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Hohenstein Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kuga«, Hermsdorf, Hernsdorf, Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal ML 1^5 durch die Post Mk. 1,82 frei in's HauS. Kuserate nehmen außer der Expedition auch die Austräger auf dein Laude entgegen, auch befördern die Annoncen- Expeditionen solche zn Originalpreisen. Anzeiaer für Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, Hüttengrund u. s. w. für das Königliche Amtsgericht und den Atadtrat zu Hohenstein-Ernstthal. Orgarr crltev Esrneirröe-Vertwaltungerr dorr unrlregenöerr Grtschcrfterr. Nr. 222 Freitag, den 23 September 1904. 54. Jahrgang. Aus dem Reiche. Die Beisetzung des Fürsten Bismarck fand gestern nachmittag 1 Uhr in dem Mausoleum statt, in deni auch sein großer Vater und seine Mutter ruhen. Die Feierlichkeit im Schlosse begann um l Uhr. Pastor Lahnsen ging, nachdem die Familienangehörigen und die offiziellen Vertreter sich im Trauerzimmer versammelt hatten, der Für st in Bismarck durch die Halle entgegen und führte sie an den Sarg des Fürsten, der unter Blumen nnd Blattgrün fast verborgen mar. Die letzten schlichten Asternkränze hatten noch etwa zwei Stunden vor der Feier die Kinder des Verstorbenen niedergelegt. Pastor Lahnsen hielt die Trauer rede, welcher die Bibelstelle Off. 14, 18 zu Grunde gelegt war: „Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an, denn der Geist spricht, daß sie ruhen von ihrer Arbeit, und ihre Werke folgen ihnen nach." Er wies in seiner Rede auf das tragische Geschick hin, daß die beiden Söhne des Altreichskanzlers so früh dahingegangen seien. Er pries den Fürsten als hingebenden Gatten und Vater. Das Leben des Entschlafenen habe aber weit über den Kreis seines Hauses hinaus gereicht. Es Hube dem Vaterlande gehört. Die reichen Guben, die ihm Gott verliehen habe, seinen durchdringenden Verstand, seinen vielgewandten Geist und seinen energischen Willen, sowie seine außerordentliche Arbeitskraft habe er dem Vaterlande gewidmet als vertrautester Schüler, Gehilfe und Mitarbeiter seines Vaters. Nach der Einsegnung der Leiche setzte sich der Trauerzug in Bewegung. An der Spitze desselben schritt die Kapelle des 7ü. Infanterie- Regiments, Trauerweisea spielend, ferner Depu tationen ehemaliger Angehöriger des 1. Garde dragonerregiments, und Abordnungen studentischer Korps. Zur Seite des Sarges schritten Forstbeamte. Dem Sarg folgten zunächst Graf Rantzau und der junge Fürst Otto v. Bismarck, dann Generaloberst v. Hahnke und Reichskanzler Graf Bülow, der Staatssekretär des Auswärtigen Frhr. v. Richthofen und das übrige Trauergefolge. Als der Zug durch das Schloßtor verschwand, sah man die Fürstin Bismarck auf dein Balkon des Schlosses, wie sie schmerzlich bewegt dem Sarge nachsah. Die Feier im Mausoleum mar von kurzer Dauer. Von dem großen Gefolge hinter der Bahre des verewigten Fürsten fanden außer den Angehörigen der Familie und den offiziellen Vertretern nur wenige in der Kapelle Platz, wo der blumenüberdeckte Sarg in mitten der am Katafalk niedergelegten Kränze stand. Nachdem Pastor Lahnsen einige Worte des Trostes gesprochen, ertönte leises Orgelspiel und darauf ein Choral. Hierauf sprach Pastor Lahnsen das Sterbe gebet, indem er sagte, wir möchten Gott bitten, er solle uns Männer schenken, ivie den Heimgegangenen treuen Diener des Vaterlandes und des Kaisers. Nachdem die Worte des Geistlichen verklungen waren, ertönte wieder leises Orgelspiel. Die Trauerver sammlnng sang die letzten Verse des Chorals „Be fiehl du deine