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Pulsnitzer Tageblatt : 02.03.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840937203-192903025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840937203-19290302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840937203-19290302
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Tageblatt
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-03
- Tag 1929-03-02
-
Monat
1929-03
-
Jahr
1929
- Titel
- Pulsnitzer Tageblatt : 02.03.1929
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Nr. 52. Pulsnitzer Tageblatt. — Sonnabend, den 2 März 1929. Seite 6 Dresdner Brief Dresdner Allerlei Es ist seltsam! Wenn die Natur sich einmal e!nen klein'«, ganz kleinen Scherz erlaubt, gleich stockt alles, was sich der Mensch oufgebaut und zusammengereimt hat, die Technik bekommt einen Knacks, und wer erst noch so eing'bildet auf sein modernes Großstadt» tum war, merkt auf einmal, daß cs damit wahrlich nicht zu weit her ist Also, ganz Drrsden jammert. Nicht zu sagen, warum! Da sind hier — um Entschuldigung, es muß gesagt sein! — die Klosetts cingesroren, dort die Wasserleitung. Hier ging die Dichrinne kaput und dort ist das schon ein wenig schadhafte Dach, das aber trotzdem roch geraume Zeit gehalten hätte, vollends in Stücke gegangen. Und selbst unser vielgeliebter Zoo ist in Kälteschwulltät gekommen. Natür lich ! Wie viele der armen Tierchen, die an tropische Wärme gewöhnt sind, müssen nun sciercn l Denn auch mit der Kohlenversorgung hapert es. Jedoch der rührige Direktor des Gartens hat einen Ausweg gefun den — er hat einige der lieben Tierchen in Pension gegeben. Und was machen dis Dresdner mit den Insassen der verschiede nen Käfige? Nimmt etwa eine einsame Jungsrau die schön gcfleckte Tigerin an Stelle ihre« jüngst verstorbenen Mopses? Oder die viel köpfige Familie des Straßenbahnschaffners einen kleinen Elefanten als Spielgefährten für die lustige Kindcrschar, dicwül in der Zweizimmer wohnung in der Hechtstraße allzuviel Platz übrig ist? Mit Nichten! Wie überall hat sich die allzeit rege Geschäftswelt der Sache angenommen. Da ist es ein Wollwarengeschäft der inneren Stadt, das zwei Dromedare beherbergt hat. Mit wohlverschnürten Bündeln zu beiden Seiten der Höcker stolzieren di: schönen Tiere, ge führt von ihrem Wärter, durch die Stadt und tragen auf bräunlichen Kamelhaardecken die Firma ihrer Gastgeber. Dort, auf belebter Ge schäftsstraße in Löbtau hat gar ein Laden drollige mollige Löwmkinder i s Schaufenster genommen und nicht weit davon stolzieren verheißungs voll zwei Störche im Fenster uwhsr, und die kleinen Löbtauer Kinder glauben nun, entgegen den Aussagen aufgeklärter Geschwister, daß die beiden Langbeine just die Insassen dieses Stadtviertels am besten be dacht haben. Unterdeß ist der kürzeste und dabei närrischste Monat des Jahre» beinahe zu Ende gegangen. Er war ereignisreich, trotz alledem. Eine Flugausstellung zeigte anschaulich, wie weit die Menschheit im Nach ahmen der Bewegung unserer kleinen und größeren Luftbewohner ge kommen ist Stebenzylindrige Molore starrten sternslirmig hinter den feinen Arbeiten der Propeller, wcitgeschweiste Tragflächen aus Alumi nium treten aus dem Rumpf hervor und staunend stehen die Leute, begeistert die Jungen, schaudernd die Bedächtigen, die