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Nr. 153 Aus aller Well Berlin. Nächtliches Motorbootungluck In der Nähe von Grunau ereignete sich um Mitternacht ein schweres Motorbootunalück. Auf der Dahme sank plötzlich ein mit sechs Personen besetztes Motorboot. Von den In- fassen konnten eine Frau und zwei Manner geboten wer- den Di« Frau starb wenige Stunden nach der Bergung. Zwei Männer und ein Kind sind ertrunken. Berlin. D«r erste fliegende Schornstein feger Im Tempelhofer Flughafen gab es einiges Auf. sehen als "aus der von Dessau kommenden Verkehrsmaschine ein Schornsteinfeger mit Zylinder, Leiter und schwarzer Uni- form herausstieg. Wie sich herausstellte, hatte der Dessauer Schornsteinfegermeister Fink gewettet, daß er sich nicht scheue, in vollem Schornsteinfegerdreß zu fliegen, und seine Be- hauptung nun in die Tat umgesetzt. Gleichzeitig hat er dabei den Rekord des ersten fliegenden Schornsteinfegers aufgestellt. Gelsenkirchen. Flugzeugabsturz. Das Flugzeug „D 1921" der Essener Fluggesellschaft stürzte über dem Flug, platz von Gelsenkirchen-Notthausen beim Nehmen einer Links- kurve aus einer Höhe von 70 bis 80 Meter ab. Das Flug zeug wurde vollkommen zertrümmert. Aus den Trümmern wurden die beiden Insassen schwerverletzt geborgen. Essen. Autozusammenstoß im Nebel. In Echt an der niederländisch-deutschen Grenze raste ein mit sechs Personen besetzter Kraftwagen bei dichtem Nebel in voller Fahrt gegen einen schweren Lastwagen mit Anhänger. Der Personenwagen wurde vollkommen zertrümmert. Zwei seiner Insassen wurden dabei getötet, vier schwer verletzt. Hamburg. In der Oevelgönner Straße erschienen bei einem alten Hausverwalterehepaar drei Männer in dessen Wohnung, in der sich noch eine Verwandte und ein Kind befanden, um die Miete abzuliesern. Tie drei Männer erzwangen unter Bedrohung mit einem Revolver die Herausgabe einer Summe von etwa 3000 Mark. Auf Bitten der alten Eheleute um Rück gabe des Geldes wurden ihnen 1U0 Mark belassen. Nach dem Raube banden sic dem Ehepaar und den beiden anderen Per sonen die Füße lose zusamen und entfernten sich dann Men. Brautraub findet blutige Rache. In dem Dorfe Liesnice im Sandschak-Gebiet kam es bei einem Brautraub, wie er in dieser Gegend noch üblich ist, zu einem Feuerüberfall. Gin junger Bauer hatte mit Unterstützung einiger Freunde seine Braut aus ihrem Elternhaus entführt. Der Bruder der Braut lauerte jedoch der Hochzeitsgesellschaft mit 15 Freunden auf und eröffnete sofort ein heftiges Ge- wehrfeuer. Der Bräutigam und zwei seiner Freunde wurden getötet, fünf weitere Hochzeitsgäste schwer und acht leichter verletzt. Der Mörder und seine Komplicen wurden verhaftet. Wien. Dauersitzungund Hitze. Bei der Sitzung des Europäischen Minderheitenkongresses, die sich sehr lange ausdehnte, stürzte infolge der großen Hiße der Präsident Wilfang am Schluß der Sitzung ohnmächtig zusammen. Friedland i. B. Arrest für eine Kanzel rede. Gelegentlich einer Sonntagspredigt hatte der Dechant Lang in Dittersbach auf die Arbeitslosenunruhen in Friedland hingewiesen und es als ein Zeichen der schlimmen Zeit, in der wir leben, hingestellt, daß, anstatt den Arbeitslosen Brot zu geben, Gendarme mit aufge pflanzten Bajonetten gegen sie aufmarschieren. Solche traurigen Bilder seien unerträglich. Diese Äußerungen sind nun dem Staatsanwalt zur Kenntnis gebracht wor den, der daraufhin die Anklage gegen Pfarrer Lang wegen Mißbrauchs der Kanzel zu politischen Zwecken erhob. Das urteil des Reichenberger Kreisgerichts lautete auf drei Tage strengen Arrest bedingt. Warnsdorf i. B. Unwetterverwüstungen. Der über Warnsdorf und Umgebung niedergegangene Wolkenbruch erreichte eine Wucht und Stärke, wie sie seit vielen Jahren nicht mehr zu verzeichnen gewesen ist. Im sogenannten Dörfel, das den