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Bis '/-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupimannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des > Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, HanSwalde, Ohorn, Obcrstcina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz. Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. FörsterS Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 78 Montag, den 4. April 1932 84. Jahrgang Der erste Sonntag im Wahlkampf Graf Zeppelin beim Start nach Südamerika leicht beschädigt (siehe Drahtmeldung) Die Parteihauptquartiere haben während des Oster» burgfriedens eifrig ihre Organisationsarbeit so weit be trieben, daß jetzt, nachdem der Burgfrieden abgelaufen und schlacht für den zweiten Wahlgang der Reichspräsidenten» wahl begonnen hat, die Truppen sofort mit voller Kraft überall eingesetzt werden konnten. Ls zeigt sich, daß die Reichspräsidentenwahl schon recht stark durch die Länder wahlen am 24. April beschattet wird. Die stärksten Reserven werden jedenfalls für diese Wahlen in den Kampf geführt. Die Nationalsozialisten haben ihre ganzen Kräfte nach einmal für die Reichspräsidentenwahl ins Feld geführt. Hitler selbst will soviel wie möglich selbst in Massenversammlungen sprechen. Es sollen etwa 1 Million Menschen die Möglichkeit haben, ihn zu hören. Hitler wird für seine Wahlreise Flugzeug, Auto und Eisenbahn be nutzen, um überall sprechen zu können. An manchen Tagen will er drei- und viermal reden. Das Schwergewicht der Pro paganda wird diesmal von den Nationalsozialisten auf öffent- liche Propaganda durch Flugblätter und Plakate gelegt. Eine vorzeitige Plakatierung eines Wahlaufrufs der NSDAP, noch während des Burgfriedens durch die Berliner Säulen- Anschlagsgesellschaft „Berek" hat zu einem ernsten Konflikt mit dem Berliner Magistrat geführt. Vermutlich wird die Angelegenheit sogar noch ein gerichtliches Nachspiel haben. Der Mrektor der „Berek", Martin, dessen Rücktritt gefordert wird, hat zur Entschuldigung angeführt, daß bei der Abstem pelung des fraglichen Plakats von der Dienststelle des Poli- reivräsidiums erklärt worden sei, daß die Plakatierung am 1 April erfolgen könne. Es ist daher eine dahingehende Anfrage an das Polizeipräsidium gerichtet worden Für die Dauer des Reichspräsidentcnwahlkampses ist von der Ncichs- pressestelle der NSDAP, eine L u g e n a b w e h r st e l l e m Berlin eingerichtet worden, Reichspräsident v. Hindenburg hat mit den Ver tretern der vereinigten Hindenburg-Ausschüsse, Landrat a. D. Gereke und Graf Westarp, die Vorbereitungen der zweiten Präsidentenwahl besprochen. Me Hindenburg-Ausschüsse haben ihr Haupt tätigkeitsfeld für den zweiten Wahlgang der Reichspräsiden tenwahl vornehmlich auf das flache Land verlegt. Die Pro paganda soll durch Lautsprecherwagen, Flugzeuge und Mil lionen von Plakaten und Flugblättern erfolgen. Im östlichen Deutschland soll die Propaganda von Haus zu Haus betrieben werden. Gegenüber 350 Hindenburg-Ausschüssen am T3. März bestehen jetzt 1650. Die Parteien der politischen Gruppen, die sich an dem zweiten Wahlgang der Reichspräsidenten- wähl noch einmal beteiligen, haben mit dem Augenblick, wo der Burgfrieden am Sonntag um 12 Uhr aufhörte, mit der Agitation begonnen. Die RationalsoziaIisten haben Mr eine zweite Entscheidung sehr umfassende organisatorische Vorbereitungen getroffen, bei denen wohl diesmal Hitler persönlich auch die oberste Leitung der Propa- in der Hand behalten hat. Der Wahlkampf den Nationalsozialisten in der Hauptsache durch geführt, der einen Ersatz für den ihm versagt gebliebenen Rundfunk dadurch sucht, daß er A B<!bn Flugzeug, Auto und der Bahn an ie^m Tag bis zum 10. April in vier Städten eigene Reden hält. Vier Hitlcrvcrsammlungen in Sachsen. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei hatte in Dresden Leipzig, Chemnitz und Plauen i. V. Versamm lungen mit'Adolf'Hitler angesagt. In Dresden war dic Radrennbahn in Reick, die 40 000 bis 50 000 Menschen faßt, überfüllt. Hitler führte unter anderem aus, daß die Ver weigerung der öffentlichen Propagandamittel, des Rund funks usw., für den Wahlkampf den Kampfeswillen der Nationalsozialisten durchaus nicht gemindert habe. Man habe gesagt, daß der Nationalsozialismus Chaos und Bür gerkriea bedeute, und Friede und Ordnung gefährde. Wo sei bisher etwas von Friede und Ordnung zu sehen ge wesen? Der Nationalsozialismus habe zum ersten Male seit langem alle Schichten des deutschen Volkes über allen Standesdünkel hinweg wieder zusammengefaßt. Man habe gesagt, Nationalsozialismus bedeute Inflation. Die Angst der änderen vor den Nationalsozialisten sei ja eben des halb so groß, weil diese seit jeher Sühne für das durch die Inflation am Volke begangene Verbrechen gefordert hätten. Der Vorwurf, der Nationalsozialismus werde die Wirt schaft zerstöre«, sei abwegig. Der Nationalsozialismus habe den Kampf gegen das Elend aus seine Fahnen ge schrieben. Man könne Nationalsozialisten töten, und man könne auch ihn töten Aber kapitulieren würde weder er noch seine Bewegung. Der Kampf des Nationalsozialismus werde bis zum endgültigen Sieg durchgeführt werden. Am 10. April werde eine neue Schlacht geschlagen werden, eine weitere am 24. April folgen, und am 25. werde der Kampf weitergehen. Sodann sprach Hauptmann Goering, M.d.N. In Leipzig waren die Hallen der Technischen Messe mit ungefähr 50 000 Personen gefüllt. Auch hier, ebenso vor ca. MOOO Menschen in Chemnitz und in Plaue n in Vogtland sprach Hitler im vorstehenden Sinne. Blutige Zwischenfälle in Chemnitz. In Chemnitz fanden von allen Parteien große Kund gebungen statt. Vor den Versammlungen bewegten sich große Demonstrationszüge der verschiedenen Parteirich tungen durch die Stadt. In den Klostcrstratzc überfielen Kommunisten einen Trupp Nationalsozialisten. Die Kom munisten wurden zurückgedrängt und flüchteten in ein Haus. Aus dem Hausflur feuerte ein Kommunist fünf Revolverschüsse aus die Nationalsozialisten ab. Ein Nationalsozialist wurde durch Bauchschuß schwer verletzt. Ein Kommunist wurde ebenfalls getroffen. Der Täter wurde festgenommen. Sachsens Konservative gegen Hugenbergs Sammlungsaktion. In einem von seilen der Konservativen Volkspartei Sachsens veröffentlichten Artikel, der zu dem von Geheim rat Hugenberg veröffentlichten Brief zur Sammlung der bürgerlichen Parteien Stellung nimmt, heißt es unter an derem: „Die Konservativen stimmen auch in dieser Frage mit der vom Reichstagsabgeordneten Dr. Gereke für das Deutsche Landvolk abgegebenen Erklärung überein. Für sie kommt eine Sammlungsaktion unter Führung Hugenbergs nicht in Frage. Hugenberg und Harzburg sind zwei Be griffe, die nicht von einander zu trennen sind. Salzburg ist zusammengebrochen und lebt nur noch in der Einbil dung Unbelehrbarer. Harzburg hat gezeigt, daß sich Hugen berg für seine Politik zuerst den falschen Bundesgenossen gesucht hat, so daß ihm nichts anderes übrig blieb, als zur Rettung seiner Harzburger Aktion den Stahlhelm auf einem Posten cinzusctzen, der zu einer schweren Niederlage führen mußte." Hugenberg irre sich, wenn er glaubt, daß die rechtsbürgerlichcn Gruppen, die er erst aus der deutsch nationalen Gemeinschaft Herausgetrieben habe, zur Ret tung seiner gefährdeten parlamentarischen Position sich wieder behelfsmäßig einordnen würden." Wahtkundgebungen der Eisernen Krönt. Crispien in Dresden. In Dresden hatte die Eiserne Front ihre Anhänger z» einer Kundgebung aus dem Theaterplatz ausgerufen. Die Hauptansprache hielt der 2. Vorsitzende der Sozial demokratischen Partei, Crispien, M.d.R., der erklärte, daß die Tatkraft der Eisernen Front am 13. März ein namens loses Unglück, das über Deutschland hätte Hereinbrechen können, verhütet habe. Das dritte Reich werde in Deutsch land nie erstehen, weil es die Eiserne Front nicht wolle. Cs müßten nämlich erst die Millionen von Kämpfern der Eisernen Front mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden, ebe das dritte Reich gegründet werden könne. Das wäre aber ein unmögliches Beginnen. Crispien ließ keinen Zweifel daran, daß man vor neuen schweren Kämpfen stehe, glaubte jedoch, daß diese die Eiserne Front bestehen werde. In der Hauptstraße in Dresden-Neustadt kam es nach Schluß der Kundgebung zu Ansammlungen, an denen etwa 2000 Personen beteiligt waren und die von der Polizei teil weise unter Anwendung des Gummiknüppels zerstreut werden muhten. Der Berliner Polizei-Pressechef in Chemnitz. In der