ja auch der ersten Eisenbahn gegenüber ängstlich genug waren. Und als große Lastautos die verschiedenen Flugzeuge wieder sortgeschafft hatten, bevölkerten eine Schar von Hunde aller Raffen die Räume der Ausstellung. Da war freilich wieoer andere« Publikum zu fehen. Zu Zeiten empfing den Besucher ein ganz modern anmutendes Konzert bellender, jaulender und fiepender Töne, und glückstrahlend holte zum Schluß der Eigentümer oder die Eigentümerin irgend eines »er hübschen, klugen Tiere, den vierbeinigen Liebling samt einem Preis oder wenigsten- einem Diplom ins trauUche Heim zurück. Wir denken noch nicht an den Frühling, dieweil auf Straßen und Dächern immer noch neue Schneedecken an den stark bezuckerten Weihnachtsstollen erinnern. Aber gemach! Einige Tage kä men das Bild ändern. Schon daS Nahm deS dritten Monat-ersten im Jahre macht die Menschen fröhlicher. Die Ausgaben für Weihnacht, Ballzelt und Fasching sind glücklich verschmerzt, der Frühling beginnt seine eisten schüchternen Boten vorauszuschicken. Schon wagen sich in den Schau fenstern einige Frühjahrshüte hervor, Konfirmation und Jugendweihe, Lehrantritt und Berufswahl stehen im Brennpunkt des Interesses und ungezählte Dre-dner Kinder schauen hoffnungsvoll der Zeit ent gegen, wo sie als Erwachsene gewertet «erden sollen, bilden sich wohl gar ein, daß nun die Welt eine ganz andre werden wird. K-elo» Lerlkolck Kross und Krankenkassen. Wie katastrophal der harte Winter sich auswirkt, geht hervor aus Zahlen, die von der Ortskrankenkasse Leipzig veröffentlicht werden. In Leipzig sind zurzeit 18 ODO Personen bei der Ortskrankenkasse als arbeitsunfähig krank geschrieben. Im Vorjahr waren es um die gleiche Zeit 13 000. In den ersten zwei Monaten des Jahres 1929 sind von der Ortskrankenkasse 2 711790 Mark bar ausgegeven worden, davon allein an Krankengeld 2327340 Mark, für Sachleistungen sind in der gleichen Zeit 2 278 660 Mark ausgegeeben worden. Die Gesamt ausgaben in dieser Zeit stellen sich einschließlich 446 325 Mark für Verwaltungskosten auf 5 506 765 Mark, für die Woche bedeutet das eine Ausgabe von 688 345 Mark; der Wochendurchschnitt im ganzen Jahr 1928 be lief sich auf 536 655 Mark. An Beiträgen sind ins gesamt nur 4146 365 Mark eingegangen, der Ausgleich mit 1360 400 Mark mutzte der Rücklage entnommen werden. In der Veröffentlichung wird noch besonders darauf hingewiesen, daß diese Zahlen ein Fingerzeig seien dafür, daß jedermann das Interesse habe, die Krankenkasse vor unangebrachter und unrechtmäßiger In anspruchnahme zu schützen. Handlungsgehilfenprüfungen und kauf männische Berufswettkämpfe Von Willy Barthel, Zilian Vorsteher des Kreises Bautzen im Deuischnationalen Handlungsgehilfm-Verbond Im Frühjahr des veryangenen Jahres konnte der Deutschnatio nale Handlungsgehilfen-Verband in Zittov, Bautzen und Großröhrsdorf mit einem yuten Erfvlfl kaufmännische Berufswetikämpfe durchführen. In diesem Jahre finden diese beruflich n Wettkämpfe an 5 Plätzen der Kreishauptmannschast und zwar in Zittau, Bautzen, Löbau, Bischofs werda und Pulsnitz statt. Sie werden am Sonntag, den S1. April 1929 durchgeführt und haben den Zweck, den Grad der Kenntnisse und Fähig keit festzustellen und die interessierten Stellen (Eltern, Erzieher, Schulen und Lehrerschaft, Handelskammer usw.) über die Festst llnnaen zu unter richten. Gleichzeitig sollen die kaufmännischen Berufewetckäms« bei allen Teilnehmern das Streb n nach beruflicher Vervollkommnung wecken und die Eltern veranlassen, ihrerseits diesem Streben einen gewissen Nach druck zu verleiden. Dazwischen hat nun die Handelskammer Zittau beschlossen, nach dem Vorbilde anderer deutscher Industrie- und Handelskammern Hand- lungsgehiifenprüfungen durchzuführen Diese Prüfungen finden zunächst versuchsweise auf sreiwilliger Grm d!