Volltext Seite (XML)
Der Schnitter grüßte. Er übergab Maria dem Schutz Mutter Weidemanns und trat dann, noch immer hochroten Gesichts, vor den Brotherrn. „Sie haben mich rufen lassen, Herr Inspektor." „Stimmt. Und daß Sie nicht gekommen sind, stimmt ebenfalls. Wissen Sie, was ich mit den Leuten zu tun pflege, die mir zu langsam sind?" Schweigen. — „Die dürfen sich ihren Lohn holen!!" Ein Hahn krähte vom Geflügelhof her. „Erzählen Sie: was war mit der Maria!?" Andreas schluckte die Angst vor der Entlassung hinunter und berichtete. „Wenn ein Mensch in Not ist, helfe ich ihm", sagte er. „Auch wenn es Ihr eigenes Unglück wird?" "A"!" ... „ . -.<n aus seine Reit-- " Der Inspektor schaute eme^Se^" plötzlich die Hand auf sind stolz, Andreas, und mutig, die .^VMischaften ^braucht man beim Mähen nicht. Sie werden von morgen an zu den Teichen fahren. Als Vor arbeiter. Und wenn Maria einen Arzt braucht, — die zwei Kilometer zum Dorf wird die Stute noch schaffen." Andreas mußte lange nachdenken, bis er begriff, was geschehen war. Eine Welle der Dankbarkeit stieg in ihm hoch. „Herr Inspektor! —" wollte er sagen. Aber da war jener längst seiner Wege gegangen. Die Rettung der alten Rose « Eine Jugenderinnerung von Kopernikulus Es gibt Jugenderlebnisse, die sich dem Gedächtnis so fest einprägen, daß man sie im ganzen Leben nicht wieder vergißt. Hu solchen Erlebnissen gehört auch das, von dem ich hier er zählen will. Damals ging mein Onkel mit mir nach der Pferdekoppel, die am äußersten Ende seines Gutes lag. Der große schlanke Mann machte mit seinen langen Beinen, die m hochschäftigen, weil auf die Oberschenkel reichenden Stiefeln staken, große Schritte, und ich hoppelte wie ein Hase eifrig neben ihm her, ließ mir aber nicht merken, wie schwer es mir fiel, mitzuhalten. Ich hatte den Vormittag über schon tüchtig in Hof und Garten herumgetollt. Heiß war es auch, und wir hatten mindestens zwei Kilometer zu wandern. Endlich — endlich näherten wir uns der Wiese, auf der, eingezäunt, mehrere Pferde meines Onkels weideten. Dort hoffte ich mich ins Gras werfen und ausruhen zu können. Auf der Weide kamen uns gleich zwei Pferde entgegen und schnupperten erwartungsvoll nach unseren Händen. Alles Vieh meines Onkels war zutraulich, weil es liebevoll be handelt wurde. Jetzt aber kümmerte er sich nicht um die beiden, sondern ließ seine Blicke verwundert über den weiten grünen Plan schweifen: „Zum Kuckuck, da fehlt ja ein Gaul. — Donner, ja, die alte Rose fehlt. Wo kann das olle Diert denn hingegondelt sein?" Das Land war eben und frei. Auf weiteste Entfernung hätte man ein Pferd erkennen müssen. Die Sache war wirk lich sonderbar und regte mich so auf, daß ich Hinlegen und Ausruhen vergaß und ebenfalls suchend umhersah. Plötzlich ergriff ich hastig meines Oheims Hand und rief: „Onkel Paul, ich seh' den Kopf!" — „Wo, Junge, wo?" — „Dort — im Wassergang!" Und ich zerrte meinen Ohm an der Hand weiter nach dem vielleicht fünf Meter breiten Kanal, der die Ländereien hier durchzog und dazu diente, mit Hilfe von 'Drainageröhren den Boden zu bewässern. Ueber dem Wasser spiegel hatte ich den Schattenriß eines Pferdekopfes heftige Bewegungen machen sehen. Bald standen wir am Ufer, das mindestens ein Meter weit steil abfiel, ehe es das Wasser erreichte. Denn jetzt im Sommer war der breite Graben nicht so tief. Aber sein Grund war moddrig und schlammig, und ein Pferd, das da hinein geriet, konnte unmöglich wieder heraus. Wie in einem Moor mußte es bei dem Versuch, hinauszugelangen, nur tiefer