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Rheumatismus als Voskskrankheii. Der Rheumatismus bringt für alle, die von ihm heimgesucht werden, außer den körperlichen Beschwerden auch noch Aerger und Verdruß,' denn der geplagte Patient findet oftmals nicht die erwartete Teilnahme, weder bei den An gehörigen noch bei dem behandelnden Arzt, und mürrisch schilt er auf seine Umgebung, die an seine Krankheit nicht glaubt, und auf den Arzt, der ihm nicht hilft. Woran liegt das? Wir müssen bekennen, daß die Wissenschaft noch keine sichere Kenntnis vom Wesen des Rheumatismus besitzt, und daß infolgedessen auch die Grundlage einer wirksamen Behandlung Wir besitzen keine amtlichen statistischen Unterlagen über die Verbreitung von Rheumatismus. Der Anfang ist aber gemacht, indem einzelne Krankenkassen und Versicherungs gesellschaften von sich aus in kleineren Bezirken Erhebungen angestellt haben, die zu der überraschenden Feststellung führten, daß der Rheumatismus sehr viel verbreiteter ist als Tuberkulose und Krebs, und daß die Häufigkeit des Auf tretens von Rheumatismus dazu zwingt, sich mehr als bisher mit dem Wesen und der Behandlung dieser Volkskrankheit zu beschäftigen. Die wissenschaftliche Untersuchung bestätigt die Volks erfahrung, daß die Erkrankung an Rheumatismus auf Kältewirkung zurückzuführen ist, die einen hemmenden Einfluß auf die Blutzirkulation ausübt und vornehmlich die Körperteile trifft, die am meisten der Kälte ausgesetzt sind. Mangelhafte Blutzufuhr stört die Konstitution der Zellen und Gewebe und ruft in Muskelpartien, Sehnen, Knochen und Gelenken die Beschwerden hervor, die wir mit Rheumatismus bezeichnen. Die Behandlung sucht durch Wärme, Massage, Bewegung usw. die gestörte Zirkulation wieder herbeizuführen und damit die Krankheitserscheinungen zu verringern oder gar zu beseitigen. Erkrankungen an Rheumatismus sucht man zu vermeiden, indem man empfiehlt, den Körper abzuhärten und gegen Witterungs einflüsse weniger empfindlich zu machen. Das geeignetste, vorbeugende Mittel ist eine nicht übertriebene, sportliche Betätigung. Mehr als bisher sollte im Volke die Erkenntnis wachsen, daß eine gesunde Lebenshaltung uns Schmerzen, Geld, Lebensfreude und Arbeitskraft erspart, und daß Volks- krankheiten nur dann wirksam bekänrpft werden können, wenn jedermann weiß, was seinem Körper schädlich ist und wie er sich vor schädigenden Einflüssen bewahrt. Giftgefahren km Hause. In jedem Hause, in jeder Küche und Speisekammer be finden sich Substanzen, die entweder an sich als Gift be zeichnet werden können oder durch Berührung mit anderen Stoffen Gifte erzeugen. — Das blankgeputzte kupferne Koch geschirr ist eine Zierde der Küche, der Stolz der Hausfrau; aber wenn es innen nicht gut verzinnt ist, entwickelt sich beim Kochen von sauren Speisen basisch essigsaures Kupfer oxyd, der äußerst giftige Grünspan. Tontöpfe, bei denen die Glasur nicht gut eingebrannt ist, können verhängnisvoll werden, weil saure Flüssigkeiten aus ihr das giftige Blei oxyd entnehmen, und solche Vergiftungen werden auch durch Trinkgefäße verursacht, die aus bleihaltigem Zinn her gestellt sind. Der Geruchsinn und der Geschmack gewähren im allge- meinen einen sicheren Schutz vor dem Genuß verdorbener Speisen, doch versagt er in einigen Fällen, weil manche Stoffe, wie Fleisch- und Fischgifte, schon in sehr geringen Mengen dem Organismus gefährlich werden; es sind Fäulnis- Produkte, die sich namentlich in der warmen Jahreszeit leicht bilden, noch bevor ein Verwesungsgeruch wahrnehmbar wird, und deren Vorhandensein daher unbemerkt bleibt. Durch dis Siedehitze werden sie zwar zum größten Teil zerstört, doch genügen, wie