«ge statt und werden zu einer dauernden Einrichtung, sofern sie sich bewähren sollten Sie bilden zweifello« eine wertvolle Ergänzung zu den kaufmännischen Beruf-wett- kämpfen. Die Handlungsgehilfenprüfungen haben ihren besonderen Zweck darin, daß sie einmal zeigen sollen, ob j-der Berufsjünger in seiner Lehrzeit da- nvtwendige Matz von Wissen und Können erworben hat und zum anderen soll das Bewußtsein, daß am Ende der Lehrzeit eine Prüfung abzulegt n ist, beim Lehrling als auch beim Lehrherrn dafür sorgen, daß die Lehrzeit richtig ausgenützt wird. Die von der Han delskammer Zittau herauSgegebenen Richtlinien betonen, daß nicht che- maiische« Einzelwiffen, sondern E>fassen des Wesens der kaufmännischen Tätigkeit die Hauptsache der kaufmännischen Ausbildung ist. Der Haupt wert wird bei ter Prüfung auf die Kenntnis der kanfmännschen Praxi« gelegt. Daher erstreckt sich die Ptüsung zu einem großen Teil auf die Stellung von sogenannten Situationsaufgaben. Die Prüfung selbst wird unter Berücksichtigung der besonderen Ausbilduna oes Prüflings durchgeführt. Sie ist also im Gegensatz zu den kausmänischen Berufs Wettkämpfen vorzugsweise auf die Sonderausbildung, die der Prüfling im Lehrbetriebe erhalten bat und somit rein fachlich eingestellt. Bei den kaufmännischen Nerufswctlkämpsen wird da» allgemeine Berussw'ssm erforscht, um nach wie vor die Gewähr dafür zu haken, daß Volltauf- I Ilirs Qarclinsn u. Q^rdmsnskrmssn ksufsn 8is Icloeft im Qskäinsntisus Wunösrlick, »suptmarkt leute herangebildet werden, weil eS ja eine erwiesene Tatsache ist, daß der KauswannSgehilfe auf seinem Berufs» und Lebensweg nicht nur oft seine Stellung, sondern damit auch das Gewerbe wechselt Die kaufmännischen Berufswettkämpfe und die Handlungsgehilfenprüfungen ergänzen sich also gegenseitig und sind beide außerordentlich wichtig. Die Handlungsgehilfe! Prüfungen bestchen aus einem schriftlichen und mündlichen Teil. Der Umfang der Prüfung erstreckt sich auf All gemeinwissen in den Gebieten der Rechtschreibung, der Wirtschastsgeo- grophie, Handelskunde, Buchführung und Rechnen und auf die besondere Fachausduduna. Die Handelskammer Zittau hat ein Prüfungsamt er richtet. Die Abnahme der Prüfung erfolgt durch besondere Prüfungs ausschüsse, die in sider Amtshouptmannsch.st der Kreishauptmannschaft Bautzen errichtet werden. Neben den ständigen Beisitzern in den Prü- funosausschüssen werden nichtständige Beisitzer aus den einzelnen Fach gruppen b-rusen werden, die dem besonderen Fachgebiete der zu prüfenden Lehrlinge ongehörcn. Die Prüfungen finden in der Regel einmal im Jahre und zwar zu Ostern statt. Im Bedarfsfälle können auch Prü fungen zu Michaelis stotlfinden. Die Anmeldung für diesjährige Prü fung hat bis Ende Februar zu erfolgen. Dem ZulaffangSaesuch sind ein kurzer, esienhändig geschriebener Lebenslauf des Prüfling», der