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1028 PAPIER-ZEITUNG Nr. 28 nachzuweisen, wie die neue Formenwelt aufkeimt, mehr und mehr zur Entfaltung kommt und selbstbewusst aufblüht. Dieses Fortschreiten ist umso belehrender, als die Entwürfe fast alle in der eigenen Werkstätte hergestellt wurden, also zugleich den Wandel der künstlerischen Anschauung verfolgen lassen. Die deutsche Buchbinderei machte »Museum«. In der Ornamentik macht sich hier indessen schon ein Streben nach eigenthümlicher Formengestaltung geltend. Die Einzelformen erinnern zwar alle an ähnliche Formen der historischen Stilarten, allein Behandlung, Linienführung und Anordnung lassen doch bereits ahnen, dass der entwerfende Künstler bestrebt war, das Ueber- Bild 2 Andere Buchdecken färbe, ähnlich den gebeizten Lederschnitten, die runden Kreise Gold- und Silberbronze sowie Bild 8 fünf Farben darstellt. Verstärkt wird die Wirkung durch Relief prägung, die ähnlich ausgeführt ist wie an Relief-Chromobildern. zeigt Bild 5. Die Hauptwirkung wird hier erzielt' durch das farbige Wappen, das sich links oben in der Ecke befindet und ein kleines Meisterstück des buchbinderischen Farbendrucks in nommene mit eigenem Geiste zu durch weben. Die Ausführung dieser Decke geschah schlicht in Gold-, Schwarz- und Blinddruck auf resedagrün art linen. Je näher man in der Durchsicht der Buchdecken der genannten Actien- gesellsehaft der Gegenwart rückt, desto mehr verschwinden die breiten, alt deutschen Rahmenformen, desto mehr löst eich die feste Gliederung in freies Ornament auf. Schon einige der älteren Decken künden eine Loslösung von den Renaissance-Rahmen an, so Buch decke 4. »Vom Land Tirol.« Hier ist der Ornamentrahmen durch eine schmale, anspruchslose Einfassung in Golddruck ersetzt, die eben durch ihre bescheidene Zurückhaltung sehr vor nehm wirkt, dabei zugleich das Be streben verräth, den Buchtitel zur vollen Geltung kommen zu lassen. Letzterer ist als Haupttheil betrachtet, dabei aber in zart wirkendem Farben druck ausgeführt. Er steht in grau blauer Färbung auf der dunkelgrünen Decke, oben eingefasst von einem Rechteck, aus dessen schraffirtem Goldgrund die graublaue Schrift wirk sam vortritt. Die Pflanzenverzierung, die nach unten den Titel als Schluss vignette abschliesst, ist gleichfalls grau blau gedruckt, mit Umrissen aus Gold linien. der Eekfüllungen sind mit Bronzepunkten gefüllt, aus denen die vier Kronen braun seit den siebziger Jahren eine Wieder holung des Renaissance- und Rokoko stils durch, bevor sie zum selbständigen Hervorbringen selbständiger Formen gelangte. Vom Renaissancestil haftete ihr die breite, festgegliederte Rahmen form an, die besonders bei Kunst-Ein bänden in Lederschnitt sehr oft an getroffen wird und die Kunstbuch binderei noch heut stark beeinflusst. Diese Rabmenform findet man, aller dings selten, auch noch bei älteren Buchdecken der Leipziger Buch- binderei-Actiengesellschaft, z.B. in dem nachgeahmten Klosterband »Meister Grützner«, Bild 1. Dieser Band ist als Nachbildung der altdeutschen Ein bände in Flachrelief auf braunem Leder gepresst und mit zwei Binderiemen versehen, ähnlich wie das im Mittelalter üblich war. Wir haben hier die mehr gegliederte Rahmenform mit Borden- und Planfüllung vor uns. Die Buchdecke 2, Bismarck-Denk mal, ist gleichfalls in Rahmenform an gelegt, allein die Ornamentik ist freier, mit neuzeitigen Gedanken durchtränkt, dazu belebt durch meisterhafte Prägung und trefflichen Farbendruck. Die Ge- sammtwirkung der Decke ist gewaltig, kraftvoll; in ihrer ehernen Wucht ent spricht sie dem Inhalt, der dem eisernen aus derselben Zeit sind ohne jede Rahmenform, ganz als freies Ornament behandelt, mitunter nur mit Ziertitel versehen. Eine recht hübsche Decke dieser Art Kanzler gewidmet ist. Sprechender, schöner, inniger können Buchdecke und Inhalt kaum geistig verknüpft sein, als dies hier durch die Formensprache, der Deckenverzierung geschehen ist. Die Decke stellt die Nach ahmung eines Lederschnittes dar, der innere Plan macht den Eindruck einer Bronzetafel mit hoehgearbeiteter, blauer und rother Emailschrift. Der äussere Rahmen zeigt tiefbraune Leder liervortreten. Das füllende Pflanzenornament des Rahmens besteht aus Eichen-und Lorbeer- reisern, die sieh innig durch schlingen und lederschnittartig aus dem punzirten Grund hoch geprägt sind. Das viereckige Mittelfeld ist bronzirt und mit einer blauen Ornamentfüllung überdruckt, in welcher Eichen blätter mit der deutschen Kaiser krone und dem Reichsadler ab wechseln, eine vielsagende Hin deutung auf den Buchinhalt, den auch der Rahmen trefflich symbolisirt. Aus dem Bronze grund erhebt sich in ungemein hoher Prägung die Schrift, deren Versalien roth gedruckt sind, während die kleinen Buchstaben blaue Färbung zeigen. Der Farbendruck steht, trotz der hohen Prägung, rein und saftig, lu technischer Hinsicht ist die Decke ein Meisterstück der Hochprägung mit verbindendem Farben- und Bronzedruck, umso erstaunlicher, als die Prägung auf Kaliko ausgeführt ist. Aehnliche Rahmenordnung wie Decke 1 zeigt auch Decke 3, Zu dem Wappen harmonirt vor züglich die Goldschrift, die ornamentalen Charakter zeigt. Fortsetzung folgt Jubelfeste. Am 22. v.M. beging die Buchdruckerei E. Heckendorff, Berlin, bisher Kommandanten strasse 15, die Feier ihres 25jährigen Bestehens und hielt gleichzeitig ihren Einzug in die neu erbauten Räume Wall strasse 17/18. Morgens wurde in den neuen Räumen dem Ge schäfts-Inhaber und -Gründer seitens des Personals ein Andenken in Silber sowie ein künstlerisch ausgeführtes Diplom überreicht. Hieran schloss sich ein gemüthliches Frühstück und abends ein Fest essen in Dräsel’s Festsaal, wo ran 150 Personen, Angestellte und Freunde des Inhabers, Theil nahmen. Die Feier endete erst gegen 7 Uhr früh. Die Buchdruckerei von Julius Reichel, Dresden-A., feierte am 1. April ihr 25 jähriges Geschäfts- J ubelfest.