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Sonntag, den 10. Juli 1904. 54. Jahrgang. Nr. 158. Erscheint Inserat» jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und ^MM MM MG M MM MM MG nehmen außer der Expedition auch die Austräger auf kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1^5 WM /M M^, M MM M^ .W dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen- durch die Post Mk. 1,82 frei in's Haus. IW MM Expeditionen solche zu Originalpreisen, für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kugau, Hermsdorf, Kernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, Hüttengrund u. s. w. Arrrtsblcrtt für das königliche Amtsgericht und den Ätadtrat zu Hohenstein-Ernstthal. Orgcrrr aller <8erneirrde-Verrvcrltrrirgerr der rrrnliegerrderr Ortstchafterr. 8. öffentliche Stadtverordneten - Sitzung DieaSlag, de» 12. Juli iW4, «Seads 8 Uhr. Hohenstein-Ernstthal, den 8. Juli 1904. G. Redslob, Vorsteher. Gßlr. Tagesordnung: 1. Kenntnisnahmen. 2. Schulanbau in der Neustadt. Hierauf: Geheime Sitzung. Nach Ablauf der zur Bezahlung der Semetudeaulag»« auf den 2. Termin d. I. festge setzten Frist, werden diejenigen S'euerpfl chtigen, welche sich mit denselben noch im Rückstände befinden, hierdurch letztmalig aufgefordert, die bezeichneten Anlagen nunmehr bis spätestens zum 15 Juli lfd. Ihrs. an unsere Stadsteuereinnahme abzufübren. Alle «ach Ablauf dieses Termins «och verbleibende» Reste werde« dem Rats- Vollzieher zur zwangsweisen Beitreibung überwiesen Stadtrat Hohenstein-Ernstthal, den 2. Juli 1904. vr. Polster, Bürgermeister. St. Freibank: RMaz rchs schveischisch, Pfui IS PH. Ans dem Reiche Aum Nachfolger Robert Kochs als Direktor des Königlichen Institut» für Infektion-, krankheiten und ordentlicher Professor der Hyziene an der Unive filät in Berlin ist der Geheime M-diziual- rat Dr. Georg Gassky ernannt worden, den Koch selbst Professor Dr. Goffky, Gieße«, für diese Stellung in Vorschlag gebracht hat- Am 17. Februar 1850 in Hannover geboren, studierte Gaffky 1869—1873 auf der PepiniSre Medizin und trat dann «IS Militärarzt in da» preußische Heer ein E< blgleitcte Koch auf seiner Cholera-Exvedition nach Aegypten und Ostindien und wurde 1888 ordentlicher Professor der Hygiene in Gieße«. Er hat sich später »och an mehreren Expeditionen beteiligt »nd viel zum Nu»bau der Bakteriologie beigetragen. Die Rede eines Oberbürgermeisters über BiSmar<t. Bei der Enthüllung des Karlsruher BiSmarck- DenkmalS hat der Oberbürgermeister Schuetzler eine Rede gehalten, die jetzt im Wortlaute bekanni wird. Er führte u. a. über den eisten Kanzler des Reiches und seine vorbildliche Bedeutung folgendes auS: „Nicht als schlauer Auskundschafter und ge. filziger Vollstrecker jeder WnnscheSregung hat er dem alten Heldenkaiser zur Seite gestanden, sondern als der offene Ratgeber, der auch mit der unerwünschten, selbst mit der bitteren Wahrheit nicht zurückhieli, wenn die Treupflicht ihm gebot, sie zu sagen. (Bravo!) Leicht und bequem trägt sich di. biegsame Gerte beim Spaziergang auf geebneten Pfaden, aber Hali und Sicherheit bei schwierigem Ausstieg bietet doch nur der feste widerstehende Stab. Nichts besseres also können wir dem deutschen Kaisertum wünschen, al» daß ihm auch in künftigen ernsten Zeiten jeweils eine so zuverlässige, wenn auch knorrig» u«d rauh» Stütze zur Hand sein möge, als es Bismarck war. Ein Realist ist er gewesen, aber gewiß nicht im Gegensatz zum Idealen, sondern nur tm G»g»«- fatz z« allem hohle« Gla«z u«d Sehet«, zum Phraf»»tum u«d zur pathetischen oder sentimentalen Komödiantenhastigkeit. Das möge «nS sein Bildnis vom granitenen Sockel herunter lehren, daß wir unsern Sinn dem Kern der Dinge «nd nicht ihrer Schale zuwenden, und daß wir mehr nach dem guten Erfolg als nach dem lauten Beifall streben, und daß eine einzige wackere Tat tausendmal wertvoller ist als ein ganzes Meer voll schöner Wort,'. Mut und Kraft haben geflammt in seiner b utschen