größten Ansturm des Wetters auszuhalten hatte, drang das Wasser in die Häuser und die Fabriken ein, so daß die Bewohner in die höher ge Pussnitzer Tageblatt — Sonnabend, 2. Juli 1932 Seit« 7 legenen Räume flüchten mußten. In der Stadt selbst wurde großer Schaden angerichtet. In Altenburg wurden zwei Wohnhäuser, in Schönborn eine große Scheune vom Blißschlag getroffen und vollständig eingeäschert. Warnsdorf. Keine Arbeitslosenunter stützung fürSchmuggler. Um dem immer weitere Kreise erfassenden Grenzschmuggel zu steuern, haben die Zollbehörden dem Präsidium des Landesamtes den Vor schlag gemacht, allen Arbeitslosen, die beim Schmuggeln erwischt werden, die Unterstützung zu entziehen. Antwerpen. 100 Verletzte kn Antwerpen. Bei Zusammenstößen zwischen wallonischen und flämischen Frontkämpfern in Antwerpen sind rund 100 Personen ver, letzt worden. Oer Sternhimmel im Luli. Beobachtungszeit bei Monatsbeginn etwa 22 Uhr. — Norden: Der Große Wagen bewegt sich abwärts. Rechts davon finden wir in der Verlängerung der Verbindungslinie seiner untersten Vierecksterne den Polarstern im Kleinen Bären. In der Milchstraße Kassiopeia; dicht am Nordpunkt Kapella mit Fuhrmann und Perseus. Osten: Links vom Ostpunkt ist der Pegasus aufgegangen. Im Nordosten, tief am Horizont, Andromeda. In der Milchstraße bilden die drei Sterne erster Größe Wega in der Leier, Deneb im Schwan und Atair im Adler die Spitzen eines gleichschenkligen Drei ecks. Süden: Im Meridian stehen die Sternbilder Herku les und Schlangenträger mit Schlange. Rechts vom Süd- punkt der rötliche Antares im Skorpion. Nordwestlich vom Skorpion die Helle Waage. Westen: Hoch am Himmel der Bootes mit dem Stern erster Größe Arkturus. Im Süd westen die Jungfrau mit Spica. Im Westnordwesten geht der Große Löwe unter; dicht am Horizont steht sein Heller Stern Regulus. Planeten: Unsichtbar istMerkur. Venus taucht am 10. als Morgenstern auf und ist Ende Juli von 1K Uhr ab sichtbar. Mars läßt sich morgens sehen, anfangs nur 12 Minuten; Ende des Monats geht er ungefähr 5i1 Uhr auf. Jupiter ist bei Monatsbeginn noch kurze Zeit zu sehen, vom 10. Juli ab wird er unsichtbar. Er befindet sich im Bilde des Großen Löwen. Saturn, im Steinbock, kann die ganze Nacht hindurch beobachtet werden. Mond: Am 8. Neumond, am 11. erstes Viertel, am 17. Vollmond und am 25. letztes Viertel. S» nne: Tritt am 23. in das Zei- chen des Großen Löwen oder durchläuft den 120. Grad ihrer Bahn. Für die Berliner Gegend Ausgang am 1. etwa 3?«, Untergang 201- Uhr; Aufgang am 16. etwa um 4, Untergang 20.20 Uhr. Im Laufe des Juli verringert die Sonne zur Mittagszeit ihren Horizontabstand bald um 10 Sonnenbrei- 1en. Im letzten Iulidrittel beginnen die sogenannten Hunds- tage. Politische Ltnruhen und Zwischenfälle. Berlin. Nach den Krawallen in der Berliner Univer sität, die eine Schließung der Hochschule zur Folg« hatten, blieb auch am Freitag das Hauptgebäude geschlossen. Der Rektor, Geheimrat Lüders, At inzwischen mit den Füh rern der einzelnen studentischen Gruppen direkte Verhand lungen gehabt, um eine Vermeidung ähnlicher Vorkommnisse für die Zukunft herbeizufühven. Die studentischen Vertrete« aller politischen Richtungen gaben schriftliche Erklärun gen ab, daß die einzelnen Gruppen gewillt seien, den Burgfrieden an oer Universität zu wahren, um den geregelten Lehrbetrieb zu ermöglichen. * In der Nacht zum Freitag wurden von unbekannten Tätern auf zwei nationalsozialistische Verkehgslokale in Ber lin-Schöneberg Feuerüberfälle verübt. In beiden Fällen hielt ein Kraftwagen plötzlich vor dem Lokal, und aus dem Innern des Wagens wurden mehrere Schüsse auf die Lokale abgegeben. Insgesamt wurden neun Personen verletzt. Hattingen. In Hattingen kam es nach der Rückkehr einer Abordnung Nationalsozialisten von oer