Wege". Der Segen des Geistlichen schloß die Feier. Sozialdemokratischer Parteitag. Bremen, 20. September 1904. IV. Die heutige zweite Sitzung war in Erwartung einer Fortsetzung der Debatte über die Belehrung -er proletarischen Rekruten sehr gut besucht. Zunächst erhielt der bei der Entführung der Prinzessin Luise von Koburg mit tätig gewesene Reichstags abgeordnete Dr. S ü d e k u m - Dresden das Wort. Er bezeichnete die in der gestrigen Sitzung von Dr. Liebknecht geforderte Broschüre zur Propaganda unter den Militärpflichtigen für wirkungslos, unter dem Zwange der Disziplin würden die Soldaten ge gebenen Falles doch auf das Volk schießen. Die Grundlagen und Bedingungen des Militarismus würden durch eine solche Propaganda nicht erschüttert. Für die sozialistische Jugend sei sie zwecklos und für die übrigen, die dadurch zum ersten Male mit sozialistischen Ideen in Berührung kämen, könne eine derartige Propaganda unter Umständen zu be denklichen Konsequenzen führen. Von anderen Rednern, namentlich Katzenstein- Mannheim, wird gegenüber Dr. Südekum betont, daß die Partei auf die Dauer unmöglich den modernen Erscheinungen des Militarismus, wie sie sich auch in den ungeheuerlichen Mißhandlungen ausprägten, untätig zuschauen könne. Inzwischen hatte Abg. Dr. Liebknecht einen Abänderungsantrag ein gebracht, in welchen: die Gründung besonderer Jugendorganisationen verlangt wird, in denen vor allem der Kampf gegen den Militarismus ge predigt werden soll. Demgegenüber bemerkt Abg. Molkenbuhr - Hamburg: Die proletarische Jugend habe Erkenntnis und Ehrgefühl genug, um zu wissen, was sie zu tun habe. (Beifall.) Die Gründung besonderer Jugendvereine sollte man den Konser vativen und Nationalliberalen überlassen, jenen Parteien, die im Alter die Ideen fallen ließen, denen sie in der Jugend huldigten. (Sehr richtig!) Wir huldigen demgegenüber dem Grundsatz: Die Jugend soll in denselben Anschauungen erzogen werden, die wir Alten haben. (Beifall.) Mit dem Siege des Sozialismus fällt der Militarismus von selbst, früher jedenfalls nicht. Das sollte man sich vor Augen halten. (Lebhafter Beifall.) v. Voll mar: Ich muß von meinen: Standpunkte aus be dauern, daß diese Debatte hier überhaupt entzündet worden ist. (Beifall.) Denn ich meine, je weniger man über diese Sache redet, um so besser ist es. (Sehr richtig.) Die Begründung jedoch, die Dr. Liebknecht dem Anträge gegeben hat, nötigt mich, auf das allerentschiedenste dagegen Stellung zu nehmen. Ich bin aufrichtig erstaunt, wie jemand, der in: stände ist, die Folgen einer Sache zu ermessen, wie jemand, der über den momentanen Augenblickserfolg hinaus zu denken vermag, eine solche Sache in dieser Form zur Sprache bringen konnte. (Sehr richtig.) Anträge wie diese und Reden wie diese sehen ja sehr stark und mutig aus, aber in Wirklichkeit be deuten sie nichts anderes, als ein Spielen mit den: Schießgewehr und zwar auf Koste:: der Leute, die in die Kasernen müssen, aber auch auf Kosten unserer Partei und dann noch auf Kosten einer Anzahl von Rednern, die sich eventuell veranlaßt sehen könnten, diese Dinge weiterzuspinnen. (Sehr richtig ! Beifall.) Die Partei müsse bei ihrer alten Taktik beharren und das entschieden gegenüber den: Anträge zum Ausdruck bringen, nämlich den sozialdemokratischen Rekruten zu sagen, daß sie als Soldaten nur solche seien, genau wie die übrigen. (Beifall.) Dr. Lieb knecht (mit Unruhe empfangen) betont die aner kannte Notwendigkeit der sozialistischen Jugend erziehung, bei der der Hinweis auf den Militärdienst naturnotwendig eine Hauptrolle spielen