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PAPIER-ZEITUNG Nr. 27 1124 selten behoben, sondern lediglich der Satz verunstaltet. Noch schwieriger ist die Sache bei Klischees, die mitten im Satz stehen; diese müssen zunächst mit dem Winkelmaß justiert werden, ganz besonders muß auch danach gesehen werden, daß die Seitenflächen genau senkrecht sind, und das Klischee nicht kippt Beim Abrichten auf Schrifthöhe muß die ganze Unterfläche unterlegt werden, weil sonst der Druckzylinder, wenn er den Anfang des Klischees be rührt, Kippen desselben verursacht. Möglichst soll man jedes Klischee in der Form durch einen Anschlag in einen Rahmen für sich abschließen und das in diesem Rahmen stehende Klischee etwas locker lassen, weil sich das Holz leicht während des Druckes verändert und ausdehnt. Da durch entstehen dann Spannungen in der Form, welche Spieße verursachen. Eine weitere Ursache der Spieße ist die Vibration des Fußbodens, auf dem die Maschine steht. Diese Ur sache kann man feststellen, wenn man die Maschine langsam gehen läßt, weil dann die Vibration geringer wird, und die Spieße verschwinden. Häufig ist auch ein mangelhafter Aufzug auf dem Zylinder die Ursache der Spieße. Das kann man prüfen, indem man den Abzug mit der Form vergleicht; ist der Abzug größer als die Druckform, so ist der Aufzug zu stark, ist er kleiner, so ist derselbe zu schwach. In beiden Fällen legt sich die Schrift, im ersteren Falle nach hinten, im andern Falle nach vorn. Die Vibration der Maschine kann man vermindern, indem man die Maschine auf einen Rahmen von 3—4zölligem Holz stellt oder das Fundament untermauert. Spieße, welche bald hochkommen, bald wieder verschwinden, werden in der Regel durch zu schwach ausgeschlossenen Satz ver ursacht. Das beliebte Anlegen von Kartenspänen an die Seiten solcher Kolumnen ist zu verwerfen; hier kann nur richtiges Ausschließen helfen. Zuweilen sind auch die in der Form verwendeten Bleistege Ursache zum Spießen; da sie auf einer Seite voll, auf der andern hohl sind, so drücken sie sich leicht zusammen, werden konisch und un systematisch. Darum empfiehlt es sich, die Stege immer verschränkt zu verwenden. Zum Schluß zeigte der Vortragende das Modell eines Hohlsteges, das auf allen vier Seiten gleich voll ausgegossen und nur in der Mitte ausgehöhlt war. Solche Stege werden keine Neigung haben, sich einzubiegen und trotzdem nicht schwerer sein als die bisher verwendeten. Der Vortragende erntete reichen Beifall für seine Aus führungen, und der Vorsitzende sprach ihm den besonderen Dank der Versammlung aus. Schluß der Sitzung 12 Uhr. Stuttgarter Brief Ende März Die im letzten Brief in Nr. 22 erwähnte Ausstellung des Graphischen Klubs wurde am Sonntag, 25. März, vormittags n Uhr eröffnet und erfreute sich gleich sehr guten Besuchs seitens der Fachgenossen. Derartige Ausstellungen haben hier in Stuttgart schon öfters stattgefunden, jedoch nicht solche, die auf längere Zeit berechnet waren, außer der im Jahre 1888 am 1. Juni bei Gelegenheit des 25jährigen Regierungsjubiläums des Königs Karl eröffneten, die alle Gebiete des Buchgewerbes umfaßte. Während diese in der 1881 erbauten Gewerbehalle abgehalten wurde, ist die jetzt eröffnete in der prächtigen König Karl- Halle des Landesgewerbemuseums untergebracht. Da nun der Graphische Klub sich fast ausschließlich auf das Buchdruckgewerbe erstreckt, so sind in der Ausstellung mit wenigen Ausnahmen auch nur Erzeugnisse der Buchdruckpresse ausgestellt, außerdem Druckstöcke, Farben, Satzproben usw. Da alle namhaften Stuttgarter Buchdruckereien, welche feineren Werkdruck, Illustrations-, Akzidenz- und Farbendruck herstellen, dem Graphischen Klub ihre Erzeugnisse zur Verfügung gestellt haben, so konnte dieser den Besuchern ein getreues Bild von dem Stande der Buchdruckerkunst in Stuttgart vor Augen führen. In erster Linie sind es die Firmen Greiner & Pfeiffer, Union, Hoffmannsche Druckerei, Verlagsanstalt, Stähle & Friedel, Singer und Vereinsdruckerei, dann aber auch die weniger großen aber trotzdem in manchen Druckarten gerade so leistungsfähigen Firmen Bonz Erben, Christliches Verlagshaus, Karl Ulshöfer, Münz & Geiger, Decker & Hardt, Glaser & Sulz, Hans Bleher und W. Birkenmaier, welche sich zu diesem friedlichen Wett bewerb eingefunden haben. Stilgerechter Satzbau und harmo nischer Farbendruck, tadelloser Bilderdruck und namentlich solcher in Mehrfarbendruck legen Zeugnis davon ab, daß Stutt garts Buchdruckereien mit an der Spitze stehen, und daß die Fortschritte der letzten 25 Jahre im