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Dienstag, den 8. März 1904. Nr. 55. 54. Jahrgang. L «och-nta- Menlwn Tag und «T OO K ' nehmen außer der di- «u-ttäger ach a«? NM /M W^ M WM M^ dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen. durch die Post Mk 1,83 frei ins HauS. MM Expeditionen solche zu Originalpreisen. Hoherrstein-Ernstthal, Gberlurrgmitz, Gersdorf, Kugau, Hermsdorf, Kernsdorf, Mmgenbcrg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Mßdors, Wüstenbrand, Grüna, Mttelbach, Ursprung, Erlbach Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, HWmgrund u. s. w- Tl rntsblcrtt für das Königliche Amtsgericht «uv de« Stadtrat zu Hohenstein - Ernstthal. Organ aller Geineinöe-Verwaltnngen öer ninliegenöen Ortschaften. ben mit Ausschweifungen aller Art, da« de» Vorgesetzten So Ueber die letzter» Lebensstunder» des unmöglich verborgen bleiben kennte. Vielleicht deshalb gerade hielt man ihn nur noch für geeignet zum Dienst in den Tropen. Aber dieses Einzelbeispiel zeigt eklatant, mit verschwenderischer Freigebigkeit überschüttet-, wird ihm auch die Erde leicht sein. Marschalls wird berichtet, daß am Sonntag mittag der Todeskampf begann. Graf Waldersee war bi» gegen 6 Uhr zeitweilig bei leidlichem Bewußtsein. Er verlangte, intime Freunde zu sehen, und war sich wohl über de» Ernst des Zustande- klar. Dann verfiel er in Bewußtlosigkeit. In den letzten Lebensstunden standen ihm seine treue Gattin und seine beiden Neffen bei. Kurz vor 8 Uhr teilten die Aerzte der Gräfin Als Kaiser Wilhelm II. den Thron bestiegen hatte und 1»/i Jahre später der Sturz des Fürsten Bismarck folgte, glaubten viele, daß jetzt die politische Rolle des Grafen Waldersee ihren Anfang nehmen würde, aber dieser Glaube erwies sich als eine Täuschung. Im Gegenteil schied Gras Waldersee am 2. Februar 1891 zur allgemeinen Ueberraschuug aus seiner hervorragenden Stellung als Chef de» General- stabS aus, und er wurde zum kommandierenden General des neunten Armeekorps ernannt. Ueber die eigentlichen Ursachen dieser „Waldersec-KrisiS" herrscht noch heute Dunkel. Graf Waldersee selbst erklärte damals, der Kaiser habe anders über ihn versügt, dem Soldaten zieme eö aber nicht, nach den Gründen zu forschen. Die Augen der gesamten modernen Welt lenkte Gras Waldersee auf sich, als er vom Kaiser im Jahre 1900 zum Oberstkommandierenden der Streitkräfte der verbündeten Mächte im chinesischen Feldzüge ernannt wurde. ES war kein geringes Opfer, das der damals bereit» 68jährige seinem Kaiser und dem Baterlande brachte, al» er ohne Zaudern dem Rufe seines obersten Kriegsherrn gehorchte. Gras Waldersee hatte in jener Eigenschaft geradezu ein Problem zu lösen. Das ist nicht zu viel gesagt, wenn man bedenkt, daß eS sich dabei darum handelte, die gegen die ausrührerischen Chinesen ins Feld gesandten Truppen von 8 Nationen unter einen Hut zu bringen. Dabei mußten sich natur gemäß so zahlreiche Reibungsflächen ergeben, daß in der Tat nur eine so vielgewandte, liebenswürdige, in allen Sätteln gerechte Persönlichkeit, wie die deS Ver ewigten, alle ernsthaften Konflikte zu vermeiden und mit dem feinsten persönlichen Takte, mit einer be wunderungswürdigen diplomatischen Geschicklichkeit daS gute Einvernehmen aller militärischen BesehlShaber und Kontingente dis zum Schluffe aufrecht zu erhalten imstande war. Uebereisrige Patrioten und allzu be- , Haus mit ihm!" Der nationalliberale „Hannov. Cour." wirft folgende Fragen auf: „Wie war eS möglich, daß der geistige Zustand deS Prinzen erst jetzt, anscheinend auf Grund seines Verhaltens im GerichtSgesängniS zu Hannover, erkannt worden ist? Wie konnte das richterliche Urteil in seinem