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Nr. 78. Pulsnitzer Tageblatt — Montag, 4. April 1932 Seit« 3 Schulanfang Ermutigen, nicht einschüchtern! Von Schularzt Dr. Miyer-Housselle. Auch heute noch ist der Schulanfang für die Schul neulinge ein Begeben von großer Wichtigkeit und gesund heitlicher Bedeutung. Schon die ungewohnte Einordnung in eine bestimmte Tageseinteilung, das enge Zusammensein mit vielen Kindern in oft überfüllten, mangelhaft gelüfteten, überhitzten Räumen, das mehrstündige Ausmerkenmüssen stellt an Körper und Seele erhebliche Anforderungen, und bald verlieren viele Kinder Frische, anfängliche Begeisterung, rote Backen, werden verstimmt und müde; Schlafstörungen, Appe losigkeit stellen sich ein. Mag für manche Kinder die rein körperliche Anstrengung so groß sein, daß sie diese Folgen hat; wichtiger sind andere Ursachen: seelischer Art. Druck und Spannung bedeutet die Schule sür manches Kind nach wie vor. Für zarte, empfindliche, für zu weich erzogene Kinder ist schon die Trennung von der gewohnten Umgebung, von der geliebten „Mutti" vor allem, ist das Eingeordnetwerden in eine „Masse", die nicht die gewohnte Rücksicht nimmt, schon ein schmerzhafter Eingriff Ganz be sonders für das einzige Kind — und heute sind die meisten Kinder das „einzige". Mit Bedauern und übertriebener Sorge macht man es dem Kinde noch schwerer, und erschwert die so notwendige Loslösung des Kindes von der engen elterlichen Bindung. So etwa, wenn die Mutter in der großen Pause mit der Milch- oder Kakao-Flasche erscheint! Oder umgekehrt: das Kind, für das die Schule das große Erlebnis ist, findet zu Haus, wenn cS begeistert von seinen wichtigen Erlebnis berichtet, kein Verständnis, kaum Gehör, vielleicht ein höhnisches Gefickt, ein Wort des Spottes. Das setzt eine tiefe Wunde, auch wenn das Kind sich nichts merken läßt. Oder der übertriebene Ehrgeiz der Eltern läßt dem Kind nicht die Ruhe langsamer Entwicklung, hetzt das Kind in eine es nie ganz freilassende Unruhe und wenn die viel zu hoch gespannten Erwartungen nickt gleich erfüllt werden, regnet es Tadel und Hohn: „Du — was du gerade kannst" oder „das kannst du ja doch nicht". Das Kind wird verschüchtert, entmutigt, vertiert den Glauben an sich, Furcht vor der Schule stellt sich ein, und alle die ge schilderten körperlichen und nervösen Erscheinungen. Heute wissen wir, daß viele, allzuviele Nervenkrankheiten ihre Wurzel in der Kindheit haben und in nichts anderem, als in falscher seelischer Behandlung durch Einschüchterung und Zerstören des Selbstvertrauens. Auch manches Versagen in der Schule ist auf solche Entmutigung zurückzuführen. Und es gibt nicht viele Eltern, die sich immer Rechenschaft ablegen, wie ihre Worte, wie ihre Behandlung des Kindes wirkt: ob sie unbewußt, ja in bester Absicht „entmutigen", das Gefühl der „Minderwertigkeit" erwecken. Wenn aber auch viele „rein körperliche" Störungen mit Sicherheit auf seelische Ursachen zurückzuführen sind, darf man doch uicht vergessen, daß die Schule auch eine regel rechte Anstrengung ist. Viele Kinder vertragen die schlechte Luft, die Hitze der überfüllten Räume nicht. Ihnen muß man durch reichlichen Aufenthalt im Freien Ausgleich schaf fen. Man sorge auch bei allen Kindern für reichlichen Schlaf und frühes zu Zubettgehen: nicht bloß das Kino, auch das Mitnehmen zum „Vergnügen", selbst zu Onkels und Groß mutters Geburtstag bis in die Nacht überanstrengt und übermüdet das Kind, das am nächsten Tag frisch sein soll. Oft tut es gut, das Kind nach der Schule, vor dem Essen eine Stunde Liegen zu lassen, am besten im Freien oder auf dem Balkon, wenigstens am offenen Fenster. Mancher schlechte Esser verzehrt dann sein Mittag gern. Man sehe auch darauf, das Kind nicht ohne Frühstück zur Schule zu lassen. Oft ist einfach die Hatz, mit der die Mutter drängt, schuld an der Appetitlosigkeit, oder