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1154 PAPIER-ZEITUNG Nr. 28 gleichbedeutend mit 51 M. 50 Pf. netto die 100 Kilo fob Hamburg, wird jetzt verschiedentlich notiert. Es ist aussichtslos, die Kunden auf Unterschiede in der Güte oder auf die mehr oder weniger sorgfältige Sortierung der Ware aufmerksam zu machen, um für ein etwas teureres Fabrikat Gegenliebe zu finden. Die Kunden kaufen nach Muster, und fällt der Karton nicht eben so rein aus, so wird das einfache Mittel eines Abzuges für den Minderwert in Anwendung gebracht. Es kommt wohl früher oder später die Zeit, wo den Fabrikanten die Augen aufgehen, sodaß sie an solchen verlustbringenden Geschäften keine Lust mehr empfinden, aber inzwischen ist der Preis verdorben, und es tauchen andere Fabrikanten auf, die bereit sind, denselben Versuch zu machen. A Richard Zanders f Wir berichteten in Nr. 27 S. 1138 kurz über den tragischen Tod des Herrn Richard Zanders. Die »Berg.- Gladbacher Zeitung« widmet ihm einen herzlichen Nachruf, dem wir folgendes entnehmen: Herr Richard Zanders weilt seit Mittwoch Nachmittag nicht mehr unter den Lebenden, nicht mehr unter seinen Mitbürgern, die in ihm einen ihrer hervor ragendsten Führer und Berater er blicken durften. Beim Erproben eines soeben neu eingeführten Ar mee - Revolvers, der vor wenigen Stunden in seine Hände gelangt war, und mit dem er sich in seiner Eigenschaft als Rittmeister der Reserve im Küras sier - Regiment Graf Geßler, Rhei nisches Nr. 8, so fort vertraut zu machen wünschte, ereilte ihn plötz lich der Tod. Er wollte mit der neuen Waffe kurz vor einer vorher angesetzten Be ratung, der seine Abreise nach Berlin zur Be erdigung eines Verwandten fol gen sollte, einen raschen Schieß versuch veran stalten und begab sich zu diesem Zwecke in einen in der Nähe seines Wohnsitzes befindlichen Stein bruch. Er gab verschiedene Schüsse ab, deren Spuren sich in der aufgestellten Scheibe vorfanden, und hatte dann einen Versager, der ihn veranlaßte, den ihm noch unbekannten Mechanismus der Waffe näher zu untersuchen. Ein trauriges Unglück, das ihm früher während einer militärischen Uebung fast ganz die Sehkraft des einen Auges raubte, veranlaßte ihn wohl unwillkürlich, Hand und Waffe in der Richtung des gesunden Auges zu neigen. Der Schuß ging plötzlich los, die Kugel streifte einen Teil des Gesichtes und drang in die Stirn. Die entsetzte und beklagens werte Gattin, die ihren Gemahl nach Ablauf der verabredeten wenigen Minuten aufsuchte, fand nur noch eine Leiche. Herr Richard Zanders wurde plötzlich und grausam aus einem tatenfrohen Leben gerissen, aus dem Kreise eines un endlich gemeinnützigen Wirkens. Gladbach verliert an dem ältesten Sohne der mit dem Wohl und Wehe der Stadt so innig verwachsenen Familie Zanders unendlich viel. Ein Vater der Stadt ist dahingegangen, ein Fürsorger für viele Bürger, ein Berater, Förderer und Wohltäter einzelner wie des ganzen Gemeinwesens. Als Teilhaber der unter den Papierfabriken des In- und Auslandes in erster Linie stehenden Firma J. W. Zanders nahm er in der industriellen Welt eine hervorragende Stelle ein und erwarb sich dabei auf sozialpolitischem Gebiete unvergängliche Verdienste. Das Werk, dessen Teilhaber er war, gilt als Musteranstalt hinsichtlich seiner im Interesse der Arbeiterwohlfahrt getroffenen Einrichtungen. Als sein und seiner hochherzigen und kunstsinnigen Gattin eigenstes Werk erwuchs in Gronau die schöne Kolonie villenartiger Wohn häuser, welche der Arbeiterschaft billiges und gesundes Wohnen im eigenen schmucken, gartenumhegten Heim ermöglicht, eine Gründung, die hinsichtlich praktischer Anordnung und male rischen Reizes einzig dasteht. Stiftungen der mannigfaltigsten Art reden in Gladbach von dem hohen, stets auf das Gemein wohl bedachten Sinn des Verewigten, Stiftungen zum Wohle der Arbeiterschaft der Zanders’schen Werke, ebenso wie solche, die eine Verschönerung der Stadt, die Errichtung öffentlicher Gebäude, die Förderung des Gemeinsinnes, patriotischer Denkart oder des Kunstsinnes bezweckten. Aber nicht nur mit offener Hand betätigte sich der