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Johann Gustav Kicttc, Picmiclieutunnl n. D., kaufte das Gut 1837. Dieser hatte das Gut wähl nur deshalb gekauft, um möglichst viel Geld heraus- zuschlagen. Der schlagbare Wald wurde abgeschlagen, er verkaufte Statuen des Schlvßparkes, ferner den Rest der Orangerie. Dieser fand im Zwingerhof und später iu Pillnitz Aufstellung. Bereits am 3. Juni 1841 verkaufte er das Rittergut wieder an Friedrich Albert Schumann. Dieser besaß es bis 1846. Am 29. Ium desselben Jahres verkaufte er es an Rudolf Polykarpus Lechla aus Oederan. — Allgemeines Bedauern erregten dessen un glückliche Familieuverhältnisse. Seine Frau, d'.<e Tochter des Pulsnitzer Arztes Rietschel, brannte mit dem Nitter- gutsinspektor Jentsch durch: die Ehe wurde geschieden. Jentsch heiratete die geschiedene Frau, zog nach Dresden und lebte dort in sehr kümmerlichen Verhältnissen. Lechla ergab sich dem Trünke: er starb hier am 17. Juni 1858 und ist aus hiesigem Friedhof begraben. Ein großer breiter Granitstein unterhalb der Leichenhalle bezeichnet seine Ruhestätte. Nach Lechlas Tode wurde das Gut noch 3 Jahre im Erbe verwaltet, sodann verkauften die Erben es an Wilhelm Lade, Königsbrück. Dieser Herr bewirt schaftete das Gut 4 Jahre und zog sich dann nach Dresden zurück. Er verkaufte es an Frau von Schön berg. Diese besaß xs von 1865—1866. Sie hat zwar der Kirche eine Altarbekleidung geschenkt, ist aber persönlich hier unbekannt. 1866 kaufte es Johann Heinrich von Dallwitz. Dieser starb noch in demselben Jahre, am 7. Dezember in Dresden, an der Schwindsucht im Alter von 32 Fahren 2 Monaten und 20 Tagen. Sein Plan, einen Pfarrhausneubau herbeizuführen, kam infolge sei nes plötzlichen Todes nicht zur Ausführung. Seine Frau verkaufte das Gut an Baron Heinrich von Haugk, Premierleutnant der Kavallerie a. D., aus Leipzig. Die ser Herr war ein tüchtiger Landwirt und setzte seinen Stolz in ertragreiche Felder und einen schönen nutzen bringenden Viehbestand. Jedoch die Prachteinrichtung des Schlosses ließ er verfallen. Der Schloßsaal diente eine zeitlang als Getreideboden, auch ließ er zwei Drittel der nach dem Keulenberge zu führenden Lindenallee ab schlagen, um die anliegenden Felder ertragreicher zu machen. Nachdem er das Rittergut Neukirchen, zwischen Nossen und Wilsdruff gelegen, gekauft hatte, verkaufte er das Rittergut Oberlichtenau Ende 1873 an Major z. D. Platzmann aus Hohenstädt bei Grimma. Am 2. Januar 1874 fand die Uebergabe des Gutes statt. Platzmann bezahlte für das Rittergut 99000 Taler. Am 1. April bezog der neue Besitzer mit seiner Familie das Schloß. 2m Mai desselben Jahres kaufte er das Krei- schen-Gut für 11000 Taler. Dieses gehörte zum Reichen bacher Kirchspiel. Während seines Besitzes wurde die Brauerei neu erbaut. Das Gewächshaus stürzte 1876 zusammen. Da die Umfassungsmauern noch in gutem Zustande waren, so ließ Major Platzmann dasselbe zur Scheune umbauen. Uebrigens genoß er im Orts allge- gemeine Achtung. Schon längere Zeit kränklich, machte am 13. September 1889 ein Herzschlag seinem Leben ein Ende. Er befand sich damals in Dresden und wurde auch dort begraben. Im Herbste 1890 übernahm nun die Witwe Anna Thekla verw. Platzmann das Gut käuflich für 292 250 Mark. Sic hatte wohl im Sinne, das Gut für eins ihrer Kinder zu halten: da die Bewirtschaftung aber ständig Zuschuß erforderte, war sie gezwungen, es zu verkaufen. 