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Nr. 300. Pulsnitzer Tageblatt. — Sonnabend, den 28. Dezember 1929. Sette 2. gegangen sei. Wenn der Aussenminister veyaupte, sag Deutschland die formelle Verpflichtung übernommen habe, nicht mit Gewalt an eine Grenzänderung Polens oder der Tschechei zu gehen, so könne man sich vom Wert dieser Ver pflichtung überzeugen, wenn man daran denke, daß Polen noch auf der Genfer Tagung versucht habe, Deutschland ein Ost-Locarno zu entringen. Ferner schreibt Petit Parisien: Die Regierung will keine Zweideutigkeit. Sie kann — und Briand hat das wiederholt — die ihr im Haag und in London Anfallende Verantwortung nur übernehmen, wenn sie vom Par lament unterstützt wird. La Republiquet das Blatt Daladiers, ist mit Briand nicht zufrieden. Briand habe geglaubt, bei Allgemeinheiten bleiben und sich darauf beschränken zu sollen, sein Verhalten in der Vergangenheit zu rechtfertigen, insbesondere die Abkommen von Locarno, die die Grundlagen des europäischen Friedens seien. Lo carno jedoch genüge nicht, man müsse auch organisieren. Wo bleibe der Organisationsplan? Schließlich erklärt der Figaro: Nationale Parteien baben sich bemüht, dem Lande klar zu machen, daß der Liqui« dierungsfriede prekär sei, daß man ihn einschränken, ihn soweit wie möglich wiedergutmachen und sich an den Ver sailler Vertrag halten müsse. Tardieu hat den schwierigen Auftrag erhalten, Verhandlungen, die er nicht eingeleitet hat, zu Ende zu führen. Er weiß sicher, was er will. Die öffentliche Meinung aber erwartet von ihm, daß er eine klare Vorstellung von dem hat, was Frankreich tun wird und was Frankreich tun kann, wenn es, nachdem es der europäischen Aussöhnung alles geopfert hat, sich einem Deutschland gegenüber befindet, das nur von der Zerstörung des Bersailler Vertrages träumt. Me französische Kammerdebatte ist wiederum recht be zeichnend. Sie wirst bereits ihre Schatten auf die zweite Haager Konferenz, zu der sich die Delegationen aller be teiligten Mächte rüsten, voraus. Wie man auch zu der per- sönlichen Politik des französischen Außenministers Briand und seiner Haltung Deutschland gegenüber stehen mag, das eine hat die Weihnachtsdebatte der französischen Kammer von neuem bewiesen, daß die Kreise, die an Stelle französischer Dersöhnungspolitik die im Versailler Vertrag dokumentierte Vernichtungspolitik setzen wollen, noch längst nicht mündtot sind. Es hat sogar den Anschein, als habe sich die Opposition gegen den Kurs des französischen Außenministers zusammen gefunden, und wir dürfen uns nicht wundern, wenn uns allerlei Ueberraschungen auf der zweiten Haager Konferenz erwarten. Artliche und WM Angelegenheiten Pulsnitz. Mach dem Fest.) Als in den Vor mittagsstunden des Heiligen Abends der Wirbel der weißen Flocken vor den Fenstern tanzte und Straßen und Dächer, Gärten und die Felder in sein Weißes Samtgewand hüllte, da meinte man, daß das Weihnachtsfest 1929 ein echt deut sches winterliches Gepräge erhalten sollte. In den vollbe setzten Zügen herrschte frohe Weihnachtsstimmung: es ging durch verschneite Fluren, durch wirbelnden Flockenfall dem lichterstrahlenden Christbaum entgegen. Noch als die Glocken zur Christmette riefen und hinter den Scheiben der Bürger häuser die ersten Kerzen auflammten, am Tannenbaum, lag der winterliche Weihnachtszauber über den Straßen, in denen, da die Geschäfte frühzeitig schlossen, das laute Leben bald erstarb. Als dann aber aus dem Weihnachtsabend die Christ nacht erstand, kam die Enttäuschung. Warm strich die Luft über die weiße Schneedecke, ein leichter Regen fiel, und als der Morgen des 1. Feie» tags dämmerte, da war es vorbei mit der Winterherrlichkeit. — Die kirchlichen Feiern des