müsse; er wolle indessen den Antrag fassen lassen, beantrage dagegen, daß der Parteitag als Richtschnur für den Vorstand diese Notwendigkeit und die Form ihrer Genügeleistung zum Ausdruck bringe. (Widerspruch.) Inzwischen geht ein Antrag Südekum ein, über beide Anträge Liebknechts zur Tagesordnung überzu gehen. Mit auffallender Schärfe erklärt sich Abg. F r o h m e-Hamburg für diesen Antrag. „Nach der vernichtenden Kritik, die die Anträge hier gefunden haben", so führte er aus, „kann ich mich nur noch wundern über die geradezu verblüffende Dreistigkeit, mit der der Genosse Liebknecht hier unter Anwendung einer — sagen wir juristischen Rabulistik (Heiterkeit) — seiner Idee trotz allen Widerspruchs dennoch zum Siege verhelfen möchte. Unsere Partei ist es sich selbst schuldig, daß sie diese Sache rundweg und in entschiedenster Weise von sich abwefft. Mit der absoluten Ablehnung werden wir am allerbesten über diese unqualifizierbare Ange legenheit hinwegkommen." (Großer Beifall.) Der Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung wird darauf mit großer Mehrheit beschlossen. Ein Antrag fordert, auf die nächste Tagesord nung zu setzen: „Der Generalstreik." Letzteren Antrag begründet Dr. Liebknecht, der meint, daß die Idee des Generalstreiks weite Kreise der Partei genossen erfülle, daß aber der Gedanke durch die Propaganda Dr. Friedebergs diskreditiert sei. Seine Stellung sei unverträglich mit den elementarsten Grundsätzen der Partei. Dr. Friedeberg wolle einen Gegensatz zwischen Partei und Gewerkschaften kon struieren und die politischen Ziele und Propaganda- mittel als zweckwidrig und schädlich für die Entwick lung des Sozialismus hinstellen. Dr. Friedeberg wolle den Sozialismus durch die Erziehung absolut freier Persönlichkeiten: damit steuere er direkt in den Anarchismus hinein, mit dem Hand in Hand zu gehen Dr. Friedeberg ja der Sozialdemokratie empfiehlt. Das durch Dr. Friedeberg in bezug auf die Idee des Generalstreiks geschaffene Odium müsse durch eine eingehende sachliche Erörterung auf dein Parteitage zerstört werden. Der Antrag auf Behandlung der Alkohol- srage, so führte Katzenstein u. a. aus, sei ein alter Bekannter. (Heiterkeit und ironischer Beifall.) Katzenstein fortfahrend: „Ihr großer Beifall beweist mir, daß er diesmal eine günstigere Aufnahme finden wird. (Stürmische Heiterkeit.) Natürlich stellen wir uns nicht auf den Standpunkt, daß die Alkohvlfragenureine Arbeiterfrage ist und daß, wenn der Arbeiter nicht mehr säuft, das Alkoholelend beseitigt ist. Wir sind weit entfernt, den Arbeiter seiner kargen Freuden berauben zu wollen, wir wollen ihn im Gegenteil höhere Freuden schaffen, als sie der Alkohol zu bieten vermag. Die verdammte Be dürfnislosigkeit, die der Alkohol erzeugt (Ohorufe, Unruhe) die wollen mir beseitigen. Wir müssen den Mut haben, offen die Schäden zu erkennen, die der Alkoholgenuß auch in unseren Kreisen in bezug auf das Familienleben, die Kindererziehung usw. ver ursacht. (Unruhe.) Bernstein hält den politischen Streik, den Generalstreik unter Umständen für eine wertvolle Waffe des Proletariats, zu deren Anwen dung letzteres greifen müsse, wenn die Gestaltung der politischen Verhältnisse, wie z. B. Vernichtung des Wahlrechts, schärfere Mittel zu ihrer Bekämpfung erfordere. Andererseits sei der Generalstreik eine zweischneidige Waffe, deren Anwendung als letztes Mittel nur mit Vorsicht im äußersten Notfälle ge boten sei. Das Thema auf dem nächsten Parteitage zn verhandeln, halte er indessen nicht für dringend. Danach ivurde der Antrag Katzenstein angenommen. Die