Falle so merkwürdige Schwankungen durchmachen, daß daS kaiserliche Ge richt in Windhuk auf eine zehnmonatige Gefängnis strafe, das Kriegsgericht in Berlin aus Todesstrafe, der oberste Gerichtsherr im Gnadenwege aus 15 Jahre Zuchthaus, die bald darauf in Gefängnis umgewan- delt wurden, und endlich daS Kriegsgericht der 1. Garde-Division im Wiederaufnahmeverfahren auf Frei sprechung erkannte? Ware« die Tatschen, die in der Gerichtsverhandlung am Donnerstag milgeteilt wurden, nicht sämtlich bereit» jy den früheren Prozessen be- ranm öokt hätten sie nicht wenigstens fkstgestellt werden müssen? Weiter: wenn der geisteskranke, auf jeden Fall psychsich durchaus minderwertige Prinz in der Tat einem Irrtum der Justiz zum Opfer ge fallen und beinahe dem Scharfrichter ans Beil ge liefert schließlich aber ins GesängniS statt ins Irren- Vom priilM Prosper Arenberg. * Der cheftmlige Kürasfierleutnant üüb spätere Schutztruppenosfijier, der wegen Mordes an einem Ein- geborenen in Südostafrika erst zum Tode verurteilt und dann zu 15 Jahren Ge'ängnis begnadigt wurde, ist jetzt, wie wir schon mitteilten, ,m Wiederauinahmt-Verfahren freigesprochen worden. In der Urteilsbegründung heißt es, das Kriegsgericht sei zu der Ucberzeugung gelangt, daß man nach dem Vorleben deS Angeklagten e« mit einem geistig minderwertigen Menschen zu tun habe Da« Kriegsgericht hat auf Grund des tatsächlichen Materials als erwiesen erachtet, daß der Angeklagte in krankhaftem Zustande gehandelt hat. Diese Ansicht hat da» Gericht gewonnen aus den übereinstimmenden Gutachten der Sachverständigen, aus dem Ergebnis der Zeugenvernehm ungen und aus d m ganzen Verlauf der Verhandlung E» ist daher zu der Uebeczeugung gelangt, daß hier eine Handlung vorliezt, für die der Angeklagte nicht verant wortlich gemacht werden kann. Prinz Arenberg nahm imS Urteil ohne jede sichtbare Erregung entgegen- Gleich- gültig wie während der ganzen Dauer der Verhandlung, starrte der Prinz, als der Verhandlungsführer den Frei- pruch verkündete, zum Fenster hinaus gerade so, als ob ihn die Sache gar nichts anginge. Als sich der Ver> Handlungssaal von den Teilnehmern an dem Prozeß ge leert, traten drei Kriminalbeamte, welche den Angeklagten von Tegel abgeholt und während der ganzen Verhand lung in seiner Nähe gesessen, an den Prinzen heran und brachten ihn mittels Droschke nach dem Polizei-Prä fidium, von wo er gestern nach der Irrenanstalt Herzberge überführt wurde. Von hier soll er bereit« am Spätabend noch in eine Privatheilanstalt inAhrweiler gebrachtwarden sein Die freikonservative „Post" stellt bei Erörterung des Freispruche« die Frage: „Wie konnte ein so entarteter Mensch, wie dieser prinzljche Menschen- und Tierqiäler, Offizier werden» ES widerstrebt unS, alle die Scheuß- lichkeiten zu wiederholen, die nach Ausweis übereinstim mender Zeugenaussagen der Angeklagte selbst an der wehrlosen Kreatur beging- Er genügt die Hervorhebung, daß nicht etwa erst in ben Jahren, da ber Entwickelung Kin wachsame» Auge mehr folgen konnte, sondern schon n frühen Knabenjahren sich ein Hang zur sinnlosen Quälerei anderer Wesen ausprägte, der nur eine Einzel erscheinung der gesamten sittlichen Verwahrlosung war — e» genügt diese Hervorhebung, um immer von neuem die Frage laut werben zu kaffen: wie konnte ein solcher HauS gebracht worden ist — wäre auch, gesetzt, der Täter hätte nicht der internationalen Aristokratie, sondern etwa als gemeiner Soldat der Schutztruppe augehört, eine Remedur jenes Justizirrtums so leicht herbeizusühren gewesen? Hätte man sich auch bei dem gemeinen Soldaten so viel Mühe gege en, feine Ante- zedentien, den Verlauf seiner seelischen Degenerationen, seinen