Festes führten den Gotteshäusern Andächtige in großen Scha ren zu. Die brennenden Christbäume, die Verkündigung der Heilsbotschaft von der Menschwerdung Gottes Sohnes und die Kirchenmusik schufen echte Weihnachtsstimmung und den stillen Zauber, der das Weihnachtsfest umgibt. Der Alltag ist nun wieder in seine Rechte getreten, wenn auch nicht so ausgeprägt wie sonst, denn es liegt noch immer ein heim licher Abglanz dieser beiden Weihnachtstage auch bei der Arbeit über den Herzen und trägt den feinen Nachhall der Christnacht wohl bis in die Sylvesterstunde hinein. Pulsnitz- (50jähriges Meisterjubiläum.) Vor einiger Zeit war es Herrn Bäckermeister und Privatus Moritz Reppe, hier, vergönnt, sein 50 jähriges Meisterjubi läum zu feiern. Aus diesem Anlaß ernannte ihn die Ge werbekammer Zittau zum Ehrenmeister. Am 24. Dezember überreichte das Mitglied der Gewerbekammer, Herr Maler obermeister Zimmermann, dem Jubilar, im Beisein des Vor standes der Pulsnitzer Bückerinnung, den Ehrenmeisterbrief unter ehrenden Worten. Herr Bäckerobermeister Müller schloß sich namens der Innung den Glückwünschen an und überreichte im Auftrage derselben ein Geschenk. Möge dem Jubilar, welcher sich noch allgemeiner Rüstigkeit erfreut, ein reichgesegneter Lebensabend beschieden sein. Pulsnitz. (Der ärztliche Sonntagsdienst) wird am Sonntag, den 29. Dezember 1929 von Herrn l)r. meck Viertel versehen. Pulsnitz. (Neue Kraftpostverbindungen.) Es wird noch nicht allgemein bekannt sein, daß die neu ein gerichtete Kraftpost Pulsnitz-Ohorn-Bretnig günstige An schlüsse an die Krastwagenlinie Dresden-Großröhrsdorf- Bretnig-Bischofswerda und damit günstige VerbMungen für Bischofswerda, Ohorn und Pulsnitz bietet. Man fährt in Pulsnitz 834 114S oder 1711 trifft in Bischofs werda 940, 13 und 19ib x(n. In der Gegenrichtung verläßt man Bischofswerda 745, 1941, 1731 20>6 und ist in Pulsnitz 93b, 1230, 1920 »der 21vb. Ebenso werden durch Umsteigen in die Krastpost Pulsnitz—Kamenz neue Verbindungen zwischen Ohorn und Kamenz hergestellt: ab Oborn 928, 122t, 8 2146, an Kamenz 1015, iM, z 231s; ab Kamenz 1100, 1630, an Ohorn 11bb, 1720. Pulsnitz. <Die G e w i n n l i st e n) der 7. sächsischen Heimatschutz Geldlotterie sind eingetroffen und liegen in der Lotterie-Geschäftsstelle des Herrn Max Greubig zur Einsicht nahme aus. Dieselben sind daselbst auch käuflich zu erwerben. Pulsnitz. (Eisenbahn.) Auf hiesigem Güterbo den werden am 31. Dezember Eil- und Frachtstückgut un unterbrochen von 7 bis 15 Uhr angenommen und von 7 bis 8 Uhr ausgeliefert. — (Eine schlimme Unsitte) trifft man leider noch immer in unserer Gegend. Es gibt trotz aller Aufklä rung immer noch vereinzelte „Naturfreunde", die sich nicht versagen können, Anfang Dezember Weidenzweige abzuschnei den, um sie ins Wasser zu stellen und in der warmen Stube vortreiben zu lassen. Zu Weihnachten und zu Neujahr wer den die Kätzchenzweige mit Koniferengrün gemischt und als Zimmerschmuck vertrieben. Viele aber weiden nicht einmal wegen des schnöden Mammons zu Frevlern an der Natur, der man nur dann mit weihnachtlicher Liebe begegnet, wenn man sie schont, sondern weil sie unbedingt etwas „Frühlings mäßiges", etwas Grünes in ihrem Heim haben wollen. Haben nicht die Gärtner für diesen Zweck weit reichere Auswahl? Wer sich an den Weiden vergreift, macht sich nicht nur straf bar, sondern nimmt der Jungbrut der Bienen im Frühjahr die nötige Erstlingsnahrung und überliefert sie so dem Hun gertod. — (Staatliche Prüfung für Lehrer der Einheitskurzschrift.) Die Wertschätzung, die die Ein heckskurzschrift in amtlichen Kreisen genießt, kommt erneut durch eine Verfügung des Preußischen Ministers für Wissen schaft, Kunst und Volksbildung zum Ausdruck, der