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Musterschutz Aus Norddeutschland Welchen Weg habe ich einzuschlagen, um eine nach meinem Entwurf angefertigte Ansichtskarte gesetzlich schützen zu lassen? Ist es von Bedeutung, dass seit Ausgabe der Karte einige Wochen vergangen sind? Wie hoch etwa belaufen sich hierfür die Kosten? Müssen die Worte »Gesetzlich geschützt« hierbei der Karte anfge- druckt sein, oder ist dies nicht nöthig? B. Sie können die Karte auf Grund des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen (Geschmacks muster-Gesetz), schützen lassen. Nach § 7 dieses Gesetzes muss die Anmeldung und Niederlegung des Musters bei der mit der Führung des Musterregisters betrauten Behörde (Amts gericht) erfolgen, bevor ein danach gefertigtes Erzeugniss ver breitet wird. Die Kosten betragen für jedes Muster während der ersten drei Jahre je 1 M., bei Verlängerung des Schutzes erhöht sich die jährliche Gebühr. Die Worte »Gesetzlich geschützt« aufzudrucken, ist nicht vorgeschrieben. Man sollte diese Worte überhaupt nicht benutzen, da sie die Art des Schutzes (ob Patent, Gebrauchs- oder Geschmacksmuster-Schutz) nicht erkennen lassen und oft zur Irreführung der Käufer missbraucht werden. Zweckmässig ist es, aufzudrucken: Ein getragen ins Muster-Register; dann können Nachahmer sich nicht dahin ausreden, sie hätten von dem Schutz keine Kenntniss gehabt. * * * Aus Westdeutschland In unserem Verlag ist im Jahre 1894 ein »Hochzeits-Album« er schienen, welches in der Gebrauchsmusterschutz-Rolle unter Nr. 21657 eingetragen ist. Der Gedanke, welcher diesem Werk zu Grunde liegt, und die ganze Anlage desselben ist aus dem mitfolgenden Prospekt deutlich zu ersehen. Nun zeigt ein Wiener Verlag im Buchhändler- Börsenblatt das soeben erschienene Werk »Hochzeits Chronik« an und giebt dazu beigefügte Erklärung. Vergleich dieser Angaben mit Inhalt und Anlage unseres »Hochzeits-Albums« genügt, um fest zustellen, dass es sich bei dem Wiener Werk um eine Nachahmung handelt Kann der Vertrieb des Wiener Werkes auf Grund unseres Gebrauchsmusterschutzes kurzer Hand verboten werden? Auf welch kürzestem Wege könnten wir unser zweifellos zu Tage liegendes Recht wahren? Q. Vergleich des Q. sehen Prospektes mit dem des Wiener Verlagswerkes ergiebt, dass letzteres in Plan und Anlage mit ersterem übereinstimmt. Besteht der Q. sehe Gebrauchsmuster schutz zu Recht, so kann Q. auf Grund der §§ 9—12 des Ge setzes zum Schutz der Gebrauchsmuster vom 1. Juni 1891 dem Wiener Verlage den Vertrieb der »Hochzeits - Chronik« in Deutschland verbieten. Erstere Bedingung ist erfüllt, wenn der Gebrauchsmusterschutz vor Ablauf der dreijährigen Giltig keitsdauer in 1897 auf weitere drei Jahre verlängert wurde, und wenn das »Hochzeits-Album« zur Zeit der Anmeldung im Sinne des § 1 desselben Gesetzes neu war, d. h. dem Gebrauchs zweck durch eine neue Gestaltung oder Anordnung diente. Auch in diesem Falle könnte von jedem Nachahmer der Ein wand gemacht werden, dass das »Hochzeits-Album« kein Ge brauchsgegenstand im Sinne des erwähnten Gesetzes sei. Wir verweisen diesbezüglich auf die unter »Patentschutz von Ver lagswerken« in Nr. 33 Seite 1176, Jahrgang 1897 der Papier- Zeitung mitgetheilten Gerichtsentscheidungen. Diese letzte