indem er den vollen Lohn oder das volle Gehalt einklagt, mit Abzug der nur zulässigen Krankenkassenanteile, oder aber er kann gemäß § 405 R.V.O. eine Entscheidung des Versicherungs amtes über die Berechnung und Anrechnung der Beitrags teile herbeiführen. Nicht selten kommt es vor, daß ein Arbeitgeber eine Versicherungspflicht annimmt obwohl sie nicht besteht und die Beiträge an die Krankenkasse abführt. In diesem Falle kann sich der Arbeitnehmer selbstverständlich an den Arbeitgeber halten. Es ist jedoch kein Bedenken, daß er auch die abgezogenen Beitragsteile unmittelbar von der Krankenkasse zurückerstattet verlangen kann, weil die Krankenkasse auf seine Kosten bereichert ist; diese Frage ist jedoch nicht unbestritten. Dr. jur. Eckstein.