Seele. Nun kann ja freilich ein Staatsmann auch vermittels glatter Geschmeidigkeit durch zahl reiche Hindernisse heil und un-ersehn hindurchschlüpfen, aber große Ziele wird er damit allein niemals er- reichen; denn die erschließen sich, wie die ganze Ge- schichte der Menschheit lehrt, doch immer nur dem kühnen Wagemut, sie wollen erkämpft und nicht er- schmeichelt sein — und jeoenfallS hätte unser Dev"cheS Reich in der milden Temperatur ^r»««dttrhe» Diplomatenlächel«s nicht zusammengeschnuede, werden können. Ewig bleibt es wahr, daß man erst selbst warm sein muß, um zu erwärmen, daß man erst selbst brennen muß, um zünden zu können. Wir aber, die wir on Bismarcks Denkmal vorüberg hen, wir wollen beachten, daß, der da oben steht, nicht nur ein Weiser, sondern auch ein Held gewesen ist, und daß er nur so dem Baterlande wirken konnte, war er gewiiki ha.. Die große Zeit der nationalen Einigung, der schweren Kämpfe und ruhmvollen Siege, womit das Reich er stritten wurde, ist nun in die Vergangenheit gesunken und eine neue Zeit mit neuen Problemen und neuen Aufgaben ist über unserem Volke heraufgezogen. Aber darin ist kein Wandel eingetreten, daß wir in klein- lichem Hader und Streit, in etilem Tcheinwese« u«d Phrafe«tum unfähig sein würd a zur Be tätigung schöpserischer Kraft, daß wir zu neuen glor reichen und beglückenden Errungenschaften nur gelangen können, wenn wir über alles Trennende hinaus fist zusammenhaltev in treuem, uneigennützigem Dienste für die heilige Idee des Vaterlandes. Auch daran möge Bismarcks Bild unS und die Kommenden stets ein- dringlich «ahnen! Aus dem Ausland». „Das ritterliche, katholische, kür alle hohe« Ideale begeisterte Frankreich " Das gegenwärtige, von einem kulturkämpserischen Ministerium geleitete Frankreich ist natürlich der. Klerikalen aller Länder ein Dorn im Auge. W:nn die „Köln. VolkSztg." das heutige Frankreich mit einem Montmorency vergleicht, der mit Hasensellen und abgetragenen Beink'eidern handle, so wollen wir ihr diesen SarkaSmus nicht weiter verübeln; wenn si aber klagt, daß das „ritterliche, katholische, für olle hohen Ideale begeisterte Frankreich" der Vergangen- heit angehöre, so müssen wir sagen, daß dieses Frank reich nicht der Vergangenheit, sondern der Phantast» angehört. Wenn in der Nacht vom 28. auf den 24. August 1572 Tausende von in ahnungslosem Schlummer liegende Protestanten erschossen und erstochen wurden, io war diese Tat allerdings im Namen des katho lisch»« Frankreichs begangen worden, aber ritterlich und von hohen Idealen Zeugnis ablegend war si» doch wohl nicht. Und als etwa 100 Jahre später Ludwig XlV. die Häuser der Protestanten mit Massen- eirquartierung belegen ließ, um dadurch die „Ketzer" zum „wahren Glauben" zurückzusühren. da konnte man diese „conversion lo^ement" doch auch nicht als ein ganz ritterliches und ideales Mittel be zeichnen. Wenn ein Dutzend Jahre später die Truppen desselben frommen katholischen Königs binnen wenigen Wochen die blühende Pfalz zu einer Wüstenei machten, so war dies weniger eine ritterliche, als eine raub ritterliche Handlungsweise. Im darauffolgenden Jahrhundert war es den im ritterlichen, katholischen Frankreich herrschenden Elementen nicht mehr ganz so leicht gemacht, das Ausland auSzufaugen. und so hielten sie sich denn mit desto größerem Nachdrucke an das eigene Land, das von den Bi chöfeo, den Bettel- Mönchen und dem mit der Geistlichkeit verbündeten Feudaladel so systematisch und so erbarmungslos auS- geplündert wurde, daß diesem selben französischen Volke, dessen lvytte und gehorsame Gesinnung einst vom Kaiser Max milian in Gegensatz zu dem in Deutschland herrschevden G ists gestellt worden war, nichts übrig blieb, als die Revolution. Nach einem Vierteljahrhundert revolutionärer Kämpfe und unauS- gefetzter Kriege ka:n das ritterliche, katholische Frank reich wieder a;.S Ruder. Ui v als zwei Jahre nach der Restauration in der DauphinS; ein kleiner Auf stand auSbrach, da