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„Die Moöe vom Tage" 1093 1094 1045 ' 096 1047 '048 1044 1100 Der Kaufmann brancht Platz und Gel- für die neuen Frühlingskleider und -Mäntel und schafft sich durch den Ansverkauf die Winterware vom Lager. — Ueberlegte Ausnutznng des Ausverkaufs ist ein Vorteil, den jeder gern wahrnimmt. — Bei modische» Dingen karrst man zweckmäßig nach dem Grundsatz, daß unauffällige Linien immer modern bleiben werden. - Auch für den Herrn ist der Ansoerkauf immer ein gutes Geschäft: A Herrenmoden wechßeln so langsam, -aß der Anzng «nd Mantel bestimmt auch noch in der nächsten Saison getragen werden können. — Kinder wachsen schnell; Kleidchen und Mäntel chen kosten im Ausoerkanf weniger und halten sicher so lange, als sie paffen! Es ist doch sehr gut, -atz -er erste Tag -es Jahres ein gesetzlicher Feiertag ist. Denn auch der solideste Mensch trinkt in der Sylvesternacht sein Maschen Punsch um- geht bestimmt nicht mit den Hühnern ins Bett. Wenn er dann, soweit er weiblichen Geschlechts ist, am nächsten Tag un ausgeschlafen in den Großkampf des Inventurausverkaufs hinein müßte — es wäre nicht auszudenken. So aber kann die Hausfrau, durch die Ruhe am ersten Jahrestag gekräf tigt, mit kühlem Kopf, kritischem Blick und strategischem Talent alle Freuden des Ausverkaufs genießen. Für sie sind es nämlich Freuden — vorausgesetzt, daß sie weiß, was sie will. Warum ist eigentlich immer gleich nach Weihnachten Aus verkauf? Wäre es nicht viel praktischer, wenn er erst einen oder zwei Monate später sein könnte? Vom Standpunkt -cs Käufers aus gesehen mag es vielleicht bedauerlich sein, daß man so kurz nach den Weihnachtsausgaben nicht noch mehr Bargeld besitzt, um die billigen Preise des Ausverkaufs noch ausgiebiger nutzen zu können. Der Kaufmann aber mutz nun einmal um diese Zeit „ausverkaufen". Denn es wäre ein großer Irrtum, wollte man vermuten, er verkaufe über haupt gern aus — er ist sozusagen in einer Notlage. Für ihn ist mit dem Weihnachtsgeschäft nämlich der Winter eigentlich schon zu Ende: seine Lieferanten haben bereits Hochsommer und darnm beginnt bei ihm schon der Frühling, während seine Kundschaft noch Schlittschuh läuft. Wollte er erst anfangen, seine Läger mit all den schönen Dingen zu füllen, die das Publikum für Frühling und Sommer braucht, wenn die ersten Schneeglöckchen blühen, dann würde er sein Geschäft bald schließen können. Also bestellt er bereits im Dezember seine Waren und kann damit rechnen, -aß sie schon im Januar bei ihm eintreffen. Bis sie dann geordnet, nät Preisen versehen, mit einem Wort, verkaufsfertig sind, vergeht sowieso noch eine Weil«. Somit muß er daraus be dacht sein, daß recht bald Platz in seinem Geschäft wird; außerdem aber braucht er natürlich auch recht viel Geld, um die neuen Waren zu bezahlen, und auch das soll ihm der Ausverkauf schaffen. „Platz und Geld" lautet also die Parole -es ausverkauseuden Geschäftsmannes, und weil er beides nötig braucht, mutz er eben Opfer bringen: er mutz die für den Winter bereitgestellte Ware billiger verkaufen. Sein Ideal wäre natürlich, am letzten Tage vor Weihnachten überhaupt nichts mehr zu haben — dann sparte er sich den Ausverkauf; aber Ideale sind bekanntlich immer unerfüll bare Träume. Und so hängt er denn die wehenden Fahnen heraus, beklebt Mauern und Fenster seines Hauses mit lockenden Plakaten: „Ausverkauf!" Er kostet ihm Geld — aber er bringt auch welches ein. Die Kundinnen aber haben in diesen Tagen wahrlich kein leichtes Leben. Mit der jeder Frau angeborenen