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2090 PAPIER-ZEITUNG Nr. 50 hin durchzuführen. Da es sich um sehr bedeutungsvolle Fragen handelt, so empfiehlt er, die letzte Entscheidung über die Beschlüsse der Kommission nicht dem Vorstand, sondern der Generalversammlung vorzubehalten. Er streift die Bestrebungen des Rheinisch-Westfälischen Papierhändler- Vereins, den Fabrikanten vorzuschreiben, daß sie an Waren häuser und Verbraucher nicht liefern sollen. Von allen diesen Bestrebungen zöge derjenige Fabrikant den größten Vorteil, der am bekanntesten sei. Redner bemerkt, daß ihn das Reichsgerichtsurteil überrascht habe, daß man aber darauf gefaßt sein müsse, daß das Reichsgericht nicht immer gleich entscheide, er könne sich sehr wohl denken, daß in der gleichen Materie je nach den begleitenden Neben umständen vom obersten Gerichtshof sich schroff gegen über stehende Urteile gefällt würden. Redner empfiehlt, der Wichtigkeit der Sache angemessen, die Zahl der Kom missionsmitglieder nicht auf 9, sondern auf 15 festzusetzen. Herr Schaal erinnert an seine in der Berliner Haupt versammlung gemachte Anregung, möglichst viele Schreib waren mit einer Marke zu versehen. Der Umstand, daß jetzt schon im Schreibwarenfach verhältnismäßig mehr der art bezeichnete Waren vorhanden sind als in anderen Handelszweigen, sei eine der Ursachen, weshalb der Schreib warenhandel im großen und ganzen gesund sei, und Zu sammenbrüche von Schreibwarenfirmen zu den Seltenheiten gehören. Der Antrag, möglichst viel markierte Waren mit Preisen zu versehen, sei sehr zu empfehlen. Dadurch werde der Unsicherheit im Flandel, welche darin liegt, daß man eine Ware unter Preis verkauft und bei einer anderen Ge legenheit diesen Ausfall durch Ueberteuerung ausgleicht, ein Riegel vorgeschoben. Er empfiehlt die Anträge des Vorstandes. Herr Kommerzienrat Soennecken tritt gleichfalls für die Anträge des Vorstandes ein. Er habe schon seit 1875 feste Ladenpreise für seine Waren vorgeschrieben und damit nur gute Erfahrungen gemacht. Dadurch werde die für jedes Geschäft günstige Klarheit und Offenheit im Handel ge fördert. Beim Kauf solcher Waren habe jeder Kunde das Bewußtsein, daß er nicht überteuert wurde. Der deutsche Schreibwarenhandel kann darin noch Fortschritte machen, daß sich die Fachgenossen gegenseitig nicht aufessen. Wenn heute ein Händler eine Ware, die 1 M. bringen soll, für 70 oder 80 Pf. verkauft, so macht ihm das der Nachbar sofort nach und niemand hat einen Nutzen. Diese Schleuderei schädigt auch die Fabrikation. Mancher Fabrikant von Ruf macht allerdings die Preisschleuderei nicht mit, aber andere liefern mit der Zeit weniger gute Ware und schädigen dadurch das Gewerbe. Die deutsche Industrie ist heute hoch angesehen und hat dies nicht durch billige Preise sondern durch Zuverlässigkeit der Ware er zielt. Der Handel soll gute und schön ausgestattete Ware bevorzugen, er kann dafür auch bessere Preise nehmen. Deutschland besitzt ein zahlungsfähiges, gebildetes und an spruchsvolles Publikum, welches sich sein Haus mit hübschen Gegenständen füllen will. Der Handel muß diesem Be streben entgegenkommen. Dem Redner mache der Verkehr mit den Händlern seit jeher soviel Freude, daß er jeden Händler als seinen Freund betrachte. Die Beziehungen des Händlers zum Fabrikanten sollen nicht nur auf Rechnung beruhen, aber dem Fabrikanten vorzuschreiben, er dürfe nicht an den und den liefern, mit solchen Bestrebungen kommen die Händler nicht durch. Solche Vorschriften läßt sich Redner nicht machen. Man weiß seit 30 Jahren, daß er an niemanden unter Preis verkaufe. Er schreibe bei Lieferung an Warenhäuser immer vor, daß diese zum richtigen Preis verkaufen und setze für Zuwiderhandlungen Konventionalstrafe fest. Würden die Fabrikanten an Waren häuser nicht liefern, so würden diese auf Umwegen von Händlern kaufen und erst recht schleudern. Herr Dr. Schwanhäußer schließt sich den Ausführungen des Herrn Biermer an und deutet die Schwierigkeiten an, welche das Anbringen von Preisen unter Umständen mit sich brächte. Es sei insbesondere für neue Händler schwer, ins Geschäft zu kommen, ohne billiger zu liefern. Ebenso gehe es den neuen Fabrikanten. Es sei dem Anfänger sehr schwer, lediglich durch bessere Ware sich zu behaupten, weil die bestehenden, kapitalkräftigeren, alt eingeführten