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Nr. 49 PAPIER-ZEITUNG Bereits Anfang 1897 sind die Preussischen. Eisenbahndirektionen - ermächtigt worden, für die Ausfuhr von Holzstoff und Holzzellstoff nach ausserdeutschen Ländern Ausnahme-Frachtsätze auf Grundlage von 22 Pf. per Tonnen-Kilometer einzuführen, und dieser stark ermässigte 2 Pf.-Satz ist, da wo ein Bedürfniss dafür vorlag, am 1. April 1897 für die Preussischen Staatsbahnen in den verschiedenen Gruppen- Wechseltarifen zur Einführung gelangt. Uns interessirt hier zunächst die Gruppe 6 (Direktionen Cassel, Frankfurt a. Main, Mainz), welche für den Verkehr mit Köln, St. Johann, Saarbrücken nach Holland und Belgien, sowie im Verkehr mit der Schweiz und den schweizerischen Uebergangsstationen diesen 2 Pf.- Satz seit 15. Januar d. J. ins Leben gerufen haben. Jetzt soll dieser selbe Ausfuhrsatz in Kraft treten nach Stationen der französischen Bahnen über Elsass-Lothringen. Die jetzige Fracht beträgt pro 10000 kg Zellstoff von Rheindürk heim nach Avricourt 79 M., die geplante neue 57 M.; von Rheindürk- heim nach Altmünsterol jetzt 105 M., die geplante neue 74 M. Dabei sind die etwaigen Ermässigungen auf den französischen Strecken nicht inbegriffen. Die Sache macht also, wie ersichtlich, viel Geld aus! Es erscheint denn auch unbedingt geboten, dass fernerhin solche wichtigen Tarifvergünstigungen seitens' des Vereins-Vorstandes so zeitig als nur thunlich zur Kenntnissder Vereinsmitglieder gebracht werden — was hiermit beantragt sein soll, — Es kann sonst vor kommen, dass die eine oder andere in Frage kommende Versandstation aus Versehen nicht in den Ausnahmetarif mit einbezogen wird. So ist es jetzt unserer Gesellschaft ergangen; in obigem neuesten Ausfuhrtarife ist nur Holzstoff und Holzzellstoft namentlich aufgeführt und'Strohzellstoff ist übergangen worden. Wir lassen uns das natür lich nicht gefallen und haben sofort reklamirt — Bescheid steht noch aus. — Zur Vermeidung von Wiederholungen ähnlicher Vorfälle be antragen wir nunmehr: Der Verein der Zellstoff-Fabrikanten wolle eine Eingabe richten an die Direktionen der Preussischen, Sächsischen, Baye rischen, Württembergischen, Badischen und Reichs-Eisenbahnen und beantragen, da s ein für alle Mal daran festgehalten wird, dass Strohzellstoff stets genau, wie Holzzellstoff rangirt! Im Inlande ist dies ja der Fall, in den internationalen Verkehren aber nicht. Wir wissen zur Stunde nicht, ob für die Ausfuhr nach allen russischen Uebergangsstationon nach Oesterreich und Rumänien für die deutschen Strecken der obige neue Ausfuhrtarif von 2 Pf. pro Tonnen-Kilometer schon in Geltung ist — soweit ersichtlich, schwanken die Sätze zwischen 2,2 bis 2,7 Pf. —, andernfalls wären dieserhalb die nöthigen Schritte seitens des Vereins zu thun. Ebenso muss angestrebt werden, dass dieser neue Ausfuhrtarif für die überseeische Ausfuhr im Verkehr mit allen kontinentalen See häfen ohne Verzug ins Leben tritt, da wo er noch nicht eingeführt ist. Vereinigte Strohstoff-Vabriken in Coswig, Sachsen Vorsitzender: Der Vorstand hat seit der Anregung des Herrn Schacht im vorigen Jahre . in allen Eingaben über Tarif-An