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V«lsniherZa-edZgtt Vellage M Ne. 27« 81. Jahrgang Donnerstag, 21. November 122« Die kleine Studentin ein paar Versuche haben verblüffenden Erfolg gehabt. Und ein staunenswerter Fleiß, immer an der Arbeit, fast zu viel. Sie ist doch nicht die Kräftigste. Frau von Sundwig, sie ist die Tochter eines früheren Studienkameraden, steht mir also persönlich nahe. Sie ist einsam; es tut der Jugend nicht gut, das Absondern. Sie muß auch einmal jemand haben zum Lachen und Plau dern. Sie würden mich sehr verpflichten, wenn Sie sich ihrer ein wenig annehmen wollten, wenn es Ihnen kein allzu großes Opfer bedeutet." „Aber sehr gern, wenn ich Fräulein Koelsch nicht auf dringlich erscheine. Ich weiß am besten, was es heißt, ein sam sein." Zum ersten Male berührte sie eine persönliche Empfindung. „Sie tun ein gutes Werk, ich danke Ihnen." besprechen, bald über den Verlauf eines Versuchs zu be richten, kurz, er fand stets andere Gründe, die eine persön liche Besprechung notwendig machten. Oder war der tiefere Grund etwa ein anderer? Beate von Sundwig hatte in der ersten Zeit ihrer Tätigkeit bei seinem Kommen stets das Zimmer verlassen. Auf besonderen Wunsch des Kommerzienrats blieb sie in letzter Zeit zugegen. Meist schaute sie mit müden, halb geschlossenen Augen, sichtlich gelangweilt bei seinen lang atmigen Beschreibungen, teilnahmslos vor sich hin, oder fertigte an ihrem Nebentisch eilige Briefe zur Unterschrift an, ohne von Walters Anwesenheit mehr -Notiz zu nehmen, als es die äußerste Höflichkeit erforderte. Seit sie einmal in tiefem Erschrecken einem heißen, flehenden Blick begegnet war, der den ihren suchte, hob sie die Augen nicht mehr auf. Das Mißtrauen des Kommerzienrats, das im Anfang von Beates Tätigkeit bei Walters Besuchen vorhanden war, hatte sich durch ihre vollkommene Gleichgültigkeit ihm gegenüber gelegt. Hier schien ihm keine Gefahr vor zuliegen. Auch vertraute er Walters Ehrenhaftigkeit, die ihm nicht gestattete, die Privatsekretärin des Vaters an ders als „dienstlich" zu beachten, und auf Beate Sundwig, die ihm ihre Zurückhaltung deutlich genug zeigte. Walters früheres Wesen war, im Gegensatz zu der ge wohnten blasierten Ueberheblichkeit, einer temperament vollen Lebhaftigkeit gewichen, als er dem Vater von dem ersten Erfolg beim Versuch mit unsichtbarer Schutzlnft erzählte. Mit besonderem Stoz erwähnte er ein neues Verfahren, die Luft zu färben, um sie sichtbar zu machen. So ließ sich der Erfolg am sichtbaren Beispiel beweisen. Auch war vie neue Methode der Höhenregulierbarkeil prachtvoll; die letzten Versuche bewiesen, vaß vie Schutz luft tatsächlich in jeder gewünschten Höhe blieb, trotz vcr Gegenwirkung verschiedenartiger anderer atmosphärischer Luftverhältnisse und Gase. * Mit Walter Merder war in der letzten Zeit eine große Veränderung vorgegangen. Er versäumte keine Arbeits stunde, sondern hielt die offizielle Arbeitszeit gewissenhaft ein, mehr, er blieb oft darüber hinaus im Laboratorium und widmete sich in verbissenem Eiser neuen Versuchen. War das die Folge der väterlichen Ermahnung, des Privatissimums über den Willen zur Tat, oder der Ver gleich mit dem für seine Aktivitätsbegriffe beschämend zu nennenden Arbeitszeitbegrisf seiner jungen Mitarbeiterin? Es genügte, daß es so war. Der Kommerzienrat betrachtete die auffallende Wand lung des Sohnes vorläufig mit zurückhaltender Skepsis. Aehnliche Anwandlungen