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Nr. 283 Pulsnitzer Tageblatt. — Freitag, den 6. Dezember 1929. Sette 6. Wo bleibt die sächsische Marlenlartoffel? Wiederholte Anfragen von feiten der Hausfrauen zeigen, daß das Interesse an der sächsischen Marken- kartoffel zu wachsen beginnt, denn auch in diesem Jahre, das uns eine hinsichtlich äußerer und innerer Beschaffen heit verhältnismäßig gute Kartoffel bescherte, hört mau häufig Klagen über den schlechten Zustand eingekaufter Speisekartoffeln. Es ist daher nur natürlich, wenn man jetzt endlich die angekündigte Markenkartoffcl in den Ge schäften zu sehen wünscht, um diese Qualitätsware kennenzulerncn und beziehen zu können. Leider scheiterten bislang alle Versuche des Landes verbandes für Markenkartoffeln des Freistaates Sachsen e. V., diesem Wunsche Rechnung zu tragen, an einer gewissen Passivität des Groß- und namentlich des Kleinhandels, der dem Neuling offenbar Miß trauen entgegenbrachte und befürchtete, infolge des etwas höheren Preises dieses Produkts in seiner Verdienst spanne geschmälert zu werden. Dieses Mißtrauen zu zer streuen, war der Zweck einer kürzlich nach Dresden ein- berufcnen Versammlung von Kartoffelhändlern, wo es nach eingehender Besprechung aller mit der Marken kartoffel zusammenhängenden Fragen gelang, die Teil nehmer u. a. auch davon zu überzeugen, daß mit dem An kauf von Markenkartoffeln ein Risiko nicht verbunden sei. Es wurde deshalb auch von verschiedenen Grotzhandels- firmen zugesagt, alsbald einige Waggons Markeu- kartoffeln auf den Markt zu bringen, wenn deren Be schaffung vor Eintritt der Frostperiode noch möglich ist. Wie wir hören, sind in Leipzig und Dresden in diesen Tagen Markenkartosfeln in den Verkehr gebracht worden, so daß die Hausfrauen nunmehr Gelegenheft haben, sie auch in den Kleinhandelsgeschäften vorzufinden. Beim Einkauf ist aber genau auf die Erkennungs zeichen zu achten: den Etnheitssack und den daran be findlichen Anhänger mit der von der Landwirtfchafts- kammcr herausgegebenen Kartoffelmarke (sächsisches Wap pen mit der Umschrift: Markenspeisekartoffeln Freistaat Sachsen unter Kontrolle der Landwirtschaftskammer für den Freistaat Sachsen). Auch die Sorte, deren Name auf jedem Anhänger steht, muß man sich einprägen, um den Wünschen nach bestimmten Sorten Rechnung tragen zu können. Oas Meißener Kährbootunglück vor Ser Berufungsinstanz. Das Fährbootunglück, das sich am 10. Juni in Meißen ereignete, beschäftigte das Landgericht Dresden als Be rufungsinstanz. Die Berufungen des zu sechs Monaten Gefängnis verurteilten Mergner wie auch der Staats anwaltschaft wurden verworfen. Veranstaltungen der sächsischen Lan-ivirWaff. Wie die Pressestelle der Landwirtschaftskammer mitteilt. Werden aus der Staatlichen anerkannten Lehranstalt für Ge- flügeltuckt im Freistaat Sachsen. GeMaelaut Scmobachs- yos, Gunvors bei Leipzig, im Jähre 193'0 Lehrgänge für ein oder zwei Jahre mit abschließendem Kammerexamen ab gehalten. Der Beginn ist auf den 10. Januar und den 1. Juli jeden Jahres festgesetzt. Daneben werden auch Lehrgänge für ein halbes Jahr und ein Vierteljahr abgehalten, ebenfalls Dreitageslehrgänge für Anfänger und Fortgeschrittene. Ein neuer Kursus in Viehpflege, Melken und Milchwirtschaft für Landwtrtssöhne findet vom 7. Ja nuar bis 1. Februar 1930 auf dem Lehrgute der Landwirt schaftlichen Schule Bautzen, „Oberhof" in Preuschwitz statt. Anmeldungen an die Direktion der Landwirtschaftlichen Schule in Bautzen. Die Bestimmungen zur Prüfung von Geflügelzucht- lehrlingen, die vom sächsischen