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Nr. 21 u. 22 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 82 Die Weichfäule des Champignons. Eine der verderblichsten Krankheiten des edelsten I der Speisepilze ist die Weichfäule. Sie tritt in den mei sten ballen mit solcher Heftigkeit auf, daß in kurzer Zeit i ganze Anlagen zugrundegerichtet werden. Es liegt daher im Interesse der Züchter, einmal 1 den Veilauf der Krankheit kurz zu skizzieren und einige Winke für die Bekämpfung des Uebels zu geben; allerdings muß gleich von vornherein darauf hingewie-1 sen werden, daß die Aussichten, der Krankheit Herr zu I werden, bevor sie erheblichen Schaden angerichtet hat, leider nicht sehr günstig sind. Als erstes Zeichen tritt auf den Pilzen ein netzarti- ger Ueberzug auf, der anfänglich weiß ist, bald aber bräunliche Farbe und filzartige Beschaffenheit annimmt. Die erkrankten Pilze verlieren bald ihre normale Form und nehmen eine knollenartige Gestalt an. Das Pilz- fleisch zersetzt sich und wird faulig. Gleichzeitig nimmt es einen sehr üblen Geruch nach fauliger Heringslake an, welcher wohl durch das Auftreten von Trimethylamin als; Zerfallsprodukt des Plzeiweißes zu erklären kst. Beim Durchschneiden zeigt sich das Pilzfleisch rötlich ver färbt; gleichzeitig treten braunrote Safttropfen aus der Pilzmasse aus. Zuletzt färben sich die Pilze schwärzlich: und verfaulen nach einigen Stunden vollständig. Die Krankheit verbreitet sich mit epidemischer Ge schwindigkeit über das ganze Beet. Dies läßt darauf schließen, daß ein Schmarotzerpilz oder Bakterien die Urheber dieser Krankheit sind. In der lat haben auch die von dem Forscher Magnus ausgeführten Unter suchungen ergeben, daß ein Pilz, Mycogone perniciosa als Erreger der Seuche erkannt wurde. Vermutlich sind aber außerdem auch Bakterien bei der Zerstörung der Pilze mitbeteiligt. Als Vorbeugungsmittel gegen die Krankheit gilt in erster Lime eine durchaus sorgfältige Behandlung der Komposterde, mit welcher der von dem Pilzmycel durchsponnene Pferdemist abgedeckt wird. Häufiges Um schaufeln dieser Erde und bei dieser Gelegenheit Ver mischung derselben mit Aetzkalk soll das Aufkommen des Krankheitserregers in der Erde verhindern; durch eine ordentliche Pflege der Erde soll auch das Ueber- handnehmen des mannigfaltigen, im verwesenden Kom post sich einnistenden Kleingetiers aus der Welt der In sekten und niederen Tiere verhütet werden. Aus wel chem Grunde das erforderlich ist, wird weiter unten gesagt werden. Eine sorgfältige Beobachtung der Kul turen bezüglich des Auftretens erkrankter Exemplare ist unbedingt notwendig. Entdeckt man solche, so sind sie sofort auszuheben, und zwar mitsamt der umgebenden Erde und dem darunter befindlichen Mycel. Alles Ausl gehobene muß sogleich verbrannt werden. Bevor man weiter auf der Anlage hantiert, muß man sich die Hände sorgfältig waschen. Am besten ist es, dem Waschwasser ein Desinfektionsmittel, Lysol oder dergleichen, zuzu- setzen. Die Uebertragung der Krankheit erfolgt durch Unvorsichtigkeit sehr leicht. So liegt auch die Vermu tung nahe, daß etwa vorhandene Asseln, Tausendfüßler oder Pilzmücken, ferner 'die in der Komposterde häu figen Springschwänze, überhaupt alles Kleingetier, das in der Erde sein Wesen treibt oder mit erkrankten Pilzen in Berührung kommt, die Sporen auf gesunde Pilze ver schleppt. Selbstverständlich dürfen der Dung und die Erde erkrankt gewesener Kulturen nicht für die Berei tung neuer Komposterde verwendet werden. Sie sind vielmehr auf dem Gemüseland möglichst sofort nach dem; Abräumen zur Düngung des Gemüselandes im Garten zu verwenden. Selbstverständlich ist es außerdem, daß Pilze von erkrankten Anlagen nicht etwa zur Erzeugung von Brut (durch Sporen) benutzt werden dürfen. Die