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1270 PAPIER-ZEITUNG Nr. 34 Fabrik-Unfälle in Württemberg 1897 Laut Jahresbericht der Fabrik-Aufsichtsbeamten hätte der grössere Theil der Unfälle bei einiger Aufmerksamkeit der Ver letzten vermieden werden können; manchmal fiel die Schuld auf einen Mitarbeiter, welcher durch Nichtbeachtung der An wesenheit der Verunglückten beim Reinigen oder Verändern von Maschinen, beim Aufziehen und Ablassen von Lasten die Verletzungen veranlasst hat. In einzelnen Fällen ist auch mangelnde Beaufsichtigung seitens eines Vorarbeiters, Zuwider handeln gegen bekannte Vorschriften und Verhaltungsmaass- regeln, Ueberanstrengung des Verunglückten (z. B. beim Be fördern von Lasten) als Ursache des Unfalls zu betrachten, desgl. mangelhafte Einrichtung, z. B. alte, ausgelaufene oder schlecht im Stand gehaltene Maschinen, und hieran sind Arbeit- eber, welche sich wenig oder garnicht um den Stand ihrer etriebs-Einrichtung bekümmerten, nicht ganz schuldfrei. Erfreulicherweise wird beim Bau neuerer Maschinen auf Anbringen von zweckmässigen Schutzvorrichtungen fortwährend mehr Sorgfalt verwendet. Doch bleibt auf dem Felde der Un fallverhütung noch Vieles zu verbessern. Um bei Unfällen Möglichkeit der raschesten Hilfeleistung zu geben, hat die kgl. Generaldirektion der Posten und Tele graphen einen Unfallmeldedienst bei einer grösseren Anzahl von Telegraphenstationen eingeführt. Derselbe hat den Zweck, dem Publikum ohne Gebührenaufschlag bei Brand- und sonstigen Unfällen auch zu ausserordentlicher Zeit und besonders auch zur Nachtzeit Gelegenheit zu geben, ärztliche Hilfe herbei zurufen. In den meisten Orten dienen zum Fortschaffen von Verun glückten Tragbahren, welche auf jeder Polizeistation und jedem Krankenhaus zur Verfügung gehalten werden, in Stuttgart auch der Sanitätswagen. Das kgl. Hüttenwerk Wasseralfingen liess auf seiner Hütte drei Krankenstuben einrichten, in welchen Verletzten sofortige Unterkunft und auch die erste ärztliche Hilfe leistung in entsprechend gründlicher Weise zu Theil werden soll. Diese Krankenstuben sind äusserst reinlich gehalten, mit Bett, Tisch, Wasserleitung und reichlichem Verbandzeug aus gestattet. Einige Unfälle von Bedeutung oder von ungewöhnlichem Hergang mögen hier angeführt werden. Ein 37 Jahre alter Arbeiter brachte aus Unvorsichtigkeit an einer im Gang befindlichen Eisenhobelmaschine die rechte Hand zwischen den Support und das Arbeitsstück; es wurde ihm der Mittelhandknochen zertrümmert. Bei der nicht lebens gefährlich scheinenden Verwundung stellte sich Blutvergiftung ein, auf welche der Tod folgte. Aus nicht ermittelter Ursache stürzte ein Arbeiter von 18 Jahren bei Hantirung mit einem Bremsaufzug in den Raum zwischen Wand und Boden des Aufzugfahrstuhls, welcher ihm, den Kopf nach unten, den Körper einklemmte. Bis der Un glückliche aus dieser Lage befreit werden konnte, war er gestorben. Ein 25jähriger Arbeiter in einer Gipsfabrik fand den Tod beim Zurückprallen eines an der Kreissäge der Länge nach halb durehgesehnittenen Holzstücks, das ihm eine innerliche Unterleibsverletzung beibrachte. (Die Kreissäge hatte weder Spaltkeil noch Schutzhaube.) Bei dem zuletzt erwähnten Unfall wurde auf Veranlassung der Berufsgenossenschaft vom Staatsanwalt gerichtliche Unter suchung wegen fahrlässiger Tödtung gegen den Arbeitgeber eingeleitet, die zur Zeit noch schwebt. Beim Transport eines etwa 16 Zentner schweren Schwung rads verunglückte ein 19jähriger Arbeiter in einer Maschinen fabrik dadurch, dass das Rad, nachdem es von der Krahnkette, an welcher es in der Werkstätte befördert wurde, losgelöst war, infolge ungeschickter Handhabung der Aufhängeschlinge durch den Getödteten umfiel. Auch hier wurde der Werkführer der Maschinenfabrik wegen fahrlässiger Tödtung vor die Straf kammer gestellt, jedoch freigesprochen. In einer Maschinenfabrik verlor ein 16jähriger Arbeiter den linken Zeigefinger an einer Eisenfräsmaschine. Er hatte auf dem Spanntisch