Wirtschaftsministerium in diesem Jahre erlassen wurden, sollen nunmehr auch für oen Bereich des Landes Bayern gelten und umgekehrt die vom bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft erlassenen Bestimmung über die Prüfung von Geflügelzuchtgehilfen für den Bereich des Landes Sachsen als gültig anerkannt werden. Der Arbeiismarkt in Sachsen. Ist der konjunkturelle Tiefstand erreicht? Nach dem letzten Vierteljahrsbcricht des Instituts für Konjunkturforschung wird der Eintritt der Wirtschaft in die Periode des konjunkturellen Tiefstandes für die nächste Zeit erwartet. In der sächsischen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftslage kann man schwache Anhaltspunkte da für schon seit einiger Zeit bestätigt finden. Die Arbeits losigkeit der T e x ti l i n d u st r i e bewegt sich — abgesehen von saisonmäßigen Schwankungen und kurzfristigen Ein stellungen — seit Monaten auf einem sehr hohen Stande »nd im Vergleich zum Vorjahre hat sich die Steilheit der Nnstiegskurve verflacht. In der Metallindustrie ging zwar die Arbeitslosenkurve während der letzten Monate und Wochen noch stark in die Höhe, doch wird aus dem Bezirk Leipzig berichtet, daß zum erstenmal seit längerer Zeit weder Stillegungsanzeigen noch größere Entlassungen in der Berichtswoche zu verzeichnen sind. In anderen Bezirken, besonders in Chemnitz, sind die Rationalisierungsmaßnahmen der'Industrie noch nicht ab geschlossen und erst nach einem gewissen Abschluß der selben kann man einen Stillstand der Abwärtsbewegung erwarten. Zu dem konjunkturell bedingten Abstieg der Metall industrie kommt in der Berichtswoche ein starker Beschäfti gungsrückgang der Industrie der Steine und Erden und des Baugewerbes, der über das berufliche Maß weit hin ausgeht und durch Auftragsmangel und Finanzierungs schwierigkeiten begründet werden mutz. Die Saison- belebung der Verbrauchsgüterindustrien ist bis auf einen bezirksweise festgestcllten leichten Anstieg der Beschäftigung in der Wäsche-Industrie, der Papierindustrie, im Verviel- fältigungsgewerbe, in der Harmonika- und Saxophon industrie schon erheblich abgeflaut, besonders in der Herren- und Damenschneiderei, im Kürschnergewerbe und in der Schuhindustrie. Die Weihnachtsaufträge für die Olbernhauer Stuhl- und Spielwarenindustrie waren in diesem Jahre sehr gering. Aus dem Arbeits markt für Angestellte ist die Nachfrage nach Ver- kausspersonal etwas lebhafter geworden, ohne daß sie sich jedoch mit der Vorjahrsbelcbung vergleichen lätzl. In der Arbeitslosenversicherung ist die Zahl oer Hauptunterstützungsempsänger vom 21. bis 28. November 1929 von 143 039 auf 149 895, also um 4,8 Prozent, gestiegen. In der Krisenunterstützung vollzog sich eine Zunahme von 24 525 auf 25168 Haupt unterstützte, also um 2,6 Prozent. LsHFeiienn u. HsunSi» (ru fluppenbetten u. 8oks Kissen) äss kN. ru 2,— m Voigs, UlMM. 27 „vberlaufitzer Heimat.« Ei» Volkskalcnder auf das Jahr 1930. 19. Jahrgarifl, herausflegebm von Prof. vr. Curt Müller, Löbau, und Willy Runge. Ski Abbildungen, 4 Kunstdruckbeilagkn und Wandkalender. Preis E 0,80. Verlag Werner Klotz, Zittau. Dieser zum 19. Male erschienene Volkskalender dient mit seinen er« schöpfend und übersichtlich angcordnel.n Kalcnderangaben und seinen zahlreichen wissenswerten Tabellen wi er voll den täglichen Bedürfnissen einer jeden Familie. Daneben ist aber das Büchlein wieder ein reicher Quell der Kenntnis über unsere engere H-mae Mbcn volkslümlichen, launigen und ernsten Erzählungen von Richard Blasius, Rudolf Gärtner, Christine Holstein, S. Mätllg-Willkomm, Neumann