Lehrvertrag, ein vorläufiges Schnlzeugnts, das vorläufige Lehrzeugui» und eine Bescheinigung de« Lehrherrn beizufügen. Zug-lassm sind alle Juge blichen, die das 17 Lebensjahr vollendet und eine 3jährige prak tische Lehre dinier sich haben. Bei Lehrlingen mir höherer Schulbildung genügt die 2 jährige praktische Lehrzeit, Die Prüfungsgebühr beträgt 10 RM. Nach der Prüfung beschließt der Prüfungsausschuß, ob die Prüfung „bestanden" oder „nicht bestanden" ist. Im Falle ins Nicht» besteheu« der Prüfung kann diese innerhalb eines Jahres noch einmal wiederholt werden. Dos Ergebnis der Prüfung wird mündlich bekannt gegeben und in ein kostenfreics Prüfungsz-ugniS eingetragen, dessen Aushändigung durch die Handelskammer erfolgt. Es dürfte nicht im Zweifel stehen, daß die Handlungsgehilfen» Prüfungen das stärlste Interesse der bcteilgten Krenc finden werden. Während nun diese nur für die ausgelernten KausmannSlehrltnge in Frage kommen, sind die kaufmännischen Rerusswcttkämpfe auch für die Lehrlinge im zweiten und dritten Lehrjahr off n. Sie sind nicht Sport, sondern ernste Berufsarbeit, die den Willen und das Genüssen der Teilnehmer schärfen soll, im Leben und im Beruf ein ganzer Mann zu sei». Gegen die Veräußerlichung der Konfirmation Die Landessynode hat eine Kundgebung beschlossen in der es beißt: Die Verweltlichung in unserem Volke schreitet fort. Immer mehr geht dabei echte und schlichte Volks sitte und Volkskultur zugrunde. In diesem Strudel wird auch die kirchliche Sitte, soweit sie noch besteht, hi neingezogen. Eine solche Verweltlichung beobachten wir in zunehmend bedrohlicher Weise bei der Konfirma- tions feier. Man kann sich auch hier nicht genug tun in Geschenken und äußerlichen Veranstaltungen. Man gefährdet damit den Ernst des Tages. Darum erhebm wir einen ernsten Rus zur Schlichtheit. Wir wenden uns nicht gegen die Familienfeiern, sondern schätzen sie hoch. Wir lehnen nicht die Geschenke als solche am Konfirmationstage ab, wir wissen die Freude an schlichtem Schmuck, an der Blume, an gutem Buch und Bild zu würdigen. Wir beobachten aber eine sinnlos veräußerlichte, prunkhafte Uebcrsteige- rung der Feiern und Geschewke und bitten daher alle christlichen Eltern, um der Kinder und des Ernstes der Feier willen, die Konfirmation vor Veräußerlichung zu bewahren. Frühling im Lustpostverkehr. Die Nachrichtenstelle der Oberpostdirektion Dresden teilt mit: Vom 1. März an sind die Luftverkehrslinien vop^i-irrdt 1928 b? Karl Köhler L Co., Berlin-Zehlendorf 5jh Nachdruck verboten Fritz machte der kühle Abschied am meisten Spaß, aber ihm zuckte dafür das Herz etwas bei dem Gedanken, daß auch die rei zende, kleine Hilda nun auf und davon fuhr. Wilde Entschlossen- heit überkam ihn. Und eben als Hilda nach dem letzten herzlichen Kuß, den sie mit Maria gewechselt hatte, in den Wagen steigen wollte, ergriff Fritz sie mit aller Macht an ihrem Mantel an einer Stelle, an der man sonst im allgemeinen eine Dame nicht sesthält, riß sie herum und packte sie fest bei den Armen, sah ihr wütend in die erstaunten Augen und flüsterte — nur ihr verständlich: „Du — ich hab' dich lieb! Merk' dir das, verstanden?!" Und ehe Hilda nur einen Ton sagen konnte, küßte er sie heftig aus den vor Erstaunen geöff neten Mund, rief ihr zu: „Mach' den Mund zu, es zieht!" und schob