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Geschäftliche Abrechnung Wir stehen mit einer hiesigen Firma seit einigen Jahren in Ge schäftsverbindung und haben mit derselben nicht unbedeutenden Umsatz gehabt. Abrechnung erfolgte stets sofort, leider aber nicht in der sonst üblichen Form mit genauer Aufstellung. Das Geld kam entweder mit mündlicher Bestellung durch den Lehrling oder Haus burschen, oder mit einem Zettelchen: »Anbei empfangen Sie . . . M., worüber wir uns Quittung erbitten«. Wir haben immer »u. V.« quittirt und zur Aufklärung von Differenzen stets Auszüge eingereicht. Wir haben schriftlich und mündlich um Prüfung und Aufklärung ge beten, leider aber bisher ohne den geringsten Erfolg, sodass wir heute noch Differenzen aus 1896 durch die Bücher zu schleppen ge- nöthigt sind. Um endlich Ordnung zu schaffen, haben wir am 11. d. M. nochmals einen Auszug vom 1. Januar 1895 bis 1. März 1898 ein gereicht und dabei geschrieben, dass wenn wir bis zum 20. März ohne Nachricht blieben, wir annehmen würden, dass die Firma mit uns einig wäre, und dass wir etwaige spätere Beschwerden nicht mehr anerkennen würden. Aber auch hierauf hat die Firma nichts von sich hören lassen, und wir sind nun entschlossen, die etwa 30 M. be tragenden Differenzen einzuklagen, wenn wir im Guten nicht zum Ziel gelangen können. Ehe wir jedoch hierzu schreiten, möchten wir erst Ihren sach verständigen Rath hören, besonders darüber, ob die Firma jetzt, nachdem sie auch unseren letzten Brief und Auszug unberücksichtigt gelassen hat, auch gesetzlich nicht mehr berechtigt ist, irgend welche Einwände gegen unsere Aufstellung geltend zu machen. Wir glauben alles gethan zu haben, was billigerweise verlangt werden kann, und wüssten auch nicht, wie man sich sonst gegen so ein rücksichtsloses Geschäftsgebahren schützen könnte. M & N Ausstellungen an empfangenen Waaren müssen, wenn sie erkennbar sind, sofort nach Empfang dem Lieferanten mitgetheilt werden. Schon aus diesem handelsrechtlichen Grunde wären dieselben jetzt nicht mehr zulässig. Wenn das Schreiben vom 11. März 1898 eingeschrieben abgegangen, also nachweislich in die Hände der Firma gelangt ist und nicht beantwortet wurde, wird nichts anderes übrig bleiben als zu klagen, falls Fragesteller zu seinem Gelde kommen will. Ob zur Weigerung der Zahlung noch andere als die erwähnten Gründe vorliegen, lässt sich aus obiger Anfrage nicht entnehmen. Nachbildung von Bauwerken auf Postkarten Dessau, 21. April 1898 Der hiesige Künstlerverein hat Anfang dieses Jahres ein eigenes Haus erworben, welches derselbe zu einem »Künstlerheim« in origineller Weise hat umbauen lassen. Unter Anderm ist die Fassade des Hauses architektonisch und bildhauerisch von Mitgliedern des Vereins in eigenartiger und künstlerischer Weise verziert worden. Der Verein hat von dieser Fassade Ansichtspostkarten in Lithographie herstellen und zum Verkauf bringen lassen, und die Einnahme dafür fliesst in die Kasse des Vereins. Nun hat ein hiesiger Photograph das Haus photographisch auf genommen und ebenfalls Postkarten in Lichtdruck herstellen lassen, welche er für seine Rechnung verkauft. Ist derselbe hierzu be rechtigt, ohne vorher die Genehmigung des Künstlervereins oder des Architekten und Bildhauers eingeholt zu haben? Und kann dem selben der Verkauf der Postkarten im Wege der Klage mit Erfolg untersagt werden? § 3 des Reichsgesetzes vom 9. Januar 1876 betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste sagt, dass das Gesetz auf die »Baukunst« keine Anwendung findet. That- sächlich darf auch Jedermann die an öffentlichen Strassen stehenden Gebäude abbilden und vervielfältigen, ohne die Eigenthümer oder Urheber zu fragen. Sobald jedoch behufs der Aufnahme Privat-Eigenthum, z. B. das Innere eines Hauses, betreten werden muss, ist Erlaubniss erforderlich. Der Verkauf von Postkarten mit dem Bild des Künstlerheims kann demnach dem Photographen nicht verboten werden. Deutsch-chinesische Postkarten dürfen demnächst erwartet werden. Der Privat-Industrie ist es nach »Deutsche Verkehrs- Zeitung« gestattet worden, Postkarten, die zur Verwendung in den deutschen Schutzgebieten bestimmt sind, in der oberen Linie der rothen Einfassung der Adressen-Seite statt mit dem Worte »Deutschland« mit dem Namen des Schutzgebietes zu bedrucken. Die Karten der Privat-Industrie werden mithin nach ihrer Frankirung ihr Ursprungsgebiet zweimal, auf den Werthzeiehen und auf den Postkarten selbst, angeben. Sollen diese Postkarten in der Reichsdruckerei mit Freimarken-Stempel bedruckt werden, so wird hierfür die doppelte Abstempelungs gebühr, also 3 M. 50 Pf. für je 1000 Stück oder jedes an gefangene Tausend erhoben. Dasselbe