geistigen Zustand zur Zeit der Verübung der Tat so genau festzustellen? Hätte Vas Urteil nicht dem gemeinen Soldaten — man nehme einmal an, dieser habe einen Vorgesetzten in so scheußlicher Weise ermordet — einen ausreichenden Rest von freier WillcnSbestimmung übrig gelassen, um ihn daraufhin vom Leben zum Tode zu bringen? Und ist in dem Falle Arenb-rg wirklich in jedem Stadium des Ver fahrens, bei dem unbegreiflich milden Urteil in Wind huk, bei der späteren Begnadigung, bei der Wieder aufnahme, ohne Ansehen der Person verfahren worden?" Die „Tägl. Ruyds ch." schreibt: ES bleibt zu viel Unbehagliches hinter dieser Affäre Arenberg zurück; zuviel — sprechen wir eS nur ruhig au» — geradezu Unheimliches. Richt nur, daß dar Gutachten des wissenschaftlichen Senat» der Kaiser Wilhelm- Akademie zu Berlin mit seiner Verneinung der Frage, ob der Prinz unheilbar geisteskrank sei, unk die un erfreuliche Aussicht eröffnet, dem Herrn, dessen gesell schaftliche Formen heute mehrfach von den Srchver- händigen anerkannt worden sind, nach einiger Zeit al» elegantem Flaneur Unter den Linden zu begegnen; nervenstärkende Bäder und Lustkurorte wirken ja manchmal Wunder, und noch nützlicher erweist sich ge legentlich eine konsequente Alkoholentziehungskur. Wer den Papst zum Vetter hat — daS steht mit Flammen schrist über diesem Verfahren gegen P osper Arenberg, daS den Mörder von Begnadigung zu Begnadigung bis an die Schwellen der Nervenheilanstalt geleitet hat... . Wir können nur nochmals betonen: unS wird es unheimlich bei der Verfolgung dieser Gedanken- mit, ihre Kunst sei zu Ende. In den letzten Stunden! Verkörpere«: aller sittlichen und moralische» Defekte Offizier war da» Atmen immer kürzer und schwächer geworden,jwerden» Und als er Offizier geworden, dasselbe Tret- b,S e» ganz aushörte. Graf Waldersee ist au Herz- schwäche verstorben. Der Kaiser hat im Laufe der letzten Tage wiederholt nach dem Befinden de» Kranken fragen lasten. Ebenso ließen alle gekrönten Häupter, denen Gras Waldersee bekannt war, in warmen Worten Erkundigungen einziehen. zu welchen schweren Folgen eS führen kann, wenn man minderwertige Elemeute nach den Kolonien abschiebt. Dorthin, wo nur die Besten brauchbar erscheinen, um den fremden Völkern einen Begriff zu geben von deutscher Art und Tüchtigkeit, wird ein Individuum geschickt, ba- allen gemeinsten Lüsten ohne jede- Verantwortlichkeits bewußtsein knechtisch untertan ist. Es finb ernste War nungen, die dieser Fall für unsere Heere», wie Kolonial verwaltung enthält. ES ist zweifellos, baß dem Recht»- bewußtsein de» Volkes nicht Genüge geleistet ist damit, daß ber Prinz jetzt wegen seiner sittlichen Defekte frei gesprochen wurde- Auch hier wird sich bald, dringlich Antwort heischend, die Frage erheben: «a» nun? Soll sich nun wirklich der Freigesprochene, dessen Treiben einen geradezu gemeingefährlichen Charakter zeigt, der Freiheiten aller guten Staatsbürger erfreuen dürfen? Man barf erwarten, daß an zuständiger Seite nicht gezögert «erden wird, vor bem Menschen, dem die freie Willenstätigkeit abgesprochen ist, die Gesellschaft zu schützen. Eine solche Ungeheuerlichkeit, wie sie in ben Taten und Begierden beS Prinzen Arenberg sich erschreckend kundgetan ha», muß unter allen Umständen isoliert werden- Also in» Irren- Der Kaiser hat folgende» Beileid»telegramm an die Gräfin gerichtet: „Berlin, Schloß. S Uhr 58 Minuten. In herzlicher Anteilnahme gedenken Ich und die Kaiserin Ihre» jähen Verlustes, denn Wir wissen, w>S Sie in dem zu Sott Heimgegangenen besessen und verloren. Mit Mir trauert die Armee, die zu ihm aufblickte als za dem berufene« Führer in ernster kriegerischer