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H»A- Amtsblatt Mttwoch, den 20. Januar 1904. Beilage 15 Das Aufft«n»S«ediet »er Hereros io Deotsch-M»west-«frika vom 1 1 Beistehend bringen wir unsern Lestrn ein Bild zweier Herero, eines Mannes und einer jüngeren Frau im vollen Schmuck, der in- deß nur noch selten zu finden ist, da er der europäischen Kleidung fast überall hat weichen müssen. Gin Herero ehepaar alten Verträge die neuen zu knüpfen versuch», uw nicht unser Wirtschaftsleben schweren Schä igungen auszusetzer; aber Deutschland ist auch ein guter Ab nehmer für andere Länder, und w r sind nicht auf eine» bestimmten Markt für unseren Bedarf an Nahrungsmitteln angewiesen, wir können daher in Zukunft a»H einmal zu einer anderen Tiktik gedrängt werden. Verträge schlichen ist sehr leicht, es kommt aber daraus an, wie die Verträge aussehen. Auf jeden Fall müssen wir an diesen elementaren Forderungen festhalten, und nur bei deren Erfüllung werden wir neue Verträge »bschließen. Ich kann nicht annehmen, daß der Interpellant glaubt, daß ihm h-ute von dieser Stelle aus irgend welche bestimmte Mitteilung gemacht werden würde. Die Herren hatten wohl auch nur daS Bedürfnis, ihre eigenen politischen Ansichten zu äuß rn. Wir halten jedenfalls an unseren Ai schau angen fest und lassen eS an Energie, unsere Avsichi zu erreichen, nicht fehlen. — Abg. Herold (Zentr.): seine Freunde wünschen, daß eS endlich zu neuen Verträgen komme, würde» aber nur solche Verträge guch'ißen, die mit den direkten Jatenssen der Land wirtschaft vereinbar seien. Mehr Kraft, mehr Energie sollte die Negierung auswenden, dann Wirde ihr ge wiß der baldige Abschluß günstiger Verträge gelingen. An den Mlndestzöllen für Getreide müsse unbedingt festgehalten werden. Dringend sei eS zu wünschen, daß die R gierung auch an den Biehzöllen Nachlasse. — Abg. Bernstein (Soz.) spricht gegen Kündigung der alten Verträge vor Abschluß neuer. — Abg. otwendig. ES sind d-Shalb noch gestern Bor- ereitungen getrrff n worden, um ein zusammen- rstellte» Bataillon Marine-Jnlanterie in Särke vor lwa 500 Mann nebst einigen Geschützen und ein eiachrmevt Eisenbahn.P oniere nach Swakopmund zu nstradierev. Düse Trappe wird am DonnerStatz achmittag in See qehen können aus einem Dampfer S Norddeutschen L oy^, d>ss n Eintrc sien inSwakop- und am 8. Februar «rwar et weiden darf. Für dir osten, die für die Aufwendung der Marine-Infanterie nd des Eisenbahn-Detach ment- entstehen und deren Höhe sich heute noch nichr g< nau feststellen läß', werd ch in gegebener Zeit die nachträgliche Genehmigung und seine Vertretung einmütig fi.ideu in sofortigem Hindeln zu« Schutze der Bedrängten und zur Ber- teidigung der Ehre unserer Fahne." (Lebhaiter Bri- fall.) — Präsident Graf B-ll-strem brmerki: Die vom Reichskanzler mir überreichte Vorlage wird so fort durch Druck vervielfältigt werden, damit sie mög lichst noch unter den anwesenden Mitgliedern während dieser Sitzung verteilt werden kann. Auf die geschäft liche Behandlung behalte ich eS mir vor, am Ende der Sitzung zurückzukommen. Nachdem Graf PosadowSky sich bereit erklärt hat, die Joterpellation betreffend Kündigung der Handels verträge sofort zu beantworten, wird diese vom Grafen Kanitz begründe», indem er au-führt: Seit einem Jahre, seitdem brr neue Zolltarif zustande gebracht ist, seien wir nicht einen