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Nr. 52. Pulsnitzer Tageblatt. — Sonnabend, den 2. März 1929. Seite 10. „Die Mo-e vom Tage" s». !-— . . - Moderne Gefthmacksbildung. I l Nachdruck sämtlicher ArdiLol und Illustrationen verböte«.) Der Geschmack kann ausgebildet werde«. — Elegant sei«, heißt einfach sein. — Es gibt Dinge, die niemals ans der Mo-e kommen. — Harmonie der Kleidung — ein unerläßlicher Faktor -er Eleganz. Geschmacklicher Unterricht ist eine Sache, -er bisher noch viel zu wenig Aufmerksamkeit zuteil wurde. Noch niemals ist er in einer Zeitung zum Gegenstand einer ernsten Betrachtung gemacht worden. Die Grundidee des Geschmacksunterrichtes besteht dabei in nichts anderem als in einigen allgemeinen Grundzügen, die immer wiederkehren, und auf die sich die ganze Ge schmacksrichtung, also die ganze äußere Kultur der Frau aufbaut. Wenn man weiß, worauf es im wesentlichen an- kommi, wenn man vielmehr erkannt hat, was unterlassen werden muß, worin nämlich diejenigen Fehler bestehen, die das elegante Aussehen immer wieder verhindern, ist schon viel gewonnen. Man braucht sich nur nach ein paar Regeln und Grundsätzen zu richten, damit Geschmack und gutes Aussehen zur Selbstverständlichkeit werden. „Für mich ist ta die Mode doch nichts," denkt manche Frau in heißer Verbitterung und wendet sich von allen modischen Dingen, je nach ihrer Charakterveranlagung, ent weder mit ironischer und spöttischer Miene oder aber mit stiller Wehmut ab. Die ersteren Frauen gehören zu der jenigen Kategorie von Menschen, die mit dem Fuchs, der die Trauben zu sauer fand, weil sie ihm zu hoch hingen, ver gleichbar sind, im zweiterwähnten Falle aber glaubt die betreffende Frau, daß sie, gerade sie, keinen Anteil an Mode und Kultur haben könne, weil sie etwa nicht mehr ganz jung, nicht ausfallend schön oder aber nicht reich sei. Run, es wird heute schon durchwegs begriffen, daß eine jede Fra«, auch die nicht ganz junge und weniger bemittelte, modisch gekleidet sein kann. Gutes Aussehen ist weniger eine Angelegenheit des Geldbeutels als der Geschicklichkeit. Diese Geschicklichkeit aber beinhaltet gleichzeitig Kultur und Geschmack. Und der Geschmack kann ansgebildet werden. Wir Frauen, die heute das dritte Jahrzehnt überschritten haben, also der Generation angehören, die augenblicklich auf der Höhe des Lebens angelangt ist, stammen alle aus der Zeit, wo man der Kleiderfrage anders gegenüberstand als jetzt. Damals waren Ansichten, daß ein tägliches Bad nur für „berufsmäßige Verführerinnen" — um keinen krasseren Ausdruck anzuwenden — möglich sei, daß nur eine „Aristo kratin" oder das, was man sich unter einer solchen vorstellte, manikürte Hände habe, daß nur eine „Millionärin" eine Abendtoilette brauche, gang und gäbe. Solche mit der Muttermilch eingesogenen Ansichten wird man nur schwer los, nur daun, wenn, wie es bei uns der Fall ist, der Ueber- gang von einem zum ander« Zeitalter vor sich geht, wo derartige Umstürze althergebrachter Ansichten hereinzu brechen pflegen. * » * Der oberste Grundsatz fürs Anziehen lautet: Elegant sei«, heißt einfach sein. Was ist das Geheimnis der großen Schneider, der teuren Schneiderinnen? Jene einfache Eleganz, die wir mit Recht als „raffinierte" Gleganz «bezeichnen, und die nicht nur raffiniert, sondern anch zeitlos ist. Es gibt Dinge, die niemals aus der Mo-e kommen. Es gibt Farben, die immer elegant und vornehm wirken, die nicht der Mode unterliegen, ebenso wie es Farben gibt, von denen man im voraus weiß, daß sie nur eine Saison lang Favorit der Mode bleiben werden. Die berufstätige Frau von heute muß es sich zum Prin zip machen, daß auf ihren Sachen nicht die Jahreszahl auf gedruckt sei, wie es das für modische Dinge gut eingestellte Auge vielen Kleidern denn sogleich ansieht, in welchem Jahre sie verfertigt sind. Daher darf nur diejenige Frau, die ihre Sachen nicht lange tragen muß, modische Extra vaganzen mitmachen, die anderen Frauen aber müssen sich in die Mode so weit einfühlen, um beurteilen zu können, was Modelanne und was bleibende Moderichtung ist. Aus