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54. Jahrgang Dienstag, den 27. September 1904. VSSWM«« Nr. 225. jeden Wochentag folgende» Tag und KP» PH H H HB nehmen außer der Expedstw» auch die «uSttäger auf 'ostet dur-ck) di- Austräger Pro Quartal Mk. 1,b5 I R -U U, A >U » L dem Lande entgegen auch b^rdern d^ durch die Post Mk. 1,82 frei in's Haus. M- MM Expeditionen solche zu Ongmalpreisen. fküv Höllenstein Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kugau, Hermsdorf, Kernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Nußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, Hüttengrund u. s. w. für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Hohenstein-Ernstthal. Oxgan aller' <8eirreinöe--Ver?walturrgeir der: utnlregerrösir Ortschcrfrerr. Ans dem Weiche. Anschlag gegen den Kaiser? Dem Deutschen Generalkonsulat in Newyork sind nach dem „B. T." mit der Schreibmaschine ge schriebene Drohbriefe zugegangen, die von einem Mordanschlag auf das Leben Kaiser Wilhelms sprechen. Ein Paket mit ähnlichen Schriften, die wahrscheinlich anarchistischen Ursprungs sind, wurde auf der Straße gefunden. Die Meldung bedarf sehr der näheren Aufklärung. Danksagung der Fürstin Bismarck. Die „Hamburger Nachrichten" veröffentlichen folgende Danksagung der Fürstin Bismarck: „Während der Krankheit und nach dem Tode meines geliebten Mannes sind mir aus allen Kreisen unserer Freunde von einzelnen und von Vereinen, von nah und fern so viele Beweise der Teilnahme zuge gangen, daß es mir leider unmöglich ist, jede Kund gebung besonders zu beantworten. Ich werde den Zeitungen dankbar sein, wenn sie durch die Auf nahme dieser Worte allen, die in den letzten schweren Tagen meiner und meiner Kinder mit Liebe gedacht und ihr Mitgefühl durch die Sendung prachtvoller Blumen zum Ausdruck gebracht haben, meinen warmen und herzlichen Dank bekannt geben wollen. Fürstin Bismarck." Berlin und Gmunden. Gegenüber von Wien aus verbreiteten Mel dungen, daß nach der Verlobung des Kronprinzen Ver handlungen ausgenommen wurden, die die Wiederher stellung des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg zum Zwecke hätten, erklärt der Berliner Vertreter der „Köln. Ztg.", daß kein maßgebender Faktor in Deutschland daran denkt, sich auf derartige Verhand lungen einzulassen. Es lohnte kaum der Mühe, mit solchen Selbsttäuschungen sich ernstlich zu be fassen. Andererseits bewiesen diese von Ivelfischer Seite ausgestreuten Gerüchte zur Genüge die Un möglichkeit, die Familie der Welfen unter die Zahl der deutschen Bundesmitglieder aufzunehmeu. Sosialdemokrati scher Parteitag Bremen, 23. September. V. Die heutige Sitzung begann vor ziemlich leeren Bänken und Tribünen. An erster Stelle wurde über die Orga nisationsf rage des Parteitages verhandelt, wozu 34 Anträge vorlagen, darunter ein sehr ausführlicher Entwurf des Vorstandes, der erstens die Zugehörigkeit zur Partei, dann das Aus- fchließungsverfahreu und drittens die Vertretung der Reichstagsfraktion auf dem Parteitage zu regeln sucht. Der Referent über diese Angelegenheit, Göhrich, erläuterte den Entwurf, worauf eine sehr eingehende Debatte folgte. Schließlich wurde das gesamte Material einer Kommission von 23 Mitgliedern überwiesen, die spätestens drei Monate vor dem nächsten Parteitage den Entwurf erneut vorlegen soll. Zur Debatte kamen dann die Anträge über die Maifeier. Hierzu empfahl der Referent Reichs tagsabgeordneter Fische r-Berlin in sehr eingehender Weise die bekannte, auf dein Amsterdamer Sozialisten- kongreß beschlossene Resolution. Er führte u. a. aus, daß die Frage nicht eine Angelegenheit der Politik oder der Gewerkschaftsorganisation allein sei, sondern eine gemeinsame, eine Klassenstage, ein Stück des gemeinsamen Klassenkampfes gegen die Regierungen und gegen die Bourgeosie. Redner er innert z. B. an Crimmitschau, einen Kampf, bei dem zunächst die Gewerkschaft interessiert gewesen sei, bei dem aber sofort die politische Organisation eingegriffcn