Beerdigung eines erschossenen Nationalsozialisten zu einer schweren Schlägerei mit Kommunisten. Die Schlägerei artete in eine Schießerei aus, wobei zwei Teilnehmer getötet und fünf weitere Beteiligte schwer verletzt wurden. Köln. Am Thürmchenswall kam es zu einem folgen schweren politischen Zusammenstoß, in dessen Verlauf eine Person durch einen Kopfschuß getötet und zwei Personen leicht verletzt wurden. Bremen. Die Nationalsozialisten hatten in Walle, einer vor wiegend von linksstehenden Einwohnern bewohnte Gegend, eine Versammlung einberusen, wohin sie mit Lastkraftwagen unter polizeilicher Bewachung gebracht wurden. Die Menge ver suchte, gegen die Nationalsozialisten vorzugehen, wurde aber von der Polizei mit dem Gummiknüppel auseinandergetrieben. Einen Straßenbahnzug hielten die Demonstranten an, zwan gen die Fahrgäste zum Ausstcigen und kippten die Anhänger um. An einer anderen Stelle wurde ein Personenauto um- geworsen. Die Polizei nahm acht Verhaftungen vor. Im „Völkischen Beobachter" veröffentlicht 0r. FrankII unter der Ueberschrift „Deutsche Notwehr" einen Ar tikel, in dem es u. a. heißt, es werde eine kaum erfüllbare Forderung des Ncichsinnenministers bleiben, daß die schwarz roten Parteien ihren Machteinfluß jemals im Sinne eines Schutzes der waffenlosen nationalsozialistischen Jugend gegen die politischen Terrorakte besonders nachdrücklich an wenden werden. Feierlich lehne die Reichsleitung der NSDAP, vor der gesamten deutschen Oeffentlichkeit die Ver- antwortung für diesen Zustand ab. Die NSDAP, werde ihre Anhänger nicht einfach widerstandslos niedermetzeln lassen. Sie erkläre ein für allemal, daß, solange nicht die Gesamtheit der öffentlichen Machtmittel zur Säuberung Deutschlands eingesetzt werde, sämtliche Parteigenossen das Notwehrrecht in seinem vollen gesetzlichen Umfange für; sich geltend machen werden. Seinen Jagdgenoffen erschossen Stralsund. Im Kreise Grimmen erschoß ein Jagd- Pächter infolge eines unglücklichen Zufalls seinen Iagdfreund. Die beiden Jäger waren immer ab wechselnd zur Jagd gegangen und hatten eine Verabredung getroffen, wonach sie sich durch drei Schüsse ver- ständigten. Der Bauernhofbesitzer Habedank ließ, als er auf Anstand ging, die verabredeten Zeichen ertönen. Er er hielt jedoch kei n e A ntw ort, so daß er annehmen konnte, sein Iagdfreund sei nicht im Revier. Er schoß aus etwa 80 Meter Entfernung auf ein dunkles Etwas, das er am Rande eines Roggenfeldes bemerkte. Gleich nach dem Schuß ertönte ein Schrei. Habedank hatte seinen Jagd- genossen, den Bauernhofbesitzer Esch, getroffen, der bald darauf verstarb. Vie vom kiiederkaus Koman von Verl kotkberg OopsriSkt t»v ^«ucktv>u»««r, N-U« ISZl >26 Gr mußte Nachsicht haben. Es war schon gut genug, daß Verene so unglücklich war, denn dann stakd kein noch so leichtsinniges Versprechen im Hintergründe. .Kommen Sie doch ins Haus!" bat Melenthin nach einer Weile. Wortlos folgte Verene ihm. Er stand dann längere Zeit am Lager der toten Frau, die er sehr hoch geschätzt hatte. Aber trotz aller Hoch schätzung war es ihm doch in letzter Zeit erschienen, als sei sie kein wertvoller Bundesgenosse für ihn im Kampfe um das schöne kleine Mädel. Als er dann wieder unten im Wohnzimmer mit Verene und der alten Marie saß, erbot er sich, ihnen noch ver- schicoen- Wege abzunehmen. Er sagte, daß es für Verene schließe voch wohl besser sei, wenn sie während der van-en Innungen und immerhin sehr aufregenden Tage zu Pastors übersiedle. Venne aber wehrte entschieden ab. .Ich bleibe hier!" Das klang so fest und bestimmt, daß er nichts mehr dagegen sagte. Aber er dachte, daß doch die Frage, wo Verene von nun an zu bleiben habe, sowieso aufgerollt und beant- Wortei werden müsse. Aber in dieser Beziehung konnte er sich wahrscheinlich ganz und gar auf Tante