gesagt, die kleinsten Spuren dieser Stoffe, dis auch in schadhaft gewordenen Konserven vorkommen, um schwere Vergiftungserscheinungen hervorzurufen. Dazu ge- gehören auch die Pilzgifte, und es sollten daher nur solche Pilze genossen werden, die als unschädlich bekannt sind. — Essigsäure, die sich vom Speiseefsig nur durch den schärferen Geruch unterscheidet, darf nie in unverdünntem Zustande zu Kochzwecken verwandt werden, weil sie durch Verätzung der Magenwände äußerst gesundheitsschädigend wirkt. Schwefelsäure, Salzsäure und Salmiak geist, die als Pubmittel noch immer Verwendung finden, ovgietch man sie ourch vollkommen uni cycivUche Präparate ersetzen kann, dürfen niemals in der Küche oder in der Speise kammer ausbewahrt werden, ebenso Lysol und SubIi - matlösung, die zur Desinfektion dienen; gar mancher hat seine Unachtsamkeit mit dem Leben büßen müssen, der sich in den Flaschen vergriffen und von diesen Flüssigkeiten getrunken hat — die gehören an einen sicheren Ort und sollten durch deutliche Aufschriften kenntlich gemacht werden. Selbst das Benzin ist nicht nur feuergefährlich, sondern auch giftig, und muß daher besonders sorgfältig aufbewahrt werden. Ordnung und peinliche Sauberkeit gewährleisten den sichersten Schuß gegen alle Giftgefahren, die uns im eigenen Haushalt bedrohen; auch sollten die Erwachsenen nicht ver gessen, daß Kinder aus Neugier, Unerfahrenheit und Nasch, sucht sich gern an Dinge heranmachen, deren Genuß für sie verderbliche Folgen hat, und ihnen den Zugang zu denselben verwehren. k>. Fleischfressende Bäume (Affen als Mahlzeit) Es ist bekannt, daß es fleischfressende Pflanzen gibt. Aber fleischfressende Bäume, die diese angenehme Tätigkeit sozusagen en gros ausüben, dürften doch zu den Selten» heiten gehören. In einem Landstrich von Guayana, der von den Patapus bewohnt wird, gibt es tatsächlich fleisch, fressende Bäume. Sie sind fünf bis sechs Meter hoch, mit riesigen und sehr dicken Blättern, und strömen einen durch dringenden Dust aus, der, wie es scheint, sehr verlockend für die Affen ist. Falls es aber einer von ihnen wagt, den Baum zu erklettern, so schließen sich die Blätter ganz fest um ihn, ersticken ihn und verzehren ihn langsam. Wenn sie sich einige Tage nach der Festmahlzeit wieder öffnen, sind ' nur »och die Knochen übrig, wahrlich ein klägliches Ende einer glühenden Umarmung. ; o—mo—o Praktische Winke o—° Aufpoliere« der Möbel. Das beste, einfachste Mittel, den glatten Flächen Glanz zu geben, besteht in der Anwendung feinsten rektifizierten Terpentinöles. Man be feuchtet mit ihm saubere Leinwandlappen und reibt hiermit die Flächen strichweise recht kräftig ab, wobei man darauf achten muß, daß der Leinwandlappen immer gut durchtränkt ist. Das Trocken- und Blankreiben der Möbel geschieht mit weichem, wollnen Flanelltuch. Behandlung von Silbersache«. Silberne Kaffee- und Eßlöffel, die man täglich im Gebrauch hat, erhält man ohne besondere Reinigung bei ihrem schönen Glanz, wenn man sie nach ihrer Benutzung in das heiß gehaltene Kar toffelwasser, in dem man die Salzkartoffeln fürs Mittagessen kochte, legt, darin etwa zehn Minuten läßt, in klarem Was ser nachspült und sofort trocken und blank reibt. Ein Putzen, das zudem das Silber bei öfterer Anwendung nur angreift, ist dann nur in längeren Zeiträumen nötig. ° Humoristisches ° Im Fremdenbuche des „Kuhstalles" (Sachs. Schweiz) hatte ein begeisterter Wanderfreund (oder vielleicht eine Wan derfreundin rh ihrem Herzen mit folgendem Eintrag Luft gemacht: „Ich hab ihn gesehen, ich hab ihn gesehen, Ich habe den göttlichen Kuhstall gesehen!" Ein Witzbold schrieb darunter: „Wir haben's gelesen, wir haben's gelesen, Es ist ein Ochs im Kuhstall gewesen!" * Nicht zu Verblüffe«. Ein Forscher erzählte dem berühmten Bankier Rothschild von einer Entdeckungsreise nach Tahiti. — „Und wissen Sie, was mir besonders dort ausgefallen ist?" fragte er den Bankier mit einem leichten ironischen Blick. „Nun?" fragte dieser ruhig. „Daß es in Tahiti weder Juden noch Esel gibt." „Wie wäre es", erwiderte unerschütterlich Rothschild, „wenn wir beide einmal zusammen hingingen, um diesem Mangel abzuhelfen?" 