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Nr. 20 Oertüches und Sächsisches (Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet) Pulsnitz. Di e nst j u b i l ä um. Herr Postamtmann Ettig Vorsteher des Postamts Pulsnitz, vollendet am heutigen Tage eine 40 jährige Postdienstzeit. Aus diesem Anlaß wurde ihm vom Herrn Reichspräsidenten ein Glückwunschschreiben über sandt. Die Redaktion fügt hier ihren Glückwunsch an. Pulsnitz. Lichtbildervortrag. Am Dienstag spricht Herr Walter Bönigk-Dresden im hiesigen Olympia-Theater über „Die Westfront von heute". An Hand zahlreicher Licht bilder zeigt er den heutigen Zustand der ehemaligen Kampf gebiete. Wohl jeder, der mit draußen gewesen, hat sich schon gefragt, wie mag es jetzt dort aussehen? Lind die Dielen, die sich fragen, wie mögen die Gräber der Gefallenen aussehen? Herr Bönigk gilt heute als der beste Kenner der ehemaligen Westfront. Sein Dortrag wurde an vielen Orten zu Gedächt nisfeiern gehalten und auch als einziger von der Deutschen Welle verbreitet. Wir verweisen auf das Inserat in dieser Rümmer. - Wirtschastsbetrieb auch in den Eilzügen. Die Deutsche Reichsbahn macht jetzt den Dersuch, auf den über lange Strecken verkehrenden Eilzügen die Verpflegung der Reisenden während der Reise zu ermöglichen, nachdem diese Züge allgemein mit den neuen Eilzugswagen ausgerüstet sind, und wird damit einen bisher fühlbaren Mangel beseitigen. Den Reisenden werden auf Wunsch während der Fahrt warme und kalte Getränke, Eierspeisen u. a. in den Wagen durch das Personal der Mitropa gereicht. Süsrschmclkcndc Kartoffeln. Wenn die Kartoffeln süß schmecken, ist das ein Zeichen dafür, daß sie zn kühl gelagert wurden. Bei Temperaturen von 0 bis —2 Grad Celsius reichern sie sich mit Zucker an, da die Umwand lung von Stärke und Zucker weilergeht, der Zucker aber infolge Herabsetzung der Atmungstätigkeit in geringerem Maße verbraucht wird. Werden solche Kartoffeln für einige Tage in einem mindestens lO Grad warmen Raum ge bracht, so verliert sich der süße Geschmack wieder; sie können dann ohne weiteres im Haushalt Verwendung finden. Ein Einfrieren der Kartoffeln tritt erst bei —3 Grad Celsius ein: sic werden dann glasig und weich nnd gehen schnell in Fäulnis über. Ablösung der Aufwcrtungsstcucr. Das Finauzmini- sterinm erläßt eine Verordnung, in der cs unter anderem heißt: Uber die endgültige Berechnung derjenigen Geld beträge, welche nach der Verordnung des Reichspräsiden ten vom 8. Dezember 1031 znr Ablösung der Aufwertungs- stener zu zahlen sind, können nähere Vorschriften erst er- lakscn werden, wenn die vom Reichsminister der Finanzen nüt Zustimmung des Reichsrates zu erlassenden Durch sühruugsbcstimmungen ergangen sein werden. Zuständig kür die Durchführung der Ablösung sind die Ablösungs- stellen. Als Ablösungsstelle wird bestimmt: a) für Ge meinden, denen die Geschäfte der unteren Staatsverwal- tuugsbehörde voll überwiesen sind, die Gemeindebehörde; bl für die übrigen Gemeinden die Amtshauptmannschaft. Zur Annahme von Ablösungsbeträgen sind ausschließlich die Ablösnngsstellcn zuständig. Wenn Eigentümer die Ein zablnng voii Ablösungsbeträgen den Ablösungsstellen an bieten, haben diese die Beträge unter Vorbehalt der end gültigen Berechnung anzunehmen. Zur Behebung von Zweifeln wird darauf hingewiescn, daß die laufenden Aufwcrtungssteuern für die Monate Januar bis März 1932 der Ablösung nicht mit unterliegen. Königsbrück. Jugendliche Ladend iebe. In einem hiesigen Geschäftslokal wurde ein Schulknabe bei einem Ladendiebstahl erwischt. Von der Polizei wurde daraufhin festgestellt, daß eine