Sporthalle zu Chemnitz sprach vor etwa 12 Ovr Zuhörern der Pressechef des Berliner Polizeipräsidiums Dr. Haubach. Die Programmpunkte der Eisernen Frow seien folgende: „1. Hitler wird nicht Reichspräsident 2. Hitler verfüge nicht über die Reichswehr und Reichs- Das Wichtigste Reichspräsident von Hindenburg hat die Bundesleitung des Stahlhelms ausgefordert, ihm bis zum 5. April mitzuteilen, ob sie bereit sei, die Maßreglungen von solchen Stahlhelm mitgliedern zurückzunehmen, die im ersten Wahlgang für Hindenburg gestimmt haben. Der Kronprinz hat eine Erklärung veröffentlicht, in der er betont, daß er im zweiten Wahlgang Adolf Hitler wählen werde, da er eine geschlossene nationale Front für notwendig halte. Eine größere Anzahl von Fachverbänden des Deutschen Be amtenbundes ist mit einem gemeinsamen Ausruf zur Wahl Hindenburgs vor die Oeffentlichkeit getreten. Nm Sonntag mittag kam es in Berlin zu kommunistischen Krawallen, wobei ein Polizeibeamter und ein Kommunist erheblich verletzt wurden. 2n Agram kam es zu großen Kundgebungen für ein freies Kroatien, bei denen die Polizei einschritt und 27 Berhaf- tungcn vornahm. Die Erdrutschkatastrvphe in Ramdak bei Mamnos hat nach den bisher vorliegenden Berichten unabsehbare Ausmaße gehabt. In einer Länge von 2000 Metern und einer Breite von 400 Metern ist die Landschaft um etwa 800 Meter gesunken. > marine; 3. Hitler siegt in Preußen nicht; 4. Hitler ver- sügi nicht über 85 000 Mann preußischer Schutzpolizei und 5. Das Hakenkreuz wird zerschlagen und tn den Staut getreten." Im Reich. Auch in vielen Städten des Reiches fanden Kund gebungen der Eisernen Front statt. So sprachen der Parteivorsitzende Wels in Breslau, Landtagsabgeordnetei Röhle in Frankfurt usw. In Limburg erklärte sich Innen minister Severing als Todfeind der Nationalsoziald sten. Bezüglich der Polizeiaktion gegen die National sozialistische Geschäftsstelle erklärte er, es müsse der Wei! gezeigt werden, daß die Macht der NSDAP, nur vorge tönschi sei. Nirgends habe die SA. den polizeilichen Maß nahmen sich widersetzt. Steaerwald für Hindenburg. * Auf einer Kundgebung der Zcntrumspartei sprach n Breslau Neichsarbeitsminister Dr. Stegerwald über die Reichspräsidentenwahl. Er führte unter anderem aus: Wenn wir in Deutschland Politik machen wollen, dann haben wir uns viererlei klar einzuprägen, 1., daß wir den größten aller Kriege in der Geschichte verloren haben, 2., daß jahrelang eine Hatzatmosphäre ohnegleichen in der Welt gegen Deutschland verbreitet worden ist, die nur schrittweise abgebaut werden konnte, 3., daß wir von unseren ehemaligen haßerfüllten Gegnern Friedensbedin gungen zudiktiert bekamen, die wir nicht erfüllen konnten, 4., daß wir auf die großen Weltgeschehnisse, die in den letzten Jahrzehnten an uns herangetreten sind, als Volk und Nation geistig nicht ausreichend vorbereitet waren. Das ist das einfache Einmaleins der deutschen Politik, daS vielen Leuten nicht bekannt zu sein scheint. Wahl-Erklärung -er ONBP. Nach der Sitzung des Parteivorftandes der Deutsch» nationalen Bolkspartei am Sonnabend wurde folgender Bericht ausgegeben: Der Parteivorstand legte die Kandidatenlisten für die L än d e rw ah le n fest. Er billigt« tu allen Punkten die Politik des Parteiführers und der zur Reichspräsidentenwahl und zur Preußenwahl ausgegebcnen Parolen. In einer Beteiligung an dem durch das Ergebnis des 13. März bereits praktisch entschiedenen Reichspräsiden tenwahlkampf sieht der Parteivorstand nur eine nutzlose Demonstration. Für den Wahlkampf um Preußen legte der Vorstand die Richtlinien fest. Das Bekenntnis de« Partei zum Lebensrecht der Länder und der Selbstverwaltung kam in einer besonderen Erklärung zum Ausdruck. — In einer weiteren Erklärung wurde ein besonderer Appell an den Reichspräsidenten und an die Reichs regierung gerichtet, jeden Mißbrauch des preußischen Staats apparates zugunsten der bedrohten Regierungsparteien im Wahlkampf zu verhindern. Der Kronprinz erläßt folgende Kundgebung: „Wahlenthaltung im zweiten Wahlgang der Reichspräsi dentenwahl ist unvereinbar mit dem Gedanken der Harz burger Front. Da ich eine geschlossene nationale Front für unbedingt notwendig halte, werde ich im zweiten Wahlgang A d o,l f Hitler wählen."