1892 verkaufte sie es an Rechtsanwalt Dr. jur. Theodor Sigmund Eckardt aus Dresden für 256 000 Mark. Dieser kaufte das Gut zu Spekulations zwecken. Er war gewillt, so viel als möglich Gewinn herauszuschlagen. Da er an die Gemeinde oft recht über triebene Forderungen stellte, so herrschte zwischen ihm und der Gemeindeverwaltung durchaus kein gutes Ein vernehmen. Immerwährende Reibereien zwischen diesem Dresdner Spekulanten und dem Gemeindevorstand Ze- nichen waren die Folge. Als am 30. Oktober 1892 die Gcnmchshausscheune abbranntc, machte er in sehr heftigen Worten dem anwesenden Gcmeindevorstand Vorwürfe für das seiner Ansicht nach Zuspätkommcn der Feuerspritze. Ienichen antwortete schnell: „Hätten Sie diese doch eher bestellt!" Worauf der Advokat ohne jede Antwort wei terging. Ferner brannte während seiner Besitzzeit noch das Stallgebäude auf dem Kreischenschcn Gute am 16. 4. 1893 völlig nieder. Im Jahre 1896 verkaufte er das Gut wieder an Freiherr Grothe für 360 000 Mark: er konnte also mit seinem Gewinn zufrieden sein. Bei einem spä teren Spekulationskause büßte Eckardt jedoch sein Ver mögen ein. Das sächsische Kriegsministerium beabsichtigte bei Belgern einen Truppenübungsplatz anzulegen. Eckardt kaufte dort zu einem verhältnismäßig guten Preise so viel Landeigentum als er habhaft werden konnte, um es dann später an den sächsischen Staat mit großem Gewinn weiterzuverkaufen. Doch der Truppenübungsplatz wurde am Ende bei Königsbrück angelegt. Eckardt erlitt bei seinem Landankaufe große Verluste und machte seinem Leben ein gewaltsames Ende. / Der neue Besitzer Louis Ferdinand Charles Frei herr Grothe ist geb. am 7. März 1854, verheiratet mit Helene Antonie Schmidt, Tochter des Leipziger Bankiers Schmidt. (Schluß folgt.) Bobby Skizze von Curt Kühns Auf der Festwiese vor dem Dorfe hatte der Wander zirkus seine Zelte aufgeschlagen. In seinem Stallzelt stand Bobby, die große Zugkraft, der Elefant. Er trat gemächlich, mit dem Kopf nickend, von einem Fuß auf den andern und beobachtete durch eine Lücke der Zelt bahn die Wiese draußen. Sie lag still und verlassen. Das Schützen- und Kriegerfest war vorbei, die Zelte und Bu den wurden abgebrochen. Endlich mal ein Feiertag, dachte Bobby, und solch schöner Abend! Er lugte durch die Zeltbahn, beinahe so schön, wenn's nicht so kalt ge wesen wäre, wie in seiner Heimat, als er in seiner Ju gend — lang, lang war's her — durch die Dschungeln getrottet. Im schönen Indien und — in Freiheit! Sein Herr und Meister kam quer über die Wiese gestolpert — gerad' aus dem Wirtshaus. Warum sich die Menschen so gern betranken? Um ihr Leid herunter zuspielen? Das konnte man auch mit einem großen Eimer Wasser besorgen. Da klang die Trompetenstimme der Frau Direktor drüben aus dem Wohnwagen; sie saß immer an der Kasse und betrieb nebenbei das Ausschreien: „Immer herein, meine Herrschaften! Das muß man gesehen haben!" Bobby konnte diese Stimme nicht mehr hören Jetzt war sie ihres Chefs, wie er genannt wurde, jeden falls ansichtig geworden, — sie erschien auf der Treppe und empfing ihren heraufftolpernden Gatten mit Re densarten, die ein anständiger Elefant überhaupt nicht in das Maul nahm. Sie holte mit der knöchernen Faust aus und versetzte ihrem Chef einen Stoß vor die Brust, daß er in das Gras kugelte. Er stand nicht mehr auf, wenigstens vorläufig nicht, er schlief. Bobby scharrte mit dem angeketteten Fuße; die Kette fühlte sich locker an, — .er riß und ruckte daran, — klirrend fiel fie ins Stroh. Ah; er war frei! So, jetzt wollte er auch einmal spazieren gehen. Er hob mit dem Rüssel vorsichtig die Zeltbahn — und stand im Freien. Eine lange Baumreihe führte zum Dorfe. Das erste Abenddämmern wob in ihrem Geäst. Gemächlich trottete Bobby den Weg entlang. Da kam das erste Gehöft. Bobby blieb stehen und blickte neugierig durch das offene Fenster. Mann, Frau und Kinder saßen beim Abendbrot um eine große Schüssel Kartoffeln. Es ging laut zu Der Mann schimpfte auf die Frau, die Frau schimpfte auf den Mann, die Kinder schienen auch etwas abbe kommen zu haben, denn sie heulten. Warum sich die Menschen bloß immer zanken? Tiere sind ruhig und geduldig, nur