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Adorker Wochenblatt. Mittheilnngen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Neunter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Beziehung des Blattes durch Botcngclegenheik: SO Neugroschen. 15. Erscheint gebe Mittwoche. 10. April 18-14. D c r Entwurf -er Strafprozessordnung des Großherzogthums Baden, m i l g e t h e l l t von Advokat Braun zu Plauen. (Fortsetzung und Beschluss.) Lcztere Bestimmung ist schon zeithcrigcs Recht in Baden, denn die nur Verdacht und Mißtrauen auf den Stand der Sachwalter werfende Regel des gemeinen Strafprozeßrechts, daß keine Besprechung des Ange- schuldigten mit seinem Vcrtheidiger ohne Beisein einer Gcrichtsperson statt finden solle, ist im Grosherzog- thum Baden bereits seit dem 13. Decbr. 1833 aufge hoben. (Selbst in Mecklenburg cxistirt dieser Gebrauch seit 1830 nicht mehr.) Die in Folge des Ausspruchs, daß der Angcschul- digtc in den Anklagestand zu versetzen sei, bei dem Hofgcricht cingckommenen Acten werden hier dem StaatSanwaltc zugcstcllt, welcher innerhalb 8 Ta gen die Anklageschrift zu übergeben Hal. Die Ankla geschrift muß enthalten: 1) eine Darstellung derjenigen Thatsachen, worauf die Anklage beruht, mit. allen erschwerenden oder mildernden und den, für die Slrafausmcssung er heblichen Umstanden; 2) die Anführung der so,wohl für den Thatbestand, als für die Schuld des Angeklagten vorliegenden Beweise; 3) die Bezeichnung des Verbrechens, sowie des Ge setzes, wornach es zu bestrasen ist, und 4) die Anträge des Staatsanwalts. Diese Anklageschrift wird dem Angeklagten mitge- thcilt, worauf das Hofgcricht die Tagfahrt zur Schluß verhandlung anbcraumt. Gegen den in der Tagefahrt Ausgcbliebcncn ist eine Strafe bis zu 100 st. oder bis zu 14 Tagen Gefängnis auszusprcchcn, das zwei te Mal ein Vorführungsbefehl zu erlassen, und bei nochmaligem Aussenbleibcn Arrest bis zum Tage der neuen Tagcfahrt zu verfügen, unter Verurtheilung des Ausgcbliebcnen in die Kosten der vereitelten Ta gefahrt. Davor schützt jedoch das Dasein triftiger Entschuldigungsgründe. Im 17. Titel giebt der Entwurf die Bestimmun gen über die Schlußverbandlung vor den Bezirks- Strafgerichten und vor den Hofgcrichten. Der Ausdruck: Schlußverhandlung scheint uns nicht glücklich gewählt. Abgesehen davon, daß er an die der peinlichen Gerichtsordnung Karls V. -4rt. 78. nachgebildetcn unvollkommenen') und ungnügenden Schlußverhörc der neueren Gesetzgebung einiger Staa ten erinnert, ist jener Ausdruck auch insofern nicht bezeichnend genug, als er eine Verhandlung betrifft, die zwar der Zeit nach dem Schlüsse der Untersuchung vorhergeht, aber immer die Hauptsache derselben ist, von deren Ergebnis der bevorstehende Rcchtsspruch abhängig ist (tz. 223.) Die für die Schlußverhandlung bestimmte Sitzung ist öffentlich in der Maase, daß erwachsenen Per sonen männlichen Geschlechts der freie Zutritt gestattet wird (tz. 206.) Doch kann das Gericht ge heime Sitzung anordnen, wenn cs ermißt, daß aus der Ocffentlichkcit der Verhandlung Acrgernis oder Derlezung der sittlichen Schicklichkeit entste hen würde, und wenn in besonder« Fällen der Staatsanwalt mit Ermächtigung des Ju stizministeriums darauf anträgt, weil Gesäkr- dung des StaateS oder der öffentlichen Si- ') Lcrgl. darüber Archiv des Criminalrcchts, S. 23S —