das Kind verschläft die Zeit, weil es zu spät ins Bett kam. Oder aber eine oft über sehene körperliche Störung ist schuld an der morgendlichen Eßverweigerung: ein chronischer Schnupfen oder „Wucher ungen" im Nasenrachenraum. Diese Kinder sind auch meist durstig und verderben sich durch vieles Trinken den Appetit noch mehr. «MWLblE E Auch zum Schulanfang gilt der Grundsatz: cas Kino ruhig, ohne sich von seinen Launen Hinreißen zu lassen, zu behandeln, es mit Vertrauen in sein Können und mit Freude an seiner Arbeit zu erfüllen, es zu „ermutigen". Weitere Enteignung deutschen Grundbesihes im Korridorgebiet. Polen beabsichtigt, auch in diesem Jahre wieder, Ent eignungen von Grundbesitz in den ehemals preußischen Ge- beiten von West Preußen und Posen in großem Um fange durchzuführen. In der Provinz Posen sollen 3000 Hektar deutschen und 3000 Hektar polnischen Grundbesitzes enteignet werden, in Westpreußen 7600 Hektar deutschen und 1600 Hektar polnischen Grundbesitzes. Der deutsche Besitz, der namentlich in Westpreußen so außerordentlich zusammengeschmolzen ist, bleibt also auch weiterhin nicht verschont, selbst nicht einmal !m Hinblick dar-, auf, daß Polen den letzten Beschluß des Dreier-Komitees in der Agrarreformllage des deutschen Abgeordneten Gräbe vor dem Völkerbund angenommen hat, der besagt, daß die Enteignungsmethoden der polnischen Regierung gegenüber den Deutschen im Korridor eine Verletzung der bezüglichen Bestimmungen des Minderheitenvertrages bedeuten. Die zu Enteignung kommenden deutschen Grundstücke liegen aus schließlich im westlichen Korridorgebiet. Amerika will die Reparationsfrage nicht erörtern. Washington. Die Europareise des Staatssekretärs Stimson wird etwa'4 bis 6 Tage dauern. Stimson wird wahrschein lich auf den, französischen Dampfer „Isle de France" zu sammen mit Norman Davis abfahren. Er wird sich direkt nach Genf begeben. Andere Hauptstädte wird Stimson nicht besuchen, höchstens vielleicht Paris auf der Rückreise. Auf seiner Europafahrt wird Stimson das Pro blem der Kriegsschulden und Reparationen nicht behandeln. Die Hoffnung der Regierung der Vereinigten Staaten geht dahin, daß etwa bis Ende Mai die Abrüstungskonferenz 'in Ergebnis erreicht hat. In politischen Kreisen der Ver- nnigten Staaten »ist man davon überzeugt, daß Stimson neben der Abrüstungsfrage sich trotzdem auch mit der Tri- butfrage und dem Problem der Kriegsschulden in Europa beschäftigen wird. Man rechnet in den Vereinigten Staren immer noch damit, daß durch Stimsons Besuch in Genf ein Besch lußaufHerabsetzungderRü st un- gen erreicht wird und daß die Vereinigten Staaten dann durch geringere Ausgaben für Rüstungen Mittel freibekom- men, mit denen sie eine teilweise Streichung der Schulden bewilligen könnten. An der Lausanner Äonfe- renz wollen sich die Vereinigten Staaten nicht beteiligen. Stimson will aber wohl vorher in Genf die Probleme der Lausanner Konferenz, insbesondere auch die Morato- riumsfrage zu klären versuchen. Die deutsche Auffassung steht in der Tribut frage, ganz gleich, wie eine deutsche Regierung sich verhält, deshalb vollkommen fest, weil praktisch nur eine Möglichkeit gegeben ist: Deutschland kann nicht mehr zahlen und wird infolge dessen nicht mehr zahlen. Wenn jede deutsche Regierung diesen Standpunkt klar ver- tritt, wird der Staatssekretär der Vereinigten Staaten in der ^rtvutsrage und in der Schuldenfrage im wesentlichen mit I^Ereich und England verhandeln müssen. — Der franzö sische Ministerpräsident Tardieu ist am Sonntag init Fi- nanzminister Flandin nach London gefahren, wo er um » Uhr nachmittag eintraf. Am Sonntagabend fand die erste oesprechung mit MacDonald statt. Ein Vorschlag MoeDonalds zum Wiederaufbau Europas an Amerika? London. Die Stimmung in französischen Kreisen ist nicht allzu hoffnungsvoll. .Der Gedanke, daß es zu festen Ver einbarungen