hatten ihn häufig getäuscht. Meist wurde die Arbeit bald wieder ausgegeben. Im stillen hoffte er von der Zusammenarbeit mit Helga Koelsch das Beste für den Sohn, dessen Veranlagung und Intelligenz hohe Leistungen erwarten ließen, wenn ein gesunder Wille sie disziplinierte. Häufig erschien Walter Merder jetzt im Privatkonto! des alten Herrn. Bald hatte er rein geschäftliche Dinge zu l?» „Danke, die hätte ich vergessen. Die Empörung über die Infamie der schurkischen Handlungsweise des Mengs sitzt mir noch in den Gliedern. Wieder ein Spion in meinem Werk! Pfui Teufel! Dabei noch einer von der eigenen Seite, der vaterländische Belange, wie unsere Fabrikgeheimnisse sie heute vorstellen, an das Ausland verrät für Judaslohn. Doppelt verächtlich. Pfui Teufel! Ah verzeihen Sie, Frau von Sundwig, aber der Gedanke, solch Subjekt Wochen-, monate- oder jahrelang im Werk gehabt zu haben, verursacht mir physischen Ekel. Für solch Geschmeiß ist keine Strafe schwer genug, das rst meine Ueberzeugung. - Und Ihre?" »Ich teile Ihre Auffassung voll und ganz. Mit schweren Lidern sah sie ihn an, und ihre dunklen Augen schwammen in besonderem Glanz, ihre Stimme aber klang dumpf. „Halten Sie sich bereit, das Protokoll zu führen. Die Post kann später erledigt werden." Zustimmend neigte sie den Kopf. „Noch eins: Ich erfahre soeben, daß mein Sohn ab wesend ist. Rufen Sie Fräulein Koelsch, sie soll über die neuen Fortschritte im Laboratorium berichten und die dazugehörigen Unterlagen mitbringcn." „Sehr Wohl, Herr Kommerzienrat." „Gehen Sie bitte persönlich hinüber und sagen Sie ihr, das Wesentlichste seien die Dokumente über die Herstellung der Schutzluft. Fräulein Koelsch soll im Wartezimmer zum kleinen Konferenzsaal warten, bis ich sie rufe. Die geborene Chemikerin, diese kleine Studentin. Das väter liche Blut verleugnet sich nicht. Sie hat geradezu Glück, Roman von P. Wild dx blnei» Sragmsim, bloncben. flusse des Amurs unternommen. Bei seinem Freunde Haritun schlug Stötzner sein Standquartier auf. Die hier wohnenden Solonen trieben Ackerbau, der aber haupt sächlich von den Frauen verrichtet wurde. Rehe, aus deren Fellen Kleider, Zelte usw. hergestelll wurden, und Birken, die zu Zeltbauten und Gebranchsqegenständen verarbeitet wurden, deckten fast alle Lebensbedürfnisse. Am Schluffe seines Vortrages gab Stötzner noch eine kurze Schilderung der Goldgräberkolonien des Gebietes und des Überschwemmungsgebietes des Gan-Ho, wo der Expedition ein Halt geboten wurde. Der Forscher hat die Absicht, eine weitere Forschungsreise in das unbekannte Gebiet zu unternehmen. Förderung der Eheberatung. Ein Lehrgang in Dresden. Die Akademie für ärztliche Fortbildung in Dresden, die vom Staat und der Stadt Dresden finanziell unterstützt wird, veranstaltet vom 25. November bis 7. Dezember d. I. einen Lehrgang für Eheberatung. Der Lehrgang soll Ärzte, Juristen, Verwaltungsbeamte, Männer und Frauen, die rn der Ehe beratung tätig sind oder tätig werben wollen, in die Ehe beratung cinsühren. Veranlassung zu dem Lehrgang gibt der Wunsch des Landtages, in allen größeren Gemein den Sachsens tunlichst viel Eheberatungsstellen einzu richten, und auch das Bestreben, geeignete Leiter für die Ehe beratungsstellen vorzubilden. Der Kursus findet im Auftrage des Arbeits- und Wohlfahrtsministcriums und in Gemein schaft mit dem Lgndesausschutz für das ärztliche Fortbildungs wesen in Sachsen, der Landesversicherungsanstalt, den Krankenkassen