sie sehr plötzlich in das Auto. Ohne sich dann noch um die Abreise zu kümmern, ging er in das Haus hinein und war für den ganzen Tag unausstehlich. Am nächsten Morgen sehr früh fuhren Ernst, Maria und die Kinder in dem großen Wagen ab, während Fritz mit seinem Weltschmerz und den Hunden in dem kleinen Wagen hinterher fuhr. Drüben am anderen Ufer standen die Frau Geheimrat und Doktor Held, die ihnen noch einen letzten Abschiedsgruß zuwink ten. Maria winkte begeistert wieder, allerdings galt ihr Gruß nur Werner Held. Ernst blieb ruhig sitzen, sah er doch deutlich, daß oben in dem obersten Geschoß von Carolahof sich die Gardinen eines Fensters bewegten und für kurze Augenblicke das Köpfchen Maximilias erschien. Ein weiches Lächeln lag um seinen sonst so strengen Mund, und er war mit seinen Gedanken beschäftigt, daß er erst nach Minuten merkte, daß Maria weinte. „Was hast du denn, Ria, du weinst?" „Ich weine doch nicht, ich habe nur ein paar Tränen in den Augen!" „Was ja wohl ganz auf das gleiche herauskommt, nicht wahr? Von wem fällt dir denn der Abschied so schwer?" „Mir? — O, von Maximilia natürlich!" „So — sie war aber gar nicht unten am Ufer." „Ach — ich glaubte, sie gesehen zu haben." Maria war ein wenig verlegen, was Ernst nicht entging. „Sag' mal, Mädel — vermute ich recht? Du — und der Doktor?" „Ach — was du nicht sagst!" „Also stimmt es. Du, Ria, das freut mich, denn er ist ein ganz famoser Kerl!" „Ja, nicht wahr, das ist er?" „Siehst du, hab' ich dir nicht gesagt, daß es stimmt?!" Er faßte sie lächelnd unter das Kinn und gab ihr einen Kuß. Sie hatten beide wegen der Kinder, die vor ihnen saßen, englisch gesprochen. „Wie lange ist es denn schon, daß ihr euch lieb habt?" Maria lieferte nun einen ausführlichen Bericht, der entschie den sehr blumenhast ausgeschmückt war. * * Der Herbst verlies für Maximilia sehr ruhig. Sie empfand nur die lieben Stunden mit der Großmama und die Stunden, an denen sie mit dem Vater Briefe wechselte, als lebenswert, Henn sonst war es leer um sie und in ihr. Oft dachte sie voll Sehnsucht an die Tage, da sie noch nicht Ernst Dornberg gekannt und sie die schöne, ausgeglichene Ruhe ihres Herzens gehabt hatte. Jetzt war es ihr ost so weh ums Herz, und sie fühlte sich einsam und allein, eine Empfindung, die sie früher nie gekannt hatte. Mit Maria wechselte sie eifrig lange Briese, in denen sie alle kleinen, unbedeutenden Erlebnisse ihrer Tage berichtete. Oft kam auch Werner Held auf kurzen Besuch nach Carola hof, um ihr von seinen bisherigen Erfolgen zu berichten, und er besprach mit ihr einen Grundstückskauf, der sich der Verwirklichung näherte. „Es ist wohl am besten, Herr Doktor, Sie fahren bald zu Papa rüber, damit Sie alles mit ihm selbst besprechen können. Fahren Sie doch im Februar, dann geht Maria wenigstens be stimmt mit mir nach Nizza. Wie steht es denn in Düsseldvrs? Ist Frau von Gersdorf schon dort?" „Ich glaube, sie kommt in den nächsten Tagen, so sagte mir wenigstens Fritz, der dann auch einmal hinfahren will. Wie wäre es, wenn Sie mitkämen?" „Nein, nein, das geht nicht," wehrte sie hastig ab, „ich muß hierbleiben, bis ich mit Großmama nach St. Moritz abreise. — Heiratet denn Ernst Dornberg noch nicht bald?" Für Werner war diese Frage wirklich eine ganz nebensäch liche, aber wer die feine Stimme genauer