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132 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 33 u. 34 Sommerpflanzzeit der Erdbeeren, sehr wichtigen Frage kann aber wenig gedient sein; denn es gibt kaum eine unter diesen Sorten, die nicht in der Tat schätzenswerte Vorzüge hätte und sich unter besonders gelagerten Ver hältnissen nicht auch einmal bewährte, trotzdem sie als hervorragende Sorte nicht gut anerkannt werden kann. Notwendig ist vielmehr, die guten und schlechten Eigen schaften jeder Sorte innerhalb derselben zunächst einmal abzuwägen, denn aber auch die verbreitetsten, neuerdings auch empfohlenen neuen Sorten gegeneinander kritisch in Vergleich zu stellen. Es ist freilich im Rahmen eines Aufsatzes, auch eines solchen von höchster zulässiger Länge, unmöglich, eine eingehende kritische Wertschätzung aller Eigenschaf ten dieser Sorten zu geben, vielmehr sollen diese hin sichtlich gewisser wichtiger Anforderungen des Gärtners, Händlers,Konserven- und Safterzeugers verglichen werden. Verfasser bemerkt dazu, daß seine eigenen Beobach tungen sich auf viele Jahre des Großanbaues unter den verschiedenartigsten Erzeugungsverhältnissen gründen, daß zu ihrer Nachprüfung und, wo es nötig zu sein schien, auch Nachbesserung, die Urteile namhafter zuverlässiger Kenner des Erdbeerbaues, und endlich auch das zum Ver gleich herangezogen worden ist, was uns die Fachpresse, soweit sie von vertrauenswürdigen Kennern gespeist worden ist, mittelte. In letzter Hinsicht muß leider ge sagt werden, daß mit dem Brustton des Sachkenner tums oft genug Urteile in die Welt gesetzt werden, welche nie und nimmer der Wirklichkeit entsprechen. Oder ist es denn nicht eigentlich beschämend, wenn beispielsweise unlängst ein Herr Barfuß in einer unserer gelesensten Fachzeitschriften die hohe Fruchtbarkeit einer Sorte wie König Albert von Sachsen rühmt und sie als eine der tragbarsten anpreist, die in Wirklichkeit ob ihrer sehr mäßigen Fruchtbarkeit jedem Erdbeerkenner bekannt ist? Ein solcher kritischer Vergleich soll sich zunächst mit der Reifezeit, Reifefolge, Reifedauer befassen. In den weitaus meisten deutschen Betrieben ist die früheste Erdbeere Deutsch-Evern. Aber sehr oft steht Garteninspektor Koch ebenso früh zur Pflückreife Rheingold, Sieger, Laxtons Noble pflegen nur einen Tag, in Süddeutschland -und bevorzugten Lagen 2—3 Tage später zu sein. 2—3 Tage nach diesen setzen mit dem Ertrage ein: Königin Luise, Erlkönig, Jucunda, Meteor. Einen Tag später kommen zumeist Amerikanische Voll tragende, Wunder von Cöthen; 1—2 Tage später Royal Sovereign. Nach abermals 2 Tagen: König Albert von Sach sen, Amerikanische Verbesserte; 2—-3 Tage später: Sharpless; nach je abermals 2 Tagen: Louis Gauthier, White pine apple, Lucida perfecta, Späte von Leopoldshall, und nach nochmals 2—3 Tagen: Belle Alliance, Demgemäß beginnen in mitteldeutschen Durch- schnittslagen diese Sorten mit der Reife: Deutsch-Evern 4. Juni, Garteninspektor Koch 4.—5. Juni, Sieger, Laxtons Noble, Rheingold 5 Juni; Königin Luise, Meteor, Jucunda, Erlkönig 7. Juni; Amerikanische Volltragende, Wunder von Cöthen, Royal Sovereign 8. Juni; König Albert 10. Juni, Amerikanische Verbesserte 11. Juni, Sharpless 13. Juni, Louis Gauthier 14. Juni, White pine apple 16. Juni, Lucida perfecta 18. Juni, Späte von Leopoldshall 20. Juni, Belle Alliance 22. Juni. Der Beginn der Tragbarkeit wird nicht von der ersten reifen Frucht an gerechnet, sondern von da ab, wo die Pflücke zum Verkauf lohnt. — Ueber das Maß der Fruchtbarkeit der Sorten herr schen oft die schiefsten Urteile, da die meisten Züchter nur die abgelieferte, verkaufte Gesamtmenge kennen, nicht aber die Erträge der einzelnen Sorten, die sie bauen. Die schiefen Urteile sind begründet in der sehr ver schiedenen Tragbarkeisdauer der Sorten und in dem Au genschein, der bei kurztragenden, dichtbehängten Sorten zu