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Adorker Wochenblatt. Mittheil nn gen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Neunter Jahrgang. Dreis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Beziehung des Blattes durch Botengelegenheit-. 20 Neugroschcn. 20. Erscheint jede Mittwoche. 6. Mär) 28-14. D e r Entwurf -er Strafprozessordnung des Großherzogthums Baden, m i t g e t h e i l t von Advokat Braun zu Plauen. (Fortsetzung.) Es ist dieß auch von der zweiten sächsischen Kam mer auf dem letzten Landtage bei Berathung über die vorgelegte Criminalprozeßordnung gegen den dies- fallsigcn Entwurf eingewendet worden. Und wenn die Badensche Regierung in den Motiven ihres Ent wurfs der Strafprozeßordnung nicht allein in gewis- sern Umfang diesem, sondern auch den übrigen Grün den, welche für Einführung der Mündlichkeit geltend gemacht worden sind, ziemlich durchgehends bcitritt, so liegt hierin ein neuer Beweis der (Überzeugungs kraft dieser Gründe, und in dieser Kraft zugleich die Hoffnung, daß der Grundsatz, kür welchen solche Grün de streiten, über lang oder kurz auch in Sachsen zur- gesetzlichen Geltung werde erhoben werden. Was das andere Prinzip, das der Oeffentlich- keit des Strafverfahrens, anlangt, so erkennt der Ent wurf diese Regel in dem Umfang an, daß er erwach senen Mannspersonen den Zutritt zu den Ver handlungen gestattet wissen will, mit Vorbehalt eini ger, weiter unten zu erwähnender Ausnahmen. Die Motiven sagt» bei Besprechung dieser Einrichtung, daß die Art Oesfentlichkeit, wornach die Bethei- ligten selbst von Allem Einsicht nehmen können, und wornach in ihrer Gegenwart und unter ihrer Mitwir kung die ganze Verhandlung vor sich geht, mit dem Prinzipe der Mündlichkeit naturgemäs verbun den sei. Dies ist sehr richtig. Denn die Einthci- lung der Ocffcntlichkcit in eine sogenannte Partei- Oeffentlichkeit ist durchaus nicht logisch haltbar. Parteiöffentlichkeit, vermöge deren die unmittelbaren Bctheiligten den in ihrer Gegenwart vor sich gehen den Verhandlungen beiwohnen, ist nichts als eine Ue- bersetzung des Begriffs der Mündlichkeit, nichts als ein gleichbedeutender (synonimer) Ausdruck derselben, da das Wesen der Mündlichkeit schon in der Einrich tung besteht, vermöge welcher das urthcilende Gericht in einer vor ihm stattfindenden Verhandlung die Be theiligten, als den Angeschuldigten, die Zeugen und Sachverständige selbst anhört und vernimmt. Wird also die Mündlichkeit des Strafverfahrens gewährt, so wird damit selbst zugleich die Parteiösfentlichkeit desselben ausgesprochen. Soll aber etwas mehr, soll eine Art Ocffentlichkeit außer der Mündlichkeit, gegeben werden, so wird nichts gegeben, wenn man das Verlangen darnach nur mit Einführung einer Parteiöffeutlichkeit absindcn will- Diese Entwicklung und Richtigstellung der Begriffe kann dereinst in Sachsen von praktischem Nutzen sein. Zur Rechtfertigung der Gcrichrsöffcntlichkeit und zur Widerlegung der dagegen erhobenen Einwendun gen sagen die Badcnschcn Motiven in der Hauptsa che Folgendes. Es könne nicht geleugnet werden, daß die Strafjustiz ein Gegenstand des öffentlichen Rechtes sei, und daß bei Ausübung derselben die bür gerliche Gesellschaft gewissermaaßen als der verletzte Thril betheiligt sei. Es werde dabei, nach einmal ge schlossener Voruntersuchung, nichts verhandelt, was, (wie mitunter in andern Zweigen der öffentlichen Ver- waltung) im Interesse der Sache selbst noch der Ge heimhaltung bedürfe. Dem unschuldig in Untersuchung Gezogenen diene es zum Tröste und zur Genugthuuug, in einer öffentlichen Verhandlung gerechtfertigt zu wer den, wogegen dem Schuldigen, wenigstens dann, wenn