Volltext Seite (XML)
PÄsnißerIa-ebZatt Mittwoch, den 1» JnN 1SS» Beilage zu Ne 138 81 Jahrgang Bericht über die öffsnti Sitzung des Schnlausfchuffes am 8. Juli 1S2S, abend» S Uhr Sitzungsleiler Herr stellvertretender Bürgermeister Beyer. An wesend 9 Mitglieder des Ausschusses. I. Kenntnisnahmen Kenntnis nimmt man: s) Von einem Dankschreiben der Hin terbliebenen des verstorbenen Herrn Oberlehrer Gräfe, d) Bon je einer kurzen Beurlaubung der Herren Lehrer Schwandt und Hantsche, c) Davon, daß die Schulamtsanwärterin Annemarie Möckel ab 1. April 1929 als Aushilfslehrerin in Pulsnitz und Pulsnitz M. S. ernannt worden ist. ck) Von einer Mitteilung des Herrn Bezirksschulrat, wonach Herr Lehrer Weidhaas mit Wirkung vom 1. April 1929 zum ständigen Lehrer ernannt worden ist. e) Von einer Mitteilung des Bezirksschulamtcs, betr. Genehmigung der diesjährig.-n Ferienregelung, kj Vom Inhalt einer Verordnung des Volksbildungsministeriums betr. Herabsetzung der Mitgliederzahlen der Schulausschüsse. (Der hiesige Schulausschuß überschreitet die Maße nicht) e) Vom Inhalt einer Mitteilung des Sächsischen Landesverbandes zur Förderung des Bild- und Filmwesens, d) Vom Eingang des Geschäftsberichtes des Gemeindeversicherungsvsr« bandcs. l) Davon, daß mit Wirkung vom 1. April 1929 eine wissen schaftliche Lehrerstelle eingezogen wird und daß neu bewilligt worden sind 13 wissenschaftliche Einzelstunden zur Klass-nbildung. k) Daß die Einführung der beantragten Lehrbücher als Lernmittel (Beschluß der letzten Schulausschußsitzung) vom Ministerium noch nicht genehmigt worden ist. Von Herrn Schulleiter Ulbricht wird vorgeschlagen, den Antrag bis 1. Dezember 1929 zu erneuern. Dem wird stattgegeben, l) Ter Bericht des Schularztes lag noch nicht vor. Man nimmt hier von mit Verwunderung Kenntnis. Der Bericht soll eingefordcrt werden. H. Beratungen und Beschlußfassungen 1. Die von den Herren Kickelhahn und Nitsche geprüfte Schul« kasscnrechnung von 1927 wird auf deren Vorschlag den städtischen Kol legien zur Richtig sprechung und Entlastung des Kassenwarts empfohlen. 2. Als Prüfer der Schulkassenrechnung 1928 werden die Herren Schurig und Röthig gewählt. 3. Beschlossen wird, den städtischen Kollegien vorzuschlagen, den bis 1. November 1929 bei der Magdeburger Feuerversicherung laufen den Versicherungsvertrag nicht mehr zu erneuern, sondern das Schul inventar beim Gemeindeversicherungsverband zu versichern. 4. Ausbcsserungsarbeiten in der Schule. Herr Schulleiter Ulbricht berichtet über die von dem hiersür besonders eingesetzten Aus schuß für erforderlich gehaltenen Ausbesserungsarbeiten. Aus Antrag des Herrn Stadtverordnctenvorsteher Zimmermann wird beschlossen, die Ausbesserung der Zimmer 93, 94 und 95 zurückzustellen, die übrigen Arbeiten jedoch während der großen Ferien vornehmen zu lassen. Unter der Voraussetzung, daß die haushaltplanmäßtg vorgesehenen Mittel dazu noch ausreichen, sollen die oben genannten Zimmer während der Herbst ferien vorgerichtet werden. 5. Klingelanlage. Herr Schulleiter Ulbricht berichtet über die Beschaffenheit der Klingel« und Uhranlage. Zwei Kostenanschläge über Neuerstellung derselben sind eingegangen. Bon Herrn Schulleiter Ulbricht wird vorgeschlagen, den Rat zu ersuchm, die Vergebung des Auftrages so vorzunehmen, daß die Anlage während der großen Ferien durchgeführt werden kann. Vorher sollen sich noch einige dazu bestimmte Schulausschußmitglieder nach Besichtigung an Ort und Stelle und nach Rücksprache mit den Ueberlandkraftwerken gutachtlich äußern. 