deren. Gunsten bzw. deren Wertschätzung täuscht. Sehr kurze Tragbarkeit haben Belle Alliance (6—7), Royal Sovereign (7-—8); von allen Sorten dürfte Erl könig mit 5—6 Tagen wohl die kürzeste Reifedauer haben. Die längste findet man gewöhnlich bei der Amerikanischen Volltragenden (18—20). Auch Louis Gauthier (16—18), Meteor und Kaisers Sämling, Marguerite pflegen 14—16 Tage zu haben. Königin Luise gibt 16—18, König Albert von Sachsen 14—15, Garteninspektor Koch, Deutsch-Evern, Jucunda sind mit etwa 12 Tagen guter Durchschnitt. Im allgemeinen kann man die Ertragsziffer beim Großanbau mit 25 Zentner von % ha rechnen, doch sind Jahre (bis zu 45 und 50 Ztr. nicht selten. Einzelne Sorten, so vornehmlich Deutsch-Evern, überschreiten die 25 Ztr. in Mitteljahren fast stets. Diese dankbaren Sorten sind außer Deutsch-Evern Garteninspektor Koch, Sieger, Kaisers Sämling, Königin Luise, Laxtons Noble, Amerikanische Volltragende. Die 25 Zentner-Grenze pflegen zu halten' Jucunda, Wunder von Cöthen, Hansa, Louis Gauthier, White pine apple. Daß aber innerhalb der Sorten die Er träge nach den Jahren stark wechseln, ergibt sich aus der Aufstellung der Erträge im normalen Jahre 1915 der Königl. Gärtnerlehranstalt Proskau. Man notierte dort von % ha für: Deutsch Evern. ... 48 Ztr. Amerikan. Volltragende 20,5 Ztr. Namenlose Sorte ... 42 „ Königin Luise .... 18 „ Jucunda 32 „ Sieger 19,5 » Späte von Leopoldshall 29,5 „ White pine apple . . 13,5 „ Paradies 29 „ Wunder von Cöthen . 10 » Louis Gauthier . . . 25,5 » König Albert v. Sachsen 7,5 ., Laxtons Noble .... 24,5 „ Meteor 7 » Es bleibt demnach immer die alte Erfahrung be stehen, nach welcher die Sorten je nach der Beschaffen heit der Jahre verschieden fruchtbar sind. Nach meiner rein persönlichen Erfahrung schätze ich Deutsch-Evern und Laxtons Noble als regelmäßigst und reichst frucht bare, als wohlschmeckendste Weiße Ananas und König Albert von Sachsen, als widerstandsfähigste gegen Un bilden und Einflüsse von Nachteilen aller Art Weiße Ananas und Sieger, als unbedingt früheste Deutsch-Evern, als unbedingt winterfrosthart Deutsch-Evern, Sieger Kai sers Sämling, Wunder von Cöthen, wohingegen St. Joseph und Louis Gauthier leicht auswintern. Deutsch-Evern als sonst unbedingt beste und einträglichste aller Sorten bringt besonders gegen die zweite Hälfte der Tragbarkeit hin zu viel kleine Früchte und leidet in luftfeuchten, ein geschlossenen Tiefen und in Nebellagern am Mehltau. In sehr trockenen Böden ersetzt man besser König Albert von Sachsen durch Kaisers Sämling. Die beste Monats erdbeere ist zweifellos Eythraer Kind, die beste zweimal tragende Sorte „Perle“. Die Kleinfrüchtigkeit von Deutsch-Evern bringt es in Gegenden, wo der Markt verwöhnt ist, leider mit sich; daß die Früchte nach 4—5 Tagen schwer verkäuflich sind, sobald größerfrüchtige Sorten angeboten werden. Uebri- gens sind auch White pine apple, Lucida perfecta, Louis Gauthier hochfein, leider für den Markt recht hell, nicht rot genug gefärbt. Zu den hochfeinen anbauwürdigen Sorten gehört übrigens auch die bisher kaum weiteren Kreisen bekannte Sorte Rudolf Goethe, wenigstens lobt Proskau sie. Unter den besten Marktsorten für den Großanbau wähle man nach Möglichkeit nach Deutsch-Evern die großfrüchtige, wohlschmeckende Sieger, deren Früchte leiden nur gegen Ende der Erntezeit kleiner werden. Laxtons Noble ist wenig fein im Geschmack, ist aber unter den Frühsorten die erste mit wirklich großen Früchten. Da neben ist die ganz vortreffliche, noch viel zu wenig ge würdigte Königin Luise anzubauen, die eine Versandsorte fast ohne Seitenstück ist, ferner Jucunda als treffliche Ein machfrucht, ebenfalls versandhart und von gutem Geschmack, und, wo die Güte des Geschmacks bezahlt wird, König Albert von Sachsen und Belle Alliance, Louis Gauthier, White pine apple. Als späte Sorte ist die Späte von Leopolds hall unübertroffen.