und der deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskranken statt. Der Lehrgang ist der erste derartige in Deutschland. Zu nächst für Teilnehmer bestimmt, die von den sächsischen Ministerien, Gemeinden, Bezirken, Verbänden, anderen öffentlichen Dienststellen und Körperschaften abgcordnet werden. Die Abendglocke. Noch in den Zeiten des Mittelalters hatten die Feuer herde keine zum Dache hinausragenden Schornsteine, sondern es diente zum Abzüge des Rauches eine im Dache angebrachte Oeffnung. Die Häuser selbst waren leicht gebaut und meistens nur mit Stroh gedeckt, so daß beständig Brandgefahr drohte, und große Feuersbrünste, die ganze Stadteile vernichteten, «raren in dainaliger Zeit auch durchaus keine Seltenheit. So hören wir denn auch von den behördlichen Verordnungen, daß zu einer bestimmten Abendstunde alle Feuer ausgelöscht wer den mußten. Wilhelm I., der Eroberer, führte im Jahre 1068 in ganz England die „Abendglocke" ein, bei deren Läuten die Hausbewohner Licht und Feuer zu löschen hatten. Uebertretungen dieser Vorschrift wurden mit strenger Strafe geahndet. Kunstleben in Dresden „Neue Mufik« — Erstaufführung«« Dresden, 18. November. Am Sonntag veranstaltete der eifrige Vertreter der modernen Musikrichtung Paul Aron in Dresden im staatlichen Schauspielbause eine Nachmittagraufführung unter der Bezeichnung „Neue Musik". Zum ersten Male aufgesührt wurden: „Saul", nach dem Drama in einem Akt von A. Lernet,Holenia, Musik von Herm. Reutter und „Die Geschichte des Soldaten", Dichtung von C. F. Ramuz, übersetzt von Hans Reinhart, Musik von I. Stra« Ein Vorirag Malier Giötzners. Die unerforschte Mandschurei. , Der Asienforscher Walter Stötzner, der nach 2^jäh- rrgcr Abwesenheit in seine sächsische Heimat zuruckgekehrt lst, hielt im Dresdener Vereinshaus einen Vortrag über die Expedition in die unerforschte Nordmandschurei. Unter den zahlreichen Anwesenden befanden sich Innenminister Dr. Richter, Oberbürgermeister Dr. Blüher, Pro fessoren der Technischen Hochschule, Vertreter des Vereins für Erdkunde u. a. Stötzner erzählte zunächst, was man bisher von dem Lande der Solonen, dem „Lande -er Ver dammnis", gewußt habe und kam dann auf seinen ersten mißlungenen Vorstoß zu sprechen. Im Sommer 1927, als er endlich mit den nordmandschurischen Behörden einen günstigen Vertrag geschlossen hatte, erkrankte er an Ma laria und mußte zurückgehen. Mit Hilfe seines einfluß- rcicben Freundes, des Solonen Haritun, der ihm^Pferde zur Verfügung stellte, gelang dann der zweite vorpoß. Um den räuberischen Chinesen aus dem Wege zu gehen, wurde zunächst eine zwölftäaiae Fabri ans einem Reben Generaldirektor Dorpmüller in Paris. Der Generaldirektor der Deutschen Aelchsvuhngesellschaft, Dr Dorpmüller weilt zum Studium der französischen Eisenbahnoerhäitnifse m Paris. Er wurde auf dem Bahn- Hof von Vertretern der französischen Negierung und Eisen bahn empfangen. — Das Bild zeigt Or Dorpmüller (rechts) bei der Ankunft in Paris. winKh. Das erste Slück schildert das Zusammentreffen Sauls mit der Hexe von Ender, die Samuel aus dem Grabs herausbefchwört, damit er Saul sagen soll, was sein Schicksal sein wird. Das andere Stück behandelt das Schicksal eines Soldaten, der dem Teufel verfällt, durch ihn angemessene R.ichtümer erhält, die dem Feldgrauen aber nicht zum Segen gereichen. Schließlich verliert er Mutter, Braut und sich selbst, als der Teufel ihn zur Hölle führt. Das eiste Stück ist