Nechern, Professor Bruno Röthig und Oskar Saiwär finden wu anzi-hcnde, volkstümliche, geschichtliche Beiträge von Walther Houvt, D.. L> Langer, Friedr. Sieber, G. Steude, G Ziesche und zahl eiche Proben volkstümlicher Graphik von Neumann-Nechern, A. Schönberner, Paul Sinkwitz und Rud. Warnecke. Wer ernsthaft in das Wesen seiner Oberlausitzer Heimat eindringen will, muß diesen altbekannten und stets ncubewährien Ka> lender in allen Jahrgängen in seiner Bücherei haben. Kirchen - Rachrichren 2derlichteua« 2. Adventssonntag, 8. Dezember: 9 Uhr Predigtgottesdienst. Sammlung für die Weihnochisbescheiung. '/,1I—»/flg Wahl zur Landessynvde. 4 Uhr in der Kirchgemeindcstube (alte Schule) heiliges Abendmahl. — Mittwoch, 8. Dezember: 2. Advents Kttchcnandacht. Ms*ktpreife ia Kamenz am 5. Dezember 1929 Am heutigen Wochenmarkte wurden gezahlt pro Zentner Weizen, eff. Gew. 77 kx 11,50-11,70 Mark, R 0 g g e n , cff. Gew. 73 Ire neu 8,60—8,75 Mk., Gerste 9,00-9,96 Mk., Hafer 7,50-8 00 Mark, Weizenmehl (KatscrauSzug, 60°/°) 25,50 Mark, Rvggenmehl (60°/°) 15,25 Mark, Weizenkleie 6.75—7,00 Mk., Roggcnkleie 6.75-7,25 Mk, H e u 5,50 bis 5,75 Mk., Fleg - Istr 0 h —Mk., Futterstr 0 d 2,75- 3,00 Mk., Strcustrvh 2.50—2,80 Mk., Kartoffeln, weiße 3 25 Mk., rote 3 50 Mk., gelbe 3,75 Mk. pro Ztr., Butter 2,10- 2,20 Mk. das Pfund, Eier 16 Pfg. das Stück. Ferkel 23—38 Mk., Läufer 50-60 Mk. das Stück. Gänse 1,10 bis 1,30 Mk. das Pfund. Für ausgesuchte Ware Preis über Notiz. und Amtliche sächsische Aotierungen vom 5. Dezember. Dresden. Die Börse zeigte eine etwas schwächere Tendenz, die meisten Werte wurden unverändert genannt, da keinerlei Anregung vorlag und die Vri»>->«kunr>sch-.,. keine L(n- rccrung gcncven hatte. Unter Druck litten Heyden, Vic 6 Pro zent. Dr.-Kurz-Aktien. die 5. Kunstdruck Niedersedlitz, die 3. WA nU 888.^ unserer MM-8MbMer I 7 .7.7- ZroKsr ^rfo>8 für unseren verkällnismälZiß kleinen ösrirk! --- '. 1 blauskrsuen aller Stände nekmt teil an ckieser segensreich wirkenden Linricktung. — flevorrugt beim Lonksuk äie uns sft§escklossenen Oesckäkte! Zahlung von Anteilen unck Verpflichtung rur Oebernakme einer Haftsumme ist bei uns nlclll noiwenckix stsdsN-üdleilünr im Verein lür »riftel «ml Kemerbe liir äen ämkrericIMeriril «MM r. V. I Ois ^inIösunA ftsr kLbsIt-Sparbücftsr srfolZI in clsr 2si1 vom t. de» 3>. IS2S in Usn Qoseftättsn unssrsr lViitxliscisr. den zu Anschuldigern gegen sich selbst. Eigentlich tut sie mir leid, sie hat keine Schuld, ist ahnungslos..." „Alberne Männersentimentalität. So geht es immer, wenn eine Frau im Spiel ist. Ein paar Tränen, eine kleine Ohnmacht, bleiche Wangen, das ist die Klippe, an der Ihr scheitert... ja ja, so ist es um das starke Geschlecht Die kleine Studentin Roman von P. Wild Claris Drüemann. bäüncken. s44 Wie kam sie dazu, in diesem weltabgeschlossenen Winkel mit Doktor Lerchner zu spazieren? Im ersten Augenblick wollte er aufspringcn, sie zur Rechenschaft ziehen. Hatte er eine Bewegung gemacht? Unwillkürlich legte Beate die Hand auf den Arm ihres Begleiters, horchte, in den Wald, lange, angestrengt. „Hörten Sie nichts, Lerchner?" „Nein, Madame", antwortete dieser französisch. Zu seinem Erstaunen behielten sie diese Sprache im Laufe der Unterhaltung bei, Beate war stehen geblieben, so konnte er Wort für Wort verstehen. „Wir müssen vorsichtig sein. Ich habe eine unerklärliche Angst, wir würden belauscht." Lerchner lachte kurz, trocken. »Wer sollte hier lauschen. Wir sind vom Weg ab in vollkommener Einsamkeit. Sie sind nervös, Verehrte. Warum just vorm Ziel. Alles geht