sehr teuren Stoffen sollen überhaupt nur Sachen verfertigt werden, die nicht der Mode unterliegen. Wir möchten nun auf die einfachsten Lehren des guten Geschmackes, das eigentliche ABC der Geschmackslehre, über gehen. Dieses ABC lautet: Einfachheit «nd Unaussälligkeit. Man sieht noch allzu häufig Frauen, die zwei oder noch mehr grelle Farben auf sich haben. Ein grünes Kleid kann niemals wirken, wenn ein roter oder violetter Hut dazu getragen wird. Das eleganteste Kostüm wird unelegant, wenn der Schuh, der dazu getragen wird, diesem Kostüme nicht entspricht, sondern ein Nachmittags- oder gar ein Abendschuh ist. Und woher kommt es, daß soviele Frauen in ihrer Kleidung immer wieder diese Kardinalfehler be gehen? Nichtwissen ist nicht -er Grund. Sie wissen es heute schon ganz gut, daß Harmonie der Kleidung ein unerläßlicher Faktor der Eleganz ist. * Aber sie kaufen zu wahllos ein. Sie kaufen nicht nach dem Gesichtspunkt des Brauchens, der praktischen und melseitigen Verwendbarkeit eines Kleidungsstückes, sondern nur bei Gelegenheit, bei billiger Gelegenheit ein. Eine Frau, di« im Warenhaus einen Hut sieht, der ihr steht und der nur fünf Mark kostet, kauft ihn in der Regel, weil er doch „so preiswert" ist. Bei nächster Gelegenheit kaust sie einen ebenso „preiswerten" Schal, der eine unmögliche, zu keinem ihrer Kleidungsstücke passende Farbe hat. Und da sie diese Sachen auch tragen will und muß — denn keine Frau ist heute tn der Lage, gekaufte Dinge nicht zu verwerten —, sieht sie dann eine Saison laug oder aber noch länger un möglich und geschmacklos aus, weil die gediegene, wohl durchdachte und harmonische Zusammenstellung des ganzen Anzuges nicht vorhanden ist. P Das Teuerste ist das Billigste! Unter diesem Gesichtspunkt kleiden sich heute schon sehr viele Frauen, die sich nur wenig leisten können und ganz genau mit jeder Mark, die für Kleidung verwendet wird, rechnen müssen. Eine solche Frau, die ein Kleid benötigt, legt lieber, ehe sie etwas Billiges und Schlechtes kauft, eine paar Monate lang einen Betrag zur Seite, um sich dann erst etwas Gediegenes anzuschaffen. Oder sie kauft in einem Monat den Stoff, tm nächsten die Zutaten, um erst im dritten zur Schneiderin zu gehen und das betreffende Klei dungsstück anzuschaffen. Wir sehen ein, daß auch das nicht immer geht, daß oftmals ein Kleidungsstück plötzlich und zu dringlichem Anlasse gebraucht wird. Auch da sollte man sich stets überlegen, daß der Grundsatz „zu einem einmaligen Anlasse genüge etwas Billiges" falsch ist, da der als Kauf preis erlegte Betrag dann vollständig hinausgeworfen ist, während ein für einen bestimmten Zweck gekauftes Kleid, das weiter nicht mehr so verwendet werden soll, leicht ver ändert werden kann, wenn das Material gut und gediegen ist. Drei Kleider, die zusammen beispielsweise für 75 Mark gekauft werden, haben zusammengenommen viel weniger Wert und Lebensfähigkeit als ein einziges Kleid, wofür man diesen Preis anlegt. (Fortsetzung folgt.) Kleines Abendkleid aus lindengrünem Crepe de Chine. Runder Ausschnitt mit großer Ansteckblume. Die Taille ist seitlich gezogen und die Garnitur des Rockes bildet eine Raffung aus dem Stoff des Rockes. 1120. Crepe de Chine-Jumper mit angeschnittenem Jabot und ausspringenden Viesen. 1121. Neuartiger Jumper aus Trikotstoff mit aufgenäh ten, abschattierten Quadraten. 1122. Einfaches Kleid aus leichtem Wollstoff iu Prinzeß form mit gebundenem schalartigem Tuch als Kragen. Der Rock ist vorn glockig geschnitten. 1123. Kleines Complett, bestehend aus Rock und.Jumper sowie dazugehörigem Jäckchen. 1124. Eleganter Nachmittagsmantel aus dunklem Woll stoff mit reichem Pelzbesatz, leicht tailliert gearbeitet. 1123. Dunkelblaues Schneiderkostüm mit Herrenrevers auf vier Knöpfe gestellt. Der Nock hat einen Sattel und vorn eine breite Tollfalte. 1126. Einfacher Sportmantel in Raglanschnitt mit hoch gestelltem Kragen und breitem Ledergürtel. Verlagsschnittmuster nur für Abonnenten. Mäntel, Kostüme, Klei-er SO Pf., Binsen, Böcke, Kin-ergar-erobe, Wäsche 70 Pf. Z« beziehe» durch -ke Geschäftsstelle.