Spar samkeit und Freude an Gelegenheitsküufen lassen sie sich noch lange nicht durch die lockendsten Rufe betören; erst wird einmal geprüft und verglichen, Qualität hier und Preis da werden sorglich, meist gemeinsam mit Ler Freundin, abge wogen, bis die vorteilhafteste Möglichkeit entdeckt ist. Stun den um Stunden dauert das, irgendwo wird ein hastiger Imbiß genommen, wieder verglichen, wieder kritisiert und dann — dann wird endlich gekauft. Und damit beginnt, je nach Temperament und Talent, Ler Erfolg oder Mißerfolg des Ausverkaufs für die Käuferin. Wer Ruhe und Selbstbeherrschung nicht verliert, wer richtig disponiert und mit seinem Geld haushalten kann, der ist Sieger im Ausverkauf; sachlich vorbereitete Liste» mit genauen Maßen geben ihm Uebersicht über das, was unbe dingt, was bei günstiger Preislage vielleicht, und was nur dann gekauft werden darf, wenn zum Schluß noch Gel übrig bleibt. Und nun mögen die Preise noch so lockend, die Dinge noch so verheißungsvoll aufgebaut sein — von dieser Liste wird nicht abgegangen. Mit welchem Stolz dann des Abends dem Gatten Bericht erstattet wirb, mit welcher Freude di« Neuerwerbungen in Gebrauch und Besitz ge nommen werden, das kann wirklich nur eine Frau emp finden. Aber es kommt bisweilen auch anders. Das Bewußtsein, daß hier eine ganz besonders billige Kaufgelegenheit geboten wird, die Freude am Kaufen, di« Fülle des verlockend Ge botenen wirken zusammen, um eine Kauflust zu wecken, di« bisweilen beängstigende Formen annimmt. Man kauft schließlich Dinge, die man wirklich nicht so dringlich braucht, man prüft die Qualität nicht mehr mit gewohnter Sorgfalt, man kauft, man kauft ... Und erst wenn man heimkehrt, meldet sich das Gewissen, man ist entsetzt, so viel Geld un nötig ausgegeben zu haben, man ärgert sich über sich selbst, der Gatte wird zornig, kurz, es gibt Verdruß jeder Art. Diese Begleiterscheinungen sollte der Ausverkauf nicht haben. Er braucht sic nicht zu haben und kein solider Kaufmann wünscht sic: er mutz verkaufen, gewiß, aber er will so ver kaufen, -aß seine Kundschaft nicht nur Ausverkaufsknudschaft ist, sondern immer und bei jeder Gelegenheit mit seinem Geschäft und seinen Waren zufrieden ist. Deswegen ist ihm die klar überlegende, zielbewußt die von ihm gebotenen Vor teile ausnutzende Kundin lieber und wertvoller — auch in Ausverkaufstagen — als ihr Gegenpol. Unsere Modelle- Weitze Hemdbluse mit Fichukragen. Die Höschen sind aus blauem Wollstoff, ein roter Ledergürtel dient als Aufputz. 1994. Kleidchen für Mädchen von 6 bis 8 Jahren, bestehend aus dunkelblauem Kaltenrock mit Gummizug und weißer Jumperbluse, die durch einen roten Ledergürtel gehalten wird. Der Kragen ist wie ein Tuch am Hals geknotet. 1995. Sportmäntel für Knaben von 8 bis 10 Jahren, auf vier Knöpfe gestellt, mit Raglanschuitt und ^breitem Gürtel.. 1996. Moderner Mantel aus breitgeripptem Ottoman mit Pelzschalkragen und Manschetten. 1997. Das MäLchenkleid besteht aus dunklem, einfar bigem, in schmale Falten gelegten Rock und Bluse und leichtem, Hellem Wollstoff, in Biesen genäht. 1998. Neuartiges Kleid in Prinzeßsorm, mit Mockenrock und großem Kragen und Manschetten. Das Oberteil und die Aermel sind durch je zwei Biesen unterbrochen. 1999. Ulster für Herren in einreihiger Form, mit großen Taschen und breitem Gürtel. 