sinken. „Na Rose, dumme Trine, was hast du hier zu suchen?" schalt mein Onkel mit Recht. Denn zum Wassertrinken stand firr die Pferde ein großer Trog auf der Wiese. Aber jetzt war nicht Zeit zum Verhandeln. Onkel Paul ließ sich vorsichtig mit semen langen Stiefeln ins Wasser gleiten und legte der seiner Absicht klug entgegenkommenden Stute den Zaum an. Dann kroch er wieder aufs Ufer, zog und ermunterte das Pferd nachzukommen. Aber es zeigte sich gleich, daß diese Hilfe durchaus nicht genügte, um Rose aus dem Graben zu dringen. „Junge", sagte da mein Onkel zu mir, „ich kann hier nicht weg. Ich muß das arme Tier festhalten, sonst legt es sich auf die Seite und ersäuft. Ob Du's schaffst, schnell nach Hause zu laufen und Hilfe zu holen? Karl und Antek sollen sofort kommen. Wenn's geht, auch der alte Kaminski. Und sie sollen Gurte mitbringen und Strangzeug." „Ja, Onkel, ich lauf'", rief ich sofort und machte mich auf die Beine. Ich hatte ganz vergessen, wie müde die waren. Bald sollte ich daran erinnert werden. O, war das ein Weg! Die Sonne stach so erbarmungslos. Bald wurde ich matt. Mir rann der Schweiß. Mal lief ich auf dem Wege, mal da neben, und überall schien er schlecht. Herz und Lunge schlugen mir bis zum Halse. Oft mußte ich anhalten, um mich zu ver pusten. Die Knie zitterten, wollten versagen. Dv brannten. Ach, welche Seligkeit es hinsmken, einlcklasen nickts wrften. Aber die Rose? Mensch, die ',rirm! Vorwärts! Vorwärts! Nur vorwärts! schneller, viel schneller, daß nicht die Rose stirbt! Mensch, wenn die Rose stirbt...? Endlich die Landstraße. Das gab neuen Mut. Dort ist schon der Hof. Meine Großmutter schlug entsetzt die Hände zusammen, als sie mich verstaubt und verschwitzt heran keuchen sah, und ich weiß nicht mehr, wie ich ihr meinen Auf trag klar gemacht habe. Ich entsinne mich nur noch einer rasenden Fahrt über Stock und Stein in einem klappernden Bretterwagen, der auseinanderzufliegen drohte, so daß mich ein Knecht festhalten mußte, damit ich nicht herunter geschleudert wurde. Und dazwischen nur der eine Gedanke, die erdrückende Angst: wenn sie schon tot ist, die Rose...? Aber sie war nicht tot, und die Männer haben sie dann mit vereinten Kräften ans Land gezogen. Wetterhexen Von Georg Eschenbach Wenn kalter Wind selbst während der Sommerzeit wochenlang den Regen gegen die Fensterscheiben peitscht, schreibt der Volksmund „dem Petrus" die Schuld an solchen sonnenlosen, feuchten Tagen zu; doch manchen will es dünken, als sei es nicht der gütige, weißbärtige Schlüsselbewahrer des Himmels, der uns Wind und Regen in die enttäuschten Ge sichter jagt, sondern als trieben sagenhafte Wetterunholde ihr boshaftes Spiel mit uns. Gar mächtig erscheint diese tückische Sippe, und am ärgsten treibt sie ihr Wesen in den Alpen, wo noch manche Leute an die „Wetterhexen" glauben, sie hassen und fürchten. Ueberraschend, überfallartig stürzen sich die Wetterhexen auf das ahnungslose Alpental. Noch scheint die Sonne heiß vom wolkenlosen Himmel, da kriecht im Westen ein weißer Nebelfetzen heran, verfängt sich an den Bergwänden; graue Wolken folgen, ballen sich über dem Tal zusammen; im Sturm braust das schwarze Heer der Wetterhexen heran, prallt gegen die steilen Felswände, hüllt das ängstlich sich duckende Leben des engen Tals in nächtlich unheimliches Dunkel. Plötzlich prasselt der Schloßenhagel hernieder, schlägt die Schindeln von den Dächern, reißt die Früchte von den Bäumen, stampft das erntereife Korn in den Boden, zerwühlt das kümmerliche Kartoffelfeld; von den Hängen