berichtete der General Donnadieu, eine der Stützen des wiederhergestellten ritterlichen katholischen Frankreichs, der den Ausstand unterdrückte: „Es l»b» Gott feit dr»t Tag»« hat das Blut «icht aufg»HSrt zu fließ»»! Er lebe der Köaie, die Lüchname seiner Feinde bedecken olle Straßen." Wie ritterlich, wie tief religiös, wie ideal! Und um den historischen Rückblick mit dem zweiten Kaiserreiche, unter dem Dani dem Einflüsse de> frommen Kaiserin Eugenie die Jesuiten das Land regierten, zu schließen, so sei daran erinnert, daß da damals gleichzeitig mit der Frömmigkeit nicht die Ritterlichkeit, wohl aber die J«dustri»ritt»rlich k»lt im höchsten Flor stand. Wir wollen unS weder für die erste sranzösische R publik die über Deutsch land 25 Jahre deS Krieges und des Rains brachte, roch für die kurzlebige zweite, noch für die gegen- wärtige dritte Republik begeistern, aber wenn in der Geschichte Frankreichs jemals von einem hohen Zuge idealer und schwärmerischer Politik die Rede sein kann, so war dies sicher nicht der Fall in irgend einer Periode des ritterlichen katholischen Frankreichs. Am WMt» MMiM. Die G»heimhaltu«g d»r japanisch»« Plün» wird in letzter Z-.it mit noch größerer Strenge »urchgesührt, --lk e» schon in den Anfang-stadien de» Kriege» der Fall war Alle Anzeichen, mcht -nm wenigsten die Abreise des Marschalls Ohama auch 'cm Kriegsschauplatz, deuten auf eine »«tscheidL«de W»ndu«g; aber wo und wann der nächste Schlag iallen w>rd, darüder ist mall auf bloße Vermutungen angewiefeu- Ein Telegramm de» Reuter'chen Bureau- schildert die Sachlage wie folgt: Tokio, 8. Juli. Gegenwärtig werden vp»ra- 1ion»« vo« erst»» Wichtigkeit innerhalb der Kciegszone durchgesührt, eS gelingt aber der Regier- ung, sie in fast vollkommenes Geheimnis zu hüllen. Seit der Besetzung von Dalny hat die Regierung hinsichtlich der Belagerung von Port Arthur vollkom mene- Stillschweigen bewahrt. ES gelangen zujam- menhangSlose Nachrichten auS verschiedenen Quellen, namentlich chinesischen, nach Japan, deren B kannt- gäbe oder Uebermitteluug nach dem Auslände ist aber bei schwerer Strafe untersagt. Weder bei der Port Arthur belagernden Armee, noch bei der Armee deS Generals Oku oder bei der Takuschan-Armee befindet sich ein Ausländer, und die KriegSkorrrspondenten und fremden MilitärattacheeS, die die Armee deS Generals Kuroki begleiten, dürfen ein Gebiet von 2 Kilometer Durchmesser nicht überschreiten. Japa« u«d dt» d»«tsch» N»utraMLt. D e japanische Rcgierurg hat sich veranlaßt qe- lchen, der in de, Tokioter P-cst: ausgemachten Be fürchtung, daß die d»«tsch»« B»HSrd»« i« Kia«tfchou den Russen eine mit den Geboten d?r Neutralität unvereinbare Förderung angedeiheu lasten könnte», formell entgegeozutrete», Ei« Tele gramm meldet uns: Tokio, 7. Juli DaS Gerücht, Kiavtfcho« werde von den Ruff»« als Zufluchtshaf»« be- nutzt werden, wird hier «icht »r«st genommen. Eine amtliche Erklärung, in welcher es heißt, die japanische Regierung sei überzeugt, daß D»utfchla»d di» ReutralitLt aufrecht »»halte« w»rd», ist heute veröffentlicht worden. Wir haben bereit» auSgeführt, daß keine Regel de« Völkerrecht» die rassische Port-Arthur-Flotte hm- der« köaotc, wenn es ihr überhaupt darum zu tu« wäre und gelänge, den Krieg»h,sea zu verlaste», 0' Admiral Witthöft Kommandeur d»r ruffiche« Flott» i« Port Arthur sich nach Kiautschou oder einem ander n ueutralell Platz zu flüchten. Nur müßte sie dann auf weitere Teilnahme an den Feindseligkeiten verzichten, würde entwaffnet und bis zur Beendigung des Kriege» von der Behörde deS neutralen Staates sestqehalteu werden. Daß Deutschland zugunsten der Russen an ders verfahren würde, als eS den Grundsätzen de» Völkerrechts entspricht, ist bei seiner unbezweifelt neu tralen Haltung selbstverständlich ausgeschlossen. Im übrigen ist der Zeitpunkt wohl noch lange nicht ge kommen, wo die russische Kriegsleitung an einen Admiral Togo, Komma«d»ur des japanisch»« G»fchwad»rs vor Port Arthur