Zeit. Ich verliere in ihm eine» bewährten alten Freund. Gott tröste und stärke Sie. Wilhelm, K." Zahlreiche Beileidstelegramme von den Mitgliedern der königlichen Familie, den deutschen Fürsten und ausländischen Herrschern, dem Reichskanzler und vielen Freunden und Verehrern de» verewigte» Feldmarschalls liefen ein. Mittwoch mittag findet nach einer Trauer feier im Hause die Uebersührung nach der Bahn statt. Die Beisetzung erfolgt auf dem Gute seine» Neffen in ReverSdor- (Holstein). London, 7. März. Die Morgenblätter ge- denken in längeren Artikeln deS Ablebens deS Grafen Waldersee und heben seine Verdienste warm hervor. „Daily Telegraph" schreibt: Waldersee war nicht allein ein bedeutender, wissenschaftlich hervorragender Osfi- zier, sondern auch ein Mann von hohem diplomati- schem Geschick. Wäre er nicht Soldat mit Le.b und Seele gewesen, so würde er wohl al» Diplomat ge- glänzt haben. Der Feldmarschall war mehr als nur Soldat, er war auch ein seffelnder Charakter, eine eigenartige Persönlichkeit. „Daily Chroncle" schreibt: In Waldersee ist einer der auSgezeichnesten Männer Deutschlands dahingegangen, er war Soldat und Staatsmann zugleich, wie, wenn auch in größerem Maßstabe, Fürst Bismarck einer war. geisterte persönliche Verehrer des Grasen schadeten seinerzeit dem wirklich verdienten Ruhme des Grasen etwas, indem sie sich gar zu beflissen zeigten, „Boi- jchußlorbeeren" für ihn einzuernten, ehe er überhaupt noch Gelegenheit gehabt hatte, sich auszu^eichnen. WaS dann freilich Graf Waldersee in China tatsächlich leistete, trug so deutlich daS Gepräge seine» eigenartigen militärischen und diplomatischen Könnens, daß schließ lich die ganze Nation einstimmig ihm zujubelte, weil er den deutschen Namen in der Wellpolitik mit Ehren gekrönt hatte. Die Strapazen der ostasiatischen Expedition waren auch an der Hünennatur des Grafen Waldersee nicht spurlos vcrübergezogen, so daß er nach seiner Rückkehr mehrfach kränkelte. Immer aber errang die mächtige Lebenskraft wieder den Sieg, bis endlich der All- bezwinger auch hier fein unveräußerliche» Recht geltend machte und den sieggewohnten tapferen KriegShelden auf die Bahre streckte. ES war ein Leben voll glänzender Erfolge, daS jetzt seinen Abschluß gefunden hat. Aus eine schwindelnde Höhe trug den Ver storbenen daS Schicksal, wie sie selbst der kühnste Ehr geiz sich nicht glanzvoller auSzumalen vermag. Bei all:dem aber verließ den Grafen niemals seine liebens würdige Freundlichkeit gegen jedermann, seine Urbanität >m Verkehr, einerlei, ob ber Höchste vor ihm stand oder der Geringste. Er war noch einer der wenigen Vertreter der Höflichkeit der alten Schule, wie sie auch von dem Fürsten BiSmarck gepflegt wurde. UeberdieS zierte ihn ein reger Wohltätigkeitssinn, dem er im Verein mit stmer Gemahlin den reichsten und zugleich diskretesten Ausdruck gab, so daß jeder wirk lich Bedürftige sicher sein konnte, nicht mit leeren Händen von dem edlen gräflichen Paare sortzugehen. Graf Waldersee war, wenn man mit Shakespeare alles in allem nimmt, eine Persönlichkeit, deren Gleichen man nur sehr seit-v finden wird, ein Liebling deS Glückes, daS ihn auS dem Füllhorn seiner Gaben KeldmarschM GrafWalderfee s. * Der greise Feldmarschall, von dessen schwerer Erkrankung wir in den letzten Tagen Kunde gaben, ist am Sonnabend abend kurz nach 8 Uhr gestorben. Mit ihm ist einer der bedeutendsten Militär» der «eueren Zeit auS dem Leben geschieden, der sich um die Entwicklung der militärischen Praxis und der strategischen Wissenschaft unvergängliche Verdienste er- worben hat und der eine Zeit lang berufen schien, auch aus politischem Gebiet eine hervorragende Rolle zu spielen. Gras