Grnpvc von Schulknaben, die alle im Älter von elf bis zwölf Fahren stehen, seit geraumer Zeit die Lebensmittelgeschäfte hsimsuchten. In zahlreichen Fällen wurden Lebensmittel, am meisten aber Zigaretten und Zigarren gestohlen. Der Raub wurde jedesmal brüderlich geteilt. Radeberg. Schwer bestrafte Unsitte. Ein in Radeberg wohnender Radfahrer wurde auf der Staats straße vor der Heidemühle schwer verletzt aufgefunden. Der Verletzte hatte sich auf seinem Fahrrad an einen Last wagen angehängt und ist in der Kurve ins Rutschen ge kommen, wodurch er seinen verhängnisvollen Sturz erlitt. Bautzen. Krankenkassenvorstand abge setzt. Der kommunistische Vorstand der Ortskrankenkasse Großpostwitz, Heitz, wurde durch Verfügung der Aufsichts behörde von seinem Amt entfernt. Die Kasse hatte aus seinen Vorschlag hin beschlossen, die Sonderleistungen nicht abzubauen, was im Widerspruch zu der Not verordnung steht. Bautzen. Geringe Senkung der Werls tarife. Nachdem die Stadtverordneten einer entsprechen den Ratsvorlage zugestimmt haben, tritt bei den Städti schen Werken eine Preisverbilligung ein, die für die Stadt eine Mindereinnahme von insgesamt 227 300 Mark be deutet. Beim Eltwerk erfährt der Spitzenpreis eine Sen kung um 3, der Arbeitspreis eine solche um 1 Pfg., ferner wird die Grundgebühr und der Sozialzuschlag ermäßigt. Der Gaspreis wird um 2 Pfg. herabgesetzt. Die Wasser- Preise werden nicht verbilligt. Bautzen. A k t e n d i c b st a h l. Bei dem Versuch, in den Diensträumen des Justizgebäudes Akten zu entwenden, wurde ein zunächst unbekannter junger Mann überrascht, der entlief. Ein der Tat Verdächtiger wurde festgenommen. Zittau. Unte'' dem Autobus. Am Kaiser- Wilhclm-Platz kam ein Radfahrer, der einem Autobus ausweichcn wollte, aus dem glatten Pflaster ins Rutschen und stürzte. Obwohl der Wagenführer sofort bremste, komuc er es nicht mehr verhindern, daß der Radfahrer noch von einem Vorderrad des Wagens erfaßt wurde. Der Radfahrer erlitt einen Oberschenkelbruch und schein bar noch innere Verletzungen, die seinen Tod herbei- fnhrten. Dresden. A u s v e r k a u f s m a r d e r. Während der Juvcuturausvcrkaufstagc schritt die Kriminalpolizei in über zwanzig Fällen gegen Ladendiebe ein, die mitunter recht beträchtliche Beute gemacht hatten. Mehrere Per kanen. darunter auch bekannte Ladendiebe, wurden fest genommen und das Diebesgut sichergcstellt. Die Fest genommenen wurden dem Gericht zugeführt. Pulsnitzer Tageblatt — Montag, 25. Januar 1932 Seite 2 Dresden. Todesfall. Im Alter von 87 Jahren ver starb hier der frühere langjährige Vorsitzende des Sächsischen Lehrervereins und bedeutende Schulmann Alfred Leuschke. Neustadt. Aus dem Stadtparlament. In der Stadtverordnetensitzung wurde der bürgerliche Abge ordnete Schulleiter Hantzsch mit den Stimmen der bürger lichen Arbeitsgemeinschaft und denen der Sozialdemo kraten zum Stadtverordnetenvorstchcr gewählt. Die Na tioualsozialistcn stumpten dagegen. Leipzig. H a u s h a l t v o r a n s ch l a g. Der Nat hat den Voranschlag für 1932 fertiggestellt. Er setzt dabei vor aus, daß die Belastung der Gemeinden durch Zahlungen an Wohlfahrtscrwerbslose mit dem l. April 1932 in der Weise gemildert wird, daß die Gemeinden nur noch ein Fünftel der bisherigen Verpflichtungen zu übernehmen Hütten. Unter dieser Voraussetzung und bei Erhebung eines 400prozentigen Zuschlages zur Bürgersteuer ist der Voranschlag ausgeglichen. Meerane. A mtscnthebung Dr. Bethkes. Wie gemeldet, wurde der zweite Bürgermeister Dr. Bethke zn einer Gefängnisstrafe von drei Monaten wegen Kredit betrugs verurteilt. Der Stadtrat von Meerane