Buchdruck vor den Toren Stuttgarts nicht Halt gemacht haben. Zu einem Vergleich bietet da gerade der Vorsitzende des Klubs, Herr Faktor August Kirchhoff, anerkannt tüchtiger Fach mann, namentlich auf dem Gebiete der Akzidenz, die beste Ge legenheit mit seiner Abteilung, die den Entwicklungsgang des Akzidenzsatzes in den letzten 25 Jahren darstellt. Besprechung der ausgestellten Druckerzeugnisse würde zu weit führen, und es soll nur hervorgehoben werden, daß selbst kleinere Firmen, wenn tüchtige Fachleute an der Spitze stehen und tüchtige Arbeitskräfte am Kasten und der Maschine vorhanden sind, in der Qualität der Arbeit mit großen Firmen wetteifern können. Außerdem ist die Ausstellung der in der Buchdrucker-Fach schule angefertigten Drucksachen zu erwähnen; ferner die Aus stellung der chemigraphischenKunstanstalten von Dreher, Schuler, Weinwurm und Hafner und der galvanoplastischen Anstalt von Zierow sowie der Schriftgießerei Bauer & Co. Auch die Farben fabrik von Kast & Ehinger hat ausgestellt. Diese Ausstellung ist nicht nur für Fachgenossen berechnet, sondern auch für das große Publikum und bleibt 15 Tage, vom 25. März bis 8. April geöffnet. Nachdem wir nun noch zum Schluß die Kupferdrucke und Platten des Kupferstich-Instituts von Hugo Petters und die be achtenswerte Holzschnittausstellung von Gustav Eyb und vom Xylographen-Verbandbesichtigt haben, nehmen wirvon der freund lichen Ausstellungshalle Abschied und gehen in die Vorhalle des Landesgewerbemuseums, wo eine Ausstellung für Unfallver hütung und Gewerbehygiene eröffnet ist. Diese Ausstellung ent hält Modelle, Schutzvorrichtungen, Zeichnungen und hygienische Gegenstände. Auch das Reichsversicherungsamt in Berlin sowie die K. Zentralstelle sind mit Abbildungen mustergiltiger Schutz vorrichtungen und statistischen Tabellen vertreten. S. Invaliditäts- und Altersversicherung durch den Arbeitgeber Die Erwägung, daß die Invaliditäts- und Altersversicherung des Reiches verhältnismäßig geringe Renten gewährt, hat eine Reihe edeldenkender Arbeitgeber veranlaßt, zum Wohle ihrer Arbeiter eine »Geschäfts-Invaliditäts- und Altersversicherung' ins Leben zu rufen, deren Rente höher ist als die der Reichs Versicherung. Auch die Angestellten verschiedener großer Buch druckereien erfreuen sich solcher Wohlfahrts-Einrichtung, die nicht allein dem Personal, sondern auch dem Arbeitgeber zum Segen gereicht. Man findet in solchen Druckereien meist gutes Ein vernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und ein gut geschultes, seßhaftes Arbeitspersonal. Unter nachstehenden Bestimmungen versichert z. B. eine be deutende Buchdruckerei ihre Angestellten seit 1891: Die männlichen Angestellten haben wöchentlich einen Beitrag von 20 Pf. zu zahlen und erwerben unter den weiter erläuterten Bedingungen Anrecht auf eine Invaliden- oder Altersrente von wöchentlich 8 M. Mitglieder einer Invalidenkasse, z. B. der Zentral-Invaliden- kasse des Unterstützungsvereins Deutscher Buchdrucker, können nur Anrecht auf eine Rente von wöchentlich 6 M. erwerben und haben einen Wochenbeitrag von nur 15 Pf. zu zahlen. Die sogenannte Karenzzeit dauert für Angestellte, welche bei Abschluß des Vertrages über 50 Jahre alt sind, 3 Jahre, für alle andern 5 Jahre. Jeder, der das 65. Lebensjahr überschreitet und der Druckerei im ganzen mindestens 25 Jahre angehört hat, ist berechtigt, eine Altersrente von 8 M. wöchentlich zu beanspruchen. Gehilfen und Hilfsarbeiter, denen das Geschäft kündigt, ebenso diejenigen, welche zur Ableistung ihrer aktiven Militär zeit aus dem Geschäft treten, erhalten bei ihrem Austritt aus dem Geschäft die von ihnen eingezahlten Beiträge zurück. Frei willig aus dem Geschäft Tretende dagegen haben keinen An sprach auf Erstattung der Beiträge. Invalide ist derjenige, welcher nicht imstande ist, die Hälfte des normalen Arbeitslohnes zu verdienen, oder unfähig ist, seinen Beruf zu erfüllen. Diese Bestimmungen haben sich in r5jähriger Praxis be währt. Zur Gründung einer derartigen Wohlfahrts-Einrichtung bedarf es allerdings eines Grundkapitals, und wer sein Personal in dieser Weise versichern will, muß seine milde Hand auftun. Aber in unserer Zeit, in welcher sich die Gegensätze zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer mehr zuspitzen, sollte man bei Geschäftsjubiläen oder sonstigen Jubelfesten die Grün düng einer solchen Versicherung erwägen. Die auf solche Weise vom Geschäft Versicherten müssen auch der Reichsversicherung angehören, soweit ihr jährliches Einkommen nicht über 2000 M. beträgt. t.