Verewigte als Sohn der seit Jahresfrist von uns geschiedenen, un vergeßlichen Frau Maria Zanders. Er war stets und überall geistig und mit Rat und Tat für das Gemeinwohl und die Interessen der Stadt tätig. In der Verwaltung einer Reihe von Ehrenämtern, als Mitglied des Provinziallandtages, des Kreis tages, des Stadtverordneten-Kollegiums und aller wichtigen städtischen Kommissionen opferte er einen großen Teil seiner reichen Arbeitskraft seinen Mitbürgern, war er unermüdlich in wertvollen Anregungen, in Rat und Tat, erwarb er sich eine Hochachtung, die noch im vergangenen Herbste durch Ver leihung des Roten Adler-Ordens IV. Klasse einen sichtbaren Ausdruck erhielt. Die Stadt verdankt in erster Linie seiner Hochherzigkeit und seinen künstlerischen Anregungen das im Bau begriffene prächtige Rathaus, auf dessen Turm heute die Trauerflagge im Winde weht. * * * Ueber die Beerdigungsfeier des Herrn Richard Zanders entnehmen wir dem »Volksblatt f. Berg.-Gladbach und Um gegend« : Die Beerdigung fand am 31. März unter großer Beteiligung weitester Kreise in Berg.-Gladbach statt. Schon tags vorher war der Verstorbene von seinem Wohnsitze Haus Leerbach in aller Stille nach der Stadt gebracht und dort in der Villa Zanders in dem zum Trauergemache umgewandelten Musiksaale aufgebahrt worden. Am 31. März füllten sich die Rasenflächen vor dem Haupteingange der Villa mit Blumen- und Kranzspenden für den auf immer Scheidenden. Gegenüber hatte der neue Rathausbau einen Trauerschmuck erhalten, und am Nachmittage leuchtete von den vier Ecken des Rathausturmes die düsterrote Glut flammender Pechpfannen. Um 31/, Uhr leitete der von Frau Maria Zanders gegründete Cäcilienchor, dessen Protektorat der Verstorbene übernommen hatte, die Trauerfeier im Hause mit einem Choral ein, worauf Pfarrer Rehse in einer Ansprache an die Leidtragenden vor allem dem Danke gegen Gottes Vor sehung Ausdruck gab, die nicht gewollt habe, daß das Herz der Mutter von diesem Schlage noch getroffen werde, und dann die trefflichen Eigenschaften des Verstorbenen rühmte. Mit einem zweiten Choral schloß der Trauerakt im Hause. Darauf setzte sich der schier unübersehbare Leichenzug in Bewegung: voran das Trompeterkorps des Deutzer Kürassierregiments in Uniform, dann eine Abordnung des Kürassiervereins Deutz und die Vereine der Stadt mit umflorten Fahnen und Schärpen, die Angehörigen des Reserveoffizierkorps in Uniform, der Kameradschaftliche Verein unter Vorantragung der Orden des Verstorbenen. Hinter den Vereinen folgten die Arbeiterinnen der Zanders’schen Papierfabriken, welche an zweihundert Kranzspenden trugen. Der Gesangverein Cäcilienchor schloß den Vorantritt ab; dann folgte der Leichenwagen, hinter ihm der Pfarrgeistliche, die Angehörigen und Freunde, Vertreter der Zivil- und Militär behörden, eine Abordnung des Deutzer Offizierkorps, Bürger meister und Stadtverordneten-Kollegium von Berg.-Gladbach, eine Deputation des Bonner Studentenkorps Hansea, Vertretungen des Provinziallandtages, des Kreistages, der Handelskammer zu Mülheim a. Rh., des Altenberger Dombauvereins u. v. a. Den Abschluß bildeten die Beamten und Angestellten der Zanders- sehen Werke und die Bürgerschaft der Stadt. So bewegte sich der lange Zug lautlos über die mit Sand belegten Straßen einher zwischen den trüben Flammen der umflorten Straßen laternen und den langen Reihen der Arbeiterschaft, die in Trauerkleidern zu beiden Seiten Spalier bildete und sich dem Ende des Zuges anschloß, wie die Reihe an sie kam. Am Ein gänge des Friedhofes wurde der Sarg von Meistern der Firma J. W. Zanders zur Familiengruft getragen und dort neben der Mutter des Verstorbenen hinabgesenkt, während der Verband der vereinigten Männerchöre von B.-Gladbach das Grablied sang: »Wie sie so sanft ruh'n.« Herr Pfarrer Rehse hielt die Grab rede. Mit dem Liede der vereinigten Männerchöre: »Da unten ist Frieden«, schloß dieser Trauerakt, und nachdem die Vereine und die Arbeiterschaft schweigend am Grabe vorübergezogen und ihre Fahnen sich über ihm gesenkt hatten, verzog sieh langsam die nach Tausenden zählende Menge vom Friedhöfe.