ein festgefügtes Drama, das zweite eine epische Dichtung, die vorgelesen und auf der Bühne z. T. gespielt und getanzt wird. Das Orchester bildeten Mitglieder der Staatskapelle, außerdem waren Mitglieder der Oper und des Schauspiels tätig. Reutters Musik zeigt auch die Schwächen der modernen Musik, befondcrs im Vorspiel, das reich an Harmoulelosigkcit und Gesuchtheiicn ist. Strawinskhg Musik schildert die Seclenstimmung der Gestalten und den Charaher der Vorgänge treffend und wahrt den grotesken Balladenstil der Dichtung. Paul Aron leitete den musikalischen Teil und Joses Gielen hatte sich der Regie angenommen. Bon den Darstellern, die bald zu sprechen, bald zu singen haben, was das erste Stück anlangt, und die im zweiten Stücke nur sprechen, boten Staegemann (Saul), Angela Kolniak (Hexe), Stein« böck (Soldat), Ponto (Teufel), und Hanya Holm als tanzende Prin zessin prachtvolle Leistungen. Der Beifall wollte kein Ende nehmen, galt aber zumeist wohl der eigenartigen Gestaltung und den Künstlern. SporL : Turnen s Spiel Bühnenschau und Werbeturnen Der Turnverein „Turnerbund" e. V. D. T., Pulsnitz, ver anstaltet am Sonntag, dem 1. Dezember, im Schützcnhaus sein dies jähriges Schau- und Werbeturnen. Daran sind sämtliche Abteilungen von den Kindern bis zur Männcrriege beteiligt und dürfte dasselbe daher einen vollständigen Einblick ergeben, wie in den einzelnen Ab teilungen gearbeitet wird. — Ausgehend von dem Gesichtspunkte, auch die noch Fernstehenden von der Notwendigkeit zu überzeugen, daß ein jeder turnen kann und muß, ist dieser Abend nach ganz neuen und besonderen Gesichtspunkten aufgebaut, sodaß hiermit etwas ganz extraes geboten wird. — Der Rei, ertrag flicht restlos dem im Bau öefindtichen Turn- und Spielplätze zu und erwartet daher der „Turnerbund" einen recht guten Besuch. Nähere Einladungen ergehen Anfang nächster Woche. X. Zur «achseumeisterschaft im Turnersutzball. Der T r- nerfußball entwickelt sich in der Sächsischen Turnerschast immer mehr. Rund 270 Mannschaften wurden Anfang November gezählt. Diese Zahl bedeutet gegenüber der Bestandserhebung am 1. Oktober 1928 einen Zuwachs von etwa 25 °/o. Neben den beiden ursprüglichen Hauptzeatren des TurnersußballcS Leipzig und Dresden erweisen sich die Gebiete der Gaue Mittelsachsen, Chemnitzer Industriegebiet und Vogtland als besonder» aufstrebend und gcwimibringeud. Allein der Vogtlandgau konnte innerhalb Jahresfrist einen Gewinn von 80 Mann schäften buchen. Auch in den übrigen Lai d steilen g ht cs sicher weiter vorwärts. Di Mcisterfchaftskämpfe haben, begünstigt von ausgezeich- netem Spielwetter, einen dmchaus glatten Verlauf genommen. In allen Gauen gehen die Meisterschaftsspiele dem Ende entgegen, fast in allen Gauen wird bereits am Ende des Jahres der neue Meister er mittelt sein können. In allen Gauen außer Oberlansitz, Meißner Hochland und Nordsachscn sind Pflichtspielrcihen durchzcführt worden. Leichtathletische Großveranstaltungen i« Mitteldeutschland Auf der Leichtathletik Tagung der Deutschen Sportbehürdc am 16. und 17. November wurde beschlossen, folgende Veranstaltungen des Jahres 1930 im Gebiet des Verbandes Mitteldeutscher Ballspiel- Vereine durchzusührcn: in Erfurt die Deutsche Waldlaufmeisterschaft am 27. April, in Dresden den Ländcrkampf Deutschland—Frankreich am 31. August. Die Beschlüsse bedürfen noch der Genehmigung durch die Hauptausschuß - Tagung, die aber Aenderungen wohl kaum vor nehmen wird.