hat, uni den Kampf siegreich zu Ende zu führen. Redner hält dafür, daß in dieser Frage die politische und die gewerkschaftliche Organisation nicht getrennt gehen dürfen. Die Maifeier müsse den Massen ein Herzensbedürfnis, den Gegnern ein ewiges Menetekel bleiben. Es folgt dann wieder^ eine lange Debatte, in deren Verlauf Frau Zietz- Hmnburg den Satz aufstellt, die Maifeier müsse als Mittel zur Massensuggestion unbedingt hochgehalten werden. Mehrere Delegierten verteidigten den Standpunkt der Gewerkschaften, worauf schließlich die Resolution Fischer zur Annahme gelangte. Inzwischen waren zwei Protestresolu tionen gegen die „Lei p z ig e rV o l k s z e i tu ng" eingelaufen. Die Leipziger Delegierten gaben dazu die Erklärung ab, daß sie die Gründe des Tones in jenem Artikel nicht kennen und demgemäß diesen weder verurteilen noch billigen könnten. Der Parteitag möge ihnen überlassen, die Sache zu regeln. (Widerspruch, Gelächter und Unruhe.) Abg. Fischer protestiert gegen dieses Auskneifenwollen vor dem Parteitage, da der Parteitag durch diesen Artikel mitgetroffen und deshalb berufen sei, selbständig darüber zu richten. Schließlich wurde beschlossen, die Anträge mit den übrigen Anträgen zu verhandeln. Die folgenden Verhandlungen betrafen sodann die Kommunalpolitik, zu der der Stadtverordnete Lindemann eine umfangreiche Resolution vor legt, die nach eingehender Debatte abgelehnt wurde. Hierauf wurden die Verhandlungen um '/,8 Uhr abends vertagt. Bremen, 24. Srptember 1904. VI. Auf der Tagesordnung der heutigen fünften und letzten Sitzung des Parteitages stand an erster Stelle das Referat von Bebel über den Amsterdamer S o z i a li st e n k o n g r e ß. Bebel erklärt zunächst, daß er von Anfang an nur mit ge wissen Befürchtungen nach Amsterdam gegangen sei im Hinblick einmal auf die nationalen Gegensätze und besonderen Konflikte innerhalb der französischen Sozialdemokratie: er sei indessen angenehm ent täuscht worden, denn die Verhandlungen hätten einen ganz außerordentlich befriedigenden Verlauf genom- meu. Zu rügen sei nur die mangelhafte Vorbe reitung durch das internationale Bureau in Brüssel, dessen Sekretär nur der französischen Sprache mächtig sei. Die deutschen Referate und Anträge seien sprachlich geradezu mißhandelt, andere, wie der Ge schäftsbericht, nicht einmal gedruckt worden. Im ganzen seien etwa 450 Delegierte anwesend gewesen. Die viel gerügten Kommissionsbcratungen hätten durchaus nicht den Zweck gehabt, etwa ein Konzil der Hauptleute hinter verschlossenen Türen darzu stellen,- es war nur beabsichtigt, in der Erwartung, daß über eimge Beratungsgegenstände es im Plenum zu heftigen Debatten kommen werde, die erhitzten Gemüter in den Kommissionsdebatten sich abkühlen zu lassen. Die Kommissionssitzungen seien voll ständig öffentlich gewesen; hinterher hätte sich aller dings herausgestellt, daß diese Vorsicht überflüssig war, da die Verhandlungen überall mit leidenschafts loser Sachlichkeit geführt wurden. Bebel erwähnt dann kurz die einzelnen Beratungsgegenstände unter Hinweis ans ihre hinlängliche Bekanntschaft durch die Berichte und Erörterungen in der Presse; dabei auch der Debatten über den Generalstreik gedenkend, über den angesichts der Agitation, die gegenwärtig danlit betrieben werde, zweifellos auf dem nächsten Parteitage sich die Partei einmal gründlich aus sprechen müsse, wo dann er, Bebel, auch ein Hühn chen mit seinem Dr. Friedeberg rupfen werde. (Heiterkeit.) Zum Schluß seiner Darstellungen er örterte Bebel die von ihm an den internationalen Kongreß gerichtete Einladung, im Jahre 1907 in Stuttgart zu tagen. In Preußen hielt ich die Tagung nicht für rätlich, weil dort die Regierung zu tief in den Fesseln des Russenkurscs liegt. Und die preußische Regierung ist leider nur zu oft bereit und fähig gewesen, die Männer, die ihren Volks genossen das Licht der Aufklärung bringen möchten, und deshalb von ihrer Negierung verfolgt würden, den Schergen Rußlands auszuliefern. Wir hoffen demgegenüber