der Mensch macht oftmals Krach. Wirk lich, eine unangenehme Gesellschaft. Die große Schüsseln Kartoffeln erinnerte Bobby daran, daß er noch nicht zu Abend gegessen. Sein „Chef" hatte in seinem erleuchteten Zustand jedenfalls nicht daran gedacht, ihn zu füttern. Bobby hatte Hunger. Plötzlich erschien über den Häuptern der aufkrei schenden Frau, des aufschreienden Mannes und der in alle Ecken stiebenden Kinder ein langer Rüssel, faßte die Schüssel und schüttelte ihren Inhalt in den aufgesperrten Rachen; die Schüssel flog krachend, in viele Scherben zer splitternd, ins Zimmer. Erheitert von diesem Vorfall, setzte Bobby seinen Spaziergang fort. Da lag das Gehöft des Schulzen mit einem prachtvollen Obstgarten hinter der Scheune. Gold gelbe Flaschenbirnen leuchteten aus den Zweigen. Bobby richtete die großen Klappohren höher. Die schmeckten besser als die trockenen Kartoffeln. Er nahm sich nicht die Mühe, erst die Tür zu suchen. Ein Tritt, und auf zehn Meter brach der niedere Zaun um. Bobby tat sich gütlich. Zweig um Zweig brach er herunter, — so hatte ihn seine Mutter die Bananen fressen gelehrt. Schade, daß seine Freundin, das kleine Dorchen, die Eselin, die dem komischen August gehörte, für die er eine eigentüm liche Zuneigung hatte, nicht da war. Er hätte ihr die schönsten Birnen geschüttelt. Indessen hatte sich die Kunde, der Elefant sei los, wie ein Lauffeuer verbreitet. Hier und da erschien ein aufgeregtes Gesicht hinter dem Zaune und verschwand, sowie er nur mit dem Schwanz wedelte. Furcht hatten sie alle! Da kam ein schwerer Wagen angerumpelt, ein Dutzend Männer in blanken Lederhelmen zogen daran; die Feuerspritze. Sie machte Halt. Kommandorufe, Pfiffe. Bobby sah sich um. Im nächsten Augenblick klatschte ihm ein kalter Guß gegen den Bauch. Pfui Teufel! Bobby tappste gerade auf die Spritzelos. Hei, wie sie ausrissen! Pumpen konnte er übrigens auch Wozu hatte er seine Ausbildung genossen? Er faßte mit dem Rüssel den Pumpenschwenqcl und schwang ihn auf und nieder, daß die ganze alte Spritze krachte und knackte. Der Wasserstrahl ging gerade noch den letzten Flücht lingen über die Hosen. Hätte Bobby lachen können, er hätte laut gelacht. Als kein Wasser mehr kam, spazierte Bobby weiter weiter zwischen den Scheunen hindurch. So kam er auf den Dorfanger. Hier stand eine aufgeregte Menschen menge, die bei seinem Erscheinen schleunigst davonlief. Da drängte sich ein Mann durch die Menge, die furcht- vare Peitsche iu der Hand: der Chef. Er war von dem Schreck völlig nüchtern geworden. Bobby richtete sich auf und stieß einen trompetenartigen Schrei aus. Der kam ihm recht, — sein Peiniger! Bisher war er friedlich seines Weges gezogen, — warum fürchteten sich eigentlich die Menschen vor ihm? Er tat ihnen doch nichts. Aber dieser Kerl brachte ihm das Blut in Wallung. Unter die klobigen Hufe mit ihm! Zum zweiten Male trompetete er, wutschnäubend, und ging auf seinen Chef los. Do warf dieser die Peitsche weg und rannte, rannte um sein Leben. — Schnaubend blieb Bobby stehen. Kein Gegner weitum. Wozu noch sich ausregen — um diese schofle und feige Gesellschaft? Da klang ein sanftes Flötenspiel an sein Ohr, zu gleich ein sanftes, vertrautes „2-ah!" Auf seinem kleinen Dorchen kam der komische Au gust angeritten. Er, der sonst mit mehlweißem Gesicht und feuerrot geschminktem Mund in alberner Halskrause daherkam, war ein blasser Mann mit stillen Augen, wie die Tiere sie lieben. Er war immer gut zu Bobby und hatte immer eine Mohrrübe in der Tasche, die er ihm in den Rüssel steckte. RMg ließ Bobby ihn herankommen. August unter brach sein Spiel und reichte ihm eine Mohrrübe, Dankend nahm Bobby sie an, obwohl er heute besseres gefressen hatte. August ritt, Flöte blasend, auf seinem Dorchen weiter. Einen Augenblick