das Arbeitsstück schlecht aufgespannt, dasselbe drehte sich beim Angreifen des Werkzeugs und brach ihm den Finger, den er ganz unnöthigerweise in eine Spann nu the des Tisches gesteckt hatte. Ein 141/2 jähriger Silberarbeiterlehrling steckte Spasses halber seinen rechten Mittelfinger in die hohle Spindel einer im Gang befindlichen Schleifmaschine, wodurch ihm dieser ab gerissen wurde. Auf die Schleifsteinachse in einer Maschinenfabrik hatte sich ein Stück Bindfaden lose aufgewickelt. Ein 30jähriger Arbeiter wollte es entfernen und verwickelte dabei seinen rechten kleinen Finger, der ihm am Mittelgelenk abgerissen wurde. An einer in Gang befindlichen Eisenhobelmaschine wollte ein 37jähriger Arbeiter über den bewegten Tisch hinweg einen Stellstift erfassen und gerieth mit seinem linken Arm zwischen den Support und das Arbeitsstück, wodurch ihm der Arm ab gedrückt wurde. Beim Abwerfen eines Riemens mit unbewaffneter Hand wurden einem 30jährigen Schmied die linke Hand und der linke Arm schwer verletzt. Siebzehn Verletzungen an Kreissägen und an Holzabricht maschinen kamen zur Anzeige, welche sich bei richtiger Be nutzung der angebrachten Schutzvorrichtungen ohne Zweifel hätten vermeiden lassen. Es sind hierunter Unfälle aufgeführt, welche beim Hobeln von kurzen schmalen Arbeitsstücken vor kamen, die nicht oder nur unter Anwendung von Hilfsvorrich tungen bearbeitet werden sollten. Mehrere Augenverletzungen, durch abgesprungene Splitter von Werkzeugen oder von Arbeitsstücken oder durch Spritzen von flüssigem Metall wären bei Anwendung von Schutzbrillen vermieden worden. Zugegeben, dass die Schutzbrille bei vielen Hantirungen für die Arbeiter lästig ist, so steht dies doch nicht im Verhältniss zu der Grösse der Unfallgefahr, die durch Be nutzung von Schutzbrillen vermindert würde, und es kann den Arbeitern nicht genug empfohlen werden, sich der Brillen zu bedienen. Einem 57jährigen Arbeiter in einer Reparaturwerkstätte, der in liegender Stellung arbeitete, rutschte sein Schnitzmesser aus, wodurch er sich eine schwere Verletzung des Auges bei brachte. Im Allgemeinen sind ältere Arbeiter, vornehmlich bekannten Gefahren gegenüber, vorsichtiger als jüngere, welche, besonders in kleineren Betrieben, an manchmal sehr gefährlichen Maschinen unnöthigerweise und häufig dem strengen Verbot zuwider sich zu schaffen machen. Es wäre daher ein allgemeines Verbot der selbständigen Beschäftigung von jüngeren Leuten an ge wissen Arten von gefährlichen Maschinen zu empfehlen. Den Besitzern einer Papierfabrik, in welcher in den letzten Jahren an den alten Bremsaufzügen verschiedene Unfälle vor gekommen sind, wurde trotz der hohen Kosten die Auflage gemacht, die alten Fahrstühle abzuschaffen und durch neue mit den neuesten Sicherheitsvorrichtungen ausgestattete zu ersetzen. In einer Papierfabrik wollte der Holländerzuträger einen abgefallenen Antriebriemen des Aufzug Vorgeleges zusammen nähen. Statt hierzu den ausdrücklich dafür bestimmten Mit arbeiter, einen gelernten Sattler, herbeizurufen und die Trans mission vorschriftsmässig abzustellen, nahm er die Arbeit selbst vor, ohne vorher die Schürze abzulegen. Diese wurde von der Transmission erfasst und der Mann mit solcher Wucht gegen einen Balken geschlagen, dass ihm der Schädel zertrümmert wurde. Eine Arbeiterin wollte ihrer Gehilfin den Umlauf des Zahn getriebes der Rollmaschine erklären, zu welchem Zweck sie durch eine Oeffnung der durchbrochenen Schutzhaube den Mittelfinger der linken Hand direkt in das Triebwerk hinein steckte, wodurch ihr derselbe abgequetscht wurde. Tintenfässer io x io cm [97409 Nr 293 M 3-75 Beschläge pöl. Messing F. SOENNECKEN Berlin * BONN * Leipzig Viele Ausführungen — Preisbuch kostenfrei Verhindern zu tiefes eintauchen 8 Soennecken’s D. R.-Patent C. L. Lasch & Co. Maschinenfabrik Leipzig-Reudnitz [91968 bauen als langjährige Specialität: Drahtheftmaschinen jeder Art, Ösen maschinen, Tiegeldruckpressen, Per- forir- und Blecheckenheftmaschinen