Frage wird jedoch für jeden Fall besonders erwogen, und es ist möglich, dass die Schutzfähigkeit dem »Hochzeits-Album« zugesprochen wird. Um sein Recht zu wahren, thut Q. am besten, wenn er der Wiener Firma in eingeschriebenem Brief das Bestehen seines Gebrauchsmusterschutzes mittheilt und ihr Ankündigung sowie Vertrieb der »Hochzeits - Chronik« in Deutschland verbietet. Erfährt Q., dass das Werk von der Firma trotzdem nach Deutschland versandt wird, so verschaffe er sich davon Be weise, indem er z. B. einen Dritten beauftragt, das Buch von der Wiener Firma zu bestellen. Unter Beifügung des etwa erhaltenen Buches sowie anderer Belege (Frachtbrief, Rech nung od. dgl.) melde er auf Grund der §§ 9 und 10 des ge nannten Gesetzes bei dem Gericht des Ortes, wohin das Buch gesandt wurde, Antrag auf Strafverfolgung und Entschädigung an. Uebersteigt letztere den Betrag von 300 M., so ist nicht das Amtsgericht, sondern die Zivilkammer des Landgerichts zuständig. Vor Einleitung gerichtlicher Schritte empfiehlt sich genaues Studium des Buches »Die Gesetze zum Schutz des gewerblichen Eigenthums« von Paul Schmid, Berlin, Carl Hey manns Verlag, 1897. # * * . Seit vielen Jahren arbeite ich Artikel in der Art wie einliegendes Muster I, vielseitig in Grösse, Zeichnung und Dekoration. Ein neuer Mitbewerber ist nun nicht so vernünftig gewesen, eigene Muster zu erdenken, sondern hat ungefähr 10—12 von den meinigen so genau nachgemacht, dass eine Unterscheidung der Zeichnung kaum möglich ist, wie Sie im Vergleich zu dem beigefügten Muster II ersehen wollen. Ich habe meine Muster nicht schützen lassen, und deshalb kann das Gesetz des Musterschutzes keine Anwendung finden. Ich frage daher an, ob vielleicht das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb oder ein anderes mich vor diesem Diebstahl schützen kann? V. Das Urheberrecht an Mustern fraglicher Art wird nur dann geschützt, wenn man dieselben in die Musterrolle des Amts gerichtes eintragen lässt. Nicht eingetragene Muster darf Jedermann frei nachbilden. Diebstahl liegt nur dann vor, wenn die Vorbilder nicht auf gesetzmässigem Wege in den Besitz des Nachahmers gelangten, sondern entwendet wurden, und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb lässt sich in ähnlichen Fällen nur dann anwenden, wenn der Nachahmer Angestellte seines Mitbewerbers zum Verrath von Geschäftsgeheimnissen, Ausfolgung von Mustern oder dergl. verleitet hat. Auch ge schützte Muster werden nach Ablauf der stets zeitlich be schränkten Schutzfrist der Nachahmung freigegeben. Mehrlieferung von Drucksachen Die mit Z. gezeichnete Anfrage in Nummer 44 giebt ein schla gendes Bild der Zerfahrenheit und Haltlosigkeit in der Chromo-Litho graphie, d. h. Kunststeindruckerei. Während die Buchdrucker Deutschlands genau wissen was sie wollen, und in der strammen Organisation der Buchdruckereibesitzer einen festen Halt geschaffen haben, um jede derartige sachliche Frage einheitlich zu ordnen und entsprechende Lieferungsbedingungen fest zustellen, weiss keiner der vielen tausend Steindruckereibesitzer wohin er sich wenden soll, wenn solche verlustbringenden Streitigkeiten vor fallen. Auch die deutschen Papier-Fabrikanten haben sich, wie all gemein bekannt ist, seit Jahr und Tag