stürzen Bäche, Flüsse, Ströme grauen Eiswassers zu Tal und beleuchtet erbarmungslos die Schrecken des Schlachtfeldes, auf dem die Wetterhexen getobt. Mannigfaltig waren die „erprobten" Hausmittel, die das Landvolk anwandte, um dem unheimlichen Wirken der Wetter hexen zu steuern. Für außerordentlich wirkungsvoll hielt und hält man noch heute im Frühjahr gesammelte und am Maria- Himmelfahrtssest geweihte Kräuter, die bei auffteigendem Ge witter von der Hausfrau in die Herdflamme gestreut werden. Der Rauch soll durch den Kamin steigen, den Wetterhexen beizend in die Nasen dringen und sie verjagen. Ein uralter Brauch, der die besten Dienste gegen das unholde Gesindel leisten soll, ist das Läuten der Wetterglocke, denn nichts fürchten angeblich die Hexen so sehr wie die metallene Stimme der geweihten Schützerin. Deshalb hatten die meisten Kirchen hochgelegener Alpendörfer, die am stärksten unter den Hochgewittern leiden, ihre nur zu diesem Zweck benutzte Glocke. Drohte ein schwarzes Gewitter, so schallten bald im Tal oder von den Bergkapellen die ersten Wetterglocken, und ihnen folgten die ehernen Stimmen ihrer Schwestern in den Nachbardörfern und -Weilern. Den Wetterhexen fuhr der Schreck über den geweihten Klang in die windigen Glieder, und sie mieden das glockengeschützte Tal. Wie ein Besen fegten die machtvollen Töne die Wetterheren davon, an den geweihten Hüterinnen brach sich die Macht des Wetters, wie das Warnungsgebell einet Hundes verjagten die Klänge den unheimlichen Troß. Sonntagsbeilage -- -> - - - Pulsnitzer Tageblatt Verlag „Pulsnitzer Tageblatt" G. m. b. H., Pulsnitz. Schriftleitung: Walter Mohr, Pulsnitz. Sonnkagsgedanken Es gehört zu den großen gewaltigen, in ihren Aus wirkungen freilich auch fragwürdigen Ereignissen der letzten Jahrzehnte, daß eine noch niemals dagewesene Weltbeziehung entstanden ist. Europäische Wissenschaftler und Techniker lehren und arbeiten irgendwo in Afrika und Asien. Mitten durch große Wüsten sind Autostraßen gebaut, auf denen modernste Autotypen fahren.. Moderne Großstädte europäischen Charakters find entstanden. An europäischen Hochschulen wiederum studieren und lernen Gelbe und Schwarze, um mit den Ergebnissen europä ischer Wissenschaft und Technik in ihrem Lande zu wirken. Dieser Austausch geistiger und technischer Werte in aller Welt wird unterstützt durch die Zunichtemachung der Ent fernung durch morderne Verkehrsmittel wie Schnell dampfer, Luftschiff, Flugmaschinen, Auto und durch moderne Verständigungsmittel wie Telegraph und Radio. Die europäische Zivilisation, die das Ergebnis der Techni sierung Europas ist, drückt der gesamten bewohnten Erde in Lebensform und Lebensgang und Lebensanschauung ihren Stempel auf. Alte erd- und rasfegebundene Kul turen werden zerstört. Gegen diese fortschreitende Welt zivilisation erheben sich in einer ungeahnten Nationalisi- rung der Völker die ihres nationalen Wertes bewußt ge wordenen Völker. Daneben aber steht, ernst und drohend, bereit, die letzte Konsequenz aus der Zivilisation zu ziehen, der Weltbolschewismus, der in Afrika genau so wie in China und Indien zur Macht wird. Die Fronten formieren sich zu einem Weltkampf, der an keiner Erd teils- und Nationalgrenze Halt machen wird. Und dieser Wettkampf geht um die kommende Gestalt der Welt. Dieses Geschehen muß man sich vor Augen halten, um die Bedeutung zu ermessen, die ein Gedenktag wie der heutige Sonntag hat. Am 21. August des Jahres 1732 zogen aus Herrnhut die beiden christlichen Missio nare Leonhard Dober und David