unterm 21. November 1929 verordnet hat, daß bis zum Erlaß einer amtlichen Prüfungsordnung für Einheitskurzschrift die von dem Lehrerprüfungsausschuß des Deutschen Stenographen bundes ausgestellten Lehrerzeugnisse in Preußen als aus reichender Hinweis der Befähigung zum Unterricht in der Einheitskurzschrift angesehen werden. — Der Deutsche Steno- oraphenbund hält vom 31. Juli bis 6. August 1930 seinen Stenographentag in Berlin ab. — (Kein Deutscher Kartoffeltag 1930.) Die außerordentliche Notlage der kartoffelbauenden Landwirt schaft und der damit für dm einzelnen Landwirt gebotene Zwang zu äußerster Sparsamkeit veranlassen die Kartoffel baugesellschaft, den alljährlich während der Wintertagung der DLG. stattfindenden „Deutschen Kartoffeltag" im kom menden Februar aus fallen zu lassen. — (Die Christrose) oder schwarze Nieswurz (Helleborus ni^er) blüht oft schon um Weihnachten, meist aber zwischen Weihnachten und März. Den Namen Christ- ober Schneerose verdankt sie ja der so früh möglichen Blü tenentfaltung. Das botanische Beiwort niger-schwarz führt die Nieswurz wegen der fchwarzbraunen Färbung des Wur zelstockes, der etwa bleistiftdick und innen weiß ist. In die ser seltsamen und seltenen Pflanze finden sich zwei stark wirkende Gifte (QI>tcosicke), das Hellcborin und das Hellc- borein. Jenes wirkt auf das zentrale Nervensystem, dieses ist ein starkes Herzgift. Die Verdauungsorgane werden in der Weise betroffen, daß nach Speichelfluß Erbrechen mit Schmerzen im Magen und Darm auftritt. Der Tod kann infolge Herzlähmung eintreten. Helleborein wirkt ähnlich wie das Fingerhutgift Digitalin. Wer also schon das Glück hat, einer Christrose zu begegnen, der lasse die Finger davon. In den Gärten Sachsens findet man die Pflanze ihrer Ei genart wegen noch häufig; in einem gesicherten Eckchen führt sie da ihr beschauliches wunderliches Dasein und erfreut ihre Besitzer durch die so ganz unzeitgemäßen Blütenglöckchen. Lichtenberg. (Turnerweihnacht.) Was Bölkes Brauch, was im Volksleben schwingt, was deutsches Volkstum ist, das ist auch schon seit Urbeginn Aufgabengebiet der Deutschen Turnerschast. Sie will nicht nur gesundheitliche Werte schaffen, nicht nur den Menschen spannkrSftig und frisch erhalten, und dem, der Leistungen vollbringen kann, Gelegenheit geben, sein Können zu erproben, sie will auch an den inneren Menschen heran, ihn eingliedcrn in ihre VolkStumsgedanken und ihn zum denkenden Menschen erziehen, der die Tiefe sucht und nicht oberflächlich sich über das hinwegsetzt, was in Vergangenheit und Gegenwart Werte schuf. Deshalb ist die v. T. auch Trägerin des Ge, dankens deutscher Volkskultur, deshalb will sie auch für di? deutsche Volksgemeinschaft kämpfen und alle die zusammenführen, die ohne ihre Einwickung aus wirtschaftlichen, sozialen, parteipolitischen Gründen sonst einander gegensätzlich wären. Die Bemühungen um Ausgleich der Gegensätze sind besonders wertvoll daher. Zu den Mitteln dieses Ausgleichs gehört aber nicht zuletzt die Weihnachtsfeier im Turnverein, weil sie ein Familienfest auch hier ist. Weihnachi, das Fest der großen deutschen Turnerfamilie! — und als folches an Herz und Gemüt an klingt. Das ist das tiefe Meinen der „Turnerweihnacht", das in ge haltvoller Ansprache — es klang daraus das herrliche Lied von den Hochzielen der l) 7°. — der Vorsitzende des Vereins, Herr E. Loos, anläßlich einer schlichten, mit einem Märchenabend verbundenen Weih- nachtsfeier des hiesigen Turnvereins (v. D) am ersten Weihnachtsseier- tag erläuterte. Alte, liebe Christfestweisen und immer schöne Gedichts, Vorträge umrahmten di: Festansprache. Der zweite Teil des Abends bestritt die Darstellung des allerliebsten Märchens von Schneewittchen