6. Unter Bewilligung der Mittel wird die Anschaffung einer längeren Leiter genehmigt. III. Anfrage« und Anträge Herr Schulleiter Ulbricht berichtet über die Durchführung der Milchabgabe an die Kinder in der Schule. Weiter wird von ihm aus die Ausbefferungsnolwendigkeit des Schulhofes hingewiesen. Schluß der Sitzung >/,8 Uhr. Der Mißtrauensanirag gegen das Kabinett abgelehni. Sächsischer Landtag. (6. Sitzung.) 66. Dresden, 9. Juli. Auf der Tagesordnung des Sächsischen Landtags stand zunächst die Aussprache über die Regierungserklärung in Ver bindung mit dem kommunistischen Mißtrauens antrag gegen das Kabinett Bünger. Den Reigen der Redner eröffnet Abg. Büchel (Soz.): Von einer Regierung von Fachministern könne man nicht reden; weder Dr. Bünger als Kultusminister noch Minister Weber als Finanzminister könnten als Fachminister ange sprochen werden. Von Herrn von Mücke habe die Sozial demokratie erst heute wieder einen Brief erhalten, in dem der Vorschlag gemacht werdes mit den Nationalsozialisten ein politisches Geschäft zu machen und, falls heute die Regierung Bünger gestürzt werde, mit den Nationalsozialisten eine Koalition einzngehen (Hört! Hört!). Seine Partei lehne die Große Koalition nicht grund sätzlich ab; für sie sei aber eine jede Koalition nur Mittel zu dem Zweck, die Interessen der Arbeiter zu vertreten. Finanzminister Weber weist die Behauptung des Vor redners, er, der Finanzminipcr, verstehe es sehr gut, aus den Mitteln des Staates und Volkes den Säckel seiner eigenen Partei zu füllen, als eine Ungeheuerlichkeit auf das entschie denste zurück. Abg. Nenner (Komm.) bezeichnet die Wahl Dr. Büngers als gesetzwidrig. Es sei möglich, daß die Allsozialisten, die bisher in der Oppo sition standen, heute nach den abgegebenen Schreckschüssen einer drohenden Laudtagsauslösung einlenkten und gegen den Mißtrauensantrag stimmen würden. Abg. Dr. Blüher (D. Vp.) mcutt, es werde wahrscheinlich nicht zn umgehen sein, daß die Regierung Bünger mit wechselnden Mehrheiten werde arbeiten müssen. Die Parte i- zersplitterung in den Parlamenten erschwere eben die Arbeit außerordentlich. Wenn der Abg. Böchcl gefragt habe, was die Regierung hinsichtlich der sozialen Forderungen der Sozial demokraten tun werde, so könne man überzeugt sein, daß die sächsische Regierung genau dasselbe tun werde wie die preußische und die R e i ch s r e g i c r u n g. Die politische Aufgabe, die uns bcvorstche, sei die Reform der Ncichsverfafsung. Abg. Dr. Wilhelm (Wirlschaftsparlci) tritt in der Haupt sache den Ausführungen des Vorre wrs bei. Seine Partei lasse dem Ministerpräsidcin > freie »and Abg. Dr. Eberle (Dtn.) wendet sich gegen die Ausführun gen des Abg. Böchel, der bei seinen Betrachtungen zu sehr au der Oberfläche geblieben sei. Die Wahrheit sei aber, daß die Demokratie eine Schlacht verloren habe, wenigstens das System, das man in Dentschland seit der Revolution Demokratie nenne. Seine Freunde begrüßten in der Regierungserklärung, daß die Regierung daraus Bedacht nehmen werde, daß Sachsen im Verhältnis zum Reich die Selbständigkeit behalte, die notwendig sei zum Schutze des Eigenlebens im sächsischen Volk und besonders in seiner Kultur und Wirtschaft. Der Weg zur Reichseinheit über die Stcuer- diktatur in Berlin sei ein Holzweg. Die Einheit könne nur kommen aus der Regierung, die jedem das Seine gebe. Abg. Schladebach (Sachs. Landvolk) erwartet von der Re gierung, daß sic der Landwirtschaft in ihrem schweren Existenzkampf jede mögliche Erleichterung und Unterstützung zuteil werde,! lasse. WEM Nsrnan non Llsbstk Vavoksv« 55. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Grunow hietz seine Schwiegermutter, die für einige Wochen sein East sein sollte, mit Liebenswürdigkeit will- lommen und Inge jubelte, daß es endlich soweit war und sie die Mutter jetzt bei sich hatte. Das Abendessen verlief in bester Stimmung. Inge hatte nur Augen und Ohren für die Mutter, der sie alles so bequem und angenehm wie möglich zu machen suchte, der sie so viel zu erzählen hatte. Dabei entging ihr das sonderbare Wesen, die erzwungene, fast über laute Heiterkeit ihres Mannes. Doch Frau Helmbrecht, die stets genau beobachtete, entging sie nicht — Angst und Sorge befiel sie. „Dein Mann überarbeitet sich wohl — er sieht an- gegrifsen aus" sagte sie zu Inge, als diese sie abends in das Fremdenstübchen zur Nachtruhe geführt hatte. „Ach. Mutth hast du das auch schon gesehen?" fragte sie betroffen. „Du glaubst nicht, wie ich mich ängstige/ „Habt ihr keinen Arzt gefragt?" „Der meinte, Hans wäre, du auch richtig an nahmst, überarbeitet und nervös: im Sommer sollten wir eine Reise machen, dann würde wieder alles gut werden. Nun -- wird wohl allein reisen müssen, denn - ich — ich komme zu euch nach Misdroy, ich —" Sie stockte und verbarg plötzlich ihr erglühendes Ge sicht an der Mutter Brust. Mutter und Tochter saßen noch eine Weile zusam men, ehe sie sich für die Nacht trennten. Ihre Sorge um Hans vergaßen beide über das, was die Zukunft ihnen Erfreuliches zeigte. Die Operativst war, soweit der Professor bis jetzt ermessen konnte, geglückt. Mit der Binde über den Augen, im ganz dunklen Zimmer der Klinik, lag Helmbrecht ergebungsvoll still. Mit seliger Hoffnung im Herzen ertrug er es, wochen lang tatenlos im dunklen Zimmer zuzubringen und für die ersten Tage selbst die liebe Stimme seiner Frau entbehren zu müssen. Vier Wochen so still zu liegen, war wohl eine harte Geduldsprobe, aber wie verschwin dend zn den furchtbaren Jahren, die er in tiefster Nacht verbracht hatte! Eines Abends saßen Inge und ihre Mutter plau dernd im Wohnzimmer, als Grunow hastig eintrat. Er war zum Ausgehen gekleidet. In seinen bleichen Zügen lag eine innere Unruhe ausgeprägt. „Ich muß einen nötigen Gang machen — erwartet mich zum Abendbrot nicht zurück." Er trat zu seiner Schwiegermutter, der er die Hand ützte und darauf zu Inge an die andere Seite des Ti- ches. Er legte seinen Arm um ihre Schultern, zog sie ast stürmisch an sich und preßte seine Livpen auf die ihren. „Hans — willst du mich erdrücken?" Sie lächle und suchte sich zw befreien, er aber hielt sie fest. „Inge, mein Lieb — lebe wohl." „Du nimmst einen Abschied, als wenn du minde stens über das Meer gingest," scherzte Frau Helmbrecht. Ein seltsam schrilles Lachen antwortete ihr. „Lebt wohl — adieu." Noch ein langer Blick auf Inge — ein kurzes Zö gern an der Tür und hinaus war er. „Hans hat manchmal so sonderbare Einfülle," sagte Inge. „Ia —" gab Frau Helmbrecht zu, „er scheint in der Tat außerordentlich nervös zu sein. Gottlob, daß sein Benehmen dir gegenüber nicht darunter zu leiden hat. Er ist eigentlich immer zärtlich und gut zu dir und war es jedenfalls stets, nicht wahr, Kind?" Inge errötete und sah zu Boden. „Du hast recht, Mutti — besonders in der ersten Zeit unserer Ehe und jetzt in der letzten." Abg. Dr. Dehne (Dem.) erklär!, für seine Partei stehe die Gültigkeit der Wahl Büngers fest. Äbg. Kunz (Nat.-Soz.) meint, seine Partei werde darauf sehen, daß das Kabinett die Interessen des Volkes wahre. Abg. Mack (Volksrechtspartei! verliest eine Erklärung, in der es heißt: Durch das Kabinett Bünger versuch! die Deutsche Volkspartei als Vertreterin des Großkapitals die Macht an sich zu reißen. Das gesamte Bürgertum Hal sic mißachtet und die Vertreter der Sparer, Rentner und der erwerbstätigen Schichten von der Wahrnehmung der Staatsgeschäfte auszu schalten versucht. Mit der Beha. Ning, daß die Regierung eine Regierung hervorragender Fachmänner sei, wird