von der württembergischen Regierung, daß sie soviel Rückgrat haben wird, daß sie der Aufforderung zu derartigen Mittelchen nicht entgegen kommt. (Lebhafter Beifall.) Wir haben uns außer dem gesagt, daß das schwäbische Ländle von den internationalen Delegierten zu erreichen ist, ohne daß sie es nötig haben, andere deutsche Ländle zu diesem Zwecke zu durchkreuzen. (Heiterkeit und Beifall.) Kurzum mir werden es darauf aukommen lassen und 1907 in Stuttgart tagen. (Stürmischer Beifall.) Es gelangen dann die vorliegenden 138 An träge znr Beratung. Zunächst handelt es sich um die, welche die Unterstützung der Freisinnigen und der Welfen bei Stichwahlen betreffen. Diese An träge fanden jedoch nicht die genügende Unter stützung durch den Parteitag, ebensowenig einige weitere Anträge, die eine sozialistische Jugend belehrung im Auge hatten. Danach beschäftigte man sich mit mehreren „Beruhigungs"- und „Er- munterungs"-Anträgen, wie sie der Vorsitzende Dietz scherzhaft charakterisierte. Auch diese fanden schließ lich nicht die erforderliche Unterstützung. Im An schluß hieran gelangte die Angelegenheit der „Leip zig e r Volkszeitung" zur Besprechung. Der Vorsitzende teilte dazu mit, daß die Unterzeichner des ersten Antrages in dem Satz: „Die unterzeichneten Delegierten sprechen hier durch über den unqualifizierbaren Ausfall der „Leipziger Volkszeitnng" gegen den Genossen Südeknm ihre tiefste Entrüstung aus und er warten, daß die Genossen allenthalben einer sol chen, der Partei unwürdigen Kampfesweise mit -rll»" Entschiedenheit entgegentreten werden" das Wort „tiefste" gestrichen wünschen. (Große Heiterkeit.) Bevor er die Anträge zur Debatte stelle, habe er folgendes Telegramm der „Leipziger Volkszeitung" bekannt zu geben: (Hört! Hört!) „Die Notiz über den Genossen Dr. Südekum ist von einem einzelnen Redakteur in Druck gegeben worden, der die unmotivierten und versteckten An spielungen Südekums auf die Dresdener Vorgänge im Interesse der Zeitung zurückweisen zu sollen glaubte, aber dabei, wie er nach reiflicher lleber- legung anerkennt, zu weit gegangen ist und die Notiz unter dein Ausdruck des Bedauerns nach Form und Inhalt zurücknimmt.(Hört! Hört! Lebhafter Bei fall und Bravorufe.) Die Gesamtredaktion, die den Druck verhindert haben würde, wenn ihr das Manu skript vorgelegen hätte, schließt sich, insofern sie für den Gesamtinhalt der Zeitung der Partei gegenüber verantwortlich ist, dem Bedauern des Kollegen an." (Erneuter großer Beifall und Zurufe: Damit ist die Angelegenheit erledigt!) Vors. Dietz: Das meine ich auch! (Beifall.) Der Parteitag beschließt denn auch, die Sache mit diesem Telegramm als abgetan zu betrachten. Es folgte dann der Antrag des Genossen Katzenstein die Soldntcnmißhandlungeu belr. Namens des Parteivorstaudes wandte sich Abg. Pfannkuch gegen den Passus, eine Soldaten mißhandlungstabelle anzulegen, doch wurde der An trag schließlich in der vorgelegten Form angenommen. Weiter wurde angenommen die Resolution, in der „gegenüber den Verfassungsbestrebungen der vereinigten Konservativen, Ultramontanen und Na- tivnalliberalen" die völlige Trennung der Schule von der Kirche und Beseitigung des Religionsunterrichts ans der Volksschule gefordert wird : weiter ein Reichsschulgesetz als not wendig bezeichnet und erklärt wird, „daß die Be freiung der Volksschule aus ihrer heutigen unwür digen Stellung als Magd der herrschenden Klassen und der Kirche nur das Werk der Arbeiterklasse" sein könne. Referent zu diesem Schulantrage war der Redakteur Sch u lz der Bremer „Bürger-Zeitung", dessen sachgemäße Ausführungen leider fast völliger Teilnahmlvsigkeit des Parteitages begegneten. Nach dem dann noch die den italienischen Generalstreik betreffende Resolution zur Anuahme gelangt mar, beschäftigte sich der Parteitag noch mit dem Russe n- kurs. Die Vertreter der Antragsteller waren die Abg. Bernstein und Dr. Liebknecht, die neben dem Geheimbundprozeß besonders auch die Affären Mandelstamm und Silberfarb, sowie