Schritt weiter gekommen. Sr sei immer der Meinung gewesen, daß die Kündigung der alten Verträge dem Zustandekommen neuer vor teilhafter gewesen wäre. Auch sei eS unstatthaft, Zoll- ermäßiguugen, die einzelner! Länder» gegen Entgelt eingeräumt wurden, anderen ohue Gegenleistung zu g währen. Al- Redner das Abkommen von Sara- toga mit Amerika al- lächerlich bezeichnet, wird rr oom P äsidenten unterbrochen, der eS als unzulässig bezeichnet, daß Redner der RnL-regierung vorwerse, ein lächerliche» Abkommen getrcffm zu haben. Du Vertragsstaaten haben ihre Tarife bedeutend erhöht. Oestrnech habe kein Jakensst an niedrigen deutschen Getreidezöllen, eS verlange aber die Ö ffnung unserer Grenzen für die österreichische Bieheinfuhr. Redner verlangt Znllichutz ür Weinbau und Gärtnerei. Unsere J ücnsser fordern, keine langfristigen Verträge zu schließen, sondern möglichst freie Hand zu behalten. Die Landwirtschaft kann mt der Industrie längst nicht mehr konkurrieren. Der Abwendung der länd- lichen Bevölkerung von der Heimat muß ein Damm gesetzt werden. Würde sich die Landwirtschaft mehr auf die Viehzucht legen, so würde eine Ueberproduktior folgen, die den kleinen Züchter ruinieren würde. I, Frankreich mb England sorge man besser für die Landwirtschaft. Im Kampfe gegen den ä.ß-ren und ionere» Feind müsse sich die Regie-nng zumeist aus Vie ländliche Bevölkerung verlassen. — StaatSsrkcetä Graf PosadowSky hält den in dcr Interpellation ent Haltenr» leise» Vorwurf (Heiterkeit) schwer verständ iich gegenüber einer Regierung, die den Zolltarif in o harten Kämpfen durchgebracht habe. E» sei kein Zweifel daran möglich, daß die Regierung die ernste Lage der Landwirtschaft jederzeit anerkannt habe. Der Uaterschied, fuhr Redner fort, zwischen un- und dcm Verirrter der Interpellation bcfteht auch nur in der einzuschlagenden Taktik. Sie bewundern e», wenn ein Arbeiter kühn die Hand in die weißzlüßende Masse > legt. Da- geringste B rsehen uü de ihm seine Aktion-- fähigkeit kosten. Ebenso würde es unS gehen, wollten wir ein Berschen begehen. Wir haben stet- an die Unsere beistehende Karte gibt über die Lage der verschiedenen Ortschaften, über die Trcce der Eisenbahn Swakop- muod—Windhuk und über die Aus dehnung des gewaltigen Gebietes, da- vom Samme der Herero bewohnt wird, Aufschluß. Oberhäupiling der HrreroS ist der in Okahandja wohnende, wegen ftiner Trunksucht Übel be leumundete Samuel, ein Sohn Mahar« öS, welch letzterer sich lange gegen die Herrschaft der Deutschen gesträubt ha», 1890 starb, nachdem er namentlich in den Jahren 1885 und 1888 dem damaligen Führer der Schutztruppe Hauptmann von FrarcoiS viel zu schaffen gemacht hatte. DaS j tzige Oberkommando, unter dem Obersten LMwnn, hat seinen Sitz in Windhuk. In dem panzen Lande befinden sich noch weitere 3 regel rechte Garnisonorte. Es sind die- Outyo, südwestlich der O avi Minnu, Omaruru im Hererogebiete und KelmanvShop im Süden. Außer diesen mit je einer Kompagnie be setzten Garnisonen bc finden sich dauernd WachkommandoS in Franz- kontein, Swakopmund, Wilhelm-feste, Otjimbiugwe, Okahandja, Gobabi», Gibson, Grootsontein, Bethanien, Warmbad und den Stationen der Eisenbahn. Gothein (Freis. Vereinig.): Die Verhandlungen seien vollkommen inS Stocken geraten; so habe eS mit dem neuen Zolltarif bei seinen übermäßigen Zollsätzen auch kommen müssen. In England hätten