Nachmittagssitzung brachte endlich die Affäre Schippel zum Austrag. Von Bebel lag hierzu folgende Resolution vor: „Der Parteitag naßbilligt auf das schärfste die UnNar- beit und Zwe deutigkcit, mit welcher der Genosse Lchippcl seit langem in Wort und Schritt sich gegenüber der Frage der Lebcnswittelzölle verhalten und dadurch unseren Feinden Material gegen die Partei geliefert hat Wenn schließlich der Genosse Schippel, durch die Fraktion zu klarer Stellungnahme gedrängt, erklärte, daß c. Gegner der Agrarzvlle sei und in der Zolltarifs,age die Stellung derParw teile, so war es nm so un begreiflicher und unverzeihlicher daß er seit Jahren seinen ganzen Scharfsinn und sein ganzes .(tonnen aufbot um zu beweis n, daß vom agrarischen Standpunkte aus die Forderung de> Agrarzölle gerechtsertig, sei eine Ausgabe, die wahrlich nich' diesem c eines Sozialdemokrat sein kann Ter Parteitag mißbilligt aber auch en schieden een häßlichen und hoch ähren den Ton, in dem der Genosse Schippel die Polemik gegen die P.ttä-i und Parteigenossen führte, eia Verfahren, das sich um so weniger recht erligt, als er seinen Standpunkt in der Agrar frage von Grund aus gewechselt hat " In seinen: Bericht über die parlamentarische Tätigkeit führte Abgeordneter Ledebour aus: Wenn man von der parlamentarische!: Tätigkeit der Reichstagsfraktion sprechen wolle, kann man nicht an dem Verhalten des Genossen Schippel zu der Schutzzoll politik und den damit zusammenhängenden Fragen ohne eine besondere Kritik vorbeigehen. (Sehr richtig.) Die Fraktion stehe auf dem Standpunkt, daß es Schippel selbst in 47 Zcitungsspalten nicht gelungen sei, Klarheit über seine Ansichten zu verbreiten. (Sehr richtig!) Wir alle wissen, daß die Kämpfe, die die Fraktion in den letzten Jahren durchzuführen hatte, in erster Linie die Frage betrafen, ob wir beim Schutzzoll zu beharren oder den Freihandel vorzuziehen hätten. Wenn jemals, so haben wir bei der zollpolitischen Aktion unsere Pflicht getan, und den Beweis, daß wir uns damit auf dem rich- rigen Wege befanden, lieferte am besten der Ausfall der letzten Reichstagswahlen, der unsere Stimmenzahl um eine Million anschwellen ließ. (Beifall.) Wenn aber eine solche Aktion dauernden Wert behalten soll, so ist es die Pflicht aller Genossen, insbesondere aber der Reichstagsabgeordneten, sich in diesem^ Kampfe der Partei aktiv zur Verfügung zu stellen. Und da haben wir nun das Schauspiel erlebt, daß Genosse Schippel sich so ziemlich passiv gehalten hat. Mir ist aus den Verhandlungen des Reichstages kein einziger Fall gegenwärtig, wo er aktiv in die Ver handlungen über den Zolltarif eingegriffcn, wo er in der Komission dazu das Wort genommen hätte. (Hört, Hört!) Ich bedaure, daß er, da er der Berufenste dazu war, unterlassen hat, in die Kämpfe einzu- greifcn, vorausgesetzt, daß er übereinstimmte mit den Anschauungen der Gesamtpartei. Das ist natür lich eine selbstverständliche Voraussetzung. Man konnte annehmcn, daß Schippel schweige, weil er mit dieser unserer Aktion nicht einverstanden sei. Wäre diese Sache so gewesen, so hätten mir das zwar leb haft bedauert, aber wir hätten natürlich keinen An laß genommen, noch heute nachträglich mit ihm ab zurechnen. (Sehr richtig.) Aber der Genosse Schippel hat nicht geschwiegen, sondern er hat später außer halb des Reichstags in schriftlichen Erörterungen über die Handelspolitik, insbesondere die Schutzzoll politik, Grundsätze aufgestellt, die direkt gegen die Anschauungen ankämpften, die wir im Reichstage ver träte!:. Auf unsere Anfragen hat er sich mit ge wundenen