geeinigt, nach den von ihrem Verein aufgestellten Lieferungsbedingungen zu verkaufen. In den Buchdruckereien ist es allerdings Handelsbrauch, dass bei sämmtlichen Druckarbeiten, welche fast stets nur in einer Farbe ge druckt sind, die entstehenden Ueberschüsse ohne weitere Berechnung mitgeliefert werden. Dagegen werden aber auch z. B. bei einer Lieferung von 10000 Kuverts die sich beim Druck ergebenden etwa 30—50 oder mehr Ausschuss-Kuverts nicht weiter beachtet und trotz dem dem Besteller rund 10000 Kuverts in Rechnung gestellt. Ganz anders liegt der Fall bei chromolithographischen und sonstigen Steindruckarbeiten. Wir haben in unserer langjährigen Thätigkeit noch niemals Anstand gehabt wegen der bei grösseren Auflagen sich er- gebenden Druck-Ueberschüsse von etwa 5 bis lOpCt. des Gesammt- Auftrags. Hat aber einmal ein Besteller sich dagegen gesträubt, so genügte allein der Hinweis, dass wir event. gezwungen gewesen wären, ihm bei dem schwierigen Druck-Verfahren vielleicht 5 oder 10 pCt. weniger als bestellt zu liefern. Denn ein Nachdruck etwa fehlender Mengen ist doch in unserem Fache ausgeschlossen. Im vorliegenden Falle ist der Besteller selbstverständlich ver pflichtet, wenn er die Bezahlung des Ueberschusses verweigert, den selben zurückzugeben. Aber damit ist uns nicht gedient, sondern wir müssen danach streben, ebenfalls wie unsere andern Kollegen des Papierfaches einen festen Handelsbrauch aufzustellen und maassgebende, fachmännische Gutachten für Gerichtsentscheidungen rechtzeitig zur Hand zu haben. Das zu erreichen ist aber nur möglich in einer geschlossenen Vereinigung. Hat schon die Streikbewegung in der Steindruckerei im Jahre 1896 die überaus klägliche Zerrissenheit der Arbeitgeber gezeigt, so wollen wir hier nur ein weiteres Beispiel anführen, um mit Ernst und Nachdruck darauf hinzuweisen, dass endlich Wandel geschaffen werden muss. Giebt es nicht thatsächlich hervorragende Kunstanstalten, welche sich durch die Sucht nach Aufträgen herbeilassen, die nach ihren eigenen Ideen von Künstlern entworfenen und angefertigten Gra vuren und sonstige Lithographien nach Fertigstellung des Auftrags mit den bezüglichen Steinen auszuliefern? Und zu welchem Zweck? Damit irgend ein Hinz oder Kunz weitere Druckauflagen dann zu erbärmlichsten Preisen liefern kann, stellt der Auftraggeber diese geradezu unziemliche Bedingung. Ist das nicht entwürdigend für unsern ganzen Stand, das geistige Eigenthum so zu verhökern? Oeffnet das nicht dem Preisdrücken Thor und Thür? Fördert das nicht die Schleuderkonkurrenz in einer Weise, dass dadurch die gesammte Steindruckerei schwer geschädigt wird ? Und so giebt es hundert wichtige Dinge in unserm Beruf, welche einer einheitlichen Reglung allerdringendst bedürfen. Unsere französischen Kollegen haben sich ihre eigene, für alle Fachfragen maassgebende Behörde selbst geschaffen, die bei Rechts streiten dem Richter mit sachgemässer Beurtheilung zur Seite steht und ihm oft zur Grundlage seines Urtheils verhilft. Möchten sich doch die Arbeitgeber der lithographischen Anstalten Deutschlands dazu aufraffen und zum Schutze ihrer Arbeiten ihre gemeinsamen Interessen wahrnehmen. Die Vereinigung der Arbeit geber wird und muss in der einen oder andern Weise kommen.