die Hochschutz, zölloerischev Staaten durch ihr Vorgehen erst den Nährhodeu für den Schutzzoll geschaffen. WaS haben Sie nun für Erfolg von Ihrem Vorgehen bei Be ratung des Zolltarifs? WaS haben Sie von Ihrer raschen Abstimmung, die gegen die Geschäftsordnung verstieß? (Unruhe rechts. Ohorufe.) Die Inter- pellanten sagten, sie wollten der Regierung den Rücken stärken; in Wirklichkeit aber würfen sie ihr Knüppel zwischen die Beine. — Abg. Schwerin-Löwitz (kons.) führt au-, daß, nachdem nun einmal der neue Zoll- tarif beschlossen sei, wir doch endlich einmal das In krafttreten desselben beschleunigen sollten, unabhängig von den Verhandlungen über neue Verträge. — Abg. Kaemps (Freis. Volk-p.): Den Zolltarif mit seinen un geheuerlichen Brot- und Fleischzöllen vorzeitig in Kraft zu setzen, unter Kündigung der bestehenden Verträge würde geradezu ein Unglück für das Land sein. — Staatssekretär Graf PosadowSky erwidert aus einige Wendungen veS Vorredners: Wenn der Zolltarif al- „ungeeignete- Instrument" für HandelSvertragSver- Handlungen »der gar als Drohung gegen andere Länder bezeichnet werde, so erschwere das zweifellos der Regierung die Verhandlungen. (Beifall recht-.) ES zeige sich aber wieder an dem heutigen Gang der Debatte, wie bedenklich es sei, in schwebende Verhand lungen einzugreifen. Bi solchen Verhandlungen handelt eS sich nicht so sehr um Schnelligkeit, als um Zähigkeit. — Abg. Paasche (nat.-lib.): Wie Herold, so wünschten auch seine Freunde Continuität der Verträge, anknüpfend die neuen ohne ein Vccuum an die alten Verträge. Auch wolle seine Partei Schutz der Landwirtschaft, ebenso aber auch Wahrung der Interessen der nationalen Industrie. — Abg. Wolf (Bund der Landw.) ist von der Antwort des Staatssekretär- durchaus nicht befriedigt und äußert sich im Sinne der Interpellanten. — Hierauf wird, ohne daß die Besprechung geschloffen wird, ein Antrag auf Ver tagung angenommen. Der Reichskanzler verließ unmittelbar nach seiner Rede den ReichStagSsaal. In den Wandelgängen ver lautete, daß er in der südwestasrika»ischen Frage noch außerhalb des Hauses in Anspruch genommen werde. Die ganz außerordentlich schlimmen Nachrichten Kriegsschauplatz — so muß man jetzt wohl sagen — in unserem südwestafrikanischen Schutzgebiet haben begreiflicher Weise die größte Bestürzung er regt, und man sieht den weiteren Meldungen mit Hanger Sorge entgegen, da die letzten Nachrichten die ichli«msten Ereignisse befürchten lassen. Auch im Reichstag bildete heute schon vor der Eröffnung der S tzung die südwcstasrikanische Frage den ausschließ lichen Gegenstand de» Interesse» und der Unterhalt ung, und dahinter trat sogar die konservative Handels- Vertragsinterpellation weit zurück. Die Expedition nach Südwestafrika. (Lon unserem Berliner ^-Korrespondenten.) Berlin, 18. Januar. deS hohen Haufe- nachsuch-n. Bi» zum Einueff n der Marine-Jafavterie wird der j.tzt »nt.rwegS befindliche AblösungStranSport von 330 Mann, der am 3. Februar in Swakopmund fällig ist, bereits einige Unterstützung gebracht Haden. Außerdem hat da- in Kapstad! stationierte Kanonenboot „Habicht" Befehl erhalten, nach Swakopmund zu gehen. DaS Schiff trifft dort vermutlich bereit- heute ein. Die geplanten Maß- nahmen sind, soweit die Sachlage bis jetzt zu über- sehen ist, daS Mindestmaß dessen, war wir unsere» in der Kolonie äußerst pflichttreu