Nitzschmann hinaus in fremde Erdteile unter ungeheuren Strapazen und An strengungen, die sie mehr als einmal an den Rand des Todes brachten, um das Evangelium von Jesus Christus zu verkünden. Unter mancherlei Rückschlägen entstanden überall blühende Misstonskirchen. Die nach und nach überall gegründeten Missionsgesellschaften trugen den Missionsgedanken in die heimischen Kirchen hinein. Wir haben heute überall, in Japan und China, in Indien und Afrika, in der Südsee blühende Missionskirchen. Durch ihre Mission greift die christliche Kirche ein in den Welt kampf, von dem wir oben sprachen. Was sich aus den bescheidenen Anfänger der tapferen Herrnhuter vor zwei hundert Jahren entwickelte, ist ein Werk von Weltbe deutung. Und wer dieses Werk der Mission nicht kennt, behaupte nicht, unsere Zeit in ihren Bewegungen und Kämpfen zu verstehen. Mit ein paar Sätzen sei diese Bedeutung der Mission charakterisiert. Die Weltzivilisation und der gegen sie auf tretende Bolschewismus stehen unter dem Gedanken des wirtschaftlichen Profits und des Geldes. Diesem Götzen, der das Denken und Wollen und Handeln der Weltzivili sation beherrscht, werden die nationalen und stammes- mäßigen Kulturen und Sitten aufgeopfert. Die seelische Not in Afrika und Asien, die sittliche, vor allem sexuelle Not, aber auch die religiöse Not spotten jeder Beschrei bung. Die wirtschaftliche Profitsucht erweist sich als furcht bar zerstörender Dämon. Demgegenüber stellt die Mis sion unter dem Ausspruch des heiligen Gottes, der sich nicht spotten läßt, in aller Welt die Entscheidungsfrage. Wer soll Herr des Menschen sein, der lebendige Gott oder der zum Götzen gewordene Profit einer nichts anderes kennenden Wirtschaft? Aller dämonischen Zerstörung gegenüber stellt die Mission in aller Welt die Verkündi gung von dem geheimnisvollen, im Glauben erfaßbaren Sieg Gottes, der durch Jesus Christus, sein Leben, sein Kreuz, sein Auferstehen errungen ist über alle dämonische Zerstörungskraft, indem sie verkündet Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit Gottes, Berufung zur Kindschaft Gottes und Heiligung des Lebens. Wer einmal sich die gegenwärtige Weltlage vergegenwärtigt, muß die große Bedeutung erkennen, die die durch die Mission unter den Völkern der Welt geforderte Entfcheidung hat. Wenn Goethe einmal den Kampf zwischen dem Glauben und Unglauben das Thema der Weltgeschichte genannt hat, hier erhält dieses Wort seine Bestätigung: hier wird ge rungen um den Glauben, der die kommende Welt ge stalten soll, gegen den Unglauben, der die Welt zerstört. Wenn der 21. August 1932 mit seinem Gedenken unsere Blicke so hinauslenkt in die Welt, so will er sie doch auch auf uns selber richten. Ganz schlichte Menschen, ein Töpfermeister und ein Zimmermann, waren es, die vor zweihundert Jahren hinauszogen und den Weltkampf aufnahmen. Eine schlichte, einfache Gemeinde von unge fähr 500 Menschen stand hinter ihnen. Diese Tatsache sollte genügen, um uns unsere große Aufgabe deutlich zu machen. In dem großen Weltkampf zwischen Glauben und Unglauben können und dürfen wir nicht unent schieden beiseite stehen. Denn hier gibt es keine Neutrali tät. Wenn wir nicht für den Glauben uns entschieden haben und diese Entscheidung zu mutigem Bekenntnis, zu opferbereiter Tat, zu glaubensgewissem Gebet werden lassen, haben wir uns für den Unglauben entschieden, weil alle Neutralität in Glaubenssachen Unglaube ist. Aus dem Unglauben heraus, in dem wir uns alle befinden, werden wir durch das Wort Jesus Christus herausgerufen zum