hat nun mehr Dr. Bethke vorläufig seines Postens enthoben. Mittweida. Strebsame Erwerbslose. Die Arbeitsmarktlage hat sich im Bezirk des Arbeitsamtes Mittweida wesentlich verschlechtert. Zurzeit haben 4t noch im Betrieb befindliche Firmen verkürzte Arbeitszeit ein geführt. Zur Linderung der Berufsnot der jugendlichen Arbeitslosen werden zurzeit neun Umschulungs- und Fort bildungskurse mit 276 Teilnehmern abgehalten. Die Mel dungen hierzu waren außerordentlich stark, so daß nicht alle Teilnehmer berücksichtigt werden konnten. Reich swehr-WohttäÜgkeitskonzert in Pulsnitz An der Bekämpfung der überall um sich greifenden Rot unseres Volkes teilzunehmen ist auch eine Aufgabe unserer Reichswehr geworden. Sie will dadurch beweisen, wie eng verbunden sie sich mit dem ganzen Volke fühlt. Zu Kleider sammlungen hat sie Mannschaften und Gespanne abkomman ¬ diert, in vielen Garnisonen hilft sie Hungernde speisen; jetzt stellen sich auch ihre Kapellen bereitwillig zur Verfügung, um durch Konzerte Unterstützungsmittel aufzubringen. Das tat am Freitag, 22. Januar, für die Pulsnitzer Winterhilfe Las Musikkorps des 2. Bataillon des Infanterie-Regiments 10 in Bautzen. Nachdem es tagsvorher in Kamenz, am Mittag in Elstra gespielt hatte, war es durch Vermittlung des Militär- Vereins Pulsnitz, besonders seines stellvertretenden Vorsitzen den Herrn Verwaltungsinspektor Hirzel, nach Pulsnitz ge kommen, um auch hier unter Leitung seines Musikmeisters Ellenbogen, der, erstmalig hier, einen sehr guten Eindruck von seiner Befähigung als Mufikleiter hinterließ, ein Wohltätig- keitskonzert zu geben. Bedenkt man. daß der Kreis derer, die noch Wohltätigkeit üben können, in Pulsnitz durch die Llngunst der Verhältnisse immer kleiner wird, dann muß man mit dem Besuch des Abends zufrieden sein. Aber das ist auch schon etwas wert, wenn es gelingt, den Zuhörern selber etwas mitzugeben: Hoffnung und Zuversicht, daß ein Volk mit solch ruhmreicher Vergangenheit, woran die vielen Märsche des Programms erinnerten, auch die schwere Gegenwart über winden wird. Diese Wirkung blieb nicht aus, und das ist das Verdienst sowohl der Kapelle als auch der Redner des Abends. Die Gelegenheit, ein Orchester dieser Stärke hier zu hören, ist selten. Die besonders gute Bläserbesetzung kam natürlich den Märschen und der kriegerischen Ouvertüre sehr zu gute. In einem dankbar aufgenommenen Solo „Spielmanns Abschied" bewies ein Trompeter seine Virtuosität. Ein hier seltener Genuß war die große Fantasie aus „Die Walküre" von Rich. Wagner,, deren sinfonisches Gewebe in Militärmusikbesetzung schwer wiederzugeben ist. Das Orchester hier zusammenzuhalten und die einzelnen Themen und Stimmungen: das Liebeslied, den Feuerzauber klar durchzuführen, war ein Hauptverdienst des Musikmeisters.. Dem Berichterstatter gefiel am besten die Wiedergabe des Prächtigen „Kaiser-Walzers" von Joh. Strauß. Len meisten Erschienenen aber die zahlreichen traditionellen Märsche,, die alte Erinnerungen weckten und Kameradschaften wiederbelebten. Daß in Pulsnitz der Heimatfestmarsch „Lippe- Detmold" wiederholt begehrt wurde, läßt sich denken — Zu Beginn Les Wvhltätigkeits-Abendes begrüßte der Bürger meister der Stadt, Herr Dr. Jurgeleit, die Erschienenen, unter denen sich auch der Nmtshauptmann von Kamenz, Herr Dr. von Zobel, befand, und dankte im Namen der Winterhilfe dem Musikkorps für seine Opferwilligkeit. Diesen Dank erwiderte der Führer des Bataillons, Herr Hauptmann Müller, Bautzen. Er lobte die gute Vorbereitung und Durchführung Kon zertes und die Freundschaft, welche der Reichswehr von jeher in Pulsnitz