wirkenden Bramten und Soldate», sowie allen s huldig sind, die im Ber- trauen auf den Schutz de- mächtigen Deutschen R-icheS sich in der Kolonie angesied.lt haben, insbesondere »ber unseren Mitbürgern, die im fernen Lande sich eine neue Heimstätte gegründet haben. Die Vorgänge der letzten Tage, die Hilferufe unserer auf dar äußerste gefährdeten Landrleute werden, da- hoffen die ver bündeten Regierungen zuversichtlich, dar deutsche Volk Deutscher Reichstag. Berlt«, 18. Januar. Der Präsident teilt mi», der Kaiser schenkte dem ichStage wiederum eine Schiffttabelle. Ec werde Kaiser de» Dank der Reichstags abstatten, und Schiffttabelle werde in der Wandelhalle zur Be tigung aufgestellt werden. Bor Eintritt in die Tagesordnung gibt der eichSkanzler folgende Erklärung ab: „Ich trachte eS al- meine Pflicht, dem hohen Hause Auf- luß zu geben über die ernsten Ereignisse i» üdwestafrika und Mitteilung zu machen vo» n Maßnahmen, die wir zum Schutze der Leben» d Eigentum- von Hunderten dort ansässiger Deutschen nverzüglich in- Werk setzen mässe». Der Aufstand !r Herero, der in wenigen Tagen einen so bedrohlichen »fang angenommen hat, ist ohne sichtbaren Anlaß, ach für die genauen Kenner de» Schutzgebiete» uner- unter, zum Au»bruch gekommen. Die ersten Nach- chte» über die Möglichkeit eine» solchen Aufstaude» hielten wir heute vor acht Tagen au» dem Schutz- ediete. Seitdem sind die eingegangenen Depeschen archweg v»n un« sofort veröffentlicht worden, und ür lnßen keinen außer Zweifel über den Ernst der »ge. Der Ausstand hat in wenigen Tagen die von er Eisenbahn durchzogenen und von den Weißen am ichtest'N bevölkerten Teile der Kolonie ergriffen. Die rüchte de» Fleißes und der Ausdauer einer jihr- Hntelangen Arbeit de» Ausstand»gebieteS sind ver- ichtet worden. Eiu großer Te,l der Ansiedler hat iigentum, Hau», Hof und Vieh verloren. Schwerer och ist die S»rge um da» Schicksal der v»n ihren rmen nach den Stationen geflüchteten Weißen, dir tzt einen Berzwriflung-kampf gegen die Uebermacht er Eingeborenen führe». E» läßt sich heute noch icht übersehen, wie viele von den in weiter Ent- rnung von den schützenden Mauern der Stationen lohnenden dieselben zu erreichen vermochten. Der ufstand ist zu einem Zeitpunkt au»aebrochen, wo der ouverueur mit dem Gro» der Schutztruppe sich im üden de» Schutzgebiete» befiudet, mehr al» 20 Tage- ärsche vom Schauplatze der gegenwärtigen Katastroph' ntferot. Dadurch find die Zufluchtsorte und der >t»elpunkt der Kolonie nur mit schwachen und zcr- Merten Streitkräften versehen.Okahandja, Oijmdingwc nd Karibik find in äußerster Bedrängni». Windhoek löst, die Hauptstadt deS Schutzgebiete-, ist ernstlich edroyt. Gleich die ersten Nachrichten zeigten di» otwendigkeit einer ansehnlichen Verstärkung der Schutz ruppe. Infolgedessen wurde die Entsendungvon 500 ann mit 6 Maschineugewehrev u»d 6 Maschinen- anonen vorbereitet. Ihre Zustimmung zu dieser Maß ahme wird ;m Wege einer Vorlage erbeten werden, ie ich nach bereit- ersolgter Genehmigung durch de» undeSrat Ihrem Herrn Präsidenten hier übergebe »d die einen Nachtragtkredit für 1903 und einen rgänzung-etat für 1904 »mfaß». Die erwähnten ruppen köanea jedoch nicht vor dem 30. Ja»uar nd 6. Februar zur Ausreise komm n. Am Sonnabend ingetrvff-ne Nachrichten indessen, die da» Schlimmst Echten kaffen, machen sofortige wütere Maßnahmen