Erklärungen beholfen und seine Angriffs politik ruhig fortgesetzt. Man hat Schippel öffent lich als agrarischen Schutzzöllner festgenagelt und unsere Politik damit lächerlich zu machen versucht. Was hat nun Schippel getan? Mit größtem Gleich mut h^t er dabei gesessen und so getan, als gehe ihn das absolut nichts an. Nunmehr Klarheit zn schaffen, sei umsomehr Pflicht der Fraktion, als Schippel bis dahin alle Erklärungen gegen den Zoll- und Brot- mucher mit unterschrieben habe. (Sehr richtig.) Weiter sei Schippel der Vorwurf zu machen, daß er die gleiche Taktik in öffentlichen Parteivcrsammlungen geübt habe, wo er sich als Agrar-Schutzzöllner ge rierte und bannt große Verwirrung in den Reihen der Parteigenossen anrichtete, weil natürlich bei der Schwierigkeit der Agrarzollfragen nicht jeder Genosse in: Stande ivar, seinen Ansichten entgegenzutreten. Wir wollen nun endlich Klarheit haben. (Stür mischer Beifall.) Wie vereinigt der Genosse Schip pel die Tatsache, daß er in: Reichstage die Anträge der Fraktion unterstützt hat mit der anderen Tatsache, daß er im letzten Jahre in „Erklärungen" und son stigen Auslassungen zu Argumentationen gekommen ist, die nur den Gegner:: nützen und im Gegensatz zu den Beschlüssen der Fraktion stehen? (Sehr richtig! Lebhafter Beifall.) Seine bisherigen Aus lassungen bilden keine Antwort auf diese Frage. Er hat jedenfalls in keiner Weise seine unparteigemäße Schreiberei erklärt und wir können es keinesfalls zu lassen, daß uns auch fernerhin der Genosse Schippel immer wieder von unseren Gegnern als Knüppel zwischen die Beine geworfen wird. (Beifall.) Er hat schließlich noch die Leute verhöhnt, die aus seinen Artikeln seine agrar-zöllnerische Ansicht heraus gelesen haben und da nicht nur Gegner zu diesen Leuten gehören, sondern auch Parteigenossen, so hat er damit auch die Partei selbst verhöhnt. (Zuruf Bebels: Sehr richtig!) Wir werden nunmehr sehen, ob er uns auf diese Vorhaltungen annehm bare Erklärungen geben wird. (Lebh. Beifall.) Der Redner zitiert schließlich noch einen Artikel der Bern- steinschen „Montagszeitung", der seines Erachtens die Schippel-Affäre auf den Kopf stelle, indem er verlange, daß die aus der wissenschaftlichen Erkennt nis geschöpfte Uebcrzeugung respektiert werden sollte. Ganz richtig, Genosse Bernstein, so fährt der Redner fort. Und gerade weil wir als Fraktion von dem Genossen Schippel den größten Mut der eigenen Meinung verlangen, deshalb haben wir ihn aufge- fordert, endlich einmal seine Meinung deutlich und frei zu sagen. Das ist die größte Meinungsfreiheit, das ist die Geburtshülfe dabei. (Beifall und Heiter keit,) Lebedo ur wendet sich dann dem Anträge zu, der die Ablehnung sämtlicher Kolonialsorverunge« durch die sozialdemokratischen Abgeordneten fordert. Der Antrag sei um deswillen nicht annehmbar, weil er die Ablehnung sämtlicher Kolonialforderungen wolle. Für die ostasiatische Expedition z. B. sei die Fraktion aus Humanitätsrücksichtei: gegenüber dem Zentrum, das von der Forderung für die Lazarette Abstriche machen wollte, für die volle von der Re gierung geforderte Summe eingetreten. Aehnlich in anderen Fällen. Weiter rechtfertigt Lebedour die ablehnende Stellung der Fraktion gegenüber den Kausmanusgerichten in der im Reichstage zur Annahme gelangte!: un durchführbaren Form und weil das Gesetz, wie es sich darstelle, den sozialen Grundsätzen der Partei widerspreche; so z. B. fehle das Wahlrecht für die Frauen, obwohl die Frauentätigkeit im kaufmän nischen Berufe einen immer größeren Umfang an- nehmc. Dr. M i ch e I s Marburg mißbilligt die