gilt von Postkarten, welche bei den Postämtern in China und Konstantinopel ein geliefert werden. Die Mindestzahl von 20000 Stück kann auf verschiedene Schutzgebiete vertheilt werden. Schiffahrt in Nordschweden Hamas, 5. Mai 1898 Recht nachtheilig gestaltet sich die Witterung für die Schiffahrt. Während im vorigen Jahre die hiesigen Häfen Ende April eisfrei wurden, trat in diesem Jahre erst anfangs Mai Südwind ein, welcher das Eis in die offene See trieb. Daraufhin fuhren in zwei Tagen in den hiesigen Hafen 16 Frachtdampfer und ein Segelschiff ein, doch dauerte die Freude nur kurze Zeit. Gestern gegen Mittag trat Ostwind ein, heute Morgen wurden die Eisschollen infolge dieses Windes wieder in den Hafen zurück getrieben, und der Wasserspiegel ist mit Eisschollen bedeckt. Wenngleich diese losen Eisbrocken den ganzen Verkehr nicht aufheben, so erschweren sie doch die Ein- und Ausfahrt be sonders den Segelschiffen ganz bedeutend. Man wartet hier mit Schmerzen auf die Ausfuhr, d. h. auf die Schiffe zum Verladen. An der Harnäser Hafen-Seite harren auf dem Eisenbahnstrang des Kais über dreissig Waggon Sulfitstoff der Verladung auf den Dampfer, der noch nicht angekommen ist. Der Stoff scheint Erzeugniss der Gysinger Sulfitstofffabrik zu sein. X. Holzschliff und Holzschliff-Pappe in Sachsen Ilochsburg, 17. Januar 1898 Aus dem Bericht, den Herr Christian Braun in Rochsburg der Handels- und Gewerbekammer zu Chemnitz über das Ge schäftsjahr 1897 erstattete, führen wir Folgendes an: Das Jahr 1897 kann für die Holzschliff- und Holzschliff- Pappe-Industrie, abgesehen von den schweren Schäden, welche das in den letzten Tagen des Monats Juli und den ersten Tagen des August niedergegangene Hochwasser einer grossen Anzahl von Wasserwerksbesitzern zugefügt hat, als auskömm lich bezeichnet werden. Fast das ganze Jahr hindurch war volles Betriebswasser vorhanden, Holzschliff fand zu vorjährigen und sogar noch etwas erhöhten Preisen schlank Abnehmer. Durch Aufstellung mehrerer neuer Papiermaschinen und durch regen Geschäftsgang in den Papierfabriken hat sich der Verbrauch an Schliff so gehoben, dass trotz der durch gute Wasserstände vermehrten Holzschlifferzeugung keine Ueber- produktion eingetreten ist. Dagegen sind Pappen aller Art im Jahre 1897 im Preise weiter rückwärts gegangen und da angelangt, wo nur noch die bestgelegenen Fabriken einen kleinen Betriebsgewinn her auszuschlagen vermögen. Der österreichisch - ungarische, schwedisch-norwegische und finländische Wettbewerb werden immer drückender. Diese erheblich billiger erzeugenden Länder verdrängen uns vom Weltmarkt mehr und mehr, denn sie ver kaufen zu Preisen, die unter unseren Selbstkosten stehen. In neuerer Zeit dringt dieser Mitbewerb sogar in den Inlands markt ein. Er hat bereits in den/nicht allzu weit von den Flussläufen entfernt liegenden Märkten festen Fuss gefasst und verdrängt die inländischen Holz- und Lederpappen zusehends. Der geringe Eingangszoll von nur 1 M. für 100 kg weisse und braune Holzpappen (sogenannte Lederpappen) und die billige Wasserfracht setzen die ausländischen Fabriken in den Stand, ihre Pappen billiger herzuliefern, als wir sie erzeugen können. Schleifholz ist auch im Jahre 1897 im Preise weiter gestiegen. Für den Augenblick scheint Stillstand eingetreten zu sein, die Preise sind da angelangt, wo die Holzschleifer und Pappenfabrikanten nicht höher gehen können. Die sogenannten grauen und Buchbinderpappen sind im Preise noch weiter zurückgegangen, sodass, obwohl auch der Rohstoff — Papierabfälle — eine Kleinigkeit billiger geworden ist, die Lage der Graupappenfabriken sich schwierig gestaltet, umsomehr, als auch zu billigsten Preisen vollständiger Absatz meist nicht zu finden ist. Ich selbst erzeuge weissen und braunen Holzschliff für eigenen Bedarf, hier sowohl als in meiner Kolditzer Fabrik, und verarbeite denselben zu Papier, Karton und zu Holz- und Lederpappen. Ein grosser Theil meiner Erzeugnisse geht ins Ausland, und zwar nach England, Spanien, Portugal, Holland, Zentral- und Südamerika, China, Japan und Australien, doch fühle ich dort den nordischen Mitbewerb sehr schwer, indem ich von den Lagersorten, welche in Mengen vorräthig gearbeitet werden können, durch erheblich billigere Preise verdrängt und auf Extrasorten angewiesen bin. Es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, dass ich in absehbarer Zeit auch in diesen Sorten verdrängt sein werde. Was ich von mir sage, gilt nicht nur für die sächsische, sondern für die gesammte deutsche Holzschliff-, Pappen- und Papier-Industrie. Die Aussichten für die sächsische Papier-, Holz- und Leder- pappen-Industrie in Bezug auf Ausfuhrlieferungen haben sich