entgegengebracht wird, und schilderte den guten Geist, Ler die jetzige Reichswehr beseelt und ihr trotz ihrer Kleinheit Stärke und Zuversicht gibt. B. Was der Kanzler an Hitler schrieb Di« Antwort der Reichsregierung an Adolf Hitler ist nunmehr veröffentlicht worden. Der Brief des Reichskanz lers ist vom 22. Januar datiert und sechseinhalb Schreib maschinenseiten lang. Der Brief befaßt sich mit den ver fassungsrechtlichen Bedenken und den politi schen Bedenken, die Hitler gegen eine Verlängerung der Amtszeit des Reichspräsidenten geäußert hatte. Der Kanzler weist in seinem Brief zunächst darauf hin, daß es sich niemals um die Aufhebung der die Wahl des Reichspräsidenten betreffenden Bestimmungen der Weimarer Verfassung gehandelt habe, sondern daß es sich lediglich darum gehandelt habe, die Amtsdauer der geschichtlichen Ge stalt des jetzigen Reichspräsidenten aus Gründen des Ge samtwohles des Volkes auf eine gewisse Zeit zu verlängern. Der Kanzler weist sodann daraus hin, daß eine Aende- rung der Verfassung im Wege der Gesetzgebung zulässig sei. Die politischen Beweise Hitlers weist Brüning als unsachlich zurück und betont, daß seine Anregungen in der Präsidentschaftsfrage aus schließlich von nationalen überparteilichen Gesichts- punkten geleitet gewesen seien. Er müsse es ablehnen, mit Hitler in eine Aussprache über Schlagwortbegriffe einzutreten. Er müsse es ferner auf fällig finden, daß er die Hauptursachc der deutschen Not auf parteipolitische Verhältnisse zurückführe. Rach fast allgemeiner Auffassung sei ein außenpolitischer Tatbe stand, der Versailler Vertrag mit seiner politischen und wirt schaftlichen Ungerechtigkeit und Unvernunft, der entscheidende Grund der deutschen Not. An diesem Gesichtspunkt gehe er vorbei. Wenn Hitler im übrigen Brünings Anregung in der Präsidentschaftsfrage als ein Erzeugnis der Angst des Systems vor der politischen Auseinandersetzung mit dem Na tionalsozialismus bezeichne, so könne er damit Brünings Mitarbeiter und ihn selbst nicht treffen. DurchdasVer- trauen desNeichspräsidentcn auf den Posten ge stellt, kennen sie alle nur ein Ziel, Rettung des Vaterlandes aus seiner großen Not. Der Kanzler schließt dann mit folgenden Worten: „Wir scheuen daher auch das Urteil des deutschen Volkes über unsere Maßnahmen nicht. Wenn Sie die von Ihnen ge wünschte Beseitigung des ,herrschenden Systems' als einen außenpolitischen Gewinn Deutschlands bewerten zu sollen glauben, so muß ich Ihnen die Verantwortung für diesen Angriff auf eine Regierung, die alle Kraft an die Besserung der Lage des deutschen Volkes in den -kommenden Verhand lungen zu setzen entschlossen ist, überlassen. Es muß Ihnen bekannt sein, wie die ganze Arbeit dieser Regierung von oem Primat der Außenpolitik beherrscht wird. Ebenso aber wer den Sie nicht leugnen wollen, daß der außenpolitische Erfolg zum Teil durch die Geschlossen heit bedingt ist, mit der die Nation hinter ihren Unter händlern steht. Ich kann nur bedauern, daß Sie selbst in dieser kritischen Lage nichtdieFolgerungausdieserWahrheit ziehen, die sich von selbst ergibt. Wenn Sie zum Schluß meine Fühlungnahme mit Ihnen als dem Führer einer, wie Sie sagen, jahrelang verfemten Partei von dem Gesichtspunkt der Moral aus beanstandet haben, so kann ich Ihnen nur er widern, daß es nicht das erstemal war, daß ich mit Ihnen politische Probleme besprach, und daß es andererseits sich für mich von selbst verstano, daß ich mich in einer die ganze Na tion tief bewegenden Frage auch mit dem Führer der Na tionalsozialistischen Arbeiterpartei unmittelbar in Verbin dung setzte." Scharfe Enigegnung Hitlers