und den sieben Zwergen. Dank geschickter Auswahl der Darsteller und ihrer ganz vortrefflichen Darstellung selbst, mußte sich das Spiel zu einem großartigen Erfolge auswirkcn. Uneingeschränktes Lob sei allen denen zuerkannt, die den überaus zahlreichen Gästen — die große Halle war bis auf den letzten Platz gefüllt — einige Stunden edlen Genusses und reiner Freude boten. Sie alle gaben ihr Bestes und truzen — zur Ehre und Freude ihres Leiters — zu vollem Gelingen der Veranstal tung bei. Der Verein darf stolz sein auf eine derartige Leistung! Wenn an dieser Stelle der Prinzessin Schneewittchen ob ihrer ganz vorzüglichen Verkörperung der Märchengestalt ein besonderes Lob noch gezollt wird — ohne die Leistungen aller andern Beteiligten zu schmä lern — so ist dies recht und billig! — „Gut Heil" zu neuer Tat! —riles Großnaundorf. (Nachweihnachtliches.) In unserem Orte wurde das liebe Weihnachtsfest im Gottes hause durch eine schlichte Christvcsp'er am 24. Dezember — gleichsam als Auftakt — gefeiert. Schriftvorlesung, Chor und Ewzclgesang wechselten hierbei ab und fanden bei den andächtigen Zuhörern willkommene Aufnahme. Am 1. und 2. Feiertag sang die Schülerin der ersten Klasse Frieda Schröder die Messianische Weissagung aus Franziskus Nag ler „Mein Dörfchen" und der M.-G.-V. „Sängerbund" bot die stimmungsvolle Motette von Simon „Heilige Nacht" mit Barritonsolo, das in freundlicher Weife Herr Guts besitzer Robert Söhnel übernommen hatte. An beiden Feiertagen wurde außerdem auf der Orgel eine Weihnachts fantasie von Georg Blüthner vorgetragen. Der Abend des 2. Feiertages vereinigte eine große Anzahl Freunde und Gönner des Deutschen Turnvereins mit ihren Mitgliedern zu einem Kindernbühnenfest mit turnerischen Darbietungen aller Art, Christbescherung an die 45 Kinder aus den Ju gendgruppen und einem flott gespielten Theaterstück: „Stru welpeter im Weihnachtswalde", ebenfalls dargebyten durch die Kinder. Aeußerst beifällig wurden alle Darbietungen quittiert. Der Abend legte deutlich den Beweis dafür ab, daß unsere Jugendgruppen in den Händen unserer Kinder turnwarte Walter Haufe und Martin Kaiser aufs beste auf gehoben sind. — (Die Mütterberatung) in Großnaundorf findet am Freitag, den 3. Januar 1930 nachmittags >/,3 Uhr in Büttner's Gasthof statt. Arzt wird anwesend sein. Dresden. (Die Hypotheken derLebens- v er sich er un gen.) Mit dem Versicherungsgeschäft haben auch die Kapitalanlagen der Lebensversicherungen in den letzten Monaten wieder zugenommen. Die gesamten Kapital anlagen der privaten Gesellschaften sind um 80,1 Mill. Mark gestiegen, sodaß die Neuanlage die des vorangegängenen Zweimonatzeitraums um 20 Mill. Mark, also um mehr als 30 v. H. übertraf. Von diesen Kapitalien wurden 66,4 v. H. dem Hypothekenmarkt zugeführt, gegen 72,7 v. H. im Juli- August. Auch die langfristigen Ausleihungen der öffentlichen Lebensversicherungsanstalten sind weiter gestiegen. Bon den zur Anlage bestimmten Geldern wurden rund in.Hypo- theken angelegt. Ihr Anteil der Hypotheken an den lang fristigen Ausleihungen betrug am 31. Oktober 66,2 v. H. gegen 68,8 v. H. am 31. August. Marieubad. (Edel-Pelztierfarmen in Böhmen. In Marienbad und Eger werden demnächst zwei Silbersuchsfarmen angelegt werden. In einer nord böhmischen Stadt, die noch nicht genannt wird, soll die Firma Kreis! in Marienbad eine Nerzfarm planen. Gegenwärtig bestehen in der Tschechoslowakei 18 Edel-Pelztierfarmen, die durchaus sehr guten Geschäftsgang aufweisen. Leipzig. (Lutz und Bauer der Staatsan waltschaft zuge führt.) Der Scxualmörder Lutz, der im Mai 1928 den Schüler Hnidek mißbraucht und ermordet und im Jahre 1926 an einem 13 jährigen Mädchen ein ähnliches Verbrechen begangen hat