Waldersee stammt aus einer alten Militär- familie. Am 8. April 1832 in Potsdam als der Sohn des ehemaligen Kriegsministers Waldersee ge boren, wurde er von vornherein sür die militärische Lauibahn bestimmt. Er trat aus dem Kadettenkorps in die Gardeartillerie ein, wurde 1862 Hauptmann und machte im Jahre 1866 im Generalstab den Feld- zug gegen Oesterreich mit. Nachdem er darauf als Major dem Generalkommando in Hannover beige geben worden war, wurde er im Jahre 1870, da man erkannt hatte, wie sehr er mit den militärischen diplomatische Fähigkeiten verband, als Militärattachee nach Paris geschickt. Die Berichte, welche der junge Attachee damals von Paris nach Berlin sandte, waren ein klassisches Zeichen seiner hervorragenden Beobachtungsgabe, aber sie fanden leider nicht die Beachtung, die sie verdient hätten. Graf Waldersee wies damals auf die Trag- fähigkeit des unserem Zündnadelgewehr überlegenen Chassepots und die furchtbare Feuerwirkung der Mitrailleusen hin usd empfahl aus Rücksicht hierauf die Eiasührung der zerstreuten GesechtSart für die deutsche Infanterie, damit diese besser gegen daS Feuer der französischen Armee geschützt sei. Diesen Berichten wurde indeß nicht der gebührende Wert bei- gelegt, und erst, als der blutige Krieg begonnen hatte, erkannte man, wie zutreffend daS Urteil WalderseeS gewesen war. ES war eine glänzende Rechtfertigung für diesen, als nunmehr noch während deS Krieges das von ihm oorgeschlagene GesechtSreglement eilige, führt wurde. Am Krieg- nahm er zuerst im großen Haupt quartier als Flügeladjutant des Königs teil. Als aber die Operationen des dreizehnten Armeekorps, das unter dem Großherzog von Mecklenburg staud und dessen Generalstabschef Oberst Arensky war, nicht recht vorwärts kamen, wurde er zu dessen Ersatz bestimmt und legte hier Proben seiner strategischen Genialität ab. Auf Vorschlag Moltkes wurde er alsdauu Stabs chef der in Paris einrückenden Truppen, und nach dem Friedensschluß blieb er als Chef der „deutschen Mission" in mili ärisch-diplomatischer Stellung in Paris zurück, wobei er seine hervorragende diplo matische Befähigung zu glänzender Geltung brachte. Damals war der Punkt, wo Graf Waldersee eine Wendung seiner Laufbahn erhoffte. Er war sei" Wunsch, ganz in die diplomatische Karriere überzu- siedeln und er rechnete stark darauf, daß man ihm den Pariser Batschasterposten anvertrauen würde. Ja- dessev, Fürst Bismarck wollte von diesen Plänen nichts Wissen, und er machte einen Strich durch jene Rech nung, indem er die Versetzung WalderseeS zum Kommandeur deS dreizehnten Ulanenregiments durch setzte. Nachdem Waldersee dann 1873 Chtf der Stabes deS zehnten Armeekorps in Hannover geworden war, übte er auf militärischem Gebiet eine außer ordentlich befruchtende Tätigkeit auS, indem er be- sonders auf die Förderung einer kraftvollen, aber überlegten Offensive hinarbeitete. Im Jahre 1881 wurde er zum Generalquartier- , meister im Großen Generalstab und auf MoltkeS be- sonderen Wunsch zu dessen Gehilfen ernannt. Als < solcher wirkte er in vollem Einvernehmen mit dem, großen Strategen, bis er im Jahre 1888 an MoltkeS i Stelle zum Chef des GeneralstabeS und zugleich zum General der Kavallerie ernannt wurde. Unterließ war Gras Waldersee, der sich damals an den be- kannten Stöcker-Versammlungen beteiligte, in eine politische Jntrigue verwickelt worden, von der Fürst BiSmarck wohl nicht ohne Grund annahm, daß sie sich gegen ihn richtete. Wenn auch Näheres hierüber nicht bekannt geworden ist, so weiß man doch, daß der Altreichskanzler gegen den Grafen Waldersee da mals scharf vorging, und daß dieser sich völlig von der politischen Tätigkeit zurückzog.