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APIER-VERARBEITUNG BÜCH GE WERBE Berliner Typographische Gesellschaft Geschäftsstelle: Berliner Buchgewerbe-Saal, Friedrichstraße 231 (n—2 Uhr). Vorsitzender: G. Könitzer, W 57, Dennewitzstraße 19. Kassierer: C. Rinck, Schöneberg, Bahnstraße 43, link. Aufgang III. Schriftführer: E. Baumeister, Gneisenaustraße 16 Die verehrl. Mitglieder werden zu der am Dienstag, 8. Mai 1906, abends 1/29 Uhr, stattfindenden Sitzung ganz ergebenst eingeladen. Tages-Ordnung: 1. Geschäftliches. Eingänge. 2. Aufnahme neuer Mitglieder. 3. Vortrag des Herrn Georg Erler: »Quellen der Bildung«. 4. Besprechung über einen am Himmelfahrtstage zu unter nehmenden Ausflug. 5. Technische Fragen und Neuerungen. Ausgestellt sind: Fachschul - Skizzen, Farbendrucke, ältere und neue Akzidenzen. Die geehrten Mitglieder finden Gelegenheit, in der Sitzung Beiträge zu entrichten. Der Vorstand Berliner Buchgewerbesaal Wegen anderweiter Benutzung bleibt der Saal vom 7. bis 11. Mai 1906 für das Publikum geschlossen. Lohnbewegung im Steindruck-Gewerbe Vergl. Nr. 35 S. 1450 Nach Verständigung mit dem Schutzverband Deutscher Steindruckerei-Besitzer wurde in sämtlichen für unser Gewerbe maßgebenden Betrieben von Braunschweig und Bremen den Litho graphen- und Steindrucker- Gehilfen gekündigt. Das Gleiche geschah in der größten Steindruckerei Kiels. Diese für die Arbeitnehmer ganz überraschend kommenden Maßnahmen haben auf ihre Führer ersichtlichen Eindruck ge macht. Denn zu kündigen oder selbst unter Kontraktbruch die Arbeit niederzulegen, das hatten unsere Gehilfen bisher als ihr ausschließliches gutes Recht angesehen. Nun aber ist das Er staunen bei ihnen groß, daß sich die Prinzipalität nach jahre langem vergeblichem Bemühen um die Schaffung eines Tarifs endlich aufrafft zu gemeinsamem, entschlossenem Handeln. Gar zu lange waren wir Arbeitgeber infolge unserer Un einigkeit und dadurch, daß wir trotz der schweren Zeitläufe einander nicht unbedingt kollegiale Rückendeckung gaben, Amboß für unsere Gehilfen. Das soll nun anders werden. Dazu wird der Schutzverband Deutscher Steindruckereibesitzer, Sitz in Berlin, verhelfen, der am Sonntag, 29. April, in Leipzig tagte, seine Satzungen genehmigte und die Vorstands-Wahlen usw. vollzog, um nunmehr ernstlich ans Werk zu gehen, die Rechte der Steindruckereibesitzer zu wahren und den übermütigen Forderungen der Gehilfenschaft energisch entgegenzutreten. Es handelt sich jetzt nicht mehr um gewerbliche Fragen ■oder Ziele, sondern einzig und allein darum, ob wir Unternehmer Herren und Leiter unserer Betriebe sind oder nicht. Das nun der Gehilfensohaft auf gut deutsch klar zu machen, soll unser eifrigstes Bemühen sein. Und dazu bedürfen wir der Unter stützung aller einsichtigen Kollegen. Heute noch mag in diesem ■oder jenem Betriebe alles ruhig sein, doch morgen schon kann auf Geheiß des Senefelder-Bundes das »Feuerchen« entfacht werden, um nach rein taktischen aber zielbewußten Erwägungen selbst die besten Lohn- und Arbeitsbedingungen als ungenügend zu bezeichnen und den Streik bei einer einzelnen Firma oder in ganzen Druck-Plätzen anzuordnen. Wie die Gehilfenschaft in vorbildlicher Disziplin aufs Wort ihren Führern Order pariert, so müssen jetzt die Steindruckerei besitzer einmütig und tatkräftig zusammenstehen. Denn die Zeit zum Handeln ist gekommen. X. * * * Der Schutzverband Deutscher Steindruckerei-Besitzer tagte am Sonntag, 29. April, im Buchgewerbehause in Leipzig. Die Ver handlungen nahmen fast den ganzen Tag in Anspruch und wurden geheim geführt. Zur Beratung stand die Taktik hin sichtlich Abwehr der Uebergriffe der Arbeiterschaft. In allen Punkten herrschte Uebereinstimmung. Die Prinzipale haben zur Einigung mit der Gehilfenschaft die Hand geboten, indem sie an der Schaffung