Adolf Hitler hielt am Sonnabend im Zirkus Krone in München eine eineinhalbstündiae Rede. Gegenüber der Erklärung Lavals, der Zornig-Plan stelle ein rechtsgültiges Dokument dar, erklärte Hitler, dieser Plan sei «urfLrdie alten Machthaber rechtsgültig; die Nationalsozialisten hätten keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie de« Young-Plan nicht anerkennen würden. Wenn der Kanzler erkläre, Hitler könne nichts anderes tun als die gegenwärtige Reichsregierung auch, so müsse festgestellt werde«, daß die Reichsregiernng allmählich damit beginne, was die Nationalsozialisten schon seit Jahren gefordert hät- ten. Freilich würden die nationalsozialistischen Vorschläge nur stümperhaft ««gewandt. Durch die Notverordnungen seien die Schäden nicht nur nicht behoben worden, sondern die Entwicklung znr Katastrophe habe weitere Fort schritte gemacht. Die Regierung erkläre, das deutsche Volk werde diesen Winter schon noch überwinden. Das deutsche Volk werde noch mehr Winter überwinden, weil es das heutige System überwinden werde. Es sei aber sehr zu bezweifeln, ob die Parteien und Menschen, die dafür verantwortlich gemacht werden müßten, auchnoch den nächsten Winter über- leben würden. Wen« jemand die Schuld an der bisherigen Entwicklung trage, dann sei der erste Weg zur Besserung die Beseiti gung der Schuldigen. Cs gehe nicht an, daß man sich der Verantwortung entziehen wolle mit der Entschuldigung, daß die Friedensverträge oder Ler verlorene Krieg schuld seien. Wer sei denn schuld an Versailles? So leicht kämen die Herren nicht um die Ver geltung herum, daß sie sagten: „Wir sind auch nur das Opfer einer Weltkrise und des Friedensvertrages." Die Revolution sei der Anfang der Schuld gewesen. Die Kriegsschuldlüge sei mit der Revolution aus der Taufe ge hoben worden. Die Parteien, die heute an der Regierung seien, hätten die Revolution gemacht oder sie mindestens ge billigt und gedeckt. Die Parteien seien also an der Entwick- lung der Dinge schuld und müßten daher vernichtet werden. Zu dieser Schuld komme die Vernachlässigung der natio nalen Kraftentfaltung in Deutschland und die Vernich tung der Keimzellen, aus denen später wieder einmal eine deutsche Kraft hätte erwachsen können. Brüning lebe der Hoffnung, daß Lausanne uns die Streichung der Tribute bringe. Man wisse aber noch gar nicht, ob die Konferenz überhaupt stattfinde. Wenn sie Deutschland von den Tributen erlösen würde, würde sie be stimmt nicht stattfinden. Auch die Nationalsozialisten könnten nicht von heute auf morgen den vollkommenen Umschwung bringen. Aber wie die anderen 12 Jahre lang Deutschland vernichtet hätten, so hätte man in 12 Jahren Deutschland wieder aufbauen können. 13 Jahre lang hätten die Vertreter des heutige« Systems Fehler über Fehler in der Regierung gemacht und das deutsche Volk in die Katastrophe getrieben. Die Männer, die ihren Namen mit dem Verfall Deutschlands für ewig verbunden hätten, würden nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung ni ch t die M än n e r d e s W i e d er - aufbaues deutscher Zukunft sein. 13 Jahre lang hätten sie den Beweis dafür erbracht, daß sie eine Nation zugrunde richten könnten. Wir verlangen von ihnen nichts anderes, als daß sie uns nun die nächsten 13 Jahre abtreten zur Wiederaufrichtuna Deutschlands. Wenn sie erklären: „Wir können das nicht, wir sind verantwortlich", so sagen wir: Wem seid ihr denn verant wortlich? Vielleicht der Nation? Fragt sie doch! Sie wird euch euer Urteil ausstellen. Deutschland kann nicht frei werden, bevor das System überwunden wird, das Deutsch lands Zerrüttung verschuldete.