sowie der Arbeiter Bauer, der an der Ermordung des 13 jährigen Herbert Hnidek mit gewirkt Haden soll, sind wie die Telegraphen-Union hört, am Mittwoch der Staatsanwaltschaft zugeführt und in das Un tersuchungsgefängnis eingeliefert worden. Während Lutz bald nach seiner Verhaftung ein Geständnis abgelegt hat, leugnet Bauer noch immer die Beteiligung an der Mordtat. Trotz dem muß er als vollkommen überführt angesehen werden. Wilkau. (Handtaschenräuber.) Ein bei einem Gutsbesitzer in Kulitzsch in Stellung befindliches 18-jäh riges Mädchen wurde in Wilkau von drei unbekanntes Männern angefallen, die ihr die Handtasche mit JnhaK raubten. Die Täter entkamen. Penig. (Die Ehefrau bedroht.) Ein hiesiger Gelegenheitsarbeiter, der als notorischer Trinker bekannt ist und seine Familie schon mehrfach in der Trunkenheit bedroht hat, drang mit einer Eßgabel auf seine Frau ein. Der anwesende Schwiegersohn steckte daraufhin den Be trunkenen zur Tür hinaus. Da der Betrunkene die Fensterscheibe zerschlug und sich schwere Verletzungen an der Pulsader zuzog, mußte er in das Stadtkrankenhaus gebracht werden. Der rabiate Ehemann soll einer Trinker- Heilstätte zugeführt werden. Telsche«. (Eine schwere Bluttat am Heili gen Abend.) In Schemel bei Dittersbach spielte sich am Heiligen Abend eine blutige Tragödie ab. In das Haus des Besitzers Nikolaus waren Einbrecher eingedrungen. Durch das dadurch verursachte Geräusch wurde der Besitzer und seine Ehesrats aufmerksam. Nikolaus ergriff eine neben seinem Bett stehende Hacke und trat beherzt den Einbrechern entgegen. In demselben Augenblick fiel ein Schuß und Frau Nikolaus brach zusammen. Ein zweiter Schuß streckte Niko laus selbst zu Boden, der aber noch Zeit fand, einen heftigen Schlag mit der Hacke nach dem Kopf des einen Einbrechers zu führen, der vermutlich an der Stirn verletzt sein dürfte. Der Einbrecher ist entkommen. Nikolaus felbst ist seinen Verletzungen bald darauf erlegen. Die Frau wurde in ein Krankenhaus geschafft. Der Täter wird als ein jüngerer, kräftig gebauter Mann geschildert, der zur Zeit der Tat Reithosen trug.—— Innere Klärung Im „Vorwärts" veröffentlicht der sozialdemokratische Abgeordnete Breitscheid einen Artikel, in d-m er sich ausführlich mit den Ereignissen bis zum Rückiritt Hilferdings au-ttnandersktzt. Dabei kommt er zu dem Schluß, daß lebt zunächst bie btraße für die Verhandlungen der Haager Schlußkonserenz frei sei. Die Frage sei nur, was hinterher werden solle. Die SNelnung der Sozial demokratie sei durch die Erklärung, dis sie schon vor der Einbringung des TUgungsgcsetzes im Reistag abgegeben hab», verständlich genug zum Ausdruck gebracht worden. Es komme darauf an, daß die Doikspartci und mit ihr die anderen bürgerlichen Gruppen die notwendige Klärung schalsten. Sie müßten jagen, wie sie die vor gesehene Speisung des Tilgungsfonds mit ihren Steuerscnkungs- absichten in Einklang bringen wollten und welche Ersparnisse sie an den neuen Haushaltsplan vorzunehmen gedächte. Die Gegen sätze zwischen der Sozialdemokratie und den bürgerlichen Koalitions- Parteien würden auch von der Sozialdemokratie erkannt Wenn die Sozialdemokratie ihnen zum Trutz in ver Regierung geblieben sei, so wegen ihres starken Verantwortungsgefühls gegenüber den Staatsnotwrndigkeiten. Daß fie nicht an der Regierung und dieser Koalition klebe, dürste jedermann wissen. Wolle die Bolkspartei zu den Deutschnationalen zurückkehren und hoffe fie mit ihnen die ginanzrcform des Unternehmertums durchführen zu können, jo jolle fie ihre Straße ziehen. Die Sozialdemokratie habe ihre Pflicht gegen den Staat und gegen die arbeitende Bevölkerung innerhalb del Regierung und würde fie auch in der Opposition zu erMen I wissen. >