Keller, Schuppen usw., in denen sich erkrankte Anlagen wird, nicht gleichgültig ist. Je eher man damit aufhört, um so früher gelangen sie im nächsten Frühjahr zur Blüte. Will man z. B. einen Satz Pflanzen schon in der zweiten Februarhälfte des nächsten Jahres blühend haben, dann muß mit dem Entspitzen ungefähr Mitte August aufgehört werden, während man 3 bis 4 Wochen länger entspitzen kann, wenn man die Pflanzen erst Mitte März in Blüte haben will. Die zum Blühen als einjährige bestimmten Pflanzen kultiviert man am besten in einem luftigen und sonnigen Gewächshause und gießt sie jede Woche zweimal mit einer Nährsalzlösung (2 bis 3 g auf 1 1 Wasser); auch auf gelöster vergorener Kuhdung tut gute Dienste. Die Pflan zen müssen in voller Sonne stehen, natürlich darf aber dann das Gießen nie versäumt werden und zur V erhütung des Aufkommens der roten Spinne darf auch das Spritzen nicht unterbleiben. Ratsamer ist es aber, die Pflanzen nicht schon im ersten Jahre zur Blüte kommen zu lassen. Denn wenn man auch zu diesem Zweck die kräftigsten auswählt, so sind doch zweijährige und ältere Pflanzen viel stattlicher und schöner als einjährige. Die zur Blüte im zweiten Jahre bestimmten Pflanzen kultiviert man den Sommer über sonnig und mit reichlichen Dunggaben in der schon kurz angedeuteten Weise im Kasten. Die Ueberwinterung der Pflanzen erfolgt im Kalt hause, in das sie aber nicht eher eingeräumt werden, als bis Nachtfröste zu befürchten sind. Selbstverständlich werden sie im Winter vor der Blüte nicht etwa geschnit ten. Anfang bis Mitte Februar stellt man sie in ein tem periertes Haus ein und Mitte Februar bis Anfangs März kommen sie in ein Warmhaus, wo sie dann in kurzer Zeit ihre Blüten entwickeln. Unbedingt notwendig ist es, sie im Kalthause, besonders im letzten Monat vor dem Ein stellen in das temperierte Haus, möglichst wenig zu gießen. Sie müssen hier eine regelrechte Vegetationsruhe durch machen und nur soviel Wasser erhalten, daß sie am Leben bleiben und nicht vertrocknen. Wenn das beachtet wird und wenn man ihnen dann im Sommer so viel Sonne wie nur möglich gönnt, so kann man mit Sicherheit auf eine reiche Blüte rechnen. Die Beendigung der Blütezeit richtet sich natürlich nach dem Zeitpunkte des Einstellens der Pflanzen in das Warmhaus. Die abgeblühten Pflanzen werden zunächst ihrer Form entsprechend geschnitten. Dann stellt man sie in einem Kalthause auf und hält sie ziemlich trocken. Ende Mai müssen sie erneut in Kultur genommen werden. Zu diesem Zwecke wird ein Mistbeet hergerichtet, das etwa Anfang April für irgendeinen anderen, mittlerweile er ledigten Zweck warm gepackt worden war. Man bringt in dieses Beet, 20 cm hoch, eine geeignete Erdmischung, bestehend aus ungefähr gleichen Teilen guter Mistbeet- erde, lehmiger, mürber Rasenerde und in guter Dungkraft stehender Gartenerde mit etwas scharfem Sand versetzt. Dahinein werden die zweijährigen und älteren abgeblüh ten Bougainvilleen ausgepflanzt, nachdem die verfilzten Teile ihrer Wurzelballen entfernt worden sind. Der Kasten muß ganz geschützt und sonnig liegen. Dann ist es nicht notwendig, ihn den Sommer über mit Fen stern zu bedecken. Nur bei anhaltend naßkalten Re genperioden müssen Fenster aufgelegt werden, jedoch ist auch in diesem Falle reichlich zu lüften. Im Septem ber erfolgt das Wiedereintopfen der Pflanzen in mög lichst kleine Gefäße. Man hält sie wenige Tage geschlos sen und beläßt sie in dem nun natürlich mit Glas be deckten Kasten bis Anfang Oktober, um sie dann im Kalthause zur Ueberwinterung einzustellen. Junge Pflanzen aus Augustvermehrung werden in einem temperierten Hause überwintert und von Frühjahr ab in gleichem Sinne behandelt, wie dies bei der Behand lung der Pflanzen aus Januarvermehrung angegeben wurde.