gelegenheiten ausdrücklich äusser Holzzellstoff auch Strohzell stoff aufgeführt, die Verfügung über Export-Tarife sei aber noch vor dieser Zeit erfolgt. Dr. Müller: Der Vorstand kann nicht jede Tarif-Maassregel zur Kenntniss der Mitglieder bringen, da er dieselben auch nur aus den Fachblättern erfährt. Er empfehle die Annahme des Antrages Schacht. Der Vorstand werde eine entsprechende Eingabe verfassen. Ferenczi-. Die Papier-Zeitung ist bemüht, den Lesern alle wichtigen neuen Frachtsätze mitzutheilen, diese erscheinen aber nicht alle im Reichsanzeiger, werden vielfach nur den be- theiligten Handelskammern mitgretheilt. Sutter: Die Zellstoff-Fabrikanten sollten ihre Handelskammern veranlassen, sie von jeder einschlägigen Tarif-Maassregel un gesäumt in Kenntniss zu setzen. Der Antrag Schacht wird angenommen. 6 a. Trocltencylinder-Explosion in der Papierfabrik von 0. Harlan in Heidenau. Schon zu Beginn der Versammlung hatte der Vorsitzende mitgetheilt, dass Herr Erich Harlan-Heidenau in folge eines in seiner Fabrik vorgekommenen schweren Unfalls verhindert sei, der Versammlung beizuwohnen. (Der Bericht der Fabrik über diesen Unfall ist in Nr. 46 abgedruckt. D. Red.) Auf Antrag des Vorsitzenden wurde an ihn folgendes Tele gramm abgeschickt: Die in Strassburg versammelten 32 Mitglieder des Vereins Deutscher Zellstoff-Fabrikanten hörten mit lebhafter Theil- nähme von dem Unfall in Ihrer Fabrik, bedauern lebhaft Ihre hierdurch veranlasste Abhaltung und übersenden herzlichen kollegialischen Gruss. Dessauer. Steinbock: Ich kann auf Grund eigener Beobachtung über diesen Unfall berichten, der jedem Papier- und Zellstoff-Fabri kanten zu denken giebt. Freitag, am 3. Juni, mittags 1/22 Uhr, explodirte in Heidenau ein Trockeneylinder von 11/ m Durch messer und 21/2 m Breita. Es war der letzte Trockencylinder einer der beiden in einem Saal stehenden gleich grossen Papier 99 maschinen. Alle Trockencylinder jeder-Maschine werden durch je eine gemeinsame Rohrleitung mit direktem,' überhitztem Dampf gespeist, dessen Druck mittels eines Reduzirventils von 8 Atm. — der im Dampfkessel herrschenden Spannung — auf 2 Atm. herabgemindert wurde. In das Leitungsrohr des Nieder druck-Dampfes wären ein Sicherheitsventil sowie ein Manometer eingeschaltet. Ausserdem hatte jeder Gylinder sein Manometer, und nach bisherigen Beobachtungen herrschte in jedem derselbe Druck. Der ; explodirte Gy linder war drei Tage vorher-an- geheizt worden, man liess ihn einlaufen, führte aber das Papier nur seit einer Stunde darüber. Geliefert war er von Hemmer, er wurde vor Absendung mit : kaltem Druck auf 4 1/2 Atm. ge prüft, aber nach Aufstellung keiner neuen Probe unterworfen, was auch nicht vorgeschrieben ist. Sein Mantel war 23 mm dick. Die vom Gewerbe-Inspektor und anderen Fachleuten sofort nach dem Unfall vorgenommene Prüfung ergab, dass Material und Arbeit des Cylinders vorzüglich waren und nicht als Ursache des Unfalls betrachtet werden können. Auch Reduzirventil, Manometer, Sicherheitsventil waren in Ordnung. Die Folgen der Explosion waren furchtbar. Beide Böden wurden herausgerissen und der Mantel in zahllose kleine Stücke