Pastor ver lassen. Und wenn Verene erst bei ihr war — wo sollte sie sonst auch hin —, dann würde Las Weitere über Verene bald genug entschieden werden. Tante Pastor hatte so eine An, sich die Menschen sehr schnell gefügig zu machen. Das also würde sich alles wunderschön regeln lassen. Soviel stand doch wohl jetzt fest, daß Verene nicht glücklich war, denn wie hätte sie sonst diese entsagenden Worte sprechen können?! Oberförster Melenthin blieb noch ein Stündchen. Die Unterhaltung schleppte sich aber nur mühsam weiter, und Melenthin ging endlich. Kalt und unbeweglich ruhte Verenes Hand in der seinen. Er verstand nicht einmal, was sie sagte. Die alte Marie brachte ihn hinaus. Sie kämpfte schwer mit sich, ob sie ihm erzählen sollte, daß der Gras, der ver rufene Graf, Verene auf seinen Armen bis vor das Fliederhaus gebracht, daß sie sich geküßt hatten! Aber dann ließ sie es sein. Sie wußte auch nicht mehr in all den Aufregungen, was nun eigentlich recht und unrecht war. Der Herr Oberförster würde doch der Mann Verenes werden! Also hätte er das Furchtbare eigentlich erfahren müssen. Wiederum aber war sie doch ihrer jungen Herrin die Treue schuldig. Und so schwieg Marie eben. Da, am Tor, wandte sich ihr der Oberförster schroff zu: „Marie, Graf Eschweiler brachte Fräulein Verene heute nach Hause. Haben Sie etwas Auffälliges bemerkt?" „Ich weiß doch nicht. Er hat sie getragen. Und..." „Und?" „Sie haben sich geküßt." Der Oberförster schüttelte Marie bei den hageren Schullern. „Ueberlegen Sie sich, Marie, was Sie sprechen", keuchte er. Sie nickte traurig. „Ich werde doch nicht lügen? Mir ist der Schreck darüber doch auch in alle Glieder gefahren." „Es ist gut, Marie. Was nun werden soll, weiß ich noch nicht. Ich kann doch eine Frau nicht heiraten, die sich von dem Grafen küssen läßt." O Gott, ich alte dumme Person, dachte Marie ver zweifelt. Jetzt habe ich dem Kinde noch die gute Partie verscherzt. Aber ich mußte es doch sagen. Der Oberförster reichte ihr die Hand. „Leben Sie wohl, Marie, und paffen Sie ein bißchen auf. Ich komme morgen früh wieder herüber." Etwas schwerfällig stapfte er davon. Marie aber dachte: So ein guter Mann! Was hat daS Kindchen nur gedacht, daß es sich von dem Grasen küssen ließ? Ist es denn wirklich Wahrheit, daß er alle Frauen behext? Denn was will er denn? Heiraten kann und darf er sie ja nie! Weshalb mußte er nun gerade jetzt zurück kommen und vem Kinde die gute Partie verscherzen? Marie sah dem Förster noch ein Weilchen nach. Dann fiel ihr Blick auf den verwüsteten Garten. Was doch ein einziger Tag alles bringen konnte! Auseinander geborsten lag der große alte Fliederbaum auf vem Rasen links vom Hause. Es war der, der die großen, dunkellila Dolden trug. Der Lieblingsbaum der toten Herrin! Nun war er mitgestorben. In der Sonne richteten sich die Dolden in die Höhe. > Dufteten und dufteten! Langsam ging Marie ins Haus zurück. * * * Graf Eschweiler hatte am nächsten Morgen im Walde gewartet. Zwei Stunden lang! Aber Verene war nicht gekommen. Angst war in ihm. Angst um das holde kleine Mädchen. War sie krank geworden? Ein Wunder wäre es nicht auf all die Aufregungen. Unschlüssig war er immer noch eine Viertelstunde hin und her gegangen. Verene kam nicht! Der Gras ging dem Ausgang des Waldes zu. Und da kam ihm von einem Seitenweg der Oberförster Melenthin entgegen. Der Graf erwiderte freundlich den höflichen Gruß. Melenthin blickte verlegen vor sich nieder, dann sagte er: „Herr Graf verzeihen, ich muß heute einige Gänge be sorgen. Die Holzfäller wissen jedoch trotzdem Bescheid. Ich war heute früh schon zeitig draußen. Es ist — Frau Doktor Beringer ist gestern verstorben und — da nehme ich Fräulein Verene Beringer Verschiedenes ab. Zumal — zumal — sie — ja meine Braut ist." (Fortsetzung folgt.)