die Aus wandererfrage in den Bereich ihrer Besprechungen zogen. Die entsprechenden Anträge wurden einstim mig angenommen. Die inzwischen stattgefundenen Wahlen er geben für den Vorstand die Genossen Bebel und Singer, als Kassierer Gehrisch, als Schriftführer Auer, Pfannkuch und Molkenbuhr; mit Ausnahme des letzteren, der wegen verstärkter Ge schäfte neu eingetreten ist, also die bisherige Zu- sammensetznng. Ebenso werden die Mitglieder der Kontrollkommission mit dem Abg. Mei ster-Han-j nover als Vorsitzenden wiedergewählt. Das Gehalt des Kassierers und der Schriftführer wird aut An trag der Kontrollkommission von 3600 auf 42»>0 Mark erhöht. Zum nächstjährigen Tagungsorte wurde Jena bestimmt. In seinem Schlußwort gab der Vor sitzende Dietz seiner lebhaften Freude darüber Aus- druck, daß es dem „beruhigenden Einfluß des See wassers" gelegentlich der Helgolandsahrt gelungen sei, diesen Parteitag so außerordentlich friedlich zu gestalten. Der Bourgeoisie sei das freilich gar nicht recht gewesen, aber der könne min es bekanntlich ja nie mals recht machen. In Dresden sei man ihr zu hitzig und hier zu langweilig gewesen. (Heiterkeit.) Der Parteitag sei aber froh, daß er in Ruhe seine schwierigen Verhandlungen, insbesondere in Sachen Schippel zu Ende geführt habe. Redner schließt mit dem Wunsche, daß "auch fernerhin die Partei in be zug auf Organisation, Agitation und Opferwilligkeit vorbildlich bleiben möchte und bringt ein begeister tes Hoch auf die Sozialdemokratie aus. Die Ver- ammelten erhoben sich und sangen die Arbeiter- marsellaise. Damit erreichte der Parteitag um 12'/, Uhr mittags sein Ende. Ans dem Auslande. Eine zweite Haager Konferenz? Was dem Selbstherrscher aller Reußen nicht gelungen ist, will jetzt Herr Roosevelt zu voll bringen unternehmen. Er hat nämlich der inter parlamentarischen Vereinigung versprochen, zur Verwirklichung der Idee des ewigen Friedens eine neue Konferenz einzuberusen. Ein Telegramm meldet uns darüber: Washington, 25. September. Präsident Roosevelt empfing gestern eine Abordnung der hier tagenden Interparlamentarischen Vereinigung, welche ihm eine von der Versammlung beschlossene Resolution unterbreitete. In seiner Erwiderungs ansprache erklärte sich Präsident Roosevelt zugunsten einer zweiten Haager Konferenz. Er sagte: Ich werde binnen kurzem die anderen Nationen auffordern, zu einer zweiten Konferenz zusammenzutreten. Unsere Bestrebungen sollten die Form annehmen, daß das im Haag bereits be gonnene Werk seiner Vollendung näher gebracht werde, Uom ostastatische» Kriegsschauplatz. Wie General Kuropatkin deni Zaren unter den, Datum des Freitags meldet, gingen am 23. September keine Berichte über Kämpfe ein. Der Gegner ging auf der ganzen Front nicht vor. In der Tat scheinen die Japaner auch diesmal mit ganz besonderer Vorsicht zu operieren, da sie nicht wissen können, ob die Russen es nicht doch schon bei Mukden auf einen entscheidenden Zusammenstoß werden ankommen lassen. Ein Telegramm be richtet uns: London, 25. September. Aus Mukden wird telegraphiert: Die Japaner gehen äußerst langsam nach Norden vor. Kurokis Haupt quartier ist nahe bei Pensiku, und er hat vorge schobene Posten auf den Fuling- und Fuschu-Straß'en. Okus und Nodzus Armeen sind ungefähr bei Jentai. Zwischen den Vorposten finden fort während Gefechte statt. Die russischen Vorposten auf der östlichen und südöstlichen Front zogen sich mehrere Kilometer weit nach Mukden zu zurück. Weitere Telegramme melden zur Kriegslage vor Mukden: Petersburg, 24. Scptbr. Nach den letzten Meldungen aus Mukde n ist die Verteil u n g dcrJapaner jetzt folgende: Die Armee Kurokis ist in der Gegend von Banjapusa und Pönsihu, ihre Vvrtruppen sind auf den Wegen nach Fuschun- tscheng und Fulin vorgeschoben. Die beiden anderen Armeen stehen noch bei Jentai und den Kohlen bergwerken. Petersburg, 25. September. Nach den hier vorliegenden Nachrichten scheinen die Japaner im Vormarsch gegen den H a n h v - A b s ch n i t t M u k-