stand Bobby zögernd. Da sah Dorchen sich um und rief: „2-ah!" Und Bobby folgte. Was wollte er in der Freiheit? Alles fürchtete sich vor ihm, obwohl er niemand etwas tat. Sogar seinen Zorn gegen seinen Peiniger hatte er vergessen. Er ging zurück in die Sklaverei. Es war sein Schicksal. Kismet, sagten die Menschen in seiner Heimat. Zronie -es Schicksals. Die langgestreckte Straße in der Peripherie einer süd französischen Provinzhauptstadt lag, von nur einigen spär lichen Laternen beleuchtet, unheimlich in der nächtlichen Stille da. Der schlecht gepflasterte Weg zog sich an einer hohen, schmutzigen Mauer entlang. Hinter der Mauer zurück lag eine Reihe wuchtiger Gebäude, in denen kein Licht leuchtete. Plötzlich wurde die bedrohliche Stille hinter der Mauer durch ein wütendes, keifendes Hundegebell zerrissen, das mit einem schrillen Aufheulen abbrach. Der Oberkörper eines Mannes erschien über der Mauer, jetzt stand er gebückt oben, Glasscherben knirschten splitternd, der Mann sprang und schlug hart auf den Boden auf. Einen Augenblick blieb er wie betäubt liegen, um sich mit einem Ruck aufzuraffen und wie gejagt in die Felder auf der anderen Straßenseite zu verschwinden. In einiger Entfernung flimmerten in den Häuserblocks der Stadt ver einzelt erleuchtete Fenster. Dorthin strebte die graue Gestalt, die geduckt zwischen den Halmen eines Aehrenfeldes auf tauchte und wie ein Schatten über eine Wiese huschte, um in der Dunkelheit eines kleinen Parks sich ungestört den Straßenzügen der Stadt zu nähern. Sie erreichte auch un- . behelligt das erste Haus, schlich sich an seine Hinterfront und sprang über eine niedrige Mauer, die einen kleinen Hof zu umschließen schien. Mit ein paar Sätzen war der Mann an der Hintertür, drückte vorsichtig die Klinke nieder, aber die Tür war verschlossen. Nun trat er in irrsinniger Hast eine Wanderung von Hof zu Hof an, aber überall waren die Türen verschlossen. Der Morgen graute, der Mann hörte schon hinter den Häu sern die erste Straßenbahn klingeln, als er weiß vor Wut eine schlecht verschlossene Tür einfach aufbrach. Er stürzte ohne jede Vorsicht das Treppenhaus hinauf und verschwand auf dem Dachboden hinter einem Haufen Gerümpel. Dort lag er den ganzen Tag. Ein paarmal kamen Leute auf den Boden. Er hielt den Atem an, aber seine Nerven waren so dünn geworden, daß er am ganzen Leib zitterte. Die Ge danken hetzten sich hinter seiner grauen Stirn. Ob sie schon hinter ihm her waren? Was sie mit ihm machen würden, wenn sie ihn faßten? Nein! Heute abend mußte er hier heraus. Am Abend schlich er sich wieder hinunter, stand plötzlich in einer verwahrlosten Gasse und stürzte sinnlos in eine Querstraße hinein. Er hörte einen Ruf hinter sich und raste wahnsinnig vor Angst los. Straßenzüge hinauf und hinunter, er wußte nicht mehr, wo er war, als er in eine Sackgasse geriet, die von einer hohen Mauer abgeschlossen war. Mit einem verzweifel ten Sprung war er droben und drüben. Es folgte ein Augenblick der Stille. Dann brach ein ohrenzerreißendes Hundegebell los, man hörte eilende Schritte und einen er staunten schrillen Ruf. „Wir haben ihn!" Der Mann brach stöhnend zwischen einigen uniformierten Beamten zusammen. Er war über die Mauer des Zuchthauses gesprungen. Oer Getier. Eine Hafenkneipe in London. In der Themsegegend. Ein eleganter Herr läßt sich an der Bar nieder. Ein Aus länder. Man merkt das sofort. Nicht nur an dem gebroche nen Englisch, mit dem er sich einen Cocktail bestellt. In einer Ecke spielt ein Grammophon. Und in der anderen Ecke drehen sich fünf, sechs Paare. Der Fremde bleibt nicht lange allein. Ein Mädchen nähert sich ihm und fragt, ob er nicht mit ihr tanzen will. Der Fremde schüttelt den Kopf. Ob er sie dann nicht zu einem Cocktsil einladen möchte? Wieder Kypfschütteln. Das