1199. Mantel in neuer Form mit Gürtel. Der Kragen aus Pelz ist Hochgestellt und leicht gefaltet. Die Stutzen sind ebenfalls aus Pelz. VS« VIon»<>«r««V« Altkleiderläben in New Jork. In Newyork hat ein Herr Aaron Kosowsky ein mehr stöckiges Geschäftshaus angekauft, um eS als Altkleiderladen zu führen. Sein Reingewinn in Altkleidern betrug im Jahre 1921 beinahe eine Million Dollar; mit Lem Etagen geschäft glaubt er, zwei bis drei Millionen verdienen zu können. Als seine besten Kunden bezeichnet Herr Kosowsky die weiblichen Angestellten, die armen, aber hübschen und ehr geizigen Filmkünstleriunen und Theaterchoristinnen; ferner Frauen und Töchter von Postboten, Polizisten, Feuerwehr leuten und anderen im Amerika auch nicht gut bezahlten Beamten. Der Kleiderluxus ist in Amerika noch viel größer als in Europa, und wer dorthin kommt, glaubt, nichts als reiche und elegante Damen vor sich zu haben, was sich aber auch bald als Täuschung erweist. Nur gibt die berufstätige Amerikanerin noch weit mehr auf ihre äußere Erscheinung, hat ein eigenes Geschick, die neueste Mode zu erfassen, und spart sich lieber alles andere ab, nur um „respektable", d. h. blendend modern angekleidet zu gehen. Daneben ist die Studentin, die Doktorin, die ernstere Künstlerin von prak tischer, oft gesuchter Einfachheit. Aaron Kosowsky gab im Jahre 1921 ein Vermögen für Inserate aus, die sich an die weiblichen Angestellten richteten. Man müsse sich wundern, wie die Verkäuferin oder Typistin mit einem Wochenverdienst von 12 bis 22 Dollar in der Woche so viel eleganter gekleidet gehen könne als die höher gebildete Frau. Kosowsky versprach, daß die Fräulein bei ihm für 15 bis 25 Dollar ein sauberes Kleid nach letzter Mode kaufen können, das ursprünglich 125 bis 200 Dollar gekostet habe! Dies brachte ihm zu Kundinnen auch viele bessere Damen, die ihr« vielen Mußestunden mit Bridge, Poker und Wetzten verbringen. Hierbei machen die „Ehrenschulden", von denen der sehr rechnende Gatte nichts wissen darf, sehr viel aus. Um diese zu bezahlen, kauft die „repräsentationspflichtige" Dame ihr „neues Kleid" bei Kosowsky für 20 bis 40 Dollar und sagt dann dem Gatten, daß es 100 Dollar gekostet habe. Ein großer Filmdirektor in Amerika hatte seine ganze Komparserie jö. h. die Statistinnen) mit Altkleidern kostü miert. Ein „Sachverständiger" schätzte den Wert der ge samten Garderobe auf 15000 Dollar — sie hatte aber nur 1000 gekostet. Jedes beim Altkleiderhändler aushängende Kleid wurde, den strengen polizeilichen Vorschriften zufolge, zuvor ge reinigt, desinfiziert, ausgebessert und falls schon unmodern — aufgearbeitet, so daß es einen fast tadellosen Eindruck macht, wenn es nicht innen allzu genau betrachtet wird! Herrenanzüge werden desinfiziert, gebügelt und von Schnei dern renoviert. Der Altkleiderhündler liest alle Todesanzeigen in den Hauptblättern und schickt sofort an die Hinterbliebenen seine Karte mit dem Rat, hinterlassene Garderobe zu verkaufen, „schon um dem erniedrigenden Zank Ler Erben zu entgehen". — Während den Kriegsjahren soll das Ankaufsgeschäft auch in Amerika schlecht gewesen sein, da zahllose Männer Uni form trugen, und vor allem auch, da die Frauen, die nicht zu Festen und Bällen gehen konnten, keine Abendkleider brauchten und viel weniger eigentlichen Putz kauften. Die in der ganzen Welt herrschende Teuerung spiegelte sich auch „drüben" in den Preisen der Altkleider ab. Bor 15 bis 20 Jahren konnte der Händler einen noch guten Anzug für 11/2 Dollar aufkaufen, um ihn für 2iH Dollar zu verkaufen. Heute ist in jedem Falle das Vier- bis Fünffache zu nehmen. Verlagsschnittmnster nur für Abonnenten. Mäntel, Kostüme, Kleider SV Pf., Binsen, Röcke, «in-ergarderobe, Wäsche 7V Pf. An beziehen dnrch die Geschäftsstelle.