Geschäfte leistungsfähiger seien als die Neulinge. Das Be zeichnen mit dem Preis sei auch kein Allheilmittel. Der Preis könne nicht auf allen Markenartikeln angebracht werden. Die größeren Verbraucher erhalten auch die be- preiste Ware um den Rabatt billiger. Durch die auf der Ware angebrachten Preise würde der Händler gezwungen, dem Willen des Fabrikanten entsprechend zu verkaufen, und vielen Händlern sei solcher Zwang unangenehm. Der Händler sei nicht nur ein Verteilungsorgan der Groß industrie, sondern habe das Recht, selbst zu bestimmen, was er für seine Ware haben will. Durch das Festlegen der Preise könne auch der Fortschritt gehemmt werden, der dadurch hervorgerufen wird, daß die Industrie infolge der Konkurrenz bestrebt ist, stets billiger und dabei doch zweckentsprechend zu liefern. Es sei zweifelhaft, ob das Reichsgerichtsurteil auch für Schreibwaren mit festem Ver kaufspreis ähnlich ausgefallen wäre wie für die Reklam- Bücher. Herr Wuzel spricht in ähnlichem Sinne. Herr Görisch: Der Antrag will die Warenhäuser zwingen, gewisse Waren, deren Verkaufspreis jeder kennt, zu diesem Preis zu verkaufen, damit das Publikum nicht glaube, die Warenhäuser seien in allem billiger. Die Schreibwaren händler wissen, was sie wollen. Redner bittet Ver schleppungsanträge abzulehnen und rasch an die Arbeit zu gehen. Herr van den Bergh ersucht die Mitglieder, die Ver handlungen des Rheinisch-Westfälischen Papierhändler-Ver eins nicht in die Beratungen des Deutschen Papier-Vereins hineinzuziehen. Kommerzienrat Soennecken hebt den Unterschied zwischen der theoretischen National-Oekonomie und den Bedürfnissen des praktischen Lebens hervor. Wir können die Sorge für die Allgemeinheit der Regierung überlassen und müssen in erster Linie für uns selbst sorgen. Nach kurzen Erklärungen der Herren Wolff, Biermer und van den Bergh wird der Antrag Biermer (Ausschuß von 15 Mitgliedern und Entscheidung durch die nächste Haupt versammlung) mit großer Mehrheit abgelehnt und der An trag des Vorstandes (Ausschuß von 9 Mitgliedern mit Zu wahlrecht und Entscheidung durch den Vorstand) an genommen. In den 9 gliedrigen Ausschuß wurden gewählt: die Fabrikanten-Mitglieder Herren Soennecken, Riefen stahl und Hennis, die Großhändler-Mitglieder Herren Thelen und Görisch, die Kleinhändler-Mitglieder Herren van den Bergh, Schaal, Schuster und Wetzstein. d 2. Ausdehnung des mit dem Papier-Verein Berlin und Provinz Brandenburg getroffenen Abkommens der Gesell schaft Zürich (Haftpflicht) auf den Deutschen Papier-Verein. Herr Kuhn: Die Gesellschaft gewährt Ermäßigung jedem Mitglied und überweist dem Zweigverein, welchem das versicherte Mitglied angehört, sowie dem Hauptverein, bare Prozente. Der Antrag wird ohne Widerspruch einstimmig an genommen. Schluß folgt. Internationale Ausstellung für Ansichtspostkarten in Bordeaux Vom 24. Juni bis 15. Juli findet in Bordeaux, Place des Quinconces, eine internationale Ausstellung für Ansichtspost karten, Photographien, Lithographien, Photolithogravüren usw. statt. An der Ausstellung kann jeder Gewerbetreibende, Fabri kant, Fachmann, Händler, Amateur und Sammler von Ansichts postkarten teilnehmen. Karten mit zu freien oder die gute Sitte verletzenden Bildern sind von der Ausstellung ausgeschlossen. Um die Tätigkeit der Jury zu erleichtern, sollen auf 1 qm nicht mehr als 30 Karten im Format 9X12 oder 12 Panoramen im Format 9X24 oder 20 Karten im Format 13X18 oder 10 Karten im Format 24X30 ausgestellt werden. Für die besten Aus stellungsobjekte sind zahlreiche Anerkennungen, Medaillen und Diplome vorgesehen. (Nach einem Berichte des Kais. Konsulats in Bordeaux) Die Sammelwut führte in Tokio zu einem Tumult, als eine Serie von Ansichtspostkarten zur Erinnerung an den Krieg in den Postanstalten zur Ausgabe gelangte. Lange vor Oeffnung der Postgebäude standen dichte Menschenmassen vor diesen, und sobald die Türen geöffnet wurden, wurde der Zudrang so groß, daß die Polizei keine Ordnung mehr halten konnte. Die Leute kletterten selbst auf das Dach des Hauptpostgebäudes und drangen durch die Dachfenster ein. Ein Teil des Daches brach ein. Schließlich mußte der Platz von dem Militär mit auf- gepfanztem Bajonett gesäubert werden, da die Leute, die nicht in das Gebäude gelangen konnten, aus Unwillen darüber ein Steinbombardement eröffneten. (Voss. Ztg.)