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Adorker Wochenblatt. Mitt Heilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Neunter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Beziehung des Blattes durch Botengelegenheit: SU Ncugroschen. 45. Erscheint jeden Mittwoch. 6. Nov. 1844. Praris unseres constitutionellen Lebens. r (Fortsetzung.') ' Wie weit dies gehe und wie sehr man dabei von der Bahn vorausbestimmter Gesetzlichkeit abwciche, sei uns erlaubt, an zwei Beispielen zu beweisen, wel che neu und lokal und zum Beweise unseres Themas nicht ungeeignet sein dürften. Es versteht sich von selbst und der Vortrag wird es belegen, daß wir bei diesen Beispielen keinerlei Persönliches oder gar etwas Aufregendes im Auge haben. Wir sprechen hier als selbstständige, aber diskrete Männer von und für die inneren Zustände des Landes, zu dem wir gehören. Die Hausbesitzer zu Schöneck hatten das Recht, «us der König!. Waldung Bau- und Brennholz oh ne Entgelt zu bekommen. Diese Servitut brachte der Staat zur Ablösung und die berechtigten 141 Häuser erhielten als Absindungsquantum einen be stimmten Distrikt Waldgrund eigenthümlich. Dieser Wald wurde unter den 141 berechtigten Eigenthümern getheilt, so daß jeder drei Parzellen erhielt. Da nun h. 27. der Verfaffungsurkunde vorschrcibt, daß die Gebahrung mit dem Eigcnthume frei sei, so hätte man glauben sollen, die 141 Berechtigten müßten ihren Holzboden ohne irgend eine Beschränkung bekommen haben. Dem ist aber nicht so. Auf Vorschlag des Stadtraths ist nämlich von den Deputaten der Holz- berechtigten genehmigt und vpn der hohen Behörde bestätigt worden, daß Sein,-Hausbesitzer Holz aus sei nem eigenthümlichen Walde verkaufen dürfe, er habe denn dazu die ausdrückliche Erlaubniß des Stadt- rathes erbeten und erlangt.- .') Wir glaubten, den Aufsatz heute schließen zu kdunenz der Stoff wuchs uns aber unter den Händen. Wir gestehen gern, daß diese Maaßregel sehr gut gemeint und nur aus Fürsorge für das Wohl der Bürgerschaft cingesührt und genehmigt ist; dennoch aber halten wir dafür, daß es gegen unsere Verfas sung und namentlich gegen §. 27. derselben sei und geben dieser unserer Meinung folgende Gründe. Als die Verfassung den 27. Paragraphen in sich aufnahm, gieng sie von dem Grundsätze aus: zur Wohlfahrt des Staates, zur Vollständigkeit und Ein heit des neuzubildenden Volkslebens gehöre vor Allem freie Gebahrung mit dem Eigenthume im ganzen Lan de. Das wurde gesetzliches Princip unserer neuen Staatsöconomie. Daran kann eine Bürgerschaft, eine Gemeinde, sei sie groß oder klein, habe sie guten oder irrigen Zweck, unter allen Umständen nichts ändern, so wenig, als irgend eine Gemeinde an irgend einer anderen Bestimmung unserer Verfassung, z. B. am Wahlmodus in guter oder nicht guter Meinung ir gend etwas ändern kann. Schon das alte römische Recht sagt: publicum privatorum vouvoutiuuo mutari nvguit;^) und wir setzen hinzu und erinnern, daß unsere Verfassung beschworen sei. Was einmal beschworen ist, kann später nicht wieder anders ge macht werden. Darum gilt auch der Einwurf, daß es ja der eigene freie Wille der Bürger gewesen sei, welcher sich hier selbst beschränkt habe, kcincswegcs. Denn solche Beschränkungen sind eben, weil sie der allgemeinen Wohlfahrt nachtheilig sind oder sein kön nen, verboten und gegen ein solches Verbot gilt selbst der eigene und beste Wille nichts.") Haben wir aber Recht, wenn wir jene in Schöneck ') Privatleute unter sich können die Konstitution nicht än dern. ") Da« Sprüchwort: Eigenwille bricht Landrecht, wird oft mitverstanden. Was namentlich verboten ist, kann durch Ei genwillen nicht geändert werden.