eines Tarifes für das Steindruckgewerbe mitarbeiten wollten. Da sich aber durch schroffe Forderungen der Gehilfenvertreter die angebahnten Verhandlungen zerschlagen haben, sind nunmehr die Prinzipale gegen einen Tarif. Der Schutzverband ist ein Gegengewicht der Organisation der Gehilfenschaft (Senefelder-Bund). Er ist überaus festgefügt. (Vergl. Nr. 28 S. 1165.) Hoffentlich werden die Besonnenen unter den Führern der Gehilfenschaft richtige Schlüsse aus der ver änderten Sachlage ziehen. Fast möchte es aber scheinen, als hätte die Lust zu neuen Lohnkämpfen nicht abgenommen. Darauf läßt z. B. die Arbeitsniederlegung bei F. A. Brockhaus schließen (vergl. Nr. 35 S. 1461). Und doch hatte sich die Leitung der genannten Firma freiwillig zu einer Lohnzulage verstanden. Y. *** Von Heilbronn wird über einen Ausstand der Lithographen und Steindrucker wegen Nichtbewilligung ihrer Forderungen be richtet. —s— Abziehbilder Verbot der Verwendung von Bleiweiß bei ihrer Herstellung Vergl. Nr. 2 S. 48 und Nr. 23 S. 963 Im Juni 1905 hatten die Nürnberger Abziehbilderfabrikanten in einer Eingabe an das Ministerium um Rücknahme der Ent schließung vom 23. Mai 1905 (abgedruckt im Amtsblatt vom 2. Juni) gebeten, in welcher darauf hingewiesen war, daß »zur Herstellung von Abziehbildern, welche zum Verkauf bestimmt sind«, nach § 4 des Gesetzes vom 5. Juli 1887, bleihaltige Farben nicht verwendet werden dürfen. (Wie diese Entschließung ent stand, ist in Nr. 2 S. 48 dargestellt.) In der Eingabe der Abziehbilderfabrikanten war zur Recht fertigung des Gesuches um Rücknahme der erwähnten Ent schließung ausgeführt, daß zur Herstellung von Abziehbildern nur solche Farben verwendet würden, welche mit Firnis ver bunden seien und daher beim Trocknen glashart würden, sodaß eine Lösung des darin enthaltenen Bleies — die Bedingung ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung — beim Belecken der Bilder ausgeschlossen erscheine. Ferner war darauf hingewiesen, daß nach § 5 des Gesetzes vom 5. Juli 1887 zur Herstellung von Buch- und Steindruck auf Spielwaren usw. nur solche Farben nicht verwendet werden dürfen, welche Arsen enthalten. End lich hatten die Antragsteller sich darauf berufen, daß Abzieh bilder seit 75 Jahren mit den gleichen Farben hergestellt würden, — seit 25 Jahren im größten Maßstabe fabrikmäßig —, und daß bisher nichts davon bemerkt worden sei, daß sich infolge ihrer Verwendung gesundheitliche Schädigungen ergeben hätten.] Diese Eingabe war von der Handels- und Gewerbekammer für Mittelfranken unterstützt worden. Jetzt ist hierauf der Bescheid ergangen, daß das Staats ministerium sich nicht in der Lage sehe, die Entschließung vom 23. Mai zurückzunehmen. Die angestellten Untersuchungen hätten ergeben, daß zur Herstellung der Abziehbilder als weiße Deckfarbe Bleiweiß, welches mit Druckfirnis angemacht sei, verwendet werde. Aus diesem Grunde seien die Abziehbilder nach einem Gutachten des Obermedizinalausschusses als gesund heitsschädlich, ihre Verwendung nach § 4 des Gesetzes vom 5. Juli 1887 als verboten und strafbar anzusehen. In dem Gut achten des Obermedizinalausschusses, welches der Entschließung beigefügt ist, wird ausgeführt, daß zur Klarstellung der Sach lage umfassende Ermittelungen vorgenommen, die kgl. Unter suchungsanstalten zu Erlangen, Würzburg, München und das Bayerische Gewerbemuseum zu Gutachten aufgefordert und von dem Referenten des Ausschusses selbst Versuche angestellt worden seien. Hierbei habe sich ergeben, daß die große Mehr zahl der Abziehbilder mit Bleiweiß gedeckt sei, und daß diese Deckfarbe durch den menschlichen Speichel und den Magensaft gelöst werde, wenn Kinder dieselben in den Mund nähmen. Die Abziehbilder seien daher als gesundheitsgefährlich anzu sehen. Bei dieser Sachlage sei es Pflicht der Regierung, die