zersplittert. Längsschneider, Roll-Apparat, Satinirwerk, Feueht- presse sind zertrümmert, das ganze Gestell der Maschine ge brochen. Die gegenüberstehende Maschine wurde durch die umhergeschleuderten Trümmer stark beschädigt. -Die Deoke des Saales besteht aus flachen Gewölben sauf Trägern;; die von Säulen gestützt werden. Alle Gewölbe sind eingerissen. Die 21/2 Stein starke Umfassungsmauer wurde an mehreren Stellen durchlöchert. Ein 400 kg schwerer Cylinderboden flog auf die Strasse und riss dort einem Mann den Unterkiefer weg. Der andere Boden flog in den grossen Kalandersaal durch das. mit dickem Glas gedeckte Oberlicht - Dach und zertrümmerte 210 Glasscheiben im Gewicht von 2500 kg. Ein Maschinen gehilfe wurde getödtet, mehrere Arbeiter ernst verwundet. In einem Nebensaal wurde durch den Luftdruck das ganze Dach hochgehoben und seitlich verschoben,, wobei eine eiserne Säule aus dem Zement-Fussboden gerissen wurde. Dr. Gottstein: Ich werde durch die Schilderung des Herrn Steinbock in der Ansicht bestärkt, dass, wenn auch- der Cy- linder auf dem Transport oder während der ■Aufstellung einen Riss erhalten haben mag, doch nur der überhitzte Dampf Schuld daran sein kann, dass die Explosion solche Verheerungen verursachte. Ueberhitzter Dampf, behalte auch nach Vermin derung des Druckes viel höhere Temperatur als gesättigter Dampf von gleicher Spannung. Tritt nun solcher überhitzter Dampf mit grösseren Mengen heissen Kondenswassers zu sammen — was ja in Trocken-Cylindern häufig vorkommt —, so verwandelt sich infolge des Wasser-Ueberschusses das ganze Wasser so rasch in Dampf, dass im Cylinder unberechenbar hoher Druck entsteht, dem auch der stärkst gebaute. nicht widersteht. Kommerzienrath Dr. Glemm warnt ebenfalls vor Heizung der Cylinder mit überhitztem Dampf, dessen gefährliche Eigen schaften viel zu wenig bekannt sind. Vorsitzender dankt Herrn Steinbock für seine Mittheilungen und Herrn Dr. Gottstein für die augenscheinlich zutreffende Erklärung der Unfall-Ursache. 6 b. Bei Besprechung der Geschäftslage wurde allseitig be stätigt, dass die Nachfrage für Zellstoff unverändert anhält, und dass sich auch im Ausland wieder mehr Begehr für detschen Zellstoff zeigt, da die Vereinigten Staaten zur Zeit mehr Zell stoff verbrauchen als erzeugen. Die Preise konnten sich in folgedessen auf derselben Höhe halten wie im Vorjahre. Da Holz, Kohlen und Löhne beständig steigen, werde das Erträg- niss immer geringer, und deshalb seien Vergrösserungen oder Neuanlagen nicht anzurathen. Nachdem noch mehrere Fragen über in der Fachpresse erwähnte Neuerungen aufgeworfen und von Eingeweihten rück haltlos beantwortet wurden, schloss Vorsitzender die Sitzung. Ueber den höchst genuss- und lehrreichen Ausflug nach der Cellulosefabrik des Herrn Ludwig Trick in Kehl sowie übet die Tags darauf unternommene Fahrt in die Vogesen werden wir besonders berichten. Zink-Tapete Ist Ihnen eine jüngst in Deutschland gemachte Erfindung im Tapetenfache, die Zink-Tapete, bekannt, die in englischen Fachschriften unter der Bezeichnung »Zinc Wall Paper« aufgeführt wird .’ Falls es Zink-Tapete giebt, bitten wir um freundliche Mit- theilung darüber. D. Red. -