4 ufe nicht vergangne Tage, Nicht verschwundne Zeit zurück; Leb' der Gegenwart and Klage Nimmer «m entschwundnes Glück. Weh dem Maune, der verzagend Auf verfloss«« Stunden schaut, Der die Gegenwart verklagend, Nicht der eigne« Kraft vertraut; Der mit Wehmut und voll Bangen Rückwärts hält den Blick gewandt ; Glänzend liegt» du mutzt's erlange«, Bor dir das gelobte Land. Sonnlagsgedanken. —° Dem altkirchlichen Evangelium des heutigen Sonntages, dem Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, geht d!e Geschichte von dem r ichen Jüngling voraus, der zu Jesus gekommen war mit der Frage: „Guter Meister, was soll ich tun, daß ich das ewige Leben haben möge?" Auf Jesu Rat hin, er solle die Gebote Gottes halten, hatte der Jüngling gesagt: „Das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf; waS fehlt mir noch?" Da hatte ihm der Meister das Ansinnen gestellt: „Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe was du hast und gib es den Armen, so wirft du einen Schatz im Himmel haben, und folge mir nach!" Das aber hatte der Jüngling nicht zu tun vermocht und war darum betrübt von Jesus fortgegangm. „Was fehlt mir noch?" so hatte der Jüngling gefragt in der Meinung, daß er den Geboten Gottes Genüge geleistet habe. Aber er fühlte doch dabei, daß der Gehorsam gegen Gottes Gebote noch nicht alles sei, waS er zu tun habe. Er hatte erkannt, daß es mit seinem Innern noch nicht so bestellt war, wie es eigentlich sein sollte, und meinte nun, von Jesus, in dem er einen zu großer Vollkommenheit vorgeschrittenen Menschen sah, lernen zu können, auf welche Weise er auch vollkommen werden könne. „Was fehlt mir noch?" so mögen wir wohl auch fragen. Man. chcr mag diese Frag« tun au- einem selbstgerechten Herzen heraus. ES ist doch seltsam, wie bescbeiden die Menschen oft in ihren Forderungen an sich selbst sind und mit wie wenig Innenleben sie meinen vor Gott einst bestehen zu können im letzten Gericht. Es genügt nicht, daß wir „gute" Menschen sind, daß wir einen rechtschaffenm Wandel vor den Augen unserer Mitmenschen führen. Auch wenn uns niemand vor werfen kann, daß wir die Ehe gebrochen, daß wir das Leben oder das Eigentum oder die Ehre eines Menfchen verletzt oder daß wir unfere Eltern nicht geehrt haben, so haben wir doch noch längst nicht alles getan, waS wir zu tun schuldig find. Der reiche Jüngling hatte alles beob achtet, was die Gebote vorschrieben, hatt: alles vermieden, was die Gebote verboten, und hatte doch das Empfinden, daß er noch mehr tun müsse. J.sus erkannte, daß er ihm mit seiner Frage: „Was fehlt mir noch?" wirklich um seine Vervollkommnung zu tun war und daß keine Selbstgenügsamkeit und sromme Einbildung ihn so fragen ließ. Und darum gab er ihm auch die Antwort, die ihm das zeigen sollte, was ihm noch fehlte: ein Herz, das sich Gott ungeteilt hingibt, ein Herz, das sich nicht umstricken läßt von den F-sseln des Reichtums, ein Herz, das frei ist von irdischen Gedanken und Begierden, von der Sehnsucht nach Wohlleben und Le bensgenuß. Aber diese Forderung war dem reichen Jüngling zu hoch. Sein Herz hing an den Gütern dieser Welt, sein Herz stand den Gü tern de- Erdenlebens näher als den Forderungen der Ewigkeit, und