zwischen Tardieu und Mac Donald kommen könnte, ist ziemlich aufgegeben worden. Aus englischer Quelle ver lautet, daß Mac Donald feinen Plan mit Rücksicht auf Amerika angelegt hat, um späterhin mit einem großangelegten Vor schlag an Amerika zum Wiederaufbau Europas herantreten zu können, und damit Einfluß auf die amerikanische Stimmung in der Schuldenfrage zu gewinnen. Die ganze Atmosphäre der Londoner Besprechungen kann man als ernst bezeichnen. Allen Beteiligten ist in den ersten Stunden der Verhandlungen am Sonntag klar geworden, daß es sich um die wichtigsten Fragen handelt, die Europa angehen, und daß versucht wird, eine neue Grundlage zu finden, um dem wirtschaftlichen Zusammen bruch entgegenzusteuern. Verständigung in Schanghai Der Räumungsplan Die Telegraphen-Agentur der Sowjetunion teilt aus Schanghai mit, daß in den zwischen den chinesischen und japa nischen Vertretern geführten Verhandlungen folgendes ver einbart wurde: Es werden von den Japanern geräumt: I. Mehrere Teile des Chinesenviertels in Tschapei. 2. Der östliche Teil von Kiangwan und die Rennbahn. 3. Das Dorf Wusung. 4. Der Bezirk Äangsupu. — Die Räumung muh im Laufe eines Monats erfolgen. In den geräumten Gebieten dürfen sich vorläufig keine chinesischen Truppen aufhalten, sondern nur eine eigens gebildete chinesische Polizei. Zur Durchführung dieser Vereinbarungen wird eine chinesisch- japanische Kommission gebildet, die die Durchführung zu über wachen hat. Schlachtviehpreise auf dem Diehhof Dresden vom 4 April «Vf, rieb Schlacht vieh- Gattung Wertblasseu Preis« sür üo b, in «w Ge schäfts gang Lebend gewicht Schlacht gewicht 128 I. Riader vchime ,) vollsteischig« aargem. höchst«» Schlachtwerte, 1. iaag« . 2. ülter« . »> sonst!,« vollsteischig« 1. siras« . t. älter« , «> steischi» 1) tzolft«inm Weibcriaber . < 32-36 27- 31 22-25 20-22 62 56 47 42 lan»sam 378 0. Doll.» «> tünger« »ollft«,schig« tzüchstra Schlachtwert«, b) soastis« oollsttischige ob«, aa»- g««Sst«t« «) st-ischis» .... »s Serlas »«»ätzet« - - ' 28-32 23-27 20-22 52 46 41 langsam 33l c. «ütz« .) jünger« ooUst«tschsg« tzüchst«» Schlachtwkv«» soastis« vollstetschi,e oder aa«- S«Mäst«t« ..... .» st«iichi„ »> scrius »«altzrt« 26- 31 20—25 13-17 10-12 52 44 32 2» lnazln« 35 o. 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I) Aleischi,« aa««r. 12» Psb. . ,) Saa«a .... 38- 3S 37- 38 36 37 34- 35 32-33 34-36 4S 49 48 48 47 47 schlecht Landeswetterwarte Dresden (Rachdruck verboten) Zunächst noch Anhalten des herrschenden wolkigen bis heiteren Wetters bei schwachen bis mäßigen Winden aus südlicher Richtung. Im späteren Verlaufe Bewölkungszunahme, dann auch Aufhören der Riederschlagsneigung nicht aus geschlossen. Neueste Drahtmeldung Dresden, 4. April, 1932, 11,15 Uhr. TU. Graf Zeppelin beim Start «ach Südamerika leicht beschädigt. Friedrichshafen. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" ist heute früh um 5,04 Uhr zu seiner zweiten diesjährigen Südamerikafahrt unter dem Kommando von Kapitän Leh mann mit 8 Fahrgästen, darunter einem 5 jährigen Knaben, aufgestiegen. Beim Start erhielt es eine kleine Beschädigung. Etwa 25 Meter hinter der Fahrgästegondel wurde die Hülle durch einen Mast der Funkstation in einer Länge von 10 Metern aufgeschlitzt. Kaum eine halbe Stunde nach der Ab fahrt des Schiffes ertönten Böllersalven drS Signalamtes für die Haltemannschaft. Das Luftschiff landete um 6,33 Uhr. Der Aufstieg wird sich nur um einige Stunden verzögern. Beide wurden in der Zeit despreisabbaus geboren. Das neueSchwaa» pulver-Doppelpakek kostet nur 44 Pfennig, ist alfo 4 Pfennig billige» als zwei Schwanpulver-Normalpakete zu je 24 Pfennig. Jede Haus!» frau behält es leicht: wenn sie ein neues Dierpfeum'gsiück sieht, deaU sie beim Einkauf immer an das vorteilhafte Schwanpuloer-Doppet» Paket, das ihr diese 4 Pfennig sirart. i Schwanpulver-ÄoppelpM i