die Be völkerung über die wahre Bedeutung der Regierung getäuscht. Wir stimmen nicht für das Mißtrauensvotum, sondern wer den uns der Stimme enthalten. Nach der Aussprache wird über den kommunistischen Mitz- traucnsantrag abgestimmt. Für den Antrag wurden 44 Stim men der Kommunisten und Sozialisten abgegeben, gegen den Antrag wurden 41 Stimmen der bürgerlichen Parteien ge zählt. Der Stimme enthielten sich die Demokraten, Bolks- rechtler und Altsozialisten. Damit ist der kommunistische M-ß- trauensantrng abgelehnt. Nach der Abstimmung leert sich das Haus. Eine ganze Reihe von Etatskapiteln wird nach den Anträgen der Aus schüsse erledigt. Die nächste Sitzung findet Mittwoch nach mittags 1 Uhr statt. Den Vater erwürgt. Nach dem Polizeibericht hat der 21 Jahre alte Arbeiter Karl R. inMeißen im Verlaufe eines Streits seinen Vater, den 52 Jahre alten Bauarbeiter Paul R., erwür g t. Der betrunken nach Hause gekommene Vater hatte zunächst mit seiner Ehefrau einen Streit begonnen und dann, als sich der Sohn einmischte, nach einem Schuh- machermefser gegriffen. Der Täter gibt an, in der Not wehr gehandelt zu Haven. Fernsprechverkehr im Jahre 1928 (Nach Mitteilungen der Oberpostdirektion Dresden) Name der Verkehrsanstalt Zahl der Zahl der Haupt fNebcn* Anschlüsse Stand31.12.28 Orts gespräche Bezirks. 8°spr. Fernge. spräche Postämter größeren Umfangs Bautzen 1 833 S80 253 935 140 543 1592 I 929 Bischofswerda . . . 335 278 — 1(1416 456 171 Kamenz 439 488 — 98 048 489 243 Löbau 566 808 200 950 37 361 669 378 Neugersdorf .... 1 210 732 239 770 4b 757 I 202 474 Pulsnitz 370 557 — 74 880 456 159 Zittau 2 363 284 349 887 122178 1880 902 Postämter mittleren Umfangs Großröhrsdorf . . . 295 756 58234 354 182 Großschönau .... 239 51 l 109407 16 413 356 158 Herrnhut . . . . . 84 046 55 816 4 664 208 56 Königsbrück .... 140 987 — 51 482 206 SO Neukirch (Laus.) . . . 139 492 33 808 23 583 233 31 Ncusalza Spremberg . 171 128 93 258 16167 332 112 Ostritz 135 379 53 838 5 482 237 68 Reichenau 163 231 65 96ö 8 748 225 62 *) Nur posteigene (ohne private Nebenanschlüsse) „And in der Zwischenzeit nicht?" „Ach, die Sorge um das Geld verstimmte ihn da manchmal. Glücklicherweise ist die Zeit überstanden." „Du meinst also, er hätte alle seine Schulden ge regelt? — Das wäre in der Tat ein Glück. Die Fabrik wäre auch außer Stande gewesen, sie zu schaffen. Es mußte viel Rohmaterial an Eisen und anderen Metallen angeschafft werden." „Und wann meinst du, daß die neue Maschine Ge winn bringen wird?" „In einem Jahr gewiß, meint Mr. Williams. Schon jetzt sind verschiedene Bestellungen eingelaufen." „Hat — hat Mister Williams einen Anteil an dem Gewinn?" „Natürlich — warum fragst du das, Kind?" „Weil — nun weil er da den Verlust der Zinsen sei nes Kapitals leichter wird verschmerzen können." „Was heißt das? Ich verstehe dich nicht." Sie wurde ganz blaß. „Ich meine die Summe, die er Hans lieb und die er ohne jede Zinsberechnung zurückhaben wollte." „Welche Summe? Wovon sprichst du. Inge? Mi ster Williams hat deinem Gatten doch nicht etwa jene Summe geliehen, die —" „Die der Vater ihm nicht geben konnte — ja, Mutti," fiel Inge ein. „Aber davon wußten wir ja garnichts." „Er wird nicht darüber gesprochen haben, Mutti." „Und — — hat Williams sein Geld zurück?" „Hans versicherte es mir. Dann wird es wohl w sein, und da er jetzt auch nie in Geldverlegenheit ist."" Gegenteil immer einen Uebcrschuß davon zu haben scheint, glaube ich es auch." Inge seufzte leise und Frau Helmbrccht lenkte oas Gespräch schnell auf ein anderes Thema. Sie von dem Gatten, von dem Glück, das sie bei bem Eie- danken, er werde sein Augenlicht wieder erlangen, errume.