wie am Schnürchen, ausgezeichnet. Kommen Sie, begleiten Sie mich noch ein paar Schritte, ich habe Ihnen noch allerlei zu sagen." „Bringen Sie mich zum Weg zurück?" „Leider nein. Ich muß pünktlich sein, habe mich im Klub mit Walter Werder verabredet. Besser ist besser. So habe ich bei Bedarf ein Alibi, zu kompetent, um ange zweifelt zu werden. Wir spielen eine Partie Billard." „Ausgerechnet mit Walter Werder, alle Achtung I Wenn er von der anderen Partie wüßte, bei der er unfrei willig mitspielt!" „Es ist besser, nicht alles zu wissen." „Wenigstens für die andern, Lerchner; ich stehe sür un sern Berus auf dem entgegengesetzten Standpunkt." „Ja. Wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht dasselbe, eine alte Weisheit." „Schön. Sagen wir, les aktaires sout les akkaires, das tut dasselbe und schließlich geht es uns doch ums Ge schäft, Lerchner." „Gewiß, also kommen Sie." „Keinen Schritt weiter. 'Der Rückweg im Dunkeln ist hernach sür mich nicht einfach." „Nicht einfach, für Sie! Nun, Sie haben schon dunk lere und gefährlichere Wege hinter sich als solch harm losen Waldweg. Kennen Sie denn wirklich Furcht?" Sie zuckte die Achseln. „Nein. Und doch empfinde ich eine beklemmende Be ängstigung, heute, was das nur ist?" „Die Nerven. Sie haben viel eingesetzt in diesem Spiel." „Ja. Ein Spiel nach drei Seiten." „Das treibt man nicht ungestraft." „Geben Sie mir eine Zigarette, die beruhigt." Stehen bleibend zündete sie sie an. „Danke." „Nach drei Seiten", fragte Lerchner überrascht. „Ich denke, zwei genügen. Nummer eins Walter Merder." „Wozu Namen." „Hier! Wir sind wirklich allein, oder wittern Sie Verrat? Der wäre Nummer eins, Nummer zwei Helga Koelsch. Famos, wie sie die zur Strecke gebracht haben, musterhaft, fabelhaft. Ich kenne die Geschichte doch genau, trotzdem wäre ich auf Grund Ihrer .Indizienbeweise', die eigentlich schon mehr sind, imstande, an ihre Schuld zu glauben. Das hätte der gerissenste Staatsanwalt nicht besser machen können, Schuldbeweise, lückenlos, einen neben den andern. Und dies deutsche Gretchen mit ihren Begriffen von Ehre und Liebe... na, daß sie den Merder liebt, sieht ein Blinder... arbeitet Ihnen erstaunlich ge schickt in die Hand, stellt sich dank ihrer Geheimniskrämerei in ein möglichst schlechtes Licht. Ihre eignen Worte wer bestellt", höhnte sie. „Machen Sie uns das zum Vorwurf? Sie sind doch Frau." „Eben weil ich Frau bin, spreche ich aus Erfahrung. Liebe, Schönheit, Koketterie... und Männerkraft vergeht davor wie Butter an der Sonne. Verzeihen Sie den banalen Vergleich; er ist drastisch aber... wahr. Mich führt das Wissen von Erfolg zu Erfolg. Genau betrachtet, ist die Welt ein Kasperle-Theater, am Schnürboden hängen die Hampelmänner; ich aber führe die Drähte, wohin ich will." „Mir graut vor Ihnen!" „Und Sie versichern mir, daß Sie mich lieben, wollen mich sogar heiraten, wenn das Geschäft gut ausgeschlagen ist. Wozu?" „Liebe. O'est plus kort yue moi." „Liebe. Nein, Männereitelkeit. Ihr glaubt an jedes Lächeln, an jedes Wort, an die Liebe. Narren ihr. Ihr wollt die Wahrheit nicht sehen, weil sie eure Männereitel keit beleidigt. Zum Beispiel Walter Merder. Wer ist er? Ein Schwächling, eine Puppe, die nach meinem Belieben tanzt. Er liebte die kleine Koelsch, ich ziehe am Draht... vorbei. Was tauscht er dafür ein? Mich! Und ich... lache, verachte ihn wie alle Schwächlinge. Da ist der Alte aus anderem Holz. Uebrigens: er ist Nummer drei." „Der Kommerzienrat ist mit im Spiel?" »Ja." „Liebt er Sie etwa auch?" höhnte er. »Ja." „Hat er es Ihnen denn gestanden?" ..