darum unterlag er im Widerstreite zwischen irdischen und ewigen Gedanken. Und wie steht es denn mit uns? Können wir wohl mit dem reichen Jüngling sagen: „Ich habe Gottes Gebote gehalten von meiner Jugend auf"? Ach nein, das kann keiner von uns. Und wenn wir fragen: „WaS fehlt mir noch?" fo müssen wir uns selber darauf die An'wort geben: Noch viel mehr als dem reichen Jüngling. Mr sind ja viel stärker als er an daS irdische Leben gebunden, wir haben es darum auch viel r ötiger als er, frei zu werden von irdischen Gedanken und Begierden. Unser Herz hängt zu sehr an irdischen Dingen und vermag sich deshalb nicht zu Gott zu erheben. Es ist uns darum heil- sam und notwendig, immerwirder anfgesordert und ermahnt zu werden: Werde arm im Geiste, lasse irdische Güter oder die Sehnsucht nach ihnen nicht mehr eine Schranke sein zwischen Gott, deinem Herrn, und dir. Was dein Herz so fest bindet, daß eS nicht vom Irdischen los und sich ganz zu Gott erheben kann, wirf von dir. Tue ab das falsche Vertrauen auf irdischen Besitz und auf deine körperliche und geistiae Kraft, beuge deinen Stolz unter die gewaltige Hand Gottes und laste Gott allein deine Zuversicht und deine feste Burg sein. Gott gebe uns Kraft, diesen Mahnungen Gehör zu schenken, und bewahre uns davor, daß wir wie der reiche Jüngling irdische Güter und irdische Freuden den Freuden der Ewigkeit vorziehen! N v ——— Geschlechter ———— Skizze von W. von Bosenstein Weit im Osten jenseits des Don dehnt sich, allmählich in den Ausläufern des Kaukasus sich verlierend, die Hunger- steppe. Schweifende Tataren und Baschkiren, sowie gelegent lich jagende Kirgisen sind die einzigen Menschen in der großen, weltfernen Weite. An einem Nebenfluß des Don stand vor mehr als zwei Jahrhunderten der Jurte Kutus. Oft, wenn die ersten Dämmerschatten des Abends sich zur Erde senkten, lehnte der Alte vor der Tür seines Wohnhauses und starrte in tiefen Gedanken gen Westen. Dort, wo das goldene Tor der scheidenden Sonne seine Strahlenbogen spannt, wo die Donische Steppe in all ihrem Zauber sich streckt, dort hatte der edlem Blut Entsprossene einst auf reicher Besitzung ge haust. Oft dachte der alternde Mann jener Jahre, die doch so schnell verrannen, mit allem, was sie gebracht: Es war im Spätwinter, der Schnee bereits verschwun den, und die lieblichen Kinder Floros begannen, ihre leuch tenden Kelche der Sonne zu erschließen. Froh blökte, brüllte und wieherte es, als Kutu an der Spitze seiner Herden gen Osten ritt. Da wendete sich plötzlich der laue Südwest. Unruhig schnaubten die Rosse, die Schafe drängten sich ängst lich zusammen, kaum waren die wildgewordenen Kamele zum Hinlegen zu bringen. Scharf jagten die Wolken und schnell sank die Luftwärme. In zwei Stunden brauste die Wjuga daher; keine fünf Schritte weit war etwas zu erkennen im wogenden Treiben des Schnees. Zuerst hielten die leitenden Ziegenböcke stand, doch dann riß bei den Schafen die Panik ein und ging binnen kurzem auf die gesamten Herden über. Finster runzelten sich die Brauen Kutus, so oft er an diese Stunde zurückdachte. Drei Tage und drei Nächte hatte menschlicher Wille damals ununterbrochen gegen den tollge wordenen Tierstrom angekämpft. Doch als das Unwetter sich endlich legte, kauerte Kutu mit nur wenigen der Seinen neben den zusammengebrochenen Reittieren im Schnee, und rings umher herrschte Schweigen des Todes. Nur hier und da wankte, mühsam auf zitternden Beinen, unsicher und wie betäubt ein halbtotes Geschöpf heran. Als ob die bösen Dämonen der Steppe ihn verhöhnen wollten, klang an sein Ohr das triumphierende Schreien und Heulen jenes grauen Gesindels dem der Tod überreich den Tisch gedeckt hatte. 1