kannte, wußte, daß bei dieser Frage tiese Gefühle mitschwangen. „Heiraten — Ernst?! Der ist doch nicht —! Wen soll er denn heiraten? Wie kommen Sie denn auf die Idee?" „Nun, ich meinte es so verstanden zu haben aus einer An deutung von Ria, daß er sich für Frau von Gersdorf interessiere." Werner lachte ihr hell ins Gesicht. „Ernst mit Hulda? — Nee, Maxe, das ist nicht zu machen! Das war mal so ein verrückter EinsaU von Ria, den ich ihr aber schon gründlich ausgeredet habe." Maximilia wußte es anders, sie hatte es ja mit eigenen Augen gesehen- daß er Frau von Gersdors wieder und wieder die Hand küßte in so ganz besonderer Art. Aber sie wollte dies Thema mit Werner nicht weiter ausspinnen. Sie ließ deshalb nur herzliche Grüße an alle bestellen. -i- * Einige Tage später, als Werner bei Maria saß, kam Ernst dazu und fragte ihn, ob er wieder in Carolahof gewesen sei. Wer ner bestellte ihm die Grüße, die Maximilia ihm aufgetragen hatte. „Nanu, für mich war da auch ein Gruß dabei?" „Ja und nein! Ich sollte eben alle grüßen." „Aha, das wird schon eher stimmen, denn das kleine Fräu lein und ich sind doch in erbitterter Fehde geschieden. Und wie steht es sonst dort?" Ernst wußte sein tiefes Interesse wirklich gut zu verbergen. „Das lustigste war, daß Maximilia mich fragte, ob Sie noch nicht verheiratet seien. Und wissen Sie — mit wem?" „Na, da bin ich gespannt." „Sie meinte, daß Sie sich mit Frau von Gersdorf verheira ten würden, weil sie beobachtet hätte, daß Sie sich für diese Dame interessierten, und weil Ria ihr auch einmal eine solche Andeutung gemacht habe." Ernst lachte vergnügt auf. Vergnügter, als es der Fall ver langte. Wurde ihm doch setzt mit einemmal klar, warum Maxt- milia in der letzten Zeit so ganz besonders unliebenswürdig war. Ausgerechnet — Hulda! Fand Fräulein Maximilia denn gar keine andere Frau für mich? Was habe ich ihr denn getan? — Und du, Ria, du hast auch diese Frau sür mich ausgesucht? Bist du denn von allen Göttern verlassen gewesen?" Er zauste sie an ihren blonden Locken, und sie sah ihn ganz zaghaft an. „Ach, weißt du, Ernst, ich dachte, du hättest keine Zeit, dir eine Frau auszusuchen, und da wollte ich dir eine besorgen." „Na, jedenfalls bin ich der Falle glücklich entronnen. Aber lustig ist es doch, daß Fräulein Maximilia nun auf die Ver lobungsanzeige wartet." * ri- Viele Wochen nach dieser Unterredung bekam Ernst einen langen Brief von Maria aus Nizza, wo sie mit Maximilia und der Frau Geheimrat weilte. Dieser Brief setzte ihm derartig zu, daß er sofort das Packen seiner Kösser befahl und am Abend noch nach Paris reiste, um von dort nach Nizza zu fahren. Die be wußte Stelle in dem Brief lautete: „Naturbeschreibungen kann ich mir ja schenken, denn du kennst Nizza besser als ich. Aber ich muß dir doch sagen, daß mich dieser Luxus hier in Erstaunen setzt. Was bin ich mit meinen Kleidern gegen diese reichen Amerikanerinnen, die eine kostbare Toilette nach der anderen tragen . . . und, zu Dir gesagt, in einer so scheußlich ungraziös aussehen wie in der an deren. Grazie scheint ein ganz besonders rarer Artikel bei den Amerikanerinnen zu